Samstag, 29.08.2009

19:59 Brunsbuettel Liegeplatz am Ausweichsteg hinter der Bunkerstation… So hatten wir uns den Verlauf des heutigen Tages nicht vorgestellt! Um 6 Uhr in der Frueh heisst es „Leinen los“ im Gieselaukanal bzw. von der Liegemoeglichkeit vor der Schleuse zum G.kanal. Man liegt dort sehr idyllisch, wenn auch ohne jegliche Versorgungsmoeglichkeiten oder sanitaeren Anlagen auf einer Wassertiefe von 2,5-2,70 laengsseits an je einem langen Steg auf jeder Kanalseite. Beim Anlaufen der Stege ist Abstand vom Ufer zu halten: wir hatten kurzzeitig Grundberuehrung und unser Log sprach von 2,30 Tiefe!!! Auch die Zufahrt ist nicht gerade ueppig bemessen vom Tiefgang, es reicht so gerade eben noch fuer uns.

However, wir also los, denn das Etappenziel fuer heute heisst Cuxhaven. Ca. 9:16 nochmal festgemacht vor der Schleuse Brunsbuettel, eine groeßere Hunderunde ist jetzt dringend notwendig. Unser Hund hat ja auch seine Beduerfnisse. Nach Ruecksprache mit der Schleuse wird uns mitgeteilt, dass wir mit der Gina R um ca. 11:45 schleusen koennen. Die kommt auch fast puenktlich ums Eck, wir hinterher, festgemacht, vor Gina R. aus der Schleuse. Super! Das Wetter laesst zwar heute zu wuenschen uebrig, immer wieder Regenschauer und auch heute noch ordentlich Wind auf dem Kanal (wenn auch bedeutend weniger als gestern: 32 kn und das auch noch auf dem Kanal und aus West!!!). Unter Maschine laufen wir Richtung Cux, vor uns ein Schiff der Kuestenwache, einige groeßere Poette, die Richtung Schleuse laufen und jede Menge Segelboote: Regatta, daher auch die K.wache. Wir ueberlegen noch, ob wir ueberhaupt Segel setzen koennen bzw. ab wann, da geht die Drehzahl unserer Maschine langsam aber stetig runter, schliesslich setzt der Motor ganz aus. Werner stellt die Dieselfilter um, wir starten die Maschine und nach einigem Geziere laeuft sie wieder. Aufatmen? Nee, zu frueh gefreut! Das Spiel wiederholt sich noch 2mal, zwischenzeitlich haben wir die Fock ausgerollt und versuchen uns so, einigermaßen vom flachen Wasser frei zu halten. Ein anderes Segelboot unter Motor wollen wir auf uns aufmerksam machen. Aber die scheinen auch ein Problem zu haben, sind mit irgendetwas an ihrem Bug stark beschaeftigt. Also auf Kanal 16 die Kuestenwache (ist ja in Sichtweite) rufen. Es meldet sich das Rettungsboot Gillis Gulbrandson. Auf Kanal 10 wird der restliche Funkverkehr abgewickelt, das Rettungsboot will unsere Position wissen und welche Tonne in der Naehe ist. Ich flitze staendig zwischen Funke und Cockpit hin und her. Da sehen wir die Retter auch schon auf uns zukommen! Wir uebernehmen die Schleppleine und werden zurueck nach Brunsbuettel gezogen. Nicht so einfach, auf der Heckwelle des Schleppers zu surfen und dabei Kurs zu halten. Werner hat mit dem Ruder gut zu tun. Und ich bange nur, dass die Bugklampe das ganze aushaelt. Immerhin haengen 17 Tonnen daran und zwar voll! Und an einen Hahnepot habe ich in der Hektik einfach nicht gedacht. Immerhin habe ich zwischendurch die Automatikweste anlegen können.

Kurz vor der Schleuse nimmt uns der Schlepper laengsseits, wir sollen in der Schleuse mit der Steuerbordseite festmachen. Ich werde noch angewiesen, die Heckleine zuerst fest zu machen, weil ja der Wind von achtern kommt…. Soweit die Theorie.

