Monats-Archiv Januar, 2015

Von Union Island nach Bequia

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Bequia - herrlich klares Wasser. Wir ankern auf etwas über 5 Metern Wassertiefe

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Bequia - pünktlich zum Sonnenuntergang liegen wir vor Anker - schön weit draussen
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Sinnvolle Beschäftigung unterwegs: telefonieren, sonnen …

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Union Island

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Union Island - Ankern in Sicht- und Hörweite eines Riffs. Sehr eindrucksvoll und nix für meine
schwachen Nerven

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Union Island

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Union Island ….. ohne Worte

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Bequia - in der Bucht tummeln sich auch zahlreiche “Kreuzfahrtschiffe” der kleineren, aber immer noch
eindrucksvollen Kategorie

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Union Island - Alles im grünen Bereich im Customs-Office

Der Tag nach der Reibekuchen-Orgie beginnt mit viel Wind und einer Ankerwinsch, die 10 Meter vor dem Kommando “Anker frei” den Aufwaertsgang blockiert. D.h. eigentlich blockiert nix, es rutscht eher durch. Was jetzt nicht gerade foerderlich ist fuer das Ketten-aufwaerts. Also basteln die Maenner eine Leine an die Kette und winschen dann mit der Genuawinsch Meter fuer Meter Kette an Deck. Der Anker haengt derweil irgendwo unten im Wasser und wir muessen sehen, dass wir erstmal vom Riff vor uns frei kommen. Und da sind ja auch noch die lieben Nachbarn: rostige, von Seevoegeln okkupierte Fischerboote zur Rechten, eine grosse blitzblanke Ketsch zur Linken. Nix wie weg. Doch wohin? Die Fahrrinne ist auch nicht megabreit, ein Wrackteil linst mahnend-warnend neben einer Steinmole aus dem Wasser, und raus soll ich (noch) nicht. Gute Gelegenheit zu testen, wie das mit unserem Schiff klappt, mit dem Heck im Wind zu liegen. UEbungsstunde also fuer mich am Ruder. Dem an der Winsch arbeitenden Rainer schwillt der Bizeps und rinnt der Schweiss. Saunafeeling pur. Aber immerhin von Erfolg gekroent: 42 KG Anker rutschen in die vorgesehene Halterung. Etwas verdreht kommt er hoch, aber der Bootshaken richtet es wieder mal. Endlich koennen wir auslaufen.

Segel setzen, die erste Meile geht es vorm Wind an Union Island entlang, dann geht es auf Kurs Bequia und wir laufen unter Genua und Gross einen Am-Wind-Kurs. Das uebliche Startgezicke beginnt: Fahrt aufnehmen (unwillig und traege), anluven (damit wir ja nicht zu schnell werden), langsam werden, Segel fast zum schlagen bringen, wieder abfallen, von vorne. Ich gucke mir das 5 Minuten an, dann verliere ich die Geduld mit unserem 2. Steuermann und uebernehme selbst. Das klappt besser und mit Geschwindigkeiten von 4,8 bis zu 7,2 Knoten Fahrt (je nach Windeinfall und Staerke) rauschen wir durch die karibische See. Das gefaellt auch unseren Sauerlaender Gaesten. Man(n) sonnt sich, liest, telefoniert oder verzieht sich gar zum Vormittagsschlaefchen in die Vorschiffskoje.

Mayreau, Canouan, Mustique — alle bleiben unbeachtet an Steuerbord liegen. Unser Tagesziel heisst Bequia. Mit einer defekten Ankerwinsch wollen wir keine haeufigen Ankermanoever fahren. Vor den oft ebenfalls vorhandenen Mooringbojen warnt Mr. Doyle in seinem Guide eindringlich, sodass diese Moeglichkeit fuer uns nicht in Frage kommt. Einmal mit einer Mooringboje spazierenfahren reicht uns. Zum ersten Mal kurve ich durchs Ankerfeld auf der Suche nach moeglichst wenig Wassertiefe mit viel Raum um uns herum. In der Bucht vor Port Elisabeth kein grosses Problem. Auf 5,20 faellt der Buegelanker und fasst sofort. Hinter uns ist nur noch das weite tuerkisgruene karibische Meer. Perfekt!

