Eselei

Ich stehe in der Nähe des Castillo an einem Hauptumschlagplatz für Fahrgäste und warte auf einen Caracoles Bus. Auf den 4 Fahrspuren herrscht das übliche Gedränge. Busse und Autos drängeln sich von der linken Spur nach rechts, weil sie eigentlich abbiegen wollten. Hupen, Bremsen quietschen. Und dann traue ich meinen Augen kaum: ein kleiner Esel trabt seelenruhig und mutterseelenallein auf der linken Fahrspur die Strasse entlang. Bleibt ab und an stehen, senkt die Nase auf den Asphalt als wolle er die Richtung erriechen. Dann zieht er gemütlich nach rechts, peilt den kleinen Platz zwischen zwei Strassen an. Baumbestanden und mit einer Grünfläche versehen, dazwischen ist er gepflastert. Ob die Wiese sein Ziel ist? Nein, das Pflaster hat es ihm angetan: er schmeisst sich auf den Boden und schrubbelt sich genüsslich das Fell, rollt sich auf den Rücken, von einer Seite zur anderen, bleibt dann entspannt liegen, die Beine unter den Bauch gezogen. Kommt da jetzt irgendeiner angerannt um seinen Esel wieder einzufangen? Irgendwie nein, keiner kümmert sich um das Tier. Ob er das wohl öfter macht? Freilaufende Esel in einer Stadt wie Cartagena - träume ich oder wach ich? Die Strassenhunde sind ja ein gewohntes Bild. Selbstbestimmt und erstaunlich clever streunen sie durch ihr Revier, queren die Strasse an Fussgängerüberwegen; wissen offenbar ganz genau, wann sie gefahrlos die Strasse überqueren können. Aber Esel habe ich bislang immer nur im Geschirr eines kleinen Wagens gesehen, angebunden irgendwo wartend oder auf der Strasse ihre Last ziehend.