Die Gillis G. unterschaetzt das Gewicht und die Gleitfaehigkeit unseres Schiffes und faehrt mit zu hoher Geschwindigkeit in die Schleuse ein. Der Wind schiebt uns von achtern und dem Rettungsboot gelingt es nicht, uns vernuenftig aufzustoppen. Ich schaffe es irgendwann,  trotz der noch immer hohen Geschwindigkeit, auf den Fendersteg zu springen. Die Achterleine durch einen Ring zu ziehen, ist fuer mich unmoeglich: ich spurte so schnell es die Gitter zulassen hinter unserem Schiff her und erwische trotzdem keinen der Ringe. Das Rettungsboot schafft es gerade noch, uns zwei Meter vor dem Schleusentor aufzustoppen. Der Vormann springt zu mir auf den Steg und gemeinsam bekommen wir die Achterleine fest. Jetzt noch die Vorleine. Aufatmen.

Aber oh weh: kaum liegen wir einige Zeit geht unser Heck quer: die Heckleine hat sich warum auch immer geloest und der Wind gibt sein Bestes, uns quer zu drehen. Ich kann gar nicht mehr alles in Worte fassen: Werner auf dem Steg stehend, das Schiff von der Schleusenwand abhaltend, der 42 Kg Anker in gefaehrlicher Naehe seines Kopfes, die Bemuehungen des Rettungsbootes, uns mit dem Bug in den Wind zu drehen…

Endlich laufen die Manoever wieder kontrolliert. Im Pas de deux geht es einmal quer durch die Schleuse. Schließlich ist unser bockiger Mustang wieder in Fahrtrichtung Kanal gebracht und laeuft brav, als waere ueberhaupt nichts gewesen, neben der Gillis G. aus der Schleuse. Voellig ausser Atem stehe ich an Deck und bin kurz vor einem Weinkrampf. Der Schiffsfuehrer fragt mich, ob alles wieder o.k. waere. Ich nicke, und versuche zu witzeln: solange der Hund ruhig liegen bleibt, ist alles o.k… - der scheint von der ganzen Hektik ueberhaupt nichts mit bekommen zu haben, liegt seelenruhig auf seinem Platz. Aber das ist auch gut so, ein aufgeregt fiepender Hund, der womoeglich in dem ganzen Durcheinander auch noch auf dem Seitendeck rumturnt – das waere zu viel gewesen fuer mein Nervenkostuem.

Da der Yachthafen gut gefuellt ist, werden wir zu unserem altbekannten Liegeplatz gebracht. Der ist absolut leer und wir koennen ohne Probleme festmachen. Das Rettungsboot hat es jetzt eilig, wieder loszukommen, der naechste Einsatz ruft. Die Formalitaeten noch, ein letztes Winken und wir sind allein…mit uns, dem Schiff und unserem Elend.

Werner ahnt, woran es liegen koennte und baut die Filter aus. Diese sind komplett mit Algen zugesetzt und lassen Schlimmes fuer den Tankinhalt vermuten. Dunkel erinnere ich mich, irgendwann beim Durchblaettern eines Bootszubehoerkataloges mal gefragt zu haben, ob wir nicht auch so ein Mittel gegen Algen benoetigen….

Jetzt sitze ich hier alleine mit dem Hund, beide sind wir mehr oder weniger durchnaesst vom letzten Starkregen, ich friere leicht und werde mich in die Koje verziehen. Werner hat inzwischen Thomas angerufen und ist mit ihm nach Buxtehude gefahren. Ein alter Kumpel– Michael Kreusel - vertreibt dort ueber seinen Internetshop (www.buxte-boot.de) einen Algenkiller namens Grothamar 71. Mit diesem Mittel wollen wir eine sog. Schockbehandlung durchfuehren, die alle Algen abtoeten soll. Anschliessend wollen wir den Tank leer pumpen und den Diesel gefiltert wieder verwenden.

Ohne die schnelle und unkomplizierte Hilfe von Michael Kreusel haetten wir unser Problem nicht so schnell in den Griff bekommen. Schliesslich war es ein Samstagabend und damit Wochenende. In den naechsten Tagen soll dann der Tankinhalt gefiltert, gereinigt und wieder verwendet werden. Aber das wollen wir einer Firma ueberlassen, die sich darauf spezialisiert hat.

Erstaunlich ist fuer uns im Nachhinein, wieviele Boote bzw. Bootseigner auch schon von dem Algenproblem betroffen waren. Aber offenbar spricht man nicht gerne darueber und tauscht sich nur mit ebenfalls Betroffenen darueber aus!