Beschaulich sitzen wir vor unserem Zelt, Frühstückskaffee die Erste. Mit Sonnenschein, man glaubt es kaum nach dem gestrigen Regentag. Und dann macht es “Wruuum! PS-Boliden mit wuchtigen Motorhauben, riesen Fahrerkabinen und einer grossen Ladefläche; Autos, für die man zum Einsteigen eine kleine Trittleiter benötigt, mit ebenso monströsen Trailern hintendran. Angekuppelt auf einer richtigen LKW-Sattelkupplung die für diesen Zweck auf die Ladefläche der Pickup-Trucks montiert wird. Truck, das ist der richtige Ausdruck. Es sind kleine Trucks, die da Einer nach dem Anderen auf der plötzlich sehr schmal wirkenden Campingplatzzufahrt anrollen. Dazwischen Wohnmobile und an so manchem Gespann hängt auch noch ein Bootstrailer. NIcht nur das Land ist grösser, weiter. Auch die Campinggespanne bewegen sich in für uns bis dato unbekannten Dimensionen. Poppen oder Sliden out und in, je nach Platzbedarf wird damit das Raumangebot mit kleinen Erkern erweitert ….. ja, was habt ihr denn gedacht??
Es ist Freitag, irgendein wichtiges Event im Leben der Anglergemeinde, das Bass (oder vielleicht doch Brass) -Wochenende, steht bevor. Der Campingplatz ist voll ausgebucht, da bleibt kein Stellplatz frei.
Geübt wird eine Wagenburg gebaut. Geselligkeit ist angesagt, man kennt sich, will sich in die Augen sehen und zusammen sitzen, grillen, Feuer machen, von den Heldentaten mit der Angel erzählen. Die Angelboote werden direkt neben unserem Zelt ins Wasser gelassen, was für uns einen hohen Unterhaltungswert hat. Bemerkenswert und auffällig sind die relativ bescheiden wirkenden Boote, die aber sehr oft vorne am Bug noch mit einem Elektromotor ausgestattet sind. Wohl eher, damit die Fische mit den Aussenbordern nicht aufgeschreckt werden. Schade nur, das viele der Neuankömmlinge einen für uns nur schwer verständlichen Nuschel-Dialekt sprechen und wir peinlicherweise mehrfach nachfragen müssen, was da denn gerade mitgeteilt wird. Die 4. Nachfrage ist uns dann megapeinlich und so lachen oder nicken wir nur Verständnis miment. Spass haben wir trotzdem.
Nach Speck riecht es, der Grill vor dem Megawohnwagen wird schon zum Frühstück in Betrieb genommen, die Bierflasche ist ebenfalls schon morgens um 9 im Einsatz. Kein Wunder, das in den zum Verkauf angebotenen, gebrauchten Trailern die Küchen oft wie neu und ziemlich unbenutzt aussehen. Musik, Gelächter, Autotüren klappen, Gespanne rangieren hin und her -  der Campingplatz lebt, nix mehr mit beschaulicher Ruhe am Rideau-Kanal. Der wird auch immer belebter. Täglich fahren mehrere Boote Richtung Schleuse oder kommen heraus. Jollen ziehen unter Segel ihre Bahn über die Wasserfläche und Kanuten paddeln bei Wind und Wetter an uns vorbei.
Und direkt neben uns haben wir so eine Art Hafenkino. Oder besser:  Sliprampenkino. Die Fahrkünste der diversen Gespannfahrer sind so oder so bewundernswert. Und wie meistens: die, die unbeteiligt auf der Bank sitzen, am Rand des “Spielfelds”, wissen es eh immer besser. Höflich halten wir uns aber mit guten Ratschlägen zurück, nehmen höchstens mal eine Leine an oder gucken besorgt, falls ein Autoreifen unseren metallenen Zelthaken zu nahe kommt. Nicht das wir Angst um die Haken hätten. Ins Wasser rein geht jedenfalls bei jedem schneller und einfacher als raus.
Morgens um 4 ist dann die Nacht rum. Lichtkegel zucken durchs Dunkel, im Schein der Taschenlampen werden die Boote gesucht und das Equipment verpackt. Die ersten Angler stürzen sich in die Boote und auf die Angelruten. Schnell wird in dunkler Nacht noch ein Boot ins Wasser gelassen. Dann  geht es raus aufs freie Wasser. Kreisförmig beziehen die Angelboote weit draussen im Fahrwasser Ihre Plätze.  Und kommen am späten Vormittag völlig überhitzt zurück. “Its too hot outside”. Glauben wir gerne. Lässt sich doch höchstens das Pappellaub von einem schwachen Windhauch ins Flirren bringen, alle anderen Bäume zeigen sich unbeeindruckt. Von grossen Fängen ist nichts zu sehen und zu hören. Man hält sich bedeckt, war wohl auch den Fischen zu heiss, um nach dem Haken zu schnappen.
Dafür ist im Ort einiges los. Die Patios der Restaurants und Pubs sind gut gefüllt, die Hexen-Fritten-Bude hat geöffnet und kann nicht über Kundenmangel klagen.  Im Schatten alter Bäume findet ein Mini-Flohmarkt statt. Antik- und Trödelobjekte stehen auch hier hoch im Kurs.

Dann ist Sonntag. Kein Angelboot findet mehr den Weg aufs Wasser. Alle wirken etwas Partygeschädigt. Die Mülleimer quellen zur Freude der Krähen und diversen Hörnchenarten über. Alles wird wieder verstaut, die Gespanne rollen nochmal über die Entsorgungsanlage und dann endgültig vom Platz. Da kann es schon mal zu Stau kommen. Wenn dann noch ein Motorbootgespann auf den Platz drauf will, muss auch schon mal das Zufahrtsschild dran glauben. ICH wär ja nicht raus gefahren, von mir aus hätte der blöde Mobo-Fahrer bis zum Sanknimmerleinstag da in der Einfahrt stehen können. Der Kanadier aber lässt sich rauswinken und hat prompt das Malheur: sein Wohnwagen kommt besagtem Schild nah und näher. Den Ausgang der Aktion bekommen wir nicht mehr mit, uns zieht es noch einmal ins Städtchen. Fish & Chips sind angesagt, nicht nur bei uns. Wobei Hotdogs offensichtlich auch sehr hoch im Kurs stehen. Liebenswürdig bewältigen die beiden Mädels im Imbiss den Kundenansturm. So viele “my love” und “my dear” habe ich selten gehört. Und das will sowohl in Kanada als auch in den USA was heissen.

Die letzte Nacht gönnen wir uns einen anderen Ausblick. Wir stehen direkt vorm Duschhäuschen, hinter uns der Kanal zur Schleuse. Grünflash vom Feinsten. Es ziueht sich langsam zu, das Zelt haben wir vorsorglich schon heute Vormittag abgebaut. Jetzt kann es von uns regnen, das kümmert uns wenig in unserem Bettmobil. Prompt platschen die ersten Tropfen aufs Kanalwasser, bilden grosse Kreise und verlieren sich wieder. Zeit, ein Dach überm Kopf aufzusuchen. Canadiansummer - manchmal kühl, manchmal regnerisch aber immer wieder schön.