Die Crew hoch oben auf dem Aufsichtsturm des Pyramidenkogels - im Hintergrund der Wörthersee

Die Crew hoch oben auf dem Aufsichtsturm des Pyramidenkogels - im Hintergrund der Wörthersee

Vor uns tauchen die ersten Berge auf, teils noch schneebedeckt. Definitiv ein eindrucksvolles Panorama, auch wenn wir ja eigentlich mehr Meerfans sind. An den Raststätten kann man das sog. Pickerl erwerben - wir nähern uns der Grenze zu Österreich. Bad Reichenhall, Chiemsee - Erinnerungen an zwei Wochenenden hier in den Bergen, an vom Trans Ocean organisierte Vorbereitungsseminare, das war kurz vorm Start zu unserer Reise.

Bekennende Flachländer mit einer ausgeprägten Aversion gegen schweisstreibende, himmelwärts strebende Wandertouren auf dem Weg in ein Bergland? Was macht man nicht alles, um gute Freunde endlich wieder einmal in natura sehen und sprechen zu können. Skype & Co. sind eben doch nur ein schwacher Ersatz für das live und in Farbe miteinander sein. Und so kurven wir also durch die Alpenregion, sind auf dem Weg zur deutsch-österreichischen Grenze.

Der Baustil der Häuser unterscheidet sich ganz deutlich von dem im Norden. Holz dominiert und lässt alles gemütlich wirken. Breite Balkone unter weit herunter gezogenen Dächern prägen das Bild. An der Zapfsäule der Tankstelle zieht verheissungsvoll eine Werbung für Leberkässsemmeln an mir vorüber - ob ich wohl ….? Ja, ich kann nicht widerstehen und bekomme für 2 Euro eine resche Semmel, gefüllt mit einer dicken Scheibe warmen Leberkäs. Dazu einen süssen Senf - mei, is des guat!!! Skeptisch beäugt mich mein Beifahrer, der Skipper a.D. beim herzhaften Hineinbeissen. Der weiss halt nicht, was wirklich gut ist, willkommen im Leberkässsemmeln-Paradies!

Baustellen, Geschwindigkeitsbegrenzungen, einspurige Tunneldurchfahrten - es wird schon langsam dunkel und endlich nähern wir uns unserem Ziel Graz. Das Navi führt uns zielsicher durch die um diese Zeit verkehrsarme Stadt und dann ins sog. GU = Grazer Umland. „Sie haben das Ziel erreicht“ - Tatsache, an einem von insgesamt 5 Briefkästen prangt die gesuchte Hausnummer. Aber wo genau müssen wir jetzt hin, wirklich in diesen „Feldweg“ rein? Beherzt folgen wir der gewundenen Schotterpiste und legen eine Punktlandung vorm Haus unserer Freunde hin, die uns nur wenige Minuten später herzlich in die Arme schliessen. Hinter uns liegen über 1000 Kilometer und nur kurze Stopps und vor uns stundenlange, angeregte Erzählungen sowie ein leckerer Fast-Mitternachtsimbiss. Irgendwann aber werden die Augenlider doch schwer und die Freunde überlassen uns Orpheus Armen.

