Monats-Archiv April, 2017

Geschichten aus Deutschland - heute: Alte Liebe und mehr

Bauboom in Cuxendorf

Bauboom in Cuxendorf

auch wenn der Horizont mal wieder in Schieflage geraten ist - der Blick aufs Wasser ist einfach schön!

auch wenn der Horizont mal wieder in Schieflage geraten ist - der Blick aufs Wasser ist einfach schön!

Besenreihe im Sand

Besenreihe im Sand

Leise platscht das Wasser unter der Seebrücke gegen die algengrünen Steine, vor uns liegt Wasser, bräunlich und endlos. Es ist zwar „nur“ die Elbe, aber immerhin Wasser, scheinbar endlos. Aber manchmal ist es auch weg, einfach weg. Dann ist Ebbe, hier in Cuxhaven. Und dann kann man Wattwanderungen unternehmen. Damit man dabei nicht mit dem zurückkehrenden, dem auflaufenden Wasser in Konflikt kommt, informieren an den Strandzugängen Tafeln mit den aktuellen Tidezeiten darüber, wann man gefahrlos wandern und wann man besser zurück gehen sollte.

Am Strand wird tonnenweise Sand aufgefüllt und Arbeiter „pflanzen“ neue Reisigbüsche als Windschutz in den Sand. Vorne an der Huk steht wie eh und je die Kugelbake. Da wo das Watt endet und das tiefe Wasser beginnt, ziehen die Schiffe fast mystisch vorüber, etwas weiter links schwebt Neuwerk fast mystisch überm Wasser. Horizont, Meer und Land gehen scheinbar fliessend ineinander über, die Grenzen verwischen, verschwimmen, verschmelzen miteinander.

Aber zurück zur weissen Se(H)eBrücke am Hafen. Dorthin, wo man den freien Blick übers Wasser hat. Wo die Möwen über uns kreisen. Wo die „Alte Liebe“ und der Semaphor an vergangene Zeiten erinnern und die Fahrgastschiffe nach Helgoland oder zu den Seehundbankfahrten ablegen. Wo die Elbe 1 ihren Liegeplatz hat und wo man über Lautsprecher interessante Dinge über die vorbeiziehenden Schiffe erfährt. Die Sonne wärmt uns, der Wind ist ungewohnt lau - hier kann man es länger aushalten. „Pööööt“ - ein Motorschiff läuft aus, ein Fischerboot läuft ein. Das Motorschiff haben wir vor einigen Tagen im Fernsehen gesehen, in einem Bericht über Helgoland.

In der Sonne sitzen, mit Blick auf das Hafenbecken, Eis essen und mit einem lange nicht gesehenen Freund Neuigkeiten austauschen. 5 Jahre Leben in 2 Stunden erzählen - geht das? Nicht wirklich, aber die wichtigsten Erlebnisse und Veränderungen tauschen wir miteinander aus.

Einiges hat sich verändert, in unseren Leben, aber auch in Cuxhaven selbst. Der Bauboom herrscht auch hier, Wohnen am Wasser ist in und ganz nach dem Vorbild Bremerhaven werden auch hier die letzten freien Grundstücke mit Hafenlage bebaut. Nur vor dem Deich, zwischen Yachthafen und dem Leuchtturm „Neue Liebe“ erstreckt sich noch eine weite, freie Fläche.

Und auf dem Heimweg rätseln wir, ob schon immer so viele Windgeneratoren entlang der Autobahn standen oder ob es wirklich mehr geworden sind ……

Fischmeile - obligatorischer Anlaufpunkt in Cuxhaven

Fischmeile - obligatorischer Anlaufpunkt in Cuxhaven

Fischerboote kehren in den Hafen zurück

Fischerboote kehren in den Hafen zurück

Frühlingsgefühle

Die Tage werden länger, die dusselige Zeitumstellung haben wir hinter uns und die Luft wird täglich wärmer. Fenster und Türen können offen stehen, ohne das man gleich das Gefühl hat, zu erfrieren. Das Zwitschern und Tirilieren der Vögel ist lauter und vielfältiger geworden; ein Taubenpaar baut in der hohen Tanne auf dem Nachbargrundstück sein Nest und auf der Suche nach Baumaterial haben die Flattermänner das Moos vom Dach des Gartenhauses auf den Boden geworfen. Man ist wählerisch und nimmt nicht alles, was da unter die Krallen gerät.

Spaziergänge können ohne dicke Vermummung unternommen werden und die Sonne wärmt die Knochen schon richtig gut durch - Frühling in Deutschland.

Den haben wir zuletzt 2012 so bewusst erlebt. 2012, das letzte Jahr unseres Landlebens, der gewohnten Normalität, mit Haus, Job und auf Wochenenden oder Urlaub beschränkte Frei-Zeit.

Der Frühling, der angefüllt war mit Umbaumassnahmen an unserem Haus, mit Kisten packen, Möbel einlagern oder verschenken. Angefüllt mit Unruhe, Aufbruchstimmung und Abschieden, mit Trauer und Verlusten. Ein Umbruch in unserem Leben, ein Aufbruch in etwas Neues, ungewohntes, unvertrautes.

Das ist nun 5 Jahre her. Und wieder steht eine Veränderung vor uns, ungeplant, ungewollt.  „Wie geht es denn nun bei euch weiter“ - diese Frage stellen uns Familie, Freunde und auch wir selbst in den letzten Wochen häufig. Eine Antwort haben wir darauf noch nicht so wirklich gefunden. Nach dem anfänglichen Aktionismus, in dem Boot ver- und ein Wohnmobil oder Hausboot ge-kauft wurde, in dem das Haus verkauft werden sollte, wir uns von allem Eigentum und den damit verbundenen Verpflichtungen lösen, vielleicht gar befreien wollten, haben sich die Wogen in unseren Köpfen wieder etwas geglättet und wir denken sachlicher über alles nach.

Ich packe meinen Traum vom Haus am Meer wieder in die Schublade aus dem ich ihn schon vorfreudig heraus geholt hatte. Ausgiebige Shoppingtouren ins Gartencenter werden wieder eingestellt, Verkaufsanzeigen fürs Boot werden erstmal keine geschaltet und das Internet wird nicht mehr nach Wohnmobilen oder Hausbooten durchforstet. Denn eigentlich wollen wir ja gar nicht anders leben. Was ist schon ein Haus AM Meer gegen ein Haus AUF dem Meer. Ein Leben ohne unsere „na ja“? - irgendwie grad immer noch nicht wirklich vorstellbar. Oder haben wir Angst vor der Veränderung; vor Entscheidungen, die unser weiteres Leben extrem beeinflussen und verändern?

Ein klein wenig wehmütig lese ich von Los-Segler-Treffen oder Vorbereitungskursen, höre von geplanten Routen und Törnplänen der Freunde, die noch unterwegs sind, in der Karibik oder im Mittelmeer. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne ….. wir haben noch keinen Neuanfang, fühlen uns in einer Zwischenstufe, nicht Fisch nicht Fleisch. Wären so gerne dort, wo wir uns zu Hause fühlen und haben doch Angst davor, dass wir das gar nicht mehr bewältigen können. Von Frühlingsgefühlen sind wir in dem Punkt noch weit entfernt, noch herrscht bei uns keine wirkliche Aufbruchstimmung.

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