“Was war das denn??” Werner schaut von seiner Zeitschrift auf. Ich habe auch schon zwei absolut unbekannte Geraeusche gehoert, stehe auf und schaue aus dem Niedergang. Eine Katze steht auf unserem Deck, schaut Richtung Steg, dann zu mir. Eine zweite, etwas kraeftigere kommt von vom Vorschiff her dazu. Als wir zu zweit aus der Plicht zu Ihnen rueber sehen und dabei lachen, wird es ihnen wohl unheimlich und sie ergreifen mit eleganten Spruengen vom Deck auf den schmalen Fingersteg die Flucht. Na, um Ratten an Deck muessen wir uns hier in Barbate dann wohl keine Gedanken machen! In den spanischen Marinas leben derart viele (und gut genaehrte) Katzen, da haben Ratten & Co. Wohl kaum eine Chance. Hunde dagegen sieht man hier nur angeleint oder zumindest in Begleitung ihrer Besitzer. Zumindest ist das hier in Andalusien so.

Der Hafen von Barbate ist recht gross, mit viel Platz zwischen den Stegen fuer Manoever und die abgrundtief haesslichen Betongebauede auf der Pier sind nicht gerade sehr belebt. In einem riesigen Gebaude sind nur noch die grosszuegigen Sanitaeranlagen unter gebracht. Das Marina-Cafe im Obergeschoss steht ebenso leer wie der Rest des Gebaudes. Ein Haus weiter ist das Marina-Office unter gebracht. Wo der Aufzug hier hinfuehrt, hat sich uns nicht erschlossen. An den Stegen liegen nur wenige Boote, wir duerfen in die hinterste Ecke des ersten Hafenbeckens, haben dafuer aber nur einen kurzen Weg ueber den Steg zum Ausgang. Leider aber auch keinen Landstrom. Angeblich soll es an unserem Kabel liegen. Komisch nur, dass genau dieses Kabel heute frueh noch zuverlaessig seinen Dienst in Chadiz verrichtet hat. Aber vielleicht war ja die Ueberfahrt der Stromfuehrung abtraeglich. Wir wurden schon ganz schoen hin- und hergeschaukelt. Der Wind kam aus Sued und ohne die angekuendigte Westkomponente. Und das auch noch mit gut 10 Knoten mehr wie vorher gesagt. Stuetzsegelnd mit dem Gross motoren wir also Richtung Cap Trafalgar, das schon weit vorher zu sehen ist. Die Wellen sind teilweise recht hoch und immer wieder fallen wir heftig in Wellentaeler. Kursabweichungen von wenigen Graden werden umgehend mit ueberkommendem Wasser bestraft. Wieder einmal habe ich Salz auf Brille, Stirn und den Lippen. Ob ich mich schon dran gewoehnt habe? Irgendwie trage ich es gelassener, versuche durch sauberes steuern allzu heftige Seen an Deck zu vermeiden. Leider sind an steuerbord auch riesige, bedrohlich dunkle Wolkenberge zu sehen, die langsam aber stetig die Sonne und den bis dato blauen Himmel verdecken. Cadiz verschwindet hinter uns bereits in einer Regenwand. Ca. 10 Meilen vor dem geschichtstraechtigen Cap Trafalgar aendern wir nochmals unseren Kurs und muessten eigentlich segeln koennen. Aber irgendwie funktioniert das nicht: die Genau schlaegt, die Geschwindigkeit geht unter 4 Knoten, die Wellen werfen uns hin und her. Aber schon wieder motoren? Nein, verflixt, das muss doch gehen. Eine neue Strategie wird entwickelt: ich steuere stur nach Windanzeige und laufe soviel Hoehe wie irgendwie geht aber auch nur soviel, dass ich nicht unter 5 Knoten Fahrt komme. Den Kurs auf dem Fluxgatekompass behaelt Werner im Auge und sagt mir nur an, wenn ich zu lange vom Kurs abfalle. Ich selbst verschwende nur hin und wieder einen Kontroll-Blick auf den guten alten Kreiselkompass und behalte ansonsten eben nur Wind und Welle im Auge. Das funktioniert super. Mit dieser Methode eiere ich laengst nicht mehr so durch die Wellenlandschaft und wir laufen meist mit 6,2, manchmal mit ueber 7 und sogar mal mit 8,2 Knoten Fahrt Richtung Barbate. Vor dem Cap Trafalgar steht ein weisser Leuchtturm im Wasser. Das es eine Landverbindung gibt, sehen wir erst spaeter. Auf Hoehe des Caps holt uns die dunkle Wolke dann doch noch ein: es donnert, der Wind laesst erstaunlicherweise nach und dreht auch noch. Also doch wieder motoren. Schade, lief grade so gut :-( Sicherheitshalber hatten wir die Genua weg gerollt, das war Windstaerkentechnisch zwar absolut ueberfluessig, aber der Himmel signalisierte eigentlich etwas anderes. Und jetzt ist die Segelfuehrung aufgrund von zu wenig Wind auch o.k. Dann verhuellen sich Leuchtturm und Cap T. in Regenschwaden, wir sind ja schon geruestet und nehmen den einsetzenden Regen mit Gleichmut. Waehrend an Backbord alles im Regen versinkt, ist an Steuerbord immer noch die Kueste Marokkos zu erkennen! Wahnsinn, knapp 40 sm sind es bis dorthin. Zum greifen nahe wirkt die dunkle Silhouette des ersten Zipfels von Afrika. Aber wir wollen ja erst ins Mittelmeer. Kurz vor Barbate klart es wieder auf, Leuchtturm und Cap werden wieder von der Sonne angestrahlt, blauer Himmel steht ueber uns, ein Stueck Regenbogen leuchtet ueber dem Cap - ein wunderschoener Anblick! Hinter uns taucht ein Fischerboot aus dem Regen auf, das ganz offensichtlich das gleiche Ziel wie wir hat.

