Kling, Glöckchen, kling …..

Wenn der Nikolaus dauerhaft bimmelt…..dann bist Du in Cartagena de Indias, genauer gesagt im Stadtteil Manga. Und es ist kein Nikolaus oder Santa Claus, obwohl die kleine Glocke am Eiswagen schon sehr weihnachtlich klingt. Eis passt auch besser zu den Temperaturen. Dauersauna ist angesagt und ganz übel wird es, wenn man eine gewisse Zeit in Räumen verbringt, die eher einem Kühlschrank ähneln. Hat Frau die erste Wallung erfolgreich gemeistert (kommt immer nach einigen Minuten in Air-Condition-Räumen) und tritt gut runter gekühlt wieder auf die Strasse, dann ist dasfast so, als würde sie/man gegen eine Hitzewand laufen.Die Brille beschlägt und frau schnappt automatisch erstmal nach Luft, Frischluft. Bringt aber nix, nur Schattenseite der Strasse aufsuchen hilft. Oder noch besser: einen Platz unter hohen, schattenspendenden Bäumen finden. Solche Plätze hat Cartagena einige zu bieten. Aber auch sonst nimmt uns die älteste Hafenstadt Südamerikas auf Anhieb für sich ein.

Unsere Kulisse am Ankerplatz besteht zwar vorwiegend aus Hochhäusern und einigen Hafenkränen. Geht man aber ein paar Meter vom Ufer weg, stehen zwischen all den Türmen immer wieder kleine, nette Wohnhäuser und sogar tolle, alte Villen. Die Wellblechdach-Ära vieler Karibikinseln ist hier endgültig vorüber. Sogar grün patinierte Kupferdächer entdecken wir. Und der Supermarkt Carulla schmiegt sich an eine wunderschön erhaltene und in den Markt integrierte alte Villa namens „Susana“.

Festungen, die alte Stadtmauer, viele alte Gebäude – Cartagena de Indias erinnert uns stark an den spanischen Namensvetter bzw. die Namensgeberin an der Mittelmeerküste. Nur grösser und in den Randbezirken ist die Bevölkerung Cartagenas wahrscheinlich auch ärmer. Davon ist in Manga wenig zu spüren oder zu sehen. Hier werden die Rassehunde der Penthouse-Bewohner von den Angestellten spazieren geführt, hier parken die dicken SUV’s vor den Häusern und liegen die grossen Motoryachten an den Stegen der verschiedenen Clubs. Obstverkäufer stehen mit ihren kleinen Verkaufskarren in den Strassen rund um den Supermarkt, unzählige Moto-Taxis schnappen den ebenso zahlreich vertretenen gelben Taxis der Marke Knutschkugel bestimmt einige Kunden weg. Fahrradtaxis gibt es weniger und Pferde- oder Eselkarren sieht man nur vereinzelt. Dafür quietschen auf den Durchgangsstrassen die relativ bunten Busse. Für 2.000 bis 2.5000 Pesos kann man bis zur Endhalte mitfahren. Ein klein wenig erinnert uns alles an Brasilien, an Salvador do Bahia. Und auch hier in Kolumbien sind die Busfahrer hilfsbereit, halten so an, dass wir nur noch wenige Meter bis zum Ziel laufen müssen.

Auf dem Weg ins historische Zentrum Cartagenas kommt man automatisch durch das alte Handwerkerviertel Getsemani. Die Seitengassen sind schmal und die Mauern oft bunt bemalt, mal mehr, mal weniger künstlerisch wertvoll. Viele Skulpturen verschiedener Art zieren die kleinen Plätze in Getsemani ebenso wie im Centro. Viele kleine Hostals, Bars, Restaurants gibt es. Die Fenster der Häuser zieren fast immer die klassischen Holzgitter, blühende Rankpflanzen und Bäume spenden Schatten und lockern alles optisch noch etwas auf. Auf Dachterrassen recken sich Palmen und andere Grünpflanzen in den Himmel, mächtige Holztore versperren den Zutritt zu den Häusern oder geben auch oft Einblicke in die dahinter liegenden Räume und Patios. Früher soll Getsemani ärmlicher gewesen sein, eine Gruppe engagierter Deutscher habe es zu dem gemacht, was es heute ist. Hören wir. Und geniessen das Resulat. Jeder Spaziergang durch die schmalen Strassen bietet neue An- und Einblicke. Und auch vertrautes ist auch beim 2. Oder 3. Mal noch einfach nur sehenswert. Freundlich gewährt man uns Einblick in die Patios oder grüsst uns auf der Strasse. Alte Frauen zwischen Einkauf und Zuhause, an einer Ecke wird Fisch verkauft – aus einer Plastikschüssel und schon von Fliegen umschwirrt. Wer den wohl mit nach Hause nimmt?

