Jahres-Archiv 2012

Tage des Donners

Tage (und Naechte) im Gleichklang des Windes. Mal aus Ost, mal aus Suedwest, mal schwaecher, mal staerker. Mal leise saeuselnd, mal in den Wanten pfeifend und heulend.

Sitzen in der Plicht mit Ausblick auf das abendlich beleuchtete Gibraltar. Der Fels wird auf der Nord-Ost-Seite angestrahlt, was die Steilheit dieser Seite besonders betont. Davor rote, weisse Lichter der Flughafen-Rollbahn, blaue Lichter von irgendwelchen Hochhaeusern in Gibraltar. Der Steg hier ist nur dezent beleuchtet.

Wir geniessen die im Supermercado gefundenen gebrannten Mandeln, nicht so lecker wie die frischen vom Weihnachtsmarkt, aber immerhin essbar und ein brauchbarer Ersatz. Dazu Rioja aus dem Supermarkt. Wo es hier Weingueter mit Direktverkauf gibt, hat sich uns noch nicht erschlossen. Aber der Supermarkt-Vino laesst sich auch gut trinken.

Auf Steg 11 (noch ohne Strom und Wasseranschluesse und dementsprechend schwach mit Booten besetzt) haben sich die Moewen haeuslich nieder gelassen. Zu sehen sind sie nicht, aber unueberhoerbar. Mal mit naechtlichem Radau wie heimkehrende Zechbrueder, mal mit dezenten Rufen einzelner Voegel so wie heute. „Auau“ ruft eine immer wieder bis eine zweite einfaellt. Das hoeren sich die restlichen nicht lange unerwidert an und fuer eine Minute ist wieder ein Konzert der ganzen Truppe hoerbar und der Hafen ist erfuellt vom Moewengekreisch wie man es normalerweise kennt.

Tagsueber beobachten wir fasziniert die Wolkenbilder: tiefdunkelgraue dicke, richtig plastisch wirkende, Wolken haengen in Richtung Tarifa ueber Spaniens Kueste. Hier ueber La Linea lugt ein Stueck blauer Himmel hervor und ueberm Felsen haengt die obligatorische laengliche, heller graue Wolke. Das Hafenwasser schimmert unverdrossen gruen, laesst sich von dem Farbspiel dort oben nicht beeindrucken.

Nachts gibt es ein Gewitter, zaghaft, ein paar Blitze, ein paarmal Donner, dazu Regen.  Der Wind nimmt zu, gut zu hoeren am Stakkato eines Falls einige Boote weiter. Manche Skipper sind echt abgestumpft ….. oder nicht an Bord. Tags donnern die Flugzeuge ueber die Rollbahn. Durch den herrschenden Wind etwas lauter hoerbar. Autos hupen wie verrueckt. Haben wir das die vergangenen Tage nicht wahr genommen, nicht wahr nehmen koennen durch den Wind oder hat das Hupen heute einen besonderen Grund und ist deshalb verstaerkt zu hoeren?

Bei uns an Bord laeuft wieder einmal das Batterieladungs-Testprogramm. D.h., der Windgenerator rattert Tag und Nacht. Und obwohl der gute deutlich leiser geworden ist (vor allem oben an Deck ist er so gut wie nicht mehr hoerbar), nervt er mich nachts doch immer noch und ich wandere immer wieder auf die Salonkoje aus. Bin entsprechend geraedert am naechsten Morgen und brauche einen besonders starken Kaffee zum Fruehstueck.

Waehrend wir noch langsam zu uns kommen, wird am Nachbarschiff bereits gearbeitet. Peer, der Oesterreicher von der Voodoochild, einer Reinke 16M und in 11 Jahren eigenhaendig von ihm erbaut, ist mit Pinsel und Lack bewaffnet und bereit, sein begonnenes Restaurierungswerk im Schiffsinneren der Hanse 445 zu vollenden. Gerne kommt er aber zwischendurch zu uns auf einen Kaffee an und uebergibt uns bzw. Werner ein Buch. Mit einem ganz besonderen, beide Crews, die der Voodoochild und der Naja, besonders beruehrenden Thema.

Ewig gestrige unter sich…..bevor wir zu sehr ins philosophieren kommen, rettet sich Peer in seine Arbeit am Nachbarschiff, einer Hanse.

