Waschen-Fönen-Legen oder auch

Schleifen, spachteln, malern

Der hier derzeit herrschende Aufhübsch-Modus der zum Verkauf stehenden Boote hat uns hier hinten in der letzten Ecke des Boatyards (noch) nicht wirklich erreicht. Und trotzdem leben auch wir derzeit zwischen Schleifmaschinen, Schleifpapier, Fugenkratzer, Teakdeck-Fugenmasse (ähnlich anhänglich und extrem klebrig wie normales Sikaflex) und Abklebeband in allen Variationen. Die klebrigeFugenmasse unserer Sitzbänke in der Pflicht wird endlich mal ersetzt - damit wir nicht immer schwarze Streifen auf der Rückseite unserer Buxen haben. Ander Fussleiste aus Holz blättert der Lack ab und auch das Heck ruft laut nach neuer Farbe.

Während auf anderen Schiffen die to-do-Listen tapfer und täglich abgearbeitet werden, läuft es bei uns nicht so wirklich. Irgendwie sind wir frustriert: unser Elektriktrick-Problem in Form der voneinander abgenabelten Batterien und des neu einzubauenden Ladegerätes ist auch für die hiesigen „Fachleute“ ein Problem. Ratlos schaut man auf unseren Batterien herum, lupft Kabel an, lässt sie wieder fallen und verabschiedet sich mit den Worten „ we will have a look at another boat with 24 Volt“. (n)aja. Für diese Form des Trouble-Shooting berappen wir erstmal 200 USD, Trouble haben wir weiterhin, von shooting weit und breit keine Spur mehr. Immerhin will man uns nicht mehr einreden, dass wir eine akute Brandgefahr an Bord haben, die Batterien hin sind und diverse Kabel ausgetauscht werden müssen! Und das alles wurde diagnostiziert ohne, auch nur einmal ein Spannungsmessgerät anzuhalten.

Die Tage schleppen sich unter der gnadenlosen Sonne ins Land. Warten auf Godot, der dieses Mal Jeff respektive Lee heisst. Nix tut sich. Wenn bis 10 keiner ans Boot geklopft hat, wenden wir uns ausserhäusigen Aktivitäten zu oder nerven mal die Dame am Bürotresen mit der Frage, WANN es denn wohl mal bei uns weitergeht. Die Antworten sind so vielfältig wie unsere Geduld langmütig.

Dann taucht ein Silberstreif am Horizont auf: Bernd von der SY Balou outet sich auf seine ruhige, besonnene Art als Elektroingenieur und bietet uns seine Hilfe an. Da sagen wir nun wirklich nicht NEIN!!! Tatsächlich gelingt es ihm, in mehreren Sitzungen unsere Bordelektrik zum Leben zu erwecken, die Batterien wieder anzuschliessen. Das in Bremen neu erworbene Ladegerät können wir allerdings so wieder mit nach Deutschland nehmen, das kann nur 12 Volt! Ärger, über uns selbst, über die achtlosen Verkäufer. Immer wieder weisen wir darauf hin, dass wir 24 Volt Geräte benötigen und was ist dann drin? 12 Volt! Selbst schuld, hätten wir einfach nochmal genauer hingucken müssen. Nun iss es wie es iss und dank Amazon bzw. Defender ist wenige Tage später ein 24 Volt Ladegerät mit den geforderten Abmessungen für den Montageplatz bei uns an Bord verdrahtet. Kniefall und diverse Kerzen bzw. kühle Biere oder Wein für den Gott der Kabel! Der für uns ab sofort Bernd heisst ;-).

Dazwischen versuche ich mich jeden Morgen ab 5:30 für diverse Aktionen mit der kreischenden Schleifmaschine zu motivieren. Mal mehr, mal weniger erfolgreich. Immerhin, die Partien unserer hölzernen Fussreling ohne alten, abblätternden Lack werden immer mehr, ein Ende ist in Sicht. Klar das diese Aktion nicht ohne fluchen, schwitzen und ärgern abgeht. Wenn mal wieder das Schleifpapier am anderen Ende des Schiffes liegt oder der eigentlich praktische Staubfilterbehälter abfällt und sich der ganze Staub übers Deck verteilt. Spätestens gegen Mittag bin ich schweissgebadet, der Schleifstaub geht eine innige Verbindung mit Haut und Haaren ein, Nacken und Oberarme schmerzen und der Rest schreit auch nur noch gequält auf, wenn ich mich zwischen Reling, Luken, Klampen auf das gesandete Deck falte und wieder mal den Knieschoner vergessen habe. Gedanken an das folgende abkleben und mehrfache lackieren verdränge ich erstmal erfolgreich und flüchte mich in das klimagekühlte Schiffsinnere oder tauche prustend und zischend in das mittlerweile auch stark aufgewärmte Poolwasser ein.

Abende am Grill mit den mittlerweile reichlich vertretenen deutschen Seglercrews (6 Yachten sind derzeit bewohnt, zwei weitere werden noch erwartet, eine Crew ist schon auf Deutschlandurlaub); Besuche bei Anna, der grand old madam, die in einem wunderschönen Haus mit Blick aufs Wasser wohnt, beeindruckende Bilder malt und uns mit Geschichten aus ihrem sehr bewegten Leben erfreut; Einkaufsfahrten - wenig spektakulär ist unser Leben unter der Sonne Virginias. Und doch irgendwie abwechslungsreich und angenehm. Zumindest wenn wir uns grad mal nicht über irgendwas am Schiff ärgern.

Immerhin lerne ich, wie man Spachtelmasse anrührt und aufträgt, Teakfugen erneuert und welches Schleifpapier am besten arbeitet. Im Geiste erstelle ich schon mal eine To-do-Liste für nächstes Jahr. Damit ich irgendwann auch sagen kann: unser Schiff kauft zwar keiner aber dafür sind jetzt all die Unzulänglichkeiten beseitigt, die ich schon immer ändern wollte. Und wer hat schon ein Ferienhaus mit Kiel in Amerika?