Der frühe Vogel .... (oder Skipper) bekommt einen besonders leckeren Kaffeee

Der frühe Vogel .... (oder Skipper) bekommt einen besonders leckeren Kaffeee

Idylle pur im Grazer Umland = GU

Idylle pur im Grazer Umland = GU

Der erste Kaffee in Österreich. Kaffeeee bitte schön dehnen am Ende, nicht so hart aussprechen wie bei uns in Deutschland! In der Frühsonne vorm Haus sitzend, den Blick auf die frühlings-frisch grünen Berghänge. Kleine und grosse Gehöfte schmiegen sich zwischen Obstbäumen an den Berg, suchen Schutz. Auf der Wiese unterm Haus steht ein originalgetreues Tipi - Indianer in Österreich? Warum nicht - wenn schon üppiger Bambus hinterm Nachbarhaus einen kleinen Wald bildet, dann gedeihen hier sicherlich auch Indianer. Aufgeregtes Geflatter und Gezwitscher vorm Fenster - zahlreiche Singvögel pendeln zwischen den Bäumen vorm Haus und dem immer noch gefüllten Futterhaus auf der Terrasse. Idylle pur? Nicht ganz, denn obwohl wir hier so offensichtlich mitten in der Natur sitzen, rauscht es von unten aus dem Tal kräftig zu uns herauf. Kein Wildbach ist der Verursacher, sondern die hier durchziehende, niemals schlafende A 9. Dafür entschädigt der Spaziergang um die Bergkuppe. Hier kennt noch jeder jeden, Nachbarschaftshilfe wird gross geschrieben, die Türen sind selten abgeschlossen und man achtet aufeinander, weiss ob es gut geht oder nicht. Oft gehen die Grundstücke „nahtlos“ und ohne Zaunbegrenzung ineinander über. Und irgendwie scheint es nur so von Verwandten zu wimmeln; zu fast jedem Grundstück hat unsere Freundin eine Geschichte zu erzählen, dieses Areal gehört jener Tante, die Wiese auf der anderen Wegseite wurde schon vor einigen Jahren von der Oma verkauft und die Besitzer hoffen auf eine baldige Wertsteigerung durch Umwidmung der Fläche zum Baugrund. Die einst zusammenhängenden Wiesen und Felder samt Wald werden von Generation zu Generation mehr zerteilt. Landwirt mag kaum noch einer sein. Einen der wenigen treffen wir wenig später auf dem nahe gelegenen vorbildlich gestalteten Reiterhof. Mit seinem Traktor hat er einige Bäume nieder gemacht. Gegen seine bäuerliche Überzeugung, aber aus Hilfsbereitschaft und Verbundenheit zu den Nachbarn. Wenn die es so wollen ….. jetzt liegen die traurigen Wurzelüberreste auf dem Traktoranhänger und er geht erst einmal mit seinem fröhlichen Hund nach Hause, auf einen Kaffeeee. Schön klingt die Sprache hier, lässig, gemütlich und ich verstehe sogar das meiste, verfalle ihr unwillkürlich.

Indianer im Grazer Umland?? Das Tipi jedenfalls steht schon mal

Indianer im Grazer Umland?? Das Tipi jedenfalls steht schon mal

Uriges Holzhaus inmitten der Wiesen

Uriges Holzhaus inmitten der Wiesen

Die Freunde haben ein straffes Programm für uns erdacht. Heute geht es ins schöne Graz. An einer Ecke sind Absperrungen errichtet und die Freunde hoffen auf ein Event. Beim Näherkommen entpuppt sich das Event als simple Kanalöffnung (wie von mir bereits leicht spöttisch vermutet) und fortan haben die reichlich vorhandenen Baustellen in Graz einen neuen Namen: „Grazer-Event“. Davon gibt es einige. Unser persönliches, nächstes Event aber ist die Besteigung des Hausberges. Naja, was wir Flachlandtiroler als Besteigung bezeichnen: komfortabel und lungenschonend fahren wir mit dem Aufzug auf den Schlossberg. Wir hätten auch die Zahnradbahn nutzen oder eine Runde mit der Märchen(Hexen)bahn durch den Berg drehen können. Aus dem Aufzug kommend fällt der Blick auf den Uhrturm, das Wahrzeichen des Schlossbergs, dessen Uhrwerk seit 1712 pünktlich die Stunde schlägt. Und unten in der Stadt ziehen die im gleichnamigen Fluss gelegene Murinsel sowie das futuristisch gestaltete Kunsthaus die Blicke auf sich. Ich liebe es, den Blick von oben zu haben, auf das grosse (oder kleine) Ganze, auf die Dächerlandschaft einer Stadt, auf Hinterhöfe und Plätze. Aber auch der Schlossberg selbst mit seiner Festungsanlage bietet viel Sehenswertes. Graz - ehemalige Residenzstadt der Habsburger. Heute erinnern die Burg, der gotische Dom und das Mausoleum Kaiser Ferdinand II an diese Zeit. Aber auch die vielen, gut erhaltenen Stadthäuser, das Kunsthaus (nicht zu verwechseln mit dem Künstlerhaus oder auch „Halle für Kunst & Medien“ genannt)  oder das Grazer Landhaus mit seinem Rennaisance-Innenhof sind sehenswert. In letzterem schaut ein „weitblickender“ Faun verträumt über den Hof zum schönen Brunnen.