Irgendwie ist Pontoon 12 viel belebter wie noch vor wenigen Tagen. Neue Gesichter kommen zu den schon vertrauten, sind einen Tag da und schon wieder weg. Andere, die schon laengst weiter gezogen sein wollten, liegen immer noch hier. Konnten oder wollten sich bei den in den letzten Tagen vorherrschenden Wind- und Wetterverhaeltnissen einfach nicht zur Weiterfahrt entscheiden. Am Kai gegenueber, vorm Marinaoffice, liegen immer wieder Mega-Yachten. Wir zaehlen hier mit unseren 15 Metern zu den „Normalos“.

„Wann soll ich morgen denn aufstehen, wenn ich schon um 9  Uhr im Marinaoffice sein soll“… Werners Terminierung kommt vollkommen durcheinander, weil ich ihm vorgeschlagen habe, die Oeffnungszeit des Bueros von 9-12 Uhr fuer weitere Internet- und Emailaktivitaeten zu nutzen….duschen, Fruehstuecksbroetchen holen….das wird ne enge Kiste. Dazu kommt, dass die Baeckerei wahrscheinlich gar nicht so frueh oeffnet. Also werden wir das ganze wie gehabt sehr relaxt angehen. Und uebermorgen ist ja auch noch ein Tag!

Ein weiteres Glas Mr Choc ist geleert. Nur gut, dass noch zwei in der Vorratsbank ruhen (eingekauft von der weitsichtigen Bordfrau). Fruehstuecksnotstand ist also noch keiner zu befuerchten. Der Einkauf bei Lidl allerdings darf jetzt auch nicht mehr allzu lange hinaus gezoegert werden, da sich auch die Erdnussbutter-Ration rapide dem Ende naehert!

Jetzt, am Abend, prasselt der Regen auf die Kuchenbude. Gut, dass wir ein solches, Lebensraum vergroesserndes Zelt haben. Campingfeeling kommt auf. Da muessen wir uns nicht weiter die Frage stellen, ob wir nochmal die Marinalounge entern oder doch noch einen Gang in die City machen, um das dortige Nachtleben kennen zu lernen. Wir kuscheln uns lieber auf unserem Schiff bei Kerzenschein, Vino tinto und Kaffee in die Plicht und geniessen weiter den Ausblick auf Gibraltar. Oder stellen Ueberlegungen an, was wir an Arbeiten demnaechst dann endlich mal am Schiff angehen und ob wir nun doch nach Almerimar gehen oder wann wir nach Deutschland fliegen. 

 

Morgen ist jedenfalls erstmal Sonntag, da sind die moeglichen Aktivitaeten schon etwas eingeschraenkter, was uns aber nicht weiter belastet. Und am Montag muessen wir uns um den Leihwagen kuemmern. Dienstag dann sind wir schon auf dem Weg nach Malaga, um Katja und Markus am Flughafen abzuholen….die Zeit, die Tage fliegen wie die Wolken am Himmel oder die Delfine durchs Wasser und dabei geht doch alles einen so gemaechlichen Gang. Ein Widerspruch in sich? Mag sein, fuer uns aber nicht wirklich. Wir sind zeitlos und so langsam kann ich nach empfinden, was in Rentnern und Arbeitslosen vorgeht, wie sich der Bezug zum „echten“ Leben veraendert, wandelt, verloren geht. Aber wir geniessen diesen Wandel, dieses ausruhen nach einem Leben voller Termine, Rastlosigkeit, nach den ersten Wochen unserer Reise, die auch noch von diesem „immer-weiter“ gepraegt waren. Fuehlen uns „angekommen“, auch wenn wir unseren Liegeplatz wohl noch zwei, drei Mal veraendern werden. Aber das Gefuehl ist schon da.

Gerade wird mir aber auch bewusst, dass ich dann nicht mehr taeglich etwas fuer die Website schreiben werde. Wer will schon immer das gleiche lesen: aufstehen, fruehstuecken, einkaufen, Waesche waschen, am Schiff arbeiten, lesen, troedeln etc. :-) ….das ist doch fast wie zuhause, nur eben bei deutlichen Plusgraden (hoffen wir zumindest!). Oh Gott, halte ich das ueberhaupt durch? Vielleicht sollte ich doch so klitzekleine Statusmeldungen machen…Temperatur, Wetterlage allgemein, irgendwas wird sich doch bestimmt berichten lassen…..

Oder ich koennte immer mal einfach nur ein Foto einstellen. Ach, mir wird schon was einfallen fuer die paar Tage, da bin ich mir ganz sicher.

