Zarte Musik dudelt seit einer gefühlten Ewigkeit in mein Ohr, unterwandert auf suptile Art sogar die Geräuschkulisse des nahen Highway 401. Was zum Henker ist das? Hier sind viele Familien mit Kindern, lauschen die etwa diesen Kuschel-Kling-Kling-Tönen? Ja, sie lauschen. Stehen erwartungsvoll am Rande ihrer Stellplätze und halten Ausschau nach - jawoll, dem Eiswagen! Der dreht langsam seine Runde über den Glen Rose Campground. Genau wissend, dass hier Umsatz zu generieren ist und leere Kindermägen mit der kühlen Köstlichkeit zu füllen sind.
Kaum ist der Eiswagen durch, fallen die ersten, angekündigten, Regentropfen aufs Zeltdach. Wir sitzen gut geschützt im Zelt. Das hat schon was, so ein Zelt. Mit Stehhöhe, Stuhl und Tisch drinnen. Und Stromanschluss. Auch wenn wir dafür erst nochmal loszuckeln mussten, ein längeres Stromkabel besorgen. Dafür gibt es dann für jeweils 2 Stellplätze sogar einen eigenen Wifi-Hotspot, welch Luxus. Das alles nur wenige Autominuten von den nächsten Einkaufsmöglichkeiten entfernt und dicht vor den Toren Torontos gelegen. Nicht zu vergessen der Fish&Chips-Laden in dem ich den Traum meiner schlaflosen Nächte getroffen habe: blaues Netzhemd über - immerhin braun gebrannter - Falten-Schwabbelhaut, darunter abgewetzte Cordhosen auf Turnschuhen. Das alles in der Alterskategorie 70+ … lässt das Alter abstumpfen, dem eigenen Äusseren gegenüber? Oder sind sowohl die Spiegel als auch die Hineinsehenden im Laufe der Jahre blind geworden?
Ganz allgemein scheinen uns die Unterschiede zwischen Toronto und Montreal recht gross zu sein. Französischer Feingeist gepaart mit sportlichen Aktivitäten, Figur- und Gesundheitsbewusstsein in der Einen, Fish&Chips Mentalität (grob gesagt) in der Anderen? Man fährt agressiver hier, überholt im Zick-Zack wie wir es sonst nur von Deutschland her kennen. Die Menschen lächeln weniger und fragen nicht mehr, wo man her kommt. Wenn man ins Gespräch kommt, dann mit anderen Reisenden, Radtouristen aus Montreal z.B.
Warum nur sind wir aus dem Land der 1000 Inseln so früh weg gefahren? In Kingston ist es gut 5 Grad wärmer, hier frieren wir schon etwas, was vielleicht auch am Wetterumschwung liegen mag. Die Landschaft gibt nicht mehr viel her, ist zugebaut mit Kraftwerken, grossen Fabriken. Hier wird das Geld gemacht, hier bringt nicht der Tourismus oder die Landwirtschaft das Geld. Kein gemächliches am Kanal entlang tuckern. Und prompt läuft das Auto “Amok”, es leuchtet hartnäckig “Engine Service soon” auf. Ich vermute einen anstehenden Ölwechsel, das Handbuch belehrt uns eines Besseren. MIt unserem Emissionen stimme etwas nicht, vielleicht schlechten Sprit getankt? Man solle zügig die nächste Werkstatt aufsuchen, na super! Vielleicht hätten wir doch nicht im Cannabis-Dreieck tanken sollen ….