Tauben haben die Logen der Freilichtbühne auf dem Schlossberg besetzt und schauen interessiert den Bauarbeitern bei ihren Bemühungen zu, die Bühne für die kommende Saison vorzubereiten. Eine uralte, knorrige Glyzinie windet sich an einer Pergola entlang und eine kurvige Treppe führt den Berg wieder hinunter, vorbei an ebenso knorrigen Efeuwurzeln.

Stadttouren machen besonders hungrig, die Freunde tauchen mit uns ein in eine ganz besondere Grazer Lebens- und Esskultur, den festen Marktständen an denen man früher wie heute die Spezialitäten der Steiermark verkosten kann. Leider werden sie immer weniger, die typischen Buden wie die „Steirabox“ an der wir uns mit Leberkässemmeln und Rostbratwürsten mit Kren laben. Hinterher ein Schnapserl, das fegt den Magen durch nach der etwas fettigen Kost. Hier kommt man schnell ins Gespräch mit anderen Budenbesuchern und so mancher scheint hier einen Grossteil des Tages zu verbringen, mit Zeitung lesen, einem Plausch halten; Essen und Trinken werden da fast zur Nebensache. Und wir lesen uns ein in den steirischen Wortschatz mit Worten wie „Spritzer“, „Krügerl“, „Glaserl“, „Zweigelt“, „Geselchtes“ etc. .Direkt nebenan werden die Strassenbahnschienen erneuert (ein typisches Grazer Event) und so fällt die Rückfahrt mit besagter Bahn leider aus und wir „müssen“ uns zu Fuss auf den Weg zum Parkhaus machen. Dabei passieren wir kleine Plätze vor schönen, alten Häusern, werfen einen Blick in eine kleine Kunstgalerie, bewundern das älteste Modegeschäft am Platze in dem schon die Grosseltern der Freunde ihre Garderobe einkauften und werfen so manchen Blick in enge, ruhige Gassen oder Hinterhöfe, in denen Restaurants zur Einkehr einladen.

Fazit: Graz ist sehenswert und wir haben längst nicht alles gesehen hier in der kurzen Zeit. Die Freunde müssen also mit einer erneuten Heimsuchung rechnen!

Am nächsten Tag werden wir zu echten Gipfelstürmern! Dem Skipper a.D. zuliebe wählen wir für den Aufstieg zum Grazer Hausberg, dem Schöckl, ebenfalls wieder die bequeme Variante in Form der Seilbahn-Gondel. In wenigen Minuten schweben wir hinauf auf ca. 1.400 Meter Höhe. Ein kurzer, erfrischender Fussweg führt uns von der Seilbahnstation zum Gipfelkreuz. Die Freunde sind untröstlich: der Blick auf die umliegende Bergwelt ist leider nicht so gut, die Gipfel hüllen sich ausnahmslos in Dunst. Für uns ist es trotzdem ein besonderer Moment, unser erstes gemeinsames Gipfelkreuz - das muss fotografisch dokumentiert werden!!

Für den Abstieg (nach einer leichten Stärkung im Stubenberghaus, eine imposante, mit Holzschindeln bedeckte Jausenstation) wählen wir den auch für Fusskranke angeblich gut begehbaren, rot-weiss markierten Weg. Der führt teilweise aber auch über anspruchsvollen Untergrund in Form von Wurzeln und rolligen Steinen. Aber auch vorbei an Enzian, Seidelbast, Christrosen und anderen, selbst den Einheimischen nicht geläufigen, Frühlingsblühern. Ein beliebter Weg - immer wieder begegnen uns Wanderer in Gruppen oder als Familie unterwegs. Und so manches Mal zucken wir zusammen, wenn wieder ein Downhill-Fahrer mit seinem Bike auf dem teilweise parallel verlaufenden Trail an uns vorbei brettert. An so mancher Weggabelung wartet der reinste Schildwald auf uns: hier ist es für Fussgänger verboten, dort für die Radler, hier bitte Achtung, weil die Radler (oder wahlweise Fussgänger) kreuzen usw usw. Da soll sich noch einer auskennen und prompt teilt sich unsere kleine Wandergruppe unfreiwillig nach einem etwas längeren Fotostopp der Damen auf. Die letzten Meter meistern wir aber wieder gemeinsam und der Skipper meint, viel länger hätte der Abstieg auch nicht sein dürfen. Wir sind alle froh, am Abend die Beine unter den liebevoll gedeckten Tisch weiterer Freunde zu strecken und uns mit guter steirischer Küche die hungrigen Mägen füllen zu dürfen. Löwenzahnspinat schmeckt übrigens ganz hervorragend!

