Tages-Archiv 17. Mai 2018

Bilgenyoga oder Elke reck dich, Elke streck dich

Die Erleuchtung - ich wollt das Elend gar nicht so genau sehen

Die Erleuchtung - ich wollt das Elend gar nicht so genau sehen

Was braucht Frau eine Yogasession, wenn sie ein Boot mit einer teilweise schwer zugänglichen Bilge hat? Schlangenmenschengleich windet sich Frau durch irgendwelche Öffnungen im Boden, die eindeutig nicht für Menschen gebaut wurden. Schiebt Schläuche und Kabel beiseite, deren Sinn und Zweck weitgehend im Dunkel des Schiffsbauchs verborgen liegt. Sie reckt und streckt sich und doch sind die Arme zu kurz. Werkzeuge und Hilfsmittel  wie Schraubendreher und Messer oder die portable Beleuchtung stürzen immer wieder ab, in die Tiefe und müssen mühsam wieder herausgefischt werden. Das Wasser im Eimer färbt sich braun, der Wischfeudel steht ihm farblich in nichts nach. Ein Kissen polstert etwas ab, macht das Liegen auf dem harten Schiffsboden angenehmer. Wie ein Aal windet sich die Bordfrau wieder aus dem engen Fach heraus, um gleich darauf im nächsten zu landen. Dann noch die Bodenbretter schrubben, Klappe zu, Bilge hoffentlich nicht tot aber sauber und geruchsfrei. Die Gesichtsfarbe normalisiert sich wieder und die Schweissrinnsale werden gestoppt. Auch das Ächzen und Stöhnen verstummt. Für heute reicht es uns. Morgen geht es weiter.

Suchst Du was??

Suchst Du was??

Geballte Pferdestärken

Sie hängt ganz unschuldig an unserer Backbordseite und mir liegt sie im Magen: unsere uralt-Rollanlage der Marke Profurl. Mit der hochtrabenden Bezeichnung Titanium. Nicht nur, dass die Trommel mit der Reffleine für ständige Diskussionen an Bord sorgt, nein, jetzt hält das Profil unsere Fock fest. Kein Ruckeln, kein Witschen - nix kann unser Segel dazu bewegen, den Gang nach unten anzutreten. Verflixt und zugenäht, was hoch ging, muss doch auch wieder runter kommen.

Scott eilt uns zu Hilfe. „Today is the day“ - er meint, das Wetter sei gut und er will in den Mast klettern, um das gesamt Vorstag oben am Masttopp zu lösen. Vielleicht richten wir am Boden ja mehr aus.

Gesagt, getan. Relativ schnell ist die ganze Rollanlage demontiert und liegt neben unserem Schiff. Ganz schön lang, das Teil. Wo wir schon dabei sind, wird gleich die Trommel auch noch zerlegt, was uns in punkto Segel bergen jetzt aber auch nicht weiter bringt.

Ratlosigkeit mischt sich in die Scheisstropfen, die uns auf der Stirn stehen. Scott will wissen, ob wir eine Anhängerkupplung am Auto haben. Äh, ja so was ähnliches. Das reicht, befindet er, bastelt eine Leine ans obere Ende der Rollanlage und eine unten an den Segelhals. Dann wird das ganze Konstrukt zwischen einen halbwegs stabil wirkenden Baum und unser Auto gespannt. Langsam gebe ich Gas und fahre an. „Go, go“ schallt es von hinten, dann winkt Scott energisch ab, während der Skipper mir zubrüllt „weiter, warum, hältst Du an??“. Irritation seitens der Fahrerin, was denn nu, go oder stop?? Eine Pfütze war im Weg aber da muss unser Segel jetzt halt durch. Scott sieht ein, die Pfütze ist das kleinere Übel. Also weiter. Und ich glaub es kaum: das Segel ist aus dem Profil und sogar noch heile! Unser „Envy“ hat es gerichtet, geht doch nix über ein paar kräftige Pferdestärken.

Die Männer meinen zwar, das dürfe man niemand erzählen. Ein Segel mit dem Auto aus dem Profil des Vorstags ziehen, wo gibts denn sowas. Aber über Premieren muss ja berichtet werden. Und das war definitiv eine, für uns zumindest.

Da liegt sie, unsere Rollanlage. Samt Segel

Bastelstunde - die Rollanlage wird demontiert

unsere Fock. Der kleine schwarze hats gerichtet

Endlich getrennt von der Rollanlage: unsere Fock. Der kleine schwarze hats gerichtet