Tage (und Naechte) im Gleichklang des Windes. Mal aus Ost, mal aus Suedwest, mal schwaecher, mal staerker. Mal leise saeuselnd, mal in den Wanten pfeifend und heulend.

Sitzen in der Plicht mit Ausblick auf das abendlich beleuchtete Gibraltar. Der Fels wird auf der Nord-Ost-Seite angestrahlt, was die Steilheit dieser Seite besonders betont. Davor rote, weisse Lichter der Flughafen-Rollbahn, blaue Lichter von irgendwelchen Hochhaeusern in Gibraltar. Der Steg hier ist nur dezent beleuchtet.

Wir geniessen die im Supermercado gefundenen gebrannten Mandeln, nicht so lecker wie die frischen vom Weihnachtsmarkt, aber immerhin essbar und ein brauchbarer Ersatz. Dazu Rioja aus dem Supermarkt. Wo es hier Weingueter mit Direktverkauf gibt, hat sich uns noch nicht erschlossen. Aber der Supermarkt-Vino laesst sich auch gut trinken.

Auf Steg 11 (noch ohne Strom und Wasseranschluesse und dementsprechend schwach mit Booten besetzt) haben sich die Moewen haeuslich nieder gelassen. Zu sehen sind sie nicht, aber unueberhoerbar. Mal mit naechtlichem Radau wie heimkehrende Zechbrueder, mal mit dezenten Rufen einzelner Voegel so wie heute. „Auau“ ruft eine immer wieder bis eine zweite einfaellt. Das hoeren sich die restlichen nicht lange unerwidert an und fuer eine Minute ist wieder ein Konzert der ganzen Truppe hoerbar und der Hafen ist erfuellt vom Moewengekreisch wie man es normalerweise kennt.

Tagsueber beobachten wir fasziniert die Wolkenbilder: tiefdunkelgraue dicke, richtig plastisch wirkende, Wolken haengen in Richtung Tarifa ueber Spaniens Kueste. Hier ueber La Linea lugt ein Stueck blauer Himmel hervor und ueberm Felsen haengt die obligatorische laengliche, heller graue Wolke. Das Hafenwasser schimmert unverdrossen gruen, laesst sich von dem Farbspiel dort oben nicht beeindrucken.

Nachts gibt es ein Gewitter, zaghaft, ein paar Blitze, ein paarmal Donner, dazu Regen.  Der Wind nimmt zu, gut zu hoeren am Stakkato eines Falls einige Boote weiter. Manche Skipper sind echt abgestumpft ….. oder nicht an Bord. Tags donnern die Flugzeuge ueber die Rollbahn. Durch den herrschenden Wind etwas lauter hoerbar. Autos hupen wie verrueckt. Haben wir das die vergangenen Tage nicht wahr genommen, nicht wahr nehmen koennen durch den Wind oder hat das Hupen heute einen besonderen Grund und ist deshalb verstaerkt zu hoeren?

Bei uns an Bord laeuft wieder einmal das Batterieladungs-Testprogramm. D.h., der Windgenerator rattert Tag und Nacht. Und obwohl der gute deutlich leiser geworden ist (vor allem oben an Deck ist er so gut wie nicht mehr hoerbar), nervt er mich nachts doch immer noch und ich wandere immer wieder auf die Salonkoje aus. Bin entsprechend geraedert am naechsten Morgen und brauche einen besonders starken Kaffee zum Fruehstueck.

Waehrend wir noch langsam zu uns kommen, wird am Nachbarschiff bereits gearbeitet. Peer, der Oesterreicher von der Voodoochild, einer Reinke 16M und in 11 Jahren eigenhaendig von ihm erbaut, ist mit Pinsel und Lack bewaffnet und bereit, sein begonnenes Restaurierungswerk im Schiffsinneren der Hanse 445 zu vollenden. Gerne kommt er aber zwischendurch zu uns auf einen Kaffee an und uebergibt uns bzw. Werner ein Buch. Mit einem ganz besonderen, beide Crews, die der Voodoochild und der Naja, besonders beruehrenden Thema.

Ewig gestrige unter sich…..bevor wir zu sehr ins philosophieren kommen, rettet sich Peer in seine Arbeit am Nachbarschiff, einer Hanse.

