Gemuetlich aussehende Haeuser, mit Fachwerk, Schiefer oder auch ganz schlicht dastehend, recken sich und ihre Daecher in die Morgensonne. Angenehm warm ist es, ein richtig schoener Spaetsommertag im August, der in Amecke, am Sorpesee, ganz gemaechlich erwacht. Nur keine Hektik! Pferde grasen auf den Weiden, irgendwo plaetschert ein kleiner Bach. Seit vielen Wochen haben wir mal ausschlafen koennen, geniessen die Ruhe und Beschaulichkeit dieses Samstagmorgen. Mit einem geselligen Fruehstueck in netter Gesellschaft unserer Freunde Reiner und Gerd geht es im Gastraum der “Hoepke” weiter. Nur Gerd muss etwas auf die Tube druecken, Einkaeufe stehen auf dem Zettel, damit seine Frau und meine Namensvetterin Elke heute Abend wieder was leckeres in die Pfanne bringt fuer die hungrigen Gaeste der Hoepke. Und Rainer steht schon in den Startloechern fuer die finale See-Umwanderung.

Familienbesuch, Treffen mit Freunden, Wiedersehen mit Ecken und Flecken, die tief in des Kaeptns Kindheits- und Jugenderinnerungen ruhen. Nur die Schleichwege, die findet er nicht mehr so auf Anhieb. Und die ehemaligen Kumpel haben sich irgendwie auch veraendert. Da sind lange Haare schon mal einer Glatze gewichen und wer ist die Frau daneben? Auch im Leben der Anderen ist kein Stillstand, gab es Trennungen, neue Verbindungen. Bei so manchem Namen der am Stammtisch in der Gastwirtschaft “Hoepke” aufgerufen wird, wird das Gesicht bedauernd verzogen und wir erfahren wann der — oder diejenige aus dem Leben gegangen sind. Und mein Kaeptn wird an meiner Seite immer stiller, wortkarger, nachdenklicher. Dafuer laufen die anderen der kleinen Runde zur Hochform auf und geben Anekdoten aus ihrem bewegten Leben preis. Die Damen, zu der Zeit ja noch nicht mit den Herren bekannt, bekommen ganz grosse Augen und so manches Mal zuckt die Augenbraue etwas hoeher. Ich bin in der Beziehung ja bereits abgehaertet, kenne ja schon die ganzen wilden Stories von Drugs and Rock’n Roll, von den irrwitzigen Reisen durch Europa oder auch noch darueber hinaus. Dementsprechend nicke ich immer mal wieder zwischen den Storys am Tisch fast ein, mich reisst so schnell nix mehr hoch. Erst gegen zwei in der Fruehe des naechsten Tages fallen wir ins gemuetliche Gaestebett in der “Hoepke”. Durch kleine Ortschaften, ueber kurvenreiche Strassen, die sich durch ueppig gruene Weiden und dichte Waelder schlaengeln, fahren wir von Amecke nach Lendringsen und weiter nach Menden. Friedlich liegt das Sauerland da. “Hier ist die Welt wohl noch in Ordnung” — “ist sie das wirklich?” frage ich den Kaeptn. Oberflaechlich an einem ruhigen Samstagmorgen betrachtet ganz sicherlich. Wie eine Mischung aus Bayern und Niedersachsen wirkt das saure Land, das ich als gar nicht so sauer empfinde. Dass die Menschen hier sich Zugezogenen auch nicht so schnell erschliessen, eroeffnet mir ein Gespraech abends am Stammtisch mit einer Koelnerin, die ihrer zweiten Liebe ins Sauerland gefolgt ist; das Stadtleben in Koeln tauschte mit der Beschaulichkeit vonLendringsen. Lendringsen ….bevor ich den Kaeptn kennenlernte, wusste ich nicht wirklich, wo das ist. Und Sorpesee, Sauerland — ja, gibt es …. aber dagewesen? Nee. Und jetzt bestaune ich mit kindlichem Interesse die grossen Bauernhoefe, Campingplaetze, die mit Schiefer verkleideten Haeuser, die Segelboote auf dem See; aber auch den Leerstand in Ladengeschaeften oder Einheitsbrei aus Nagelstudios und China-Restaurants, aufgelockert durch diverse Doenerbuden, Baeckereien und Versicherungsbueros.

Und wir finden wieder einmal: Deutschland im Sommer ist fuer uns wirklich schoen und durchaus sehr reizvoll. Aaaber: wir sind ja auch nur zu Besuch, bereiten seit einigen Tagen sehr intensiv unseren Rueckflug vor. Beschaffen noch diverses Bootszubehoer, essen uns nochmal richtig satt an Dingen, die wir wohl bald nicht mehr so leicht einkaufen koennen. Fahren meist auf der UEberholspur im komfortablen und gut motorisierten Auto quer durch Deutschland, fallen ueberraschend und herzlich begruesst bei hochbetagten Tanten ein oder ueberraschen andere Kumpels aus der Schulzeit am Arbeitsplatz oder zu Hause. So mancher Besuch bleibt trotzdem auf der Strecke. Es ist einfach zu viel, wir sind nicht mehr aufnahme- und kommunikationsfaehig. Reizueberflutung, wieder einmal. Und irgendwann schalten wir ab, wollen nur noch zurueck, in unser zweites Zuhause in Langwedel-Daverden. Mit uns fahren lecker Appelmus, Erdbeermarmelade und frische Erinnerungen an das “Buetterken” und die Erzaehlungen von Tante Hilde, Tante Gertrud, Tante Maria und all den anderen lieben und liebenswerten Menschen, die da im Sauerland leben, unsere Reise mitverfolgen und sich schon jetzt aufs naechste Jahr freuen. Denn dann “kommt ihr doch ganz sicher auch wieder zu uns”. Kommen wir, ist hiermit versprochen.