 

Ring around the Rock anstatt “Rock am Ring”

Zwei beeindruckende Tage mit Wahnsinns Ausblicken und Einblicken, Ansichten und Aussichten liegen hinter uns!! Gestern wollten wir mit der Seilbahn schon auf den Felsen. Da die Bahn aber wegen Wartungsarbeiten “out of order” war, wurde kurzfristig umdisponiert und wir sind erst zum Europapoint geradelt. Ganz ehrlich: im Sommer wuerde ich das definitiv nicht tun! Nach dem Blick Richtung Marokko und immer wieder hinauf zum Rock, der unter einem strahlendblauen Himmel lag, sind wir die Ostseite des Felsens entlang geradelt. Ging wieder ordentlich bergauf und vorbei an der unschoenen Seite Gibraltars: Crematorium und Muellanlage, Altreifendeponie etc. liegen hier dicht beinander am Fusse des Berges. Wir brausen (naja, ich jetzt eher weniger, weil so aengstlich beim radeln) durch einen Tunnel bergab und ich atme wirklich auf, als wir wieder aus dem Tunnel raus sind. Die Strassen sind hier in einem nicht gerade guten Zustand und als Radelfahrer muss man schon aufpassen, dass man nicht in einem Schlagloch versinkt. Hier auf der Ostseite ist es sehr schattig und die Brandung haut kraeftig gegen den Fels und trotzdem steht hier eine Art Appartmentblock und sogar ein Hotel! Auch wenn ich hinter jeder kurve damit rechne, dass es nicht weiter geht und wir den Tunnel wieder aufwaerts (schwitz) durchfahren “duerfen”, fahren wir unverdrossen und getrieben von Werners unerschuetterlichem Optimismus weiter. Und kommen tatsaechlich an unserem Ausgangspunkt, dem Flughafen von Gibraltar, an. Werner ist noch voll im Sightseeingfieber, ich dagegen will nur noch “nach Hause”, sprich aufs Boot.

Tag 2 der Gipfelstuermer! Mit dem Fernglas beobachten wir die Seilbahn. Tatsaechlich: die Gondeln gleiten hoch und runter. Also ab aufs Radl und zur Talstation. Den Weg kennen wir zwar jetzt schon, aber wir finden tatsaechlich einen neuen, kuerzeren, durch die erstaunlich schoene Fussgaengerzone. Leider huellt sich der Gipfel heute in eine graue Wolke. Trotzdem ist der Ausblick von hier oben einfach nur gigantisch und mit Worten nicht zu beschreiben. Zumindest fehlen mir die passenden Worte derzeit. Vielleicht koennen die Fotos hier in diedsem Webalbum ein klein wenig alles wieder geben:

https://picasaweb.google.com/105087064849773955264/GibraltarRingAroundTheRock?authuser=0&authkey=Gv1sRgCK7u38Hfk6jiUw&feat=directlink

Wir stehen und schauen, laufen, beaeugen die hier lebenden Affen etwas misstrauisch. Ueberall wird davor gewarnt, dass die Tiere sehr dreist sind und in allen Taschen gleich Futter vermuten. Kalt ist es hier auf dem Berg, Nebelschwaden wabern von unten ueber die Aussichtsterrassen, geben dann aber gleich wieder den Blick Richtung Spanien und Mittelmeer frei.

Die Wolke hebt sich etwas an und gibt auch den restlichen Gipfel wieder frei, haengt aber weiterhin so halb ueber dem Berg und in vielen Fotos am oberen Bildrand! Wir steigen ueber steinige Naturpfade und kommen immer wieder an Resten der kriegerischen Vergangenheit des Felsens vorbei, konzentrieren uns aber lieber wieder auf die ueberwaeltigen Blicke in die Bucht, uebers Mittelmeer. Ich suche unser Schiffchen im Yachthafen von La Linea. Tatsaechlich, da blinkt ganz winzig klein was gelbes zu uns hoch, das 6. Schiff von links da in der Reihe, das muss sie sein! Sooo klein! Da sind die Megayachten im Yachthafen von Gibraltar doch naeher und bedeutend besser erkennbar.

Wir gondeln wieder bergab, mit 3 “Einbeckern”, mit denen wir auf dem Berg ins Gespraech kamen. Das naechste Maal werden wir den Weg bergab zu Fuss machen. Und hoffentlich einen Tag erwischen, an dem der Himmel komplett wolkenlos und strahlend blau ist.

