fest am Dock des Chesapeake Boat Works Boatyard

Sonntag: fest am Dock des Chesapeake Boat Works Boatyard

Fishingbay bei Tag

Fishingbay bei Tag

Stege der Fishingbay Marina

Stege der Fishingbay Marina

Glutrot steigt der Mond über der Chesapeake Bay auf. Rot wie Blut, Blutmond. Wir sitzen in der Plicht, steuern von Hand und staunen über dieses Farbspektakel. Wenige Minuten später steht der Vollmond höher und verändert seine Farbe zu gelb. Kostbare Minuten, einmaliger Anblick und nur auf die interne Festplatte gebannt. Zu wertvoll war der Moment, um erst noch den Fotoapparat zu holen, diese ganz besondere Stimmung hätte sowieso kein Apparat dieser Welt einfangen können.

Wir, fast allein in der Chesapeake Bay. Auf dem Weg nach Deltaville. Tonnen blitzen grün und rot, weisse Lichter an Land und Positionslichter leuchten dazwischen auf. Steht da ein Leuchttürmchen mitten im Wasser? Das Türmchen bewegt sich, die Lichter verändern sich - ein flaches Arbeitsboot schiebt sich an unserer Backbordseite vorbei.

Kurswechsel, Segelwechsel - unaufhaltsam schiebt uns der Wind in Richtung Fishingbay. Letzte Stunden unterwegs. Unwiderruflich, unwiederbringlich. Es wird dunkel, auf der elektronischen Seekarte sind es nur noch wenige Meilen. Wir rufen unseren Freund und Mitspieler nach oben. Die Ansteuerung wollen wir in seine erfahrenen Seglerhände legen.

Zu dritt gleichen wir Elektronik und Realität ab, shiften Segel, wenden und halsen in dem engen Fahrwasser, dass uns von der breiten Chesapeake Bay in die Fishingbay bringt. Spannend, diese Nachtansteuerung, nur unter Segeln. Der Motor streikt noch immer, will nicht starten. D.h. wir haben es auch gar nicht mehr probiert. Für den worst-case steht das Startpilot Spray bereit, könnten wir den Motor kurzzeitig starten. Wollen wir aber eigentlich nicht, es muss auch so gehen. Sagt Peter. Und wir beugen uns seiner Erfahrung, seinem seglerischen Können. Allein zu zweit wären wir so sicherlich nicht hier eingelaufen. Eine neue Erfahrung und eigentlich eine gute. Dazu die neuerliche Erkenntnis: unser Schiff kann viel mehr wie wir. Frustrierend? Nein, einfach realistisch, ehrlich, selbst erkennend. Ist halt so. Wir sind keine geborenen Segler, naja dagegen wurde geboren, um zu segeln. Das ist ihre wahre Bestimmung.

In einer Ausbuchtung leuchtet ein Ankerlicht. Mist, die nächste Tonne können wir doch nicht anliegen, noch eine Wende ist nötig. Der Wind hat nachgelassen, Landabdeckung. Langsam geht der Bug durch den Wind, das Vorsegel wird auf die andere Seite gezerrt, der Grossbaum schwingt träge über. Kaum spürbar nehmen wir etwas Fahrt auf. Oder ist es der Strom, der uns schiebt? Das Schiff bleibt steuerbar, wir haben Druck auf dem Ruder, das ist wichtig.

Dann liegt die Fishingbay vor uns. An Land leuchten die Häuser. Wo ist der Boatyard??? Schemenhaft können wir Masten ausmachen, wenn auch wenige. Kein weiterer Ankerlieger zwingt uns zu Ausweichmanövern. Ein Aufschiesser, das Gross geht runter, die Fock ist schon eingerollt, der Anker fällt. Wir geben ordentlich Kette, sicherheitshalber. Platz haben wir genug, wir liegen mitten in der Bucht. Unter uns gute 5 Meter Wassertiefe.

Stille. Kurz gestört durchs Rattern der Ankerwinsch und der Kette. Ein einsames Segelboot, das sich still und leise in die Bucht geschoben hat und jetzt vor Anker liegt. Der Wind steht in die Bucht und lässt das Wasser am Rumpf gurgeln. Sonst ist nichts zu hören. Wir sind angekommen, richtig angekommen, haben das uns selbst gesetzte Ziel erreicht. Seit Key West nur unter Segeln, kein Motor der uns über die kurzzeitige Flaute brachte.  Kein Schaukeln mehr, kein Wackeln. Aber kalt ist es und wir frösteln trotz schwerem Ölzeug.

Statt Anlegebier gibt es eine heisse Brühe, die tut gut, wärmt uns durch und schmeckt mindestens genauso gut. In dieser Nacht schlafen wir tief und fest. Welcome in Fishingbay.