Strassenverkäufer bieten T-Shirts (20 Dollar das Stück …. Zu teuer ….. ok 15 Dollar …. Immer noch zu teuer … letztendlich bekommen wir vier Shirts für 20 Dollar angeboten ….. vielleicht …..manana), Zigarren (aus Kuba), Schmuck, gehäkelte Taschen, bunte Kunstwerke auf Leinwand, Strohhüte aller Art und vieles mehr an. Auf einem Platz bekommen wir obligatorischen Musik-CD’s angeboten. Lässig blocken wir mit der bewährten Ausrede ab: „wir haben keinen CD-Spieler“. No problemo meint der Meister der Verkaufskunst und zückt bunte USB-Sticks. Wir sind sprachlos, soweit sind die Strassenverkäufer auf Jamaica noch nicht. Aber das die Kolumbianer geschäftstüchtig sein sollen, haben wir schon des öfteren gehört. Nach dieser Kostprobe sind wir restlos überzeugt. Ein paar Brocken Deutsch kann auch fast jeder, die Namen der deutschen Fussballstars sind geläufig, so kommt man ins Gespräch mit den Touristas. Wir kaufen trotzdem nix. Vorerst. Kann sich ja noch ändern.

Den Käptn zieht es ins „Frühstückscafe unter deutscher Leitung, gleich gegenüber vom Hostal Jet-Set“. So lautet die Ortsangabe anderer Segler, die hier logiert und gefrühstückt haben. Das muss getestet werden. Ich prophezeie bittere Enttäuschung. Hätte ich vielleicht nicht tun sollen. Es ist wirklich nix dolles und wir sind uns einig, eines der vorher im vorbeilaufen verschmähten Cafés wäre vielleicht doch die bessere Wahl gewesen. Na, haben wir das zumindest schon mal abgehakt.

Bleiben noch ausreichend Programmpunkte. So suchen wir die verschiedenen Boatyards auf, um uns einen persönlichen Überblick zu verschaffen und aktuelle Angebote zu erhalten. Das führt uns in die Stadtteile Bosque und Albornoz. Weit weg von Mangaund mitten im Nix. Zumindest im touristischen Nix. Kein Supermarkt weit und breit, nur staubige Autopistas, Tankstellen, Industrieanlagen. Aber wir wollen ja auch die Boote parken bzw. daran arbeiten. Bewaffnete Wachmänner weisen uns jeweils freundlich den Weg zu den Oficinas und von den jeweiligen Gesprächspartnern bekommen wir dann das Gelände gezeigt. Der riesige Kran von Ferroalquimar beeindruckt uns sehr, die Freifläche bietet ausreichend Platz, ein Lotsenboot weist den Yachten den Weg zum Boatyard – hier haben wir mit unseren 2,40 Tiefgang keine Probleme. Manzanillo Yacht-Club dagegen punktet mit familärer Atmosphäre. Man nimmt sich Zeit für uns, es wird gelacht, Kaffee oferiert und ein Taxi geordert. Nein, zu Fuss können wir doch auf gar keinen Fall zum nächsten Ziel gehen. Gegenüber vom Boatyard hat sich jemand mit Pappe und alten Paletten eine Behausung errichtet, dicke LKW ziehen Container durch das Gassengewirr. Kontrastprogramm zu Manga und Bocagrande.