La Linea - Gibraltar

Sonne, blauer Himmel, Fruehstueck auf unserer “Terrasse” mit Blick auf den Felsen. Waesche waschen (die Maschine hier ist richtig gross, da geht ordentlich was rein und somit beschraenkt sich unser Berg Schmutzwaesche auf 3 Maschinenfuellungen!). Froehlich flattert das “Bunte” auf den zur Waescheleine umfunktionierten Reffleinen der Genua-Rollanlagen (die haben ja jetzt grad nix wirklich spannendes zum tun und haengen sonst nur bloed an der Reling rum). Anschliessend mit den Radln in den Ort, Supermaerkte suchen und finden. Im ersten, dem DIA, sind wir uns echt nicht sicher, ob der bald fuer immer schliesst: die Regale haben derart grosse Luecken, das schaut fast nach Raeumungsverkauf aus. Wir fuehlen uns nicht so wirklich wohl hier und besuchen noch den Mercadona. Auch den alten, zum Grossteil wohl bereits abgerissenen “Mercado” finden wir. Aber wie bei uns so oft (wir schlafen ja gern laenger) sind wir hier zu spaet dran: die Staende sind schon mehr oder weniger leer geraeumt, der Markt geht jetzt schlafen.

La Linea ist nicht wirklich schoen. Der sog. Strand besteht aus einem Streifen grau-braunen Sand mit ziemlich viel Muell drauf. Einige wenige Angler luemmeln sich darauf herum und beobachten Ihre Fanggeraete. Direkt unterhalb des Berges liegt die Start- und Landebahn des Flughafens und am Ende des Flugfeldes ein ziemlich neuer Spielplatz…..Abhaertungsprogramm von frueh an? Obwohl, die Flugzeuge sind relativ klein und nicht ganz so laut und viele starten und landen hier ja auch nicht.

Hier im Hafen geht es noch recht lebhaft zu. Auch wenn das Drumherum etwas tot und unfertig wirkt. Die Anlage ist sehr weitlaeufig, eine kleine Bar mutiert hier schnell zum Treffpunkt fuer alle - obwohl der Weg zum sog. Zentrum auch nicht allzuweit ist und auch wenn die abendliche Beleuchtung in der sog. Lounge eher abtoernend hell ist - Bahnhofswartehallenfeeling. Da aendert auch das riesige Poster mit dem Interieur einer Megayacht an der Wand nix dran. Gemuetlicher wird es dadurch auch nicht. Aber der Vino ist trinkbar und fuer die Sportfans fuehrt kein Weg am permanent eingeschaltetem Fernseher vorbei.

Und hier haben wir auch Freunde von Petra & Tom, SY Santos, getroffen: die Jou-Jou liegt hier fuer den Winter und Stefan und Coni wussten schon von unserem Eintreffen hier. An Bord der Jou-jou gab es also wieder viel zu erzaehlen.

Auf einigen Schiffen wird hier ueberwintert. Andere sind noch auf der Durchreise, wollen weiter zu den Kanaren und sind nur als Reparatur- oder Trockenstop hier in La Linea gelandet. Nach dem gestrigen Starkwindtag sind heute schon einige Yachten weiter gegangen.

Morgen wollen wir den Felsen bezwingen und den “Affen Zucker geben” …..wenn das Wetter mit spielt.

Apropos Wetter: gestern am spaetnachmittag gab es hier noch einen richtig heftigen Regenschauer. Der uns aber ein spektakulaeres Bild bescherte (von dem leider kein Foto existiert). Am Himmel zeigte sich erst zaghaft ein kleiner Teil eines Regenbogens. Darueber entstand ein zweiter, etwas schwaecher. Dann spannten sich beiden Regenboegen von einer Seite La Lineas zur anderen und strahlten kraeftig in ihren Farben. Unter dem Regenborgen war der Himmel heller grau, darueber fast schwarz. Das alles angestrahlt von der schon sehr im Westen stehenden Sonne - gigantisch. Alle Gaeste der Hafenlounge traten vor die Tuer und bestaunten den Anblick. So etwas versoehnt uns dann auch mit dem Regen!

Gibraltar

Katzen scheinen unser Schiff sehr interessant zu finden, in der Nacht hat noch eine unter unserer Kuchenbude Schutz vor Regen und Gewitter gesucht. Beim ablegen heute frueh haben wir also besonders darauf geachtet, dass wir keinen vierbeinigen Passagier mitnehmen.

