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Fuer die naechsten Tage zu Gast an Bord: Freunde aus Sauerlaender Tagen, segel- und borderfahren, sehr angenehm!
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Sauerlaender Spezialitaeten - der Skipper praesentiert ganz stolz die Mitbringsel

Voll erwischt — vom Heimweh

Zurueck an Bord. Ein schwankendes, rolliges Heim empfaengt mich, empfaengt uns. Mit mir kommen Gerd und Rainer an, Werners Freund aus alten Sauerlaender Tagen. Und ausgerechnet jetzt fauchen uns Windboeen um die Nase, Wolken bringen Regen. Naja schwingt um den Anker, Jeans und langaermeliges T-Shirt bescheren mir zusaetzliche Schweissausbrueche.

Im Vorschiff die Betten fuer die Gaeste vorbereiten und den Schrank freiraeumen, Rucksack und Tasche auspacken, salziges Schwitzwasser rinnt mir in die Augen, das schaukelige Schiff macht mir schnell klar, wie sehr ich mich in den 14 Tagen entwoehnt habe. Oh Mann, jetzt lieber doch erstmal eine Weile in der Waagrechten zu bringen.

Der Besuch kommt erst mit der zweiten Dinghifuhre an Bord; Zeit, anzukommen. Fremd riecht sie, meine eigentlich so vertraute Bootsheimat. Wenigstens fuehlt sich die Koje vertraut an. Die Nase ist immer noch verstopft, die salzhaltige Luft hat sich noch nicht hinein gearbeitet. Oder ist es symbolisch? Hab ich vielleicht von irgend etwas die Nase voll?

Abendessen an Bord. Der Kaeptn hat vorgekocht, ich muss nur noch die Nudeln ins Wasser tunken und die Hackfleischsauce aufwaermen. Danach bin ich schon wieder reif fuer die Koje, die Maenner kloenen noch etwas beim kuehlen Stag-Bier und packen dann unter lauten Begeisterungsrufen des Kaeptn’s Sauerlaender Spezialitaeten aus bis der Kuehlschrank ueberquillt. Jetzt finden wir gar nix mehr in der eh schon unuebersichtlichen Kuehlbox, nehmen das aber nur allzu gerne in Kauf.

Auf der Salonbank tuermen sich Haribo-Konfekt-Tueten neben Weihnachtsgebaeck in Form von Spekulatius, Dominosteinen, Lebkuchen und Schokoherzen. Abnehmen duerft die naechste Zeit keine allzu hohe Prioritaet haben.

Naja wiegt mich in meiner ersten Nacht an Bord in einen tiefen, langen Schlaf. Jetzt wird alles nachgeholt, was ich die letzten vierzehn Tage schlaftechnisch versaeumt habe. Den Rhythmus hier werde ich sicher schnell wiederfinden waehrend ich mich in Deutschland mit den Uhr- und Tageszeiten doch sehr schwer getan habe.

Fruehstueck, Schwimmen ums Schiff. Herrlich kuehles Wasser erfrischt uns. Leider geht dabei wieder einmal eine Brille auf Tauchstation. Aufraeumen - irgendwie nimmt das gar kein Ende. Ueberall liegen Mitbringsel rum, unter denen meine Jeans schon fast verschwunden ist. Hatte ich mich nicht noch vor meinem Abflug darueber erregt, dass bei uns an Bord Kleidungsstuecke immer ueberall rumliegen, wo sie nix verloren haben? Also gutes Beispiel geben und die eigenen Sachen auch wegraeumen. Kurz vorm Abflug ist das gute Stueck noch in die Waschmaschine gewandert, ich stecke meine Nase in den Stoff und atme den vertrauten Waschmittel-Duft ein, den auch mehrere Stunden im Flugzeug nicht uebertonen konnten. Da kullern doch tatsaechlich die Traenen, mein Herz wird schwer und wehmuetige Gedanken gehen zurueck nach Deutschland, nach “Daheim”, zur Familie. Bilder vom kleinen, suessen Enkelsohn, seinem Strahlen beim Fruehstueckstisch ziehen vorbei. Viel Zeit haben wir miteinander verbracht und doch nicht genug. Viel zu schnell sind 14 Tage vorbei gegangen. Die Koje gibt mir Trost, ich fluechte mich gedanklich in einen Krimi, der mich schon kurze Zeit wieder eindoesen laesst.Heimweh. Hatte mich nicht letztens noch jemand danach gefragt? Und hatte ich nicht geantwortet, dass ich das Gefuehl noch nicht so wirklich hatte? Habe ich es jetzt, wird sich das noch steigern? Ist es altersbedingt, werde ich sentimentaler? Oder ist es “nur” der noch frische Abschiedsschmerz, den ich auch in Deutschland schon hatte, wenn gegenseitige Besuche zu Ende gingen und man sich wieder auf den Heimweg machte. Was ist zu Hause? Da, wo ich gluecklich bin und mich wohl fuehle? Was ist, wenn das an mehreren Orten der Fall ist???