Perfekte Lage auch fuer die naechtliche Geburtstagsparty. Wir feiern mit lauter Musik und nach einem ueppigen Bratkartoffelmahl (mit Gurken, rote Beete, Schinken, Ei) in Rainers 60. Geburtstag hinein. Die Sauerlaender Jungs schwelgen in Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit, mir wird ganz schwindelig von den vielen Autos, die sie gefahren haben — mal mehr, mal weniger lange. Und wir lachen herzlich ueber all die Anekdoten und “Gestaendnisse”, die da zu Tage kommen. Der Kaeptn huepft entfesselt in der Pantry rum und kreiert einen Spezial-Geburtstagskuchen. Mit internationalen Zutaten wie deutschem Zuckerruebensirup, spanischem Honig, brasilianischen Rosinen, karibischem Rum entsteht eine suesse, runde Koestlichkeit, die puenktlich um Mitternacht mit einem aus sechs Teelichtern bestehenden Kerzenkranz kredenzt wird. Die Musik wird lauter, die Doennekes sind noch lange nicht erschoepft, aber wir! Einen Scheidebecher noch, dann verziehen wir uns in die Kojen.

Karibisches Inselhopping

Ein- und ausklarieren ist auch hier moeglich

Carriacou - Tyrrell Bay: Ein- und Tyyrell Bay - Carriacou

ausklarieren ist auch hier moeglich

Vor Anker in der Tyrrel Bay auf Carriacou

Vor Anker in der Tyrrel Bay auf Carriacou

Karibisches Inselhopping Grenada - Carriacou - Union Island. Anker auf, Anker ab. Ausklarieren, einklarieren. Zettel ausfuellen, mal mit, mal ohne Kohlepapier. Motorsegeln, Am Wind Segeln. Blauer Himmel tagsueber, in der Nacht immer wieder Regen. Immerhin - nur Nachts! 50% unserer Gaeste schlaeft unruhig, ist schon frueh hoch oder versucht, an Deck zu schlafen - bis der Regen kommt. Ungewohnt fuer uns: Getrappel an Deck obwohl wir Beide noch in der Koje liegen, Gepolter, Gehuestel. Platsch: Rainer schwimmt schon im tuerkisgruenen Wasser eine Runde ums Schiff, Gerd pooft noch im Vorschiff. Worte wie “Buetterken”, “Woll”, hoema” erweitern den Bordwortschatz betraechtlich und wir schlemmen Sauerlaender Spezialitaeten wie “Rinderpimmel”, Sommerwurst, luftgetrockneten Schinken und vieles mehr. Und dann verlassen wir das Hoheitsgebiet Grenadas, nehmen Abschied von einer wunderschoenen Insel, goennen Carriacou und der Tyrrell Bay nur eine Nacht. Riffankern auf Union Island. Sche.. - einparken dicht vor einer Flachstelle zwischen einem Catamaran und einem rostigen Fischerboot. Der erste Versuch misslingt, ich manoevriere das Schiff zu dicht an die anderen Boote, die teils vor Boje, teils am Anker liegen. Nachdem wir erfolgreich diverse Bojenverkaeufer abgewehrt haben (Frage des Kaeptns: was machen die fuer komische Zeichen? Die formen so runde Kugeln), kommen wir doch noch zu einem geeigneten Liegeplatz. Wir halten uns an die Hinweise von Mister Doyle und vertrauen unserem gut eingefahrenen Anker. Das Dinghi, liebevoll samt Motor die schlappen 12 Meilen von Carriacou hinterher gezerrt, ist einsatzbereit und befoerdert die gesammelte Mannschaft zum Einklarieren. Same procedure as on every island und doch immer wieder etwas anders. Immigration und Zoll sind jetzt doch in einem Gebaeuden untergebracht, so teilt uns die nette Dame im Touri-Office mit. Das quietschgruene Gebaeude verfuegt zwar ueber keinerlei Hinweisschilder, ist aber nicht zu uebersehen und da sich die Segler schon im Eingangsbereich stapeln, ist schnell klar: hier sind wir richtig. Zollformular in dreifacher Ausfuehrung. Dieses Mal mit Kohlepapier dazwischen und von einer beleibten, weiss uniformierten Dame ausgehaendigt, die im Buero mit dem Schild “Management” residiert. 140,45 EC$ werden wir noch los, dann duerfen wir zur Immigration. Eine junge Dame stempelt unsere Paesse, fuellt in Schoenschrift ein Papier aus und dann sind wir abgefertigt. Hinter uns stapeln sich noch mehr Segler, ausklarieren, einklarieren. Wir klappern die Supermaerkte ab - drei an der Zahl mit ziemlich einheitlichem Angebot. UEberschaubar moechten wir es mal formulieren. Und surprise, surprise - der Palettenpreis fuer Carib-Bier steigt von 72 EC$ mal eben auf schlappe 110 EC$! Auch die einheimische Marke Marouni haelt mit und in einem anderen Laden werden hierfuer sogar 120 EC$ aufgerufen. Hoher Preis, langes Gesicht beim Kaeptn. Weitere Diskussionen ueberfluessig. Nachdem wir in einem Hafenrestaurant namens Lambi fuer 4 (nicht schmeckende) Bier 28EC$ berappen duerfen, faellt die Entscheidung fuer die teuren Carib-Paletten schnell. Die letzten 3 sind unser und den Herren schallt ein lautes Lachen aus dem kleinen Supermarkt hinterher. Wahrscheinlich macht die Dame jetzt Betriebsferien. Und der Inhaber des Lambi muss wohl auf unsere Anwesenheit beim heutigen Steelpan-Abend verzichten. Hermann, the German faengt uns ein zweites Mal ab. Nachdem wir Essens- und Bierangebote charmant ausgeschlagen haben, wird jetzt frisches Obst offeriert. Und ueberhaupt, wo er doch in so vielen Staedten Deutschlands schon war und viele deutsche Freunde hat (aber nur 3 Worte Deutsch spricht), da koennen wir ihm doch vertrauen und bei ihm einkehren. Ein ander Mal, wir sind erstmal durch mit den oertlichen Gegebenheiten fuer heute und ziehen unser trautes Boot vor. Wir haben einen neuen Nachbarn bekommen: eine wunderschoene grosse Ketsch, mit 4 Mann Besatzung an Bord und die gibt natuerlich Anlass fuer heiteres Raetselraten: wer ist der Kaeptn, wer der Koch? Ich tippe auf die einzige (weisse) Dame an Bord und weise ihr die Funktion des Kaeptns zu. “Der Dicke im Beiboot, das ist bestimmt der Koch”. Ein guter Koch ist immer dick und weil der Koch gut ist, bleibt er dick - Rainer ist fest von dieser These ueberzeugt. Und bei uns an Bord bin ich heute der Smut und sorge fuer Reibekuchen. Die gibt es zur restlichen Linsensuppe von gestern.