Relativ wenig Wind und moderate Wellen sind unsere Begleiter in Richtung Tarifa. Wir stuetzen wir immer mit dem Grosssegel und laufen durch den Strom eine gute Geschwindigkeit von durchweg 6,8 bis ueber 7 Knoten.

Die Bucht von Barbate strahlt im Sonnenlicht besonders saftig-gruen. Wenn auch der Ort nicht besonders attraktiv erschien (von weitem), so ist doch die Landschaft drum herum sicherlich mehr wie einen 2. Blick wert. Immer wieder sind kleine Orte an die Berghaenge geklebt, die Haeuser liegen verstreut in den mit was auch immer bewachsenen Haengen. Wolken werfen an manchen Stellen dunkle Schatten.

Die Kuestenlinie Marokkos wird voraus immer deutlicher sichtbar und auch Tarifa kommt schnell in Sicht. Auch hier liegt ein leuchtend-weisser Turm vor dem Ort.

Das Verkehrstrennungsgebiet zieht sich unuebersehbar durch die Strasse von Gibraltar: ein „Dampfer“ nach dem anderen braust hier mit ueber 25 Knoten hindurch. Fast alle kommen aus dem Mittelmeer heraus, nur zwei wollen rein. Auch Segelyachten kommen uns viele entgegen, ein mittlerweile ungewohnter Anblick.

Kurz vor Tarifa gehen wir zwischen zwei Flachstellen hindurch, was sich auch sofort an dem veraenderten Wellenbild bemerkbar macht. Die Wassertiefe veraendert sich ebenfalls: von vorher ueber 90 Meter „faellt“ es hier bis auf 34 Meter. Die eigentlichen Flachstellen sollen max 4 und 9 Meter haben, sagt der Navigator. Der Strom wird jedenfalls deutlich staerker und wir zischen mit zeitweise ueber 10 Knoten durch den Atlantik, das sind doch mal Geschwindigkeiten!

Faehren passieren die Strasse, kreuzen zwischen Spanien, Gibraltar und Seuta hin und her. Oder fahren gar nach Marokko? So genau ist das nicht erkennbar.

Den Felsen von Gibraltar hatte ich mir irgendwie beeindruckender, hoeher vorgestellt, aber imposant ist er allemal. Genau wie die vielen Frachtschiffe, die hier in der Bucht vor Anker liegen. Oder sich auch schon mal genau in Kurslinie in Bewegung setzen. Spannende Momente – wo geht er hin, wie gehen wir am besten an dem Koloss vorbei, faehrt der oder liegt er fest? Aus verschiedenen Perspektiven sind die Bewegungen der Grossen schwer einzuschaetzen.

Vor uns startet ein Flugzeug. Die Bahn des Flughafens ist aber weit genug entfernt, der Flieger hoch genug, unser Mast ist nicht in Gefahr – und das Flugzeug auch nicht ;-).

Wir schaukeln mit etwas Gegenstrom aber dafuer auffrischendem Wind Richtung la Linea, wo wir eigentlich in Verhaeltnis zur zurueck gelegten Distanz recht frueh ankommen -  leider aber zu spaet fuer die Oeffnungszeiten des Marina-Office. Feierabend ist hier Samstags um 14 Uhr!

Also legen wir uns an den sog. Wartekai. Das ist eine Betonpier vor dem Hafengebaeude, sehr offen zu Wind und Stroemung hin gelegen und vor allem: der Tide unterworfen (die hier aber nicht so dramatisch ausfaellt). Ich finde den Liegeplatz ja nicht ganz so gluecklich, aber Werner will nicht einfach in eine Box fahren und morgen dann noch einmal verlegen muessen.

Der Wind soll zwar drehen und auch noch zunehmen, das wuerde uns noch mehr auf die Pier druecken wie jetzt schon, aber im Moment sieht es erstmal eher gegenteilig aus und wir liegen jetzt – um 18:56 fuer die Verhaeltnisse nicht schlecht.

Trotzdem gehen wir nur einzeln von Bord. Vorteil dieses Liegeplatzes: wir haben das gratis Wifi des Hafenbueros quasi vor der „Haustuer“. Fuer das Wifi auf den Stegen muss man bezahlen und schlecht ist es auch noch dazu.  Elke & Bert von der Anjuli Nui haben also richtig konstatiert: es wird in Spanien nicht besser mit dem Wifi! Vielleicht ist das aber auch ganz gut so. Freund Heiner meinte ja bei seinem Besuch eh, damit wuerde man doch enorm viel Zeit „vergeuden“.

