In Grandada

In Grandada

Wrumm, wrumm, wrumm – ein Auto nach dem anderen zischt auf der Schnellstrasse unweit unserer Uebernachtungsherberge in Bobadillo vorbei. Eine Nachtigall mueht sich redlich, den Zivilisationslaerm zu uebertoenen. Richtig idyllisch waere unsere rustikale Bleibe ohne den Verkehrslaerm.

Aber jetzt habe ich das Ende dieses Tages vorweg genommen. Fangen wir also gaaanz von vorn an.

Nachdem wir gestern Abend ziemlich hektisch und auf den letzten Druecker einen Leihwagen bei der Europcar-Station in Almerimar (uebrigens die einzige Station, die Autos vor Ort hat) reserviert hatten, haben wir das Auto-chen, es handelt sich naemlich um einen knuffigen, roten Fiat 500…,

Mit dem Mini-Granada in Granada

Mit dem Mini-Granada in Granada

ganz entspannt heut frueh um 11 Uhr uebernommen. „Hat der auch einen Kofferraum“ – skeptische Frage der langjaehrigen VW-Bus und Kombi-Fahrerin. Ja, der hat. Nicht ueppig, aber immerhin. Also Tasche rein und los. Erstmal zu Gonzo ins Paraiso, noch einen Kaffee, Churros und ein klaeglich scheiternder Versuch, via Internet noch Eintrittskarten fuer die Alhambra zu ergattern. Nette Menschen am Nebentisch beruhigen uns: um die Jahreszeit muss man keine Karten reservieren. Sie waren schon so oft und haben nie und ueberhaupt. Derart beruhigt duesen wir los. Die Fahrt ist optisch reizvoll und abwechslungsreich. Selbst die Costa del Plastico ist irgendwie faszinierend und hat sogar noch ein paar Ecken ganz ohne die verunglueckten Christo-Nachahmungsversuche. Hinter Motril geht es in die Berge. Schnee leuchtet von den hoechsten Gipfeln, Plantagen liegen malerisch an den Haengen. Irgendwo steht was von Mandeln an einer grossen Halle. Ob da wohl auch Mandelbaeume bei sind? So mit Distanz und fuer uns als botanische Analphabeten schwer erkennbar. Blueht ja auch nix, zumindest von den Baeumen. Ansonsten ziehe wahre Farbsymphonien in rot,blau und gelb an uns vorbei. Flieder, Ginster, Orangenbaeume, Bougainvillea, Rosen und andere mir sonst als Sommerblumen bekannte Pflaenzlein zeigen ihre Blueten.

Und ratzfatz haben wir Granada erreicht. Hmm, irgendwie hatte ich ja schon bei der Anfahrt so einen Aha-Effekt a la Ronda erwartet. O.k. dann halt nicht. Die Navi-App leitet uns grosszuegig auf unsere Zielstrasse und behauptet mitten in einer Art Wohngebiet, wir haetten unser Ziel jetzt erreicht. Wohl in Mathe nicht so ganz aufgepasst: 198 ist hier jedenfalls weit und breit nicht als Hausnummer zu sehen!

2x angehalten, 1x umgedreht, 1x nachgefragt, wieder gedreht und schon fahren wir beruhigenderweise durch die Pampa und sehen auch tatsaechlich nach kurzer Fahrt rechterhand ein Hinweisschild „Campingplatz“. Oha, das hatte ich mir dann doch etwas moderner vorgestellt….

Die Rezeption ist im Wohnhaus der Senora in so einer Art Wohnstube, am „runden Tisch“. Ihr Steuerberater freut sich bestimmt ueber die Zettelwirtschaft…. Ordentlich wird alles ausgefuellt, wir bekommen eine Quittung fuer die Zahlung mit der Kreditkarte, einen Gutschein fuers Fruehstueck und dann fuehrt uns die Senora mit Erlaeuterungen in einem spanisch-englisch-franzoesischen Mischmasch zu unserem Appartment. Schlicht, aber sauber wuerde ich das mal zusammenfassen. Und dieses Mal stimmt es auch fast mit dem Gemeinschaftsbad: geduscht wird in der Campingplatz-Dusche, Toilette und Waschbecken gibt es im „Appartment“. Das hat einen begehbaren Kleiderschrank von ca. 0,5qm, ein kleines Fenster zum Hof und das Mobiliar ist weder schoen noch stilvoll, aber funktional. Kein Vergleich zu unserem Riad in Marrakesch!