Regen Regen Regen

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Brillentest - diese Sonnenbrille mit eingebautem, sehr speziellem Nasenschutz, findet Rainers Zustimmung
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Blau-Pausen. Faszinierende Farben an einem ansonsten eher regnerischen Tag auf Grenada

Regen, Regen, Regen

Sollte die Regenzeit nicht vorbei sein? Irgendwie ist davon nichts zu merken. Seit unserer Ankunft regnet es haeufig bis durchgehend. Der Wind dreht ordentlich auf, Schwell steht in der Bucht und laesst das Schiff ordentlich rollen. Kurze Blaupausen am Himmel verleiten zu kurzfristigem Optimismus, der innerhalb von Sekunden wieder in dunkelgrauen Regenwolken versinkt.

Wenigstens ist meine Seele jetzt auch angekommen. Hat dieses Mal doch etwas laenger gedauert. Liegt das an dem neuen Familienmitglied, haelt mich sein zahnloses aber liebreizendes Laecheln noch in Deutschland gefangen, so rein emotional? Oder ist es das Alter, das mich sentimentaler werden laesst?

So tiefschuerfende Gedanken sind ja nicht so meins und bevor ich mich noch tiefer in eine Heimwehdepri fallen lasse, konzentriere ich mich auf das Bordleben. Zu viert ist eben doch anders. Wetterbedingt sind wir auch erst einmal zu Bordaktivitaeten “verdonnert”. Immerhin ist der Windgenerator wieder angebaut, die Trittstufe wird angeschraubt und einen Ausflug nach St. Georges haben unsere Besucher ebenfalls ueberlebt.

Rainer hat seine teure Brille beim zweiten Badesprung ueber die Reling in den Fluten der Prickly Bay versenkt. Kommt uns das etwas bekannt vor? Joh, hat doch der Skipper die seine erfolgreich auf Tobago versenkt.Und Reiner, als uralter Freund, wollte offenbar in nichts nachstehen. Jetzt versorgt ihn Freund Gerd mit Lesebrillen und Sonnenbrillen mit Lesestaerke. Der Brillentest verlaeuft positiv, die Sonne kann kommen.