Vielleicht koennen wir (explizit natuerlich ich) also demnaechst gaaanz viel Zeit fuer andere Dinge nutzen… und ihr auch, da ihr dann nix mehr hier auf der Website zu lesen habt :-)

Wieder Salz auf der Brille - von Cadiz nach Barbate

“Was war das denn??” Werner schaut von seiner Zeitschrift auf. Ich habe auch schon zwei absolut unbekannte Geraeusche gehoert, stehe auf und schaue aus dem Niedergang. Eine Katze steht auf unserem Deck, schaut Richtung Steg, dann zu mir. Eine zweite, etwas kraeftigere kommt von vom Vorschiff her dazu. Als wir zu zweit aus der Plicht zu Ihnen rueber sehen und dabei lachen, wird es ihnen wohl unheimlich und sie ergreifen mit eleganten Spruengen vom Deck auf den schmalen Fingersteg die Flucht. Na, um Ratten an Deck muessen wir uns hier in Barbate dann wohl keine Gedanken machen! In den spanischen Marinas leben derart viele (und gut genaehrte) Katzen, da haben Ratten & Co. Wohl kaum eine Chance. Hunde dagegen sieht man hier nur angeleint oder zumindest in Begleitung ihrer Besitzer. Zumindest ist das hier in Andalusien so.

Der Hafen von Barbate ist recht gross, mit viel Platz zwischen den Stegen fuer Manoever und die abgrundtief haesslichen Betongebauede auf der Pier sind nicht gerade sehr belebt. In einem riesigen Gebaude sind nur noch die grosszuegigen Sanitaeranlagen unter gebracht. Das Marina-Cafe im Obergeschoss steht ebenso leer wie der Rest des Gebaudes. Ein Haus weiter ist das Marina-Office unter gebracht. Wo der Aufzug hier hinfuehrt, hat sich uns nicht erschlossen. An den Stegen liegen nur wenige Boote, wir duerfen in die hinterste Ecke des ersten Hafenbeckens, haben dafuer aber nur einen kurzen Weg ueber den Steg zum Ausgang. Leider aber auch keinen Landstrom. Angeblich soll es an unserem Kabel liegen. Komisch nur, dass genau dieses Kabel heute frueh noch zuverlaessig seinen Dienst in Chadiz verrichtet hat. Aber vielleicht war ja die Ueberfahrt der Stromfuehrung abtraeglich. Wir wurden schon ganz schoen hin- und hergeschaukelt. Der Wind kam aus Sued und ohne die angekuendigte Westkomponente. Und das auch noch mit gut 10 Knoten mehr wie vorher gesagt. Stuetzsegelnd mit dem Gross motoren wir also Richtung Cap Trafalgar, das schon weit vorher zu sehen ist. Die Wellen sind teilweise recht hoch und immer wieder fallen wir heftig in Wellentaeler. Kursabweichungen von wenigen Graden werden umgehend mit ueberkommendem Wasser bestraft. Wieder einmal habe ich Salz auf Brille, Stirn und den Lippen. Ob ich mich schon dran gewoehnt habe? Irgendwie trage ich es gelassener, versuche durch sauberes steuern allzu heftige Seen an Deck zu vermeiden. Leider sind an steuerbord auch riesige, bedrohlich dunkle Wolkenberge zu sehen, die langsam aber stetig die Sonne und den bis dato blauen Himmel verdecken. Cadiz verschwindet hinter uns bereits in einer Regenwand. Ca. 10 Meilen vor dem geschichtstraechtigen Cap Trafalgar aendern wir nochmals unseren Kurs und muessten eigentlich segeln koennen. Aber irgendwie funktioniert das nicht: die Genau schlaegt, die Geschwindigkeit geht unter 4 Knoten, die Wellen werfen uns hin und her. Aber schon wieder motoren? Nein, verflixt, das muss doch gehen. Eine neue Strategie wird entwickelt: ich steuere stur nach Windanzeige und laufe soviel Hoehe wie irgendwie geht aber auch nur soviel, dass ich nicht unter 5 Knoten Fahrt komme. Den Kurs auf dem Fluxgatekompass behaelt Werner im Auge und sagt mir nur an, wenn ich zu lange vom Kurs abfalle. Ich selbst verschwende nur hin und wieder einen Kontroll-Blick auf den guten alten Kreiselkompass und behalte ansonsten eben nur Wind und Welle im Auge. Das funktioniert super. Mit dieser Methode eiere ich laengst nicht mehr so durch die Wellenlandschaft und wir laufen meist mit 6,2, manchmal mit ueber 7 und sogar mal mit 8,2 Knoten Fahrt Richtung Barbate. Vor dem Cap Trafalgar steht ein weisser Leuchtturm im Wasser. Das es eine Landverbindung gibt, sehen wir erst spaeter. Auf Hoehe des Caps holt uns die dunkle Wolke dann doch noch ein: es donnert, der Wind laesst erstaunlicherweise nach und dreht auch noch. Also doch wieder motoren. Schade, lief grade so gut :-( Sicherheitshalber hatten wir die Genua weg gerollt, das war Windstaerkentechnisch zwar absolut ueberfluessig, aber der Himmel signalisierte eigentlich etwas anderes. Und jetzt ist die Segelfuehrung aufgrund von zu wenig Wind auch o.k. Dann verhuellen sich Leuchtturm und Cap T. in Regenschwaden, wir sind ja schon geruestet und nehmen den einsetzenden Regen mit Gleichmut. Waehrend an Backbord alles im Regen versinkt, ist an Steuerbord immer noch die Kueste Marokkos zu erkennen! Wahnsinn, knapp 40 sm sind es bis dorthin. Zum greifen nahe wirkt die dunkle Silhouette des ersten Zipfels von Afrika. Aber wir wollen ja erst ins Mittelmeer. Kurz vor Barbate klart es wieder auf, Leuchtturm und Cap werden wieder von der Sonne angestrahlt, blauer Himmel steht ueber uns, ein Stueck Regenbogen leuchtet ueber dem Cap - ein wunderschoener Anblick! Hinter uns taucht ein Fischerboot aus dem Regen auf, das ganz offensichtlich das gleiche Ziel wie wir hat.