Unser 3. Tag im Alpenland führt uns nach Kärnten, zum Wörthersee. Bekannt aus Film und Funk oder so. Lang ists her …..! Auch hier wohnen Segelfreunde, auch hier erwartet uns ein Gipfel - wenn auch etwas moderater. Der Pyramidenkogel ist mit einem hölzernen Aussichtsturm bestückt von dem aus man einen super Rundblick auf Seen, Landschaft und - soweit möglich - auf die umliegenden Berge hat. Leider gilt auch heute wieder: nicht ganz so klare Sicht. Aber es reicht aus, um einige Wipfel anhand der Hinweistafeln auf der Aussichtsplattform zu identifizieren. Für den Abstieg wählen die mutigen Freunde die Rutsche, der Rest teilt sich auf in Fahrstuhl und Treppennutzer. Gleichsam geschafft fallen wir alle in die am Fusse des Turmes einladend aufgestellten Liegestühle. Ein kleiner Ostermarkt ist hier aufgebaut und lockt mit Kunst, Handwerk und leiblichen Genüssen. Sightseeing ist mega-anstrengend, Bier und Almdudler schmecken doppelt gut, der verkostete Ingwer-Saft dagegen eher weniger. Graue Wolken bringen leichte Regenschauer von denen man in Österreich gerne etwas reichlicher hätte. Ist doch der Grundwasserspiegel derzeit ca. 4 Meter unter Normal.

Am Karfreitag machen wir uns auf den Rückweg, verabschieden uns von unseren gastfreundlichen Freunden, die uns ein Stück ihrer Heimat gezeigt und Lust auf mehr davon gemacht haben. Österreich, so nah und doch für uns so exotisch und unbekannt wie so manch weit entferntes Land. Ein letztes Mal bestaunen wir das Bergpanorama bevor wir uns in den Grenzstau einreihen. Der allerdings deutlich kürzer ausfällt wie der auf der Gegenseite - alle Welt scheint in den Süden zu fahren! Nur uns zieht es wieder zurück in den deutlich kälteren Norden! Bleibt uns nur, ein von Herzen kommendes „Bussi & Baba“ zu sagen! Und vielleicht muss ich beim nächsten Mal auf die Frage „Elke, hast Du das verstanden“ nicht mehr antworten mit „nöö, ich bin ja Ausländisch“.

Das Kunsthaus - futuristisch und auch aussen viel Raum für Fantasie bietend

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Die Murinsel - künstliche Insel mitten im gleichnamigen Fluss gelegen

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Aussicht=Draufsicht=Einsicht - Graz von oben

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Weitblickender Faun - a bisserl deppert ist nur, dass er von Mauern umzingelt ist ...

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Gemütliches Beisammensein an der 'Steirabox'

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Hinter den Bergen, wo die 7+ Zwergerln ..... Angebot eines Haushaltswarengeschäftes in der Innenstadt von Graz

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Speisenkarte der Steirabox -fast ein kleiner Sprachkurs

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Der Gipfel ist gestürmt, wir sitzen am Gipfelkreuz des Schöckl

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mit 100 Metern Gesamthöhe ist er weltweit der höchste hölzerne Aussichtsturm. Für den Abstieg kann man wählen zwischen Aufzug, Treppe oder einer 52 Meter in die Tiefe führenden Rutsche.

Aussichtsturm auf dem Pyramidenkogel: mit 100 Metern Gesamthöhe ist er weltweit der höchste hölzerne Aussichtsturm. Für den Abstieg kann man wählen zwischen Aufzug, Treppe oder einer 52 Meter in die Tiefe führenden Rutsche.

Bye Bye Austria - schön war's

Bye Bye Austria - schön war

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