Da die sich aber noch etwas Zeit laesst und wir stattdessen in den Genuss eines weiteren kraeftigen Regenschauers kommen, vertreiben wir uns die Zeit mit Doennekes aus alten Zeiten, Reste essen (Pizza und Kuchen) und Ankerkino. Die vertraute Waipiti laeuft die Flaeche direkt an unserer Backbordseite an, laesst den Anker fallen, gibt Kette und rueckt der dahinter liegenden deutschen Bavaria ziemlich nah auf den Bug. Kette wieder rein, Anker hoch, erneuter Anlauf — etwas weiter vorne. Aus Sicht der Fachleute an Bord der naja aber noch nicht weit genug vorn. “Ich wuerd ja…..”. Vom Bug der Waipiti erschallt das Kommando “Starboard”, vom Ruder her kontert die Steuerfrau und steuert nicht weisungsgemaess. Kann ich gut verstehen, haett ich auch nicht gemacht, da sich die Distanz zu uns damit unangenehm verringern wuerde. Beim 3. Versuch schlurt der Anker ueber den Grund, Waipiti gibt auf und zieht an unserem Bug Richtung einer freien Mooringboje ab. Auch eine Loesung.

“Kann man dem Wetter trauen?” Der Kaeptn fragt es in die Runde. “Man kann, es wird gleich wieder regnen” — warum wird man dann gleich als ,Pessimistenpack’ beschimpft, nur weil die Einschaetzung der Himmelsfaerbung realistisch ist? Versteh ich nicht. Der Rest der Crew ist aber offenbar meiner Meinung und laesst sich willig weiterhin durchschaukeln, bewundert die Farben des Meeres und haengt relaxt ab.

Gegen 12 Uhr packt uns alle der Hunger, Ganz ungeachtet der Tatsache, dass das ueppige Fruehstueck noch nicht wirklich lange zurueck liegt. Die Stammcrew nutzt eine laengere Regenpause, um mittels Kanistern die Wasservorraete aufzufuellen. Bei der Gelegenheit wird dann gleich auch noch der Aussenborder-Tank voll gemacht. Praktisch, dass man das im Marina-Office erledigen kann. Vielleicht zu einem hoeheren Preis, aber dafuer muessen  wir den schweren Tank auch nicht bis zur doch etwas entfernter liegenden Tankstelle schleppen. Hat halt alles seinen Preis.An Bord wird derweil geschnippelt und gebrutzelt was die Pantry hergibt. Und uns empfaengt ein ueppiges Sauerlaender Mahl, bestehend aus Bratkartoffeln mit Speck und in der Pfanne gebratener Rinderwurst mit Zwiebeln. Ein klein wenig erinnert mich die Masse an das norddeutsche Labskaus, nur eben in grau. Aber sowas von lecker!

Danach versinken wir nur noch in wohliges Nichtstun und doesen. Stellen mit Erschrecken fest, dass es bereits halb sieben und dunkel geworden ist! Wo ist der Tag hin? Langsam weg gespuelt im Regen des Vormittags. Gerd erzaehlt am Telefon seiner Frau, dass wir noch keinen Meter gesegelt sind. Was am anderen Ende der Leitung einen Lachanfall ausloest. Meine Namensvetterin war ganz offenbar noch nie in der Karibik :-).

Sauerlaender Spezialitaeten - die auf dem Tisch und die dahinter gehoeren auch dazu!

Voll erwischt - doch Heimweh

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Fuer die naechsten Tage zu Gast an Bord: Freunde aus Sauerlaender Tagen, segel- und borderfahren, sehr angenehm!
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Sauerlaender Spezialitaeten - der Skipper praesentiert ganz stolz die Mitbringsel

Voll erwischt — vom Heimweh

Zurueck an Bord. Ein schwankendes, rolliges Heim empfaengt mich, empfaengt uns. Mit mir kommen Gerd und Rainer an, Werners Freund aus alten Sauerlaender Tagen. Und ausgerechnet jetzt fauchen uns Windboeen um die Nase, Wolken bringen Regen. Naja schwingt um den Anker, Jeans und langaermeliges T-Shirt bescheren mir zusaetzliche Schweissausbrueche.