Irgendwie ist Pontoon 12 viel belebter wie noch vor wenigen Tagen. Neue Gesichter kommen zu den schon vertrauten, sind einen Tag da und schon wieder weg. Andere, die schon laengst weiter gezogen sein wollten, liegen immer noch hier. Konnten oder wollten sich bei den in den letzten Tagen vorherrschenden Wind- und Wetterverhaeltnissen einfach nicht zur Weiterfahrt entscheiden. Am Kai gegenueber, vorm Marinaoffice, liegen immer wieder Mega-Yachten. Wir zaehlen hier mit unseren 15 Metern zu den „Normalos“.

„Wann soll ich morgen denn aufstehen, wenn ich schon um 9  Uhr im Marinaoffice sein soll“… Werners Terminierung kommt vollkommen durcheinander, weil ich ihm vorgeschlagen habe, die Oeffnungszeit des Bueros von 9-12 Uhr fuer weitere Internet- und Emailaktivitaeten zu nutzen….duschen, Fruehstuecksbroetchen holen….das wird ne enge Kiste. Dazu kommt, dass die Baeckerei wahrscheinlich gar nicht so frueh oeffnet. Also werden wir das ganze wie gehabt sehr relaxt angehen. Und uebermorgen ist ja auch noch ein Tag!

Ein weiteres Glas Mr Choc ist geleert. Nur gut, dass noch zwei in der Vorratsbank ruhen (eingekauft von der weitsichtigen Bordfrau). Fruehstuecksnotstand ist also noch keiner zu befuerchten. Der Einkauf bei Lidl allerdings darf jetzt auch nicht mehr allzu lange hinaus gezoegert werden, da sich auch die Erdnussbutter-Ration rapide dem Ende naehert!

Jetzt, am Abend, prasselt der Regen auf die Kuchenbude. Gut, dass wir ein solches, Lebensraum vergroesserndes Zelt haben. Campingfeeling kommt auf. Da muessen wir uns nicht weiter die Frage stellen, ob wir nochmal die Marinalounge entern oder doch noch einen Gang in die City machen, um das dortige Nachtleben kennen zu lernen. Wir kuscheln uns lieber auf unserem Schiff bei Kerzenschein, Vino tinto und Kaffee in die Plicht und geniessen weiter den Ausblick auf Gibraltar. Oder stellen Ueberlegungen an, was wir an Arbeiten demnaechst dann endlich mal am Schiff angehen und ob wir nun doch nach Almerimar gehen oder wann wir nach Deutschland fliegen. 

 

Morgen ist jedenfalls erstmal Sonntag, da sind die moeglichen Aktivitaeten schon etwas eingeschraenkter, was uns aber nicht weiter belastet. Und am Montag muessen wir uns um den Leihwagen kuemmern. Dienstag dann sind wir schon auf dem Weg nach Malaga, um Katja und Markus am Flughafen abzuholen….die Zeit, die Tage fliegen wie die Wolken am Himmel oder die Delfine durchs Wasser und dabei geht doch alles einen so gemaechlichen Gang. Ein Widerspruch in sich? Mag sein, fuer uns aber nicht wirklich. Wir sind zeitlos und so langsam kann ich nach empfinden, was in Rentnern und Arbeitslosen vorgeht, wie sich der Bezug zum „echten“ Leben veraendert, wandelt, verloren geht. Aber wir geniessen diesen Wandel, dieses ausruhen nach einem Leben voller Termine, Rastlosigkeit, nach den ersten Wochen unserer Reise, die auch noch von diesem „immer-weiter“ gepraegt waren. Fuehlen uns „angekommen“, auch wenn wir unseren Liegeplatz wohl noch zwei, drei Mal veraendern werden. Aber das Gefuehl ist schon da.

Gerade wird mir aber auch bewusst, dass ich dann nicht mehr taeglich etwas fuer die Website schreiben werde. Wer will schon immer das gleiche lesen: aufstehen, fruehstuecken, einkaufen, Waesche waschen, am Schiff arbeiten, lesen, troedeln etc. :-) ….das ist doch fast wie zuhause, nur eben bei deutlichen Plusgraden (hoffen wir zumindest!). Oh Gott, halte ich das ueberhaupt durch? Vielleicht sollte ich doch so klitzekleine Statusmeldungen machen…Temperatur, Wetterlage allgemein, irgendwas wird sich doch bestimmt berichten lassen…..

Oder ich koennte immer mal einfach nur ein Foto einstellen. Ach, mir wird schon was einfallen fuer die paar Tage, da bin ich mir ganz sicher.