Die Rückfahrt findet mit einem besonders poppigen Bus statt. Vorn blinkt es im Rhythmus der zischend und pfeifenden Bremsaktionen und die leicht defekten Bassboxen in unserem Rücken wummern dazu. Man tut gut daran, sich umgehend auf einen Sitzplatz zu begeben. Andernfalls ist beim ruppigen Fahrstil des Fahrers ein Freiflug durch den üppig breiten Mittelgang des Buses inclusive, was der Käptn am eigenen Leib zu spüren bekommt. Geht aber alles gut und er fällt ohne Blessuren auf den Sitz vor mir. Wie hält der Mensch da vorne das den ganzen Tag nur aus? Wir sind jedenfalls froh, als wir nach einer kleinen Stadtrundfahrt in der Nähe der Stadtmauer aussteigen können.

Einklarieren

Das wird in Cartagena in der Regel mit Hilfe eines sog. Agenten erledigt. Kostet natürlich was, ist aber insofern praktisch, dass man sich nicht selbst auf den Weg zu den Behörden machen muss, keine Formulare ausfüllen oder kopieren muss. Man trifft sich mit dem Agenten, übergibt die nötigen Dokumente und dann geht das Prozedere seinen Gang. In unserem Fall erfordert das einige konspirative Treffen in der Cafeteria des Carulla Supermarktes mit unserem Agenten Manfred. Oder man hat ein Date mit irgendwelchen Behördenvertretern direkt im Club Nautico. Manfred ist immer dabei, zückt die Papiere und verhandelt mit den Beamten. So läuft das für uns alles relativ entspannt ab, dauert aber auch mehrere Tage. Zum Abschluss möchte der Zollbeamte dann noch unsere Schiffe in natura angucken, nur Fotos sind ja langweilig. In unserem Fall kommt erschwerend hinzu, dass auf dem Typenschild unseres Motors PERKINS steht, auf dem Motor selbst aber CATERPILLAR. Ganz schwierig, muss in Augenschein genommen werden. Aber alle sind nett, höflich und wirken insgesamt umgänglich. Und von Manfred hören wir ganz nebenbei noch so manche interessante Story aus seinem bewegten Leben oder bekommen allerlei wichtige Informationen zu Land und Leuten. Damit wir 90 Tage kolumbianisches Feeling live erleben dürfen, berappen wir round about 210 Euro. Es geht auch etwas preiswerter, wenn man z.B. nur max 5-10 Tage im Land bleiben möchte.

Neue Bekanntschaften

In Kolumbien haben sich einige Deutsche nieder gelassen. Einer davon ist Sven, Inhaber des LABORATORIO ELECTRONICO ALLEMAN. Was für ein Name! Der schmale Laden ist voll gepropft mit Fernsehbildschirmen – sind wir hier wirklich richtig???- und sonstigen elektronischen Geräten aller Art. Wir zwängen uns an zwei emsig werkelnden Mitarbeitern herum und erreichen dann den grossen Meister. Der sitzt ganz hinten, umgeben von Radomen, Funkgeräten und und und. Nur ein schmaler Gang führt zu seinem Arbeitsplatz, jedes verfügbare Fitzelchen Boden, Wand oder Ablagefläche ist voll gestellt. Hier wird so schnell nix weg geworfen und so mancher nicht ganz so betuchter Segler wurde von Sven schon mit elektronischem Equipment ausgestattet. Auch unser Mikrofon fürs Funkgerät bekommt hier ein neues Kabel verpasst. Und gemäss Svens Instruktionen wird ein Kabel- und Antennentest für die Seefunke durchgeführt. Ergebnis: alles in Ordnung, unser Sendeproblem liegt wohl wirklich nur am Mikrofon. Der Testruf zum Laboratorio hin erfolgt mit dem neuen Kabel jedenfalls zur Zufriedenheit, wir sind wieder hörbar.Und Sven freut sich über unseren alten VDO-Autopiloten samt C-Trek Kompass. Wenn der Check positiv ausfällt, dann hat er schon einen neuen Abnehmer für das gute Stück, das uns ja leider immer wieder mal im Stich gelassen hat zu Beginn unserer Reise. Bei Sven jedenfalls kann man auch gut einige Zeit verbringen, mit ihm fachsimpeln oder sich guten Rat holen. Ein Laden nach unserem Geschmack ist es allemal.

Der wichtigste Mann vor Ort ist für uns natürlich der TO-Stützpunktleiter und Einklarierungsagent, Manfred. Er regelt den ganzen Behördenkram für uns und von