Wir schaukeln gemuetlich um die Mole rum und machen linkerhand am Anmeldesteg fest. Anmeldeprozedere wie gehabt: alle Papiere werden kopiert, zig Blaetter ausgefuellt, gestempelt und vom Skipper signiert. Und das im Zeitalter der elektronischen Datenuebermittlung. Koennte man unsere Papiere nicht einscannen und allen von uns angelaufenen Eppa-Haefen zur Verfuegung stellen? Aber wahrscheinlich wuerden dann hier nicht mehr 2 nette Damen sitzen sondern nur noch eine. Also sichern wir weiterhin Arbeitsplaetze. Den Weg um das recht grosse Hafenareal herum Richtung Stadt sparen wir uns. Hunger, Muedigkeit, meine Fuesse wollen nicht mehr, der Rest auch nicht. Wir hatten die letzten Tage ausreichend Sightseeing und die Aussicht auf einen 20-minuetigen Fussmarsch nach Barbate im Regen (die ueber uns haengenden Wolken lassen diesbezueglich nichts gutes ahnen) motivieren mich zum relaxten sitzen auf der Salonbank mit einem meiner neuen E-Books. Auch wirkt die Skyline von Barbate nicht sonderlich attraktiv auf uns. Mag sein, dass wir dem Ort damit Unrecht tun. Mal sehen, was der Wetterbericht morgen frueh fuer den Tag vorher sagt. Wenn es bei dem angekuendigten West mit einer Staerke um 11 Knoten (also dann ca. 20 Knoten) bleibt, dann werden wir morgen durch die Strasse von Gibraltar und nach La Linea gehen. Ansonsten werden wir die naechsten Tage noch ausreichend Zeit fuer eine Besichtigung von Barbate und Umgebung haben, denn dann warten wir hier auf die passenden Wetterbedingungen fuer diesen Abschnitt.

Von unserem Freund Heiner haben wir uns uebrigens heute frueh in Cadiz wieder verabschiedet. Er ist mit seinem Motorrad wieder Richtung Norddeutschland unterwegs, hat bereits ein Quartier fuer die Nacht gefunden und den heutigen Tag mit nur 30 Minuten Regen on the road verbracht. Wir hoffen, dass er den Rest des weiten Weges ebenfalls gut zurueck legt und wohlbehalten zu Hause ankommt!

« Previous PageNext Page »