Im Vorschiff die Betten fuer die Gaeste vorbereiten und den Schrank freiraeumen, Rucksack und Tasche auspacken, salziges Schwitzwasser rinnt mir in die Augen, das schaukelige Schiff macht mir schnell klar, wie sehr ich mich in den 14 Tagen entwoehnt habe. Oh Mann, jetzt lieber doch erstmal eine Weile in der Waagrechten zu bringen.

Der Besuch kommt erst mit der zweiten Dinghifuhre an Bord; Zeit, anzukommen. Fremd riecht sie, meine eigentlich so vertraute Bootsheimat. Wenigstens fuehlt sich die Koje vertraut an. Die Nase ist immer noch verstopft, die salzhaltige Luft hat sich noch nicht hinein gearbeitet. Oder ist es symbolisch? Hab ich vielleicht von irgend etwas die Nase voll?

Abendessen an Bord. Der Kaeptn hat vorgekocht, ich muss nur noch die Nudeln ins Wasser tunken und die Hackfleischsauce aufwaermen. Danach bin ich schon wieder reif fuer die Koje, die Maenner kloenen noch etwas beim kuehlen Stag-Bier und packen dann unter lauten Begeisterungsrufen des Kaeptn’s Sauerlaender Spezialitaeten aus bis der Kuehlschrank ueberquillt. Jetzt finden wir gar nix mehr in der eh schon unuebersichtlichen Kuehlbox, nehmen das aber nur allzu gerne in Kauf.

Auf der Salonbank tuermen sich Haribo-Konfekt-Tueten neben Weihnachtsgebaeck in Form von Spekulatius, Dominosteinen, Lebkuchen und Schokoherzen. Abnehmen duerft die naechste Zeit keine allzu hohe Prioritaet haben.

Naja wiegt mich in meiner ersten Nacht an Bord in einen tiefen, langen Schlaf. Jetzt wird alles nachgeholt, was ich die letzten vierzehn Tage schlaftechnisch versaeumt habe. Den Rhythmus hier werde ich sicher schnell wiederfinden waehrend ich mich in Deutschland mit den Uhr- und Tageszeiten doch sehr schwer getan habe.

Fruehstueck, Schwimmen ums Schiff. Herrlich kuehles Wasser erfrischt uns. Leider geht dabei wieder einmal eine Brille auf Tauchstation. Aufraeumen - irgendwie nimmt das gar kein Ende. Ueberall liegen Mitbringsel rum, unter denen meine Jeans schon fast verschwunden ist. Hatte ich mich nicht noch vor meinem Abflug darueber erregt, dass bei uns an Bord Kleidungsstuecke immer ueberall rumliegen, wo sie nix verloren haben? Also gutes Beispiel geben und die eigenen Sachen auch wegraeumen. Kurz vorm Abflug ist das gute Stueck noch in die Waschmaschine gewandert, ich stecke meine Nase in den Stoff und atme den vertrauten Waschmittel-Duft ein, den auch mehrere Stunden im Flugzeug nicht uebertonen konnten. Da kullern doch tatsaechlich die Traenen, mein Herz wird schwer und wehmuetige Gedanken gehen zurueck nach Deutschland, nach “Daheim”, zur Familie. Bilder vom kleinen, suessen Enkelsohn, seinem Strahlen beim Fruehstueckstisch ziehen vorbei. Viel Zeit haben wir miteinander verbracht und doch nicht genug. Viel zu schnell sind 14 Tage vorbei gegangen. Die Koje gibt mir Trost, ich fluechte mich gedanklich in einen Krimi, der mich schon kurze Zeit wieder eindoesen laesst.Heimweh. Hatte mich nicht letztens noch jemand danach gefragt? Und hatte ich nicht geantwortet, dass ich das Gefuehl noch nicht so wirklich hatte? Habe ich es jetzt, wird sich das noch steigern? Ist es altersbedingt, werde ich sentimentaler? Oder ist es “nur” der noch frische Abschiedsschmerz, den ich auch in Deutschland schon hatte, wenn gegenseitige Besuche zu Ende gingen und man sich wieder auf den Heimweg machte. Was ist zu Hause? Da, wo ich gluecklich bin und mich wohl fuehle? Was ist, wenn das an mehreren Orten der Fall ist???