Wir schaukeln gemuetlich um die Mole rum und machen linkerhand am Anmeldesteg fest. Anmeldeprozedere wie gehabt: alle Papiere werden kopiert, zig Blaetter ausgefuellt, gestempelt und vom Skipper signiert. Und das im Zeitalter der elektronischen Datenuebermittlung. Koennte man unsere Papiere nicht einscannen und allen von uns angelaufenen Eppa-Haefen zur Verfuegung stellen? Aber wahrscheinlich wuerden dann hier nicht mehr 2 nette Damen sitzen sondern nur noch eine. Also sichern wir weiterhin Arbeitsplaetze. Den Weg um das recht grosse Hafenareal herum Richtung Stadt sparen wir uns. Hunger, Muedigkeit, meine Fuesse wollen nicht mehr, der Rest auch nicht. Wir hatten die letzten Tage ausreichend Sightseeing und die Aussicht auf einen 20-minuetigen Fussmarsch nach Barbate im Regen (die ueber uns haengenden Wolken lassen diesbezueglich nichts gutes ahnen) motivieren mich zum relaxten sitzen auf der Salonbank mit einem meiner neuen E-Books. Auch wirkt die Skyline von Barbate nicht sonderlich attraktiv auf uns. Mag sein, dass wir dem Ort damit Unrecht tun. Mal sehen, was der Wetterbericht morgen frueh fuer den Tag vorher sagt. Wenn es bei dem angekuendigten West mit einer Staerke um 11 Knoten (also dann ca. 20 Knoten) bleibt, dann werden wir morgen durch die Strasse von Gibraltar und nach La Linea gehen. Ansonsten werden wir die naechsten Tage noch ausreichend Zeit fuer eine Besichtigung von Barbate und Umgebung haben, denn dann warten wir hier auf die passenden Wetterbedingungen fuer diesen Abschnitt.

Von unserem Freund Heiner haben wir uns uebrigens heute frueh in Cadiz wieder verabschiedet. Er ist mit seinem Motorrad wieder Richtung Norddeutschland unterwegs, hat bereits ein Quartier fuer die Nacht gefunden und den heutigen Tag mit nur 30 Minuten Regen on the road verbracht. Wir hoffen, dass er den Rest des weiten Weges ebenfalls gut zurueck legt und wohlbehalten zu Hause ankommt!