Key West liegt nun schon gut 3 Wochen in unserem Kielwasser. Wirklich etwas darüber geschrieben habe ich bislang noch nicht. Daher ist das hier eher ein Rückblick, wenn auch in der Gegenwartsform geschrieben. Zu stark sind die Eindrücke von Key West, unserer ersten Stadt in den USA.

USA - das war nie unsere Präferenz, hierher wollten wir nie, eigentlich. Man soll nie nie sagen?! Etwas spöttisch, abfällig haben wir oft auf dieses Land geschaut, auf seine Politik und auf viele Meinungen und Einstellungen der Bevölkerung. “Amiland”, nein, da müssen wir nicht. Insgeheim aber gab es schon ein paar Ecken, die ich mir gerne mal in natura angeschaut hätte. Träume von einem Indian Summer, von Maine und New York bzw. Manhattan. Oder einmal über die Golden Gate Bridge und die legendären Strassen von San Franzisco fahren. Vielleicht noch New Orleans, den Swing der Black Music auffangen. Na, so ganz abwegig war es dann wohl doch nicht, das wir letztendlich nun doch hier gelandet sind. Vielleicht hatten wir auch nie den Mut, zu unseren geheimen Wünschen & Träumen zu stehen? “na ja” macht Unmögliches möglich. Und so landen wir nun hier, Dank unseres störrischen Schiffes, das man nicht überall parken kann. Und mit dem wir nicht mal eben bis zu den Azoren segeln wollten und konnten.

Von Grand Cayman aus bot sich Key West an, als Einklarierungshafen. Und ohne vorherigen Stop auf Cuba sollte es auch keine Schwierigkeiten dort geben. Ein leichtes Bauchzwicken liess sich bei mir trotzdem nicht vermeiden. Manchmal ist es gar nicht gut, wenn man sich im Vorfeld zu viel informiert. Manches muss man einfach auf sich zukommen lassen.

Die Realität jedenfalls war in Key West positiv überraschend und viel einfacher, als von mir erwartet. Und ja, Key West ist verrückt, liebenswert verrückt. Mit skurrilen bärtigen und langhaarigen Typen, wummerndem Harley-Davidson-Sound, Pelikanen, liebevoll gestalteten Holzhäusern, tollen Boutiquen und Andenkenläden, unzähligen Bars, Cafés, Restaurants, Bier- und Rumdestillen, Hotelanlagen direkt am Wasser. Eine Urlaubsregion. Hierher fährt der Amerikaner (und nicht nur der), um Urlaub zu machen, zu feiern, Wassersport Aktivitäten auszuprobieren, sich und seinen Reichtum zu präsentieren, Sonne zu tanken und einfach locker das Leben zu geniessen.

Dazu gehören dann allabendliche Fotoshootings-Termine an der Pier, mit Blick auf Tank-Island - Pardon: Sunset Island - und die untergehende Sonne. Die versinkt hier äusserst malerisch und fotogen im Meer und die Blitzlichter zucken wild an Land dazu. Grosse Fischerboote breiten malerisch ihre Netzarme aus und reihen sich wie mit dem Lineal ausmessen aneinander. Fähren tuckern hin und her, Ausflugsboote aller Art wühlen das Wasser auf und lassen unser Dinghi tanzen. Die Überfahrten sind feucht, weniger fröhlich. Am Abend bläst uns der Wind empfindlich kühl ins Gesicht und nach der zweiten äusserst durchnässten Tour werfen wir uns vor Fahrtantritt jedes Mal ins komplette Ölzeug.

Drüben an Land drängelt man sich am Dinghisteg durch die Vielzahl an Schlauchbooten und teils sehr skurrilen Festbootkonstruktionen. Dafür das man hier festmachen darf, bezahlt man beim Dockmaster eine tägliche oder wöchentliche Gebühr. Pappt einen entsprechenden Nachweis auf den Aussenborder …. und ist total geschockt, als dieser sich nach einem Tag schon verdünnisiert hat. Irgendwie muss ich aber doch über entsprechenden Charme verfügen oder wirke extrem mitleidserregend Jedenfalls gibt es vom Hafenmeister auch ohne Quittungsnachweis einen Ersatzbabber. Den bringen wir dieses Mal strategisch geschickter am Motor an.