Wanderer zwischen mehreren Welten. Traege im frischen Wasser der Prickly Bay treibend geniesse ich mit allen Sinnen meine Umgebung, schaue auf ein Schiff mit wunderschoenen Linien, das ich mein Zuhause nenne. Und doch waere es schoen, wenn die Kinder mal eben auf einen Kaffee vorbei kommen koennten. Wenn auch nicht segelnde Freunde uns besuchen wuerden, mal einfach so und ohne grosse Vorplanung. Wunschgedanken oder durchaus realisierbar? Ich fuehle mich jedenfalls zerrissen und fluechte mich immer wieder in die Koje, meinen ganz persoenlichen Kokon, doese, lese, bin traurig und komme doch ganz langsam wieder an. Bin geborgen in der Schlafhoehle im Achterschiff. Komme langsam wieder in einen gemeinsamen Rhythmus, werde wieder eins mit den Schiffsbewegungen, die sich gestern noch so bockig angefuehlt haben und heute bereits viel weicher sind, sich einschmeicheln. Vertrautheit stellt sich ein. Komisch nur, dass es sich nach den 6 Wochen Landurlaub im vergangenen Sommer irgendwie ganz anders angefuehlt hat. Ob es daran lag, dass naja am Steg lag und der Uebergang von festem Boden aufs schwankende Schiffsdeck nicht ganz so ruppig war? Oder weil wir gemeinsam nicht an Bord waren? Vielleicht fuehlt sich das Schiff auch deshalb so fremd an, weil es in den letzten 2 Wochen voll in Maennerhand war.

Besuch kommt an Bord. Die “Man sutje” ist wieder da, liegt an einer Boje und die Mannschaft unterbricht die Bemuehungen der Naja-Crew, dem neuen Windgenerator Leben einzuhauchen. Waehrend wir Frauen in der Plicht von anderen Inseln und den jeweiligen Plaenen erzaehlen, vertiefen sich die technikbegeisterten Maenner im Schiff in die Geheimnisse unserer Stromversorgung. Klar, dass die aus Deutschland mitgebrachten kulinarischen Koestlichkeiten vom Kaeptn hoechstselbst strahlend-stolz praesentiert und “neidvoll” bestaunt werden.

“Wie war das jetzt, wie sind eure Plaene”.Man Sutje “gesteht”, dass man eine Karibiksaison als ausreichend ansieht und mit einer baldigen Rueckkehr nach Europa liebaeugelt. Auch ihnen ist es hier eigentlich viel zu warm, ist das Klima zu anstrengend, erschlaegt und laesst die Aktivitaeten auf ein aeusserst geringes Niveau sinken. Panama, der Kanal und somit Pacifik sind kein Thema fuer sie.

Bei uns dagegen liegt seit gestern die Bibel der Panama-Fahrer auf dem Navitisch: Eric Bauhaus hat Einzug ins Buecherschapp gehalten. Konkretisiert die Plaene etwas. Oder doch nicht? Stehen doch auch Buecher fuer Argentinien und Suedbrasilien im Regal, die wir dann letztendlich aufgrund einer geaenderten Reiseroute doch nicht genutzt haben.

Wieder unter uns wenden sich die Herren wieder aktiv dem Windgenerator zu. Merkwueridge Geraeusche aus der Naviecke sowie schwach flackernde Sicherungslichter im Sicherungspaneel wecken das Misstrauen aller. Hoffentlich ist da nix schief gelaufen bei der Installation des Reglers. Schweisstropfen stehen in den Gesichtern, nicht nur den Temperaturen und geschlossenen Luken geschuldet. Irgendwann ist der Generator montiert und …… dreht sich nicht! Trotz ausreichend Wind regt sich kein Fluegel. Also wird weiter geschraubt, mit einem Vergroesserungsspiegel hinter die Kulissen des Reglers geschaut, Kabel werden ab- und wieder angeklemmt. Und irgendwann tragen die Bemuehungen Fruechte: vom Heck ertoent das lang vermisste und so vertraute Surren des Windgenerators — er laeuft!! Erleichterung, Aufatmen — man kann foermlich die Steine poltern hoeren. Das Abendessen haben sich die Jungs jedenfalls redlich verdient und den anschliessenden Landausflug in die Bargefilde der Marina ebenfalls. Ich halte mich dezent zurueck, noch ist mir nicht nach erneutem, wenn auch kurzzeitigem Landleben, muss das Schiff wenigstens fuer ein, zwei Stunden noch einmal fuer mich haben, um wieder ganz in diesem Leben anzukommen.

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