Wanderer zwischen mehreren Welten. Traege im frischen Wasser der Prickly Bay treibend geniesse ich mit allen Sinnen meine Umgebung, schaue auf ein Schiff mit wunderschoenen Linien, das ich mein Zuhause nenne. Und doch waere es schoen, wenn die Kinder mal eben auf einen Kaffee vorbei kommen koennten. Wenn auch nicht segelnde Freunde uns besuchen wuerden, mal einfach so und ohne grosse Vorplanung. Wunschgedanken oder durchaus realisierbar? Ich fuehle mich jedenfalls zerrissen und fluechte mich immer wieder in die Koje, meinen ganz persoenlichen Kokon, doese, lese, bin traurig und komme doch ganz langsam wieder an. Bin geborgen in der Schlafhoehle im Achterschiff. Komme langsam wieder in einen gemeinsamen Rhythmus, werde wieder eins mit den Schiffsbewegungen, die sich gestern noch so bockig angefuehlt haben und heute bereits viel weicher sind, sich einschmeicheln. Vertrautheit stellt sich ein. Komisch nur, dass es sich nach den 6 Wochen Landurlaub im vergangenen Sommer irgendwie ganz anders angefuehlt hat. Ob es daran lag, dass naja am Steg lag und der Uebergang von festem Boden aufs schwankende Schiffsdeck nicht ganz so ruppig war? Oder weil wir gemeinsam nicht an Bord waren? Vielleicht fuehlt sich das Schiff auch deshalb so fremd an, weil es in den letzten 2 Wochen voll in Maennerhand war.

Besuch kommt an Bord. Die “Man sutje” ist wieder da, liegt an einer Boje und die Mannschaft unterbricht die Bemuehungen der Naja-Crew, dem neuen Windgenerator Leben einzuhauchen. Waehrend wir Frauen in der Plicht von anderen Inseln und den jeweiligen Plaenen erzaehlen, vertiefen sich die technikbegeisterten Maenner im Schiff in die Geheimnisse unserer Stromversorgung. Klar, dass die aus Deutschland mitgebrachten kulinarischen Koestlichkeiten vom Kaeptn hoechstselbst strahlend-stolz praesentiert und “neidvoll” bestaunt werden.

“Wie war das jetzt, wie sind eure Plaene”.Man Sutje “gesteht”, dass man eine Karibiksaison als ausreichend ansieht und mit einer baldigen Rueckkehr nach Europa liebaeugelt. Auch ihnen ist es hier eigentlich viel zu warm, ist das Klima zu anstrengend, erschlaegt und laesst die Aktivitaeten auf ein aeusserst geringes Niveau sinken. Panama, der Kanal und somit Pacifik sind kein Thema fuer sie.

Bei uns dagegen liegt seit gestern die Bibel der Panama-Fahrer auf dem Navitisch: Eric Bauhaus hat Einzug ins Buecherschapp gehalten. Konkretisiert die Plaene etwas. Oder doch nicht? Stehen doch auch Buecher fuer Argentinien und Suedbrasilien im Regal, die wir dann letztendlich aufgrund einer geaenderten Reiseroute doch nicht genutzt haben.

Wieder unter uns wenden sich die Herren wieder aktiv dem Windgenerator zu. Merkwueridge Geraeusche aus der Naviecke sowie schwach flackernde Sicherungslichter im Sicherungspaneel wecken das Misstrauen aller. Hoffentlich ist da nix schief gelaufen bei der Installation des Reglers. Schweisstropfen stehen in den Gesichtern, nicht nur den Temperaturen und geschlossenen Luken geschuldet. Irgendwann ist der Generator montiert und …… dreht sich nicht! Trotz ausreichend Wind regt sich kein Fluegel. Also wird weiter geschraubt, mit einem Vergroesserungsspiegel hinter die Kulissen des Reglers geschaut, Kabel werden ab- und wieder angeklemmt. Und irgendwann tragen die Bemuehungen Fruechte: vom Heck ertoent das lang vermisste und so vertraute Surren des Windgenerators — er laeuft!! Erleichterung, Aufatmen — man kann foermlich die Steine poltern hoeren. Das Abendessen haben sich die Jungs jedenfalls redlich verdient und den anschliessenden Landausflug in die Bargefilde der Marina ebenfalls. Ich halte mich dezent zurueck, noch ist mir nicht nach erneutem, wenn auch kurzzeitigem Landleben, muss das Schiff wenigstens fuer ein, zwei Stunden noch einmal fuer mich haben, um wieder ganz in diesem Leben anzukommen.