Tages-Archiv 20. Juni 2018

Wer rumpelt und pumbelt mitten in der Nacht…

Nächte im Wald können ja auch etwas unheimlich sein. Vor allem, wenn sich jemand direkt neben meinem Kopfkissen an etwas zu schaffen macht. Zum Glück ist das Autoblech dazwischen und das Etwas ist nicht das Türschloss, sondern die vor der Tür geparkte Kühlbox.

Bewaffnet mit der starken Taschenlampe bin ich heldenhaft tapfer und öffne die Tür. Nix zu sehen, aber vielleicht haut mir gleich jemand was auf die Rübe??? Elke, du liest zuviele Krimis! Unschuldig liegt die Kühlbox im Busch, auf die Seite gekippt. Zum Glück hat die Deckelverriegelung dem nächtlichen Interessenten Stand gehalten. Sicherheitshalber kommt sie jetzt in die Obhut des Fahrersitzes.

Jetzt hält es den Navigator auch nicht länger auf der Matratze. Und prompt stört er den Fan unserer Kühlbox bei weiteren Aktivitäten rund um unseren Picknicktisch: ein Waschbär blinzelt zutraulich ins Licht und sieht keinen Anlass, das Weite zu suchen. Gut, das der Müllbeutel, Brot etc alles gut im Auto  weg gepackt war!

Emily

Zwei Nächte hat sich das Bettmobil die Reifen auf schnödem Asphalt platt gestanden. Wir haben J-Flight und seine Annehmlichkeiten wie Duschmöglichkeit (natürlich gegen Bezahlung), Frühstücksdiner, preiswertem Kaffee, leckerer Pizza, TV- und Internetzugang kennen- und schätzengelernt. Das die 401 dicht an unserem Schlafzimmer vorbei braust, hat uns wenig gestört. Immerhin gab es dafür auch keine Moskitos, die erlegt werden mussten, um in Ruhe schlafen zu können. Die zweite Nacht war dann der Walmart-Parkplatz dran. Naja, reden wir nicht darüber, sagen wir mal: wenn ich mit dem Kopf etwas tiefer schlafe, ist das nicht ganz so mein Ding.
Entsprechend übellaunig bin ich am nächsten Morgen, dazu geplagt mit beginnendem Kopfschmerz und einer sich breit machenden Gleichgültigkeit. Schlecht, weil am Wegesrand wirklich nette Ortschaften mit tollen Wohnhäusern, Kirchen und sonstigen Gebäuden liegen. Rinderzuchtfarmen, Bilderbuchfarmen und Strassen, die sich endlos über sanfte Hügel schwingen. Hier herrscht etwas mehr Verkehr und trotzdem ist es immer noch beschaulich, im Vergleich zu Deutschland, zu Europas Strassenverkehr. Liegt es daran, dass die LKW gleichberechtigte Partner sind was die Geschwindigkeit betrifft? Das “man”, sprich Frau, eher von einem LKW überholt wird als das man einen solchen überholen müsste??? Liegt es an der Geschwindigkeitsbegrenzung, die für ALLE gilt??
Der Lake Ontario ist gross, sehr gross und irgendwie haben wir das Gefühl, genug vom See gesehen zu haben. Die riesigen Grundstücke am Wasser mit ebenso riesigen Häusern sind nett anzusehen, aber irgendwann ist auch gut. Die derzeitige Challenge lautet: einen nicht zu teuren, netten Campingplatz zu finden, auf dem wir ein paar Tage rasten können und wollen. Das Zelt aufbauen, ein paar Ausflüge in die umliegende Stadtbotanik machen, thats it. Wir sind ja genügsam :-).
Nach mehreren erfolglosen Anläufen und einem Zwischenstop in Petersborough an der höchsten, hydraulisch betriebenen Trogschleuse der Welt (mir kommt die im Kreis Lüneburg beheimatete ähnlich anzusehende Schleuse immer noch höher vor, aber wahrscheinlich kann die nicht hydraulisch betrieben werden) gibt es einen aufmunternden Kaffee an einer Strassenkreuzung. “where are you from?” - die Frage kennen wir schon. Und das danach kommende, verständnisvolle, Nicken auch. Ja, klar, der Akzent verrät uns als Germans, manchmal gingen wir auch als French durch (was mich immer wieder überrascht - Scherie, mach disch nackisch vor misch). Dieses Mal ist es aber anders, ganz anders. Denn unser Gegenüber legt auf kanadisch-englisch eingefärbtem aber ebenso eindeutigem hessisch los! Ein echtes Frankforter Mädsche steht da und schenkt uns den Kaffee ein. im zarten Alter von 5 Jahren haben die Eltern sie zwangsimigriert. Und so lebt sie nun seit 45 Jahren in Kanada, hat eigentlich niemanden mehr, mit dem sie deutsch sprechen kann, spricht es dafür aber nahezu perfekt. Wir - speziell ich - sind hin und weg! Endlisch widder hessich babbele - wenn auch mit Klangfärbung, soooo schön.
Leider ist die Dame ziemlich busy, das Diner ist sehr gefragt, der Kaffe lecker und preiswert, die Kunden stapeln sich und dazwischen klingelt es auch noch im Headset. Wir machen winke-winke zum Abschied und sind wieder on the road. Weiterhin mit mässigem Erfolg. Die nächsten Camp-Areas erweisen sich alle als Flops und ähneln eher Schrebergärten. Zelte sind hier nicht erlaubt, man steht hier mit dem Wohnwagen und das eher langfristig.
Mit Hilfe unserer App finden wir dann den Weg zu Emily. Emily …. allein der Name, schön oder? Vorsaison, dementsprechend relaxt ist hier alles. Keine Schranke verwehrt die Zufahrt zu dem Park. Denn das ist Emily, ein Mitglied der Ontario-Parks Gemeinde. Und ein äusserst nettes obendrein. Wir bekommen im Hauptbüro (das glücklicherweise noch geöffnet hat), einen netten Stellplatz raus gesucht. Warum die Bettmobilistin allerdings aus 176 spontan 179 gemacht und angesteuert hat, erschliesst sich uns trotz intensiver Gehirnwäsche immer noch nicht.
Und so gräbt das Bettmobil seine Reifen heute in weichen, mit Gras und Klee bewachsenen Waldboden. Der Weg zu Dusche und Toilette ist nicht gerade kurz aber idyllisch und kurzweilig. Von schräg gegenüber klingen Holzfällergeräusche herüber, der dazugehörige Hund bellt und das ebenfalls dazugehörige Kleinkind kräht begeistert. Dann knackt es im Gebälk des Campfeuers (gegenüber). Unseres schweigt mangels Holzmaße, dafür glüht die Holzkohle sanft vor sich hin und könnte noch ein paar Steaks garen.
Friede, Ruhe, um uns herum, in der Bettmobilistin drinnen. Das Kopfweh hat sich verflüchtig. Ob dazu Stellplatz, Rotwein oder Abendessen samt Kaffegenuss beigetragen haben? Wen interessiert es, mir geht es wieder gut, der (Seelen)Friede ist wieder hergestellt, der verspannte Fahrerinnennacken wird liebevoll vom Navigator malträtiert, Bettschwere stellt sich ein (was eindeutig am ontarischen Rotwein liegt).

Fotos folgen, also bitte-gerne nochmal reinschauen !!