Mit dem Bus – Linie 4, ganz in rot – geht es nach Granada. Leider verpassen wir den Ausstieg in der Naehe der Kathedrale. Und dann kommt laaaaange keine Haltestelle mehr. Gleich 3 aeltere Spanier erklaeren uns wortreich, wie wir von dem naechsten Halt zurueck zur Kathedrale kommen. Da ham wir aber so richtig fuer Gespaechsstoff gesorgt. Wir verstehen so gut wie nix, nicken aber eifrig und stuerzen auf die entsprechenden Handzeichen der Senores aus dem Bus.

Irgendwie laufen wir dann – auch Dank der entsprechenden Hinweise einheimischer Passanten – einen riiiiesen Umweg, finden dann aber doch wundersamer Weise zur Kathedrale. Wenn wir ganz da unten bei der ersten Nachfrage schon unserem Instinkt gefolgt waeren….. wenn und haette. Passé!

Waehrend ich schon fotografierenderweise in den Plaetzen und Gassen versinke, mich in den Auslagen der unglaublich vielen Kraeuter- und Gewuerzlaeden verliere, draengelt Werner. Das lustige Suchspiel „wo ist die Touri-Info samt hilfreichem Stadtplan“ geht los. No Internet, no Chance, das Buero wirklich zu finden. Die Stadtplan-Fotos sind nicht sooo wirklich hilfreich. Also fragen. So langsam bekommen wir den Durchblicker und stehen tatsaechlich nach nur 2 Rueckfragen vor dem gesuchten Gebauede. Weltstaedtisch wird man hier sogar in seiner Heimatsprache informiert. Leider eben auch darueber, dass alle Karten fuer die Alhambra ausverkauft seien. Mit etwas Glueck und fruehem anstehen an der Alhambra selbst ….aber nur mit viel Glueck. Um 8 Uhr oeffnet der Schalter. Was ist das denn fuer eine unspanische Zeit???

Gewuerze - in Laeden, an Verkaufsstaenden im Freien....leider draengelt mein Skipper zum weitergehen!

Gewuerze - in Laeden, an Verkaufsstaenden im Freien....leider draengelt mein Skipper zum weitergehen!

Bewaffnet mit Stadtplan, Kringeln fuer Tapas-Strasse, Aussichtspunkt, Buslinien etc. ziehen wir erstmal los, zurueck zur Kathedrale. Ansichtskarten werden erworben, ein Blick in die Kathedrale. Ringsum reihen sich die Andenkenlaeden aneinander. Das Sortiment ist immer gleich bzw. aehnlich. Bettler nutzen natuerlich das grosse Touristenvorkommen und sind ebenfalls in entsprechender Anzahl vertreten. Und prompt falle ich auf eine beleibte Senora rein. Sie will kein Geld wird mir versichert, schwupp habe ich ein Buchsbaumstraeusschen auf der Hand liegen, bekomme auf spanisch irgendwas gewahrsagt, was ich ja gluecklicherweise kaum verstehe. Nur bei „Kind“ werde ich aufmuepfig: nee, nicht mit mir! Kaum ist der Hokus-Pokus dann beendet wird mit Nachdruck Geld verlangt und dann auch noch gleich 5 Euro! Hah, das ist dreist! 50 Cent sind da wohl mehr als genug! Ich schuettele den Kopf ueber mich selbst und schwoere mir: nicht noch einmal. Der ‚Mirador San Nicolas‘ ist unser naechstes Ziel. Durch touristisch belebte und ruhigere Gassen tappern wir tapfer bergan, mal geht es etwas nach links, mal nach rechts. Intensives Studium der schoenen Strassenschilder. Und so ganz nebenbei erkunden wir damit das Stadtviertel Albaicin. Immer wieder kommen wir auf kleine und groessere, immer schoen angelegte und bepflanzte Plaetze. Und immer wieder haben wir fantastische Ausblicke auf die sich weit ausdehnende Stadt und die Berge im Hintergrund. Unuebersehbar ist dann der eigentliche Mirador: der Blick ist wirklich grandios, die Alhambra liegt in ihrer ganzen Groesse genau gegenueber, die Stadt liegt zu unseren fuessen und der Platz ist schon gut gefuellt mit Touristen. Eine Kirche und eine Moschee liegen in trauter Nachbarschaft ebenso dicht an dicht wie kleine Bars und Restaurants. Um die sagenhafte Illumination der Alhambra von hier aus zu geniessen sind wir noch zu frueh. Und solange hier sitzen?

Wir gondeln langsam wieder bergab. Das Stadttor ‚Porta de Elvira‘ ist gut zu erkennen. Links oder rechts? Diese Gasse oder doch lieber jene? Alles sieht verlockend aus. Wieder ein kitschig-idyllisch wirkender Platz mit einer kleinen Kirche. 3 Bars laden zum Verweilen ein. Der Mensch ist doch ein Herdentier: kaum sind 2 Tische besetzt, zieht es alle anderen Neuankoemmlinge automatisch zu dieser Bar. Die mittlere hat bereits kapituliert und schon geschlossen, der Inhaber der 3. Versucht frustiert durch Eigenkonsum, Gaeste an zu locken. Vergeblich. Die Mini-Busse der Linien 30 und 31 halten im 5 Minuten-Takt am Platz, schieben sich mit Massarbeit durch die schmale Gasse runter in die Stadt. Von dort unten schallen die Geraeusche einer Demonstration herauf. Das Blaulicht der Polizeiautos ist zu sehen. Lautsprecherdurchsagen, skandierende Sprechchoere, dann Gesang. Bis wir aber diesen Bereich erreicht haben, scheint sich alles in Wohlgefallen aufgeloest zu haben. Durch die Calle ‚Elvira‘ fuehrt die sog. Route der Tapas-Bars. Tatsaechlich liegt hier eine Bar an der naechsten, wir entscheiden uns fuer eine ganz kleine, die uns mit Bob-Marley-Musik beschallt und an deren Waende Leinwandgross Deep Purple, Pink Floyd und andere Legenden ein poppig-buntes an ihre grosse Zeit erinnern. Die Tapas sind essbar, reissen uns aber auch nicht vom Hocker. Auch hier ist es Tradition, zu jedem Bier oder sonstigem alkoholischen Getraenk eine Tapa gratis zu reichen. Wir ordern noch 2 extra und bestaunen die unterschiedlichen Zubereitungsarten von so schlichten Dingen wie Auberginenscheiben in Honig geroestet.

Wir ziehen weiter, es ist dunkel. Wir finden tatsaechlich eine noch geoeffnet Panaderia! Der Abend ist gerettet!!!! Ein Stueck weiter erreichen wir den naechsten, richtig grossen Platz: ‚Placa Nueva‘. Wunderschoene Tuecher mit Elefantenmotiven werden hier angeboten, zieren die Hauswaende. Nein, ich muss tapfer bleiben. Zur Ablenkung fotografiere ich die schoen angestrahlte ‚Iglesia Santa Ana‘ und diverse Springbrunnen und prachtvoll illuminierte Gebaeude. Entlang der mit Gingko-Baeumen bepflanzten Gran Via stehen moderne Strassenlaternen, die aber irgendwie gut zu den schoenen alten Gebaeuden dieser Strasse passen.

Ein Mann ganz in weiss gekleidet faellt uns immer wieder auf. Der hat Werner vorhin schon in der Calle Elvira Haschisch angeboten – wovon ich natuerlich wie immer nix mitbekommen hab. Aber jetzt faellt mir der Typ umgehend auf und ich bekomme schon langsam Verfolgungswahn, als er immer wieder in unserer Naehe auftaucht. An der Bushaltestelle tricksen wir ihn aus und sind ihn los.

Fuer 1,20 pro Person geht es raus aufs Land. Wir sind die Letzten, die aussteigen. Noch ein paar Meter auf der jetzt stockdunklen, schmalen Landstrasse und dann haben wir es geschafft. Tatsaechlich ist der Parkplatz gut gefuellt. Senora versicherte uns ja heute Mittag bereits, sie sei ausgebucht! Ob das an dem Feiertag-Montag liegt??

Wir sind voellig geschafft, es ist spaet und jetzt geniessen wir noch etwas die Beschallung der Nachbar-Appartments :-)))) – gut, dass wir oberen Stockwerk naechtigen und somit niemand mehr ueber uns haben!

Blick in die Kathedrale

Blick in die Kathedrale