Premieren

Für die nächsten Tage ist passender Wind gemeldet mit dabei moderaten Wellenhöhen. Also wird Donnerstags ausklariert und Freitags lösen wir die Mooringleine. Ade Grand Cayman. Noch einmal über Kanal 16 mit den netten Jungs von der Port Security schnacken und bye-bye sagen. Aber ob wir nochmal hierher zurück kommen wie es der Mann am anderen Ende der Leitung wünscht? Wohl eher nicht. Dieses Mal nicht.

Key West - typischer Anblick hier

Key West - typischer Anblick hier

Denn unser Weg führt nordwärts, ohne Umkehrticket.

Im Ausklarierungspapier steht als nächstes Ziel „Havanna, Cuba“. Spontan und angesichts der Windpfeile beschliessen wir, Key West anzulaufen. „Dann sind wir doch schonmal in den USA“. Aha, und was genau ist da der Vorteil??

Für mich ist es grad kein Vorteil, wollte ich mich doch geruhsam auf Kuba einlesen in die Regularien der USA. Stattdessen heisst es noch am Abreisetag auf Grand Cayman hektisches Abrufen von Telefonnummern, Adressen und sonstigen Infos zum Einklarierungsprozedere der USA.

Das die Männer dabei feststellen, dass unsere Navionics Goldkarte im Kartenplotter abrupt auf Höhe Ft. Lauderdale endet, spielt dabei schon kaum noch eine Rolle. Laden wir (in dem Fall ICH) doch mal eben noch eine Karte für die entsprechende Navigationsapp aufs iPad. Mal eben. Und ich hatte noch gefragt in Deutschland …. verärgertes Knurren des Skippers, lassen wir das Thema lieber. Wer wird schon gerne an die eigenen Versäumnisse und Fehler erinnert? Und wer bitteschön hat das mit dem PC fürs Pactormodem verbockt?? Räusper, Themawechsel!!!!

11 Uhr, die Mooringleine platscht ins glasklare blau-grüne Wasser vor George Town Grand Cayman. Wehmut liegt in meinem Blick: auch beim zweiten Besuch habe ich es nicht geschafft, mehr von der Insel zu sehen. Ob ich vielleicht doch nochmal zurück ….??

Der Ostwind ist uns gnädig und schiebt uns flott Richtung Kuba. Flautenlöchern begegnen wir mit ausgiebigen Motorsessions oder dem Einsatz unseres jungfräulichen Gennakers. Genau, jungfräulich ist der, war noch nie im Einsatz. Quadratmeterzahl und der raschelnde Stoff haben uns bislang immer von einem Einsatz zurück schrecken lassen. Peter, der Unerschrockene, aber rückt dem Teil auf den Bergeschlauch und nach anfänglichen Differenzen gleitet der Schlauch nach oben und das gelb-weisse Segel öffnet sich. Wow, sieht das toll aus! Und bringt auch gleich richtig Fahrt ins Schiff. Da wird die alte Lady richtig munter und setzt auch schlappe 4-5 Knoten Wind noch in ordentlich Fahrt um.

So zischeln wir durch die Nacht. Über uns ein phantastischer Sternenhimmel, um uns herum jede Menge Frachter. Segeln kann so schön sein … hatte ich aber irgendwo schonmal erwähnt.

Der Wind dreht immer mal wieder, wir drehen mit. Irgendwie passt es aber und wir laufen Key West an. Kurz vor der Zufahrt starten wir den Motor. D.h. wir wollen starten. Aber der Motor öddelt und öddelt …. und geht wieder aus. Dann halt nicht. Wie jetzt, dann halt nicht??? Grosse Augen blicken auf den derzeitigen Skipper Peter. Ja, macht doch nix, ist doch genug Platz. Laufen wir halt unter Segeln zum Ankerplatz. Wind passt auch, los geht das. Mit einigen Kurswechseln und Halsen bringen wir uns in eine gute Ausgangsposition und steuern die Tonnen an. Halber Wind, Madam legt sich auf die Seite und geniesst es offenbar.

Malerisch und wie Perlen aufgereiht liegen Fischkutter links vor uns. Dahinter neigt sich die Sonne dem Horizont zu. Am Ufer stehen Menschenmassen, Blitzlichter zucken - wäre doch nicht nötig gewesen, ein solches Empfangskomitee…. ach so, die gucken Sonnenuntergang. Ein kleiner Dreimaster zieht noch durchs Postkartenidyll, wir fotografieren auch.

Dann wird es ruhiger, wir nehmen das Vorsegel weg. Kurze Diskussion und Abgleich der Realität mit den Bildern auf den Seekarten. Dann steuern wir den Ankerplatz an, das Gross geht runter, der Anker fällt - wow, die 2. Premiere: anlaufen eines Hafens und Ankerplatzes nur unter Segeln. Die amerikanischen Nachbarn beäugen die Aktion skeptisch aber weitgehend unbewegt von ihrem Achterschiff aus.

Den ganzen Tag habe ich leichte Appetitlosigkeit. Ruht doch auf meinen zarten Schultern die Aufgabe, mit den Behörden in Kontakt zu treten. Für die USA heisst das, mit der US Border Control zu telefonieren! Jawoll, telefonieren! Dankenswerterweise bestätigt mir die hiesige Coast Guard noch einmal die zu wählende Telefonnummer und los geht es. Nachdem ich den Herrn am Funk, den von der US Cost Guard, schon nur mit 3 maliger Rückfrage einigermassen verstanden habe, graut mir vor dem Telefonat.

Nummer wählen, Ansage abhören, entsprechende Zahlentaste drücken - ich werde weiter geleitet. Was stand bei Noonsite nicht alles zu dem Thema? Und jetzt geht das ganz easy. keine Warteschleife, ein gut verständlicher Mann spricht am anderen Ende der Leitung mit mir, fragt Schiffsdaten, letzten Hafen und die Daten der Pässe ab. Die Buchstabierhürde mit internationalem (oder was auch immer) Alphabet meistern wir gemeinsam, entspannt, höflich und zeitweise leicht amüsiert. Ich bekomme eine Anmeldenummer und noch einige Informationen. Weiter geht es dann hier vor Ort und in Persona bei der zuständigen Filiale der U.S. CBP Behörde. Wir sind gespannt. Um 8 Uhr darf ich nochmal telefonieren, dann mit Key West, um einen Termin zu vereinbaren. Binnen 24 Stunden müssen wir das Einklarierungsprozedere durchlaufen haben. Es bleibt spannend!

3 Premieren an einem Tag - denn auch die US Einklarierung ist eine Premiere.

Aber jetzt schaukeln wir erstmal sanft hinter Tank Island - bzw. Sunset Island - vor uns hin und in den Schlaf. Ach ja, ein Christmas Tree Island gibt es hier auch noch.

Mit Gross und Gennaker - fast schon wie Passatsegeln

Mit Gross und Gennaker - fast schon wie Passatsegeln

Spannung beim anlaufen von Key West

Spannung beim anlaufen von Key West

Sonnenuntergang bei Key West

Sonnenuntergang bei Key West

Ankerplatz Key West, Christmas Tree Island liegt backbord voraus

Ankerplatz Key West, Christmas Tree Island liegt backbord voraus