Rund um den Hafen zieht sich die Erlebnismeile. Hier muss trotzdem keiner auf Kundenfang gehen. Fast alle Lokale sind gut besucht. Das Geld sitzt locker in den Taschen der Bermudashorts. Apropos Bermudashorts. Wie es sich gehört bei einem Behördengang haben wir uns einigermassen aufgebretzelt, so rein kleidungstechnisch, vor unserem Gang zur CBP (Zustroms & Border Protection). Der Skipper hat saubere Bermudas und einen feines Hemd an, die Skipperin trägt knielang und züchtig geschlossenes Shirt. Dann stehen wir in dem kleinen Büro und wie latschen da die Crews anderer Schiffe rein? Mit Basecap auf, Sonnenbrille lässig obendrauf, Flip-Flops an den Füssen, schmuddelige, verschwitzte Shirts und Flatter-Shorts um die Hüften. So, wie sie vom Boot gestiegen sind, lässig und cool ist die Devise und die macht auf vor den Behörden nicht halt. Die sehen es lässig und gelassen, da zuckt nix. Und alle werden gleich behandelt. Ob es aber vielleicht dann doch an unserem seriösen Auftreten gelegen hat (oder an meiner Mitleidserregung s.oben), dass wir für unsere Mitsegler nach kurzen Diskussionen ein neues Visum ausgestellt bekamen, keine Strafe zahlen mussten oder uns gar kurzerhand die Einreise verweigert wurde? Nur die Glaskugel wird es wissen und wir werden bis auf ewige Zeiten ein Loblied auf die netten Beamten des CBP Key West singen! Und vollkommen erleichtert und happy feiern wir unsere Einreise im Café Plantation mit lecker Kuchen und einem Koppje Koffein. Der Inhaber steht selbst hinterm Tresen und verfügt ganz unüberhörbar über einen niederländischen Akzent. Seit 15 Jahren lebt er hier und makelt neben Kaffeetassen und Kuchentellern auch noch Immobilien, fährt natürlich in seiner Freizeit auch auf einer Harley durch die Strassen und hat sein Café typisch holländisch und supergemütlich eingerichtet, mit Korbstühlen und -sofas, mit gemütlichen Lampen, knarrendem Holzboden und bunten Kunstwerken an den Wänden (die man alle kaufen kann). Hier lässt es sich gut aushalten, gezelig halt.

Hier in Key West füllen wir auch unkompliziert unsere Gasflaschen wieder auf, an einer Autotankstelle; bunkern den Wassertank voll, gehen einkaufen und erstehen eine Telefonkarte mit Internetzugang. Das wir uns dabei leider für den falschen Anbieter (t-mobile) entscheiden und damit dann ausgerechnet an unserem Zielort Deltaville im absoluten Funkmastloch landen, das hat uns leider niemand gesagt.

Dafür kommen wir mit Gestrandeten ins Gespräch. Rund 200 Boote wurden im letzten Hurrikan zerstört. Viele der Bootseigner haben sich auf die Christmas Tree Insel geflüchtet. Leben dort unter freiem Himmel oder haben sich abenteuerliche Behausungen zurecht gebastelt. Was für uns so romantisch zwischen den Bäumen hängt, ist das pure Überleben für die Menschen hier. Und obwohl sie nur noch wenig haben, teilen sie gerne eine Dose Bier oder Saft mit Besuchern. Die meisten arbeiten an Land, kellnern oder fahren auf einem der Ausflugsschiffe mit. Sehen sauber und gepflegt aus, waschen ihre Wäsche in der Marina-Laundry und verdienen sich wahrscheinlich ein paar Zusatzdollar, in dem sie Touristen wie uns zu irgendwelchen Geschäften bringen, damit deren Umsatz erhöht wird. Die zwei Gesichter von Key West. Denn auch etwas ausserhalb sind die Häuser weniger aufgehübscht, nicht mehr so fotogen. Da wird einfach gewohnt, im Reihenhaus und ohne kuscheligen Garten hinterm Haus. Mieten sind teilweise unbezahlbar, so mancher wohnt daher auf dem Boot. Wehe, wenn man das dann im Hurrikan verliert. Die Leute in den dicken SUV’s machen sich darum wahrscheinlich keine Gedanken. Und auch die meisten (Tages)Touristen werden davon nichts mitbekommen.

Key West - zu kurz waren wir hier. Es ist schräg, skurril, eine Urlaubsmetropole, sehr amerikanisch (soweit wir das beurteilen können), relaxt, sportlich, voller Bewegung, hübsch (zumindest die Old Town) und wir haben fest vor, noch einmal hierher zu kommen. Dann aber auf dem Landweg und mit etwas mehr Zeit im Gepäck und 4 Rädern unterm Hintern, die uns etwas mobiler machen und uns die Füsse nicht ganz platt laufen lassen. Key West war für uns definitiv ein positiver Start für unseren Aufenthalt in den USA!

Gestrandet, nicht nur die Boote, auch die früheren Besitzer sind auf Christmas Tree Island ans Ufer "gespült" worden

Gestrandet, nicht nur die Boote, auch die früheren Besitzer sind auf Christmas Tree Island ans Ufer

Für uns romantisches Schaukeln, für die Bewohner von Christmas Island ein kleines Stückchen Luxus mit Blick auf den Sonnenuntergang. Den gibt es gratis hier in Key West

Für uns romantisches Schaukeln, für die Bewohner von Christmas Island ein kleines Stückchen Luxus mit Blick auf den Sonnenuntergang. Den gibt es gratis hier in Key West

Wir folgen Antonio, einem der Bewohner von Christmas Tree Island, zu einem Supermarkt. Im Hintergrund das Gebäude, in dem die CBP residiert und wo wir einklarieren mussten

Wir folgen Antonio, einem der Bewohner von Christmas Tree Island, zu einem Supermarkt. Im Hintergrund das Gebäude, in dem die CBP residiert und wo wir einklarieren mussten

Einladend - Terrasse eines Gästehauses in Key West

Einladend - Terrasse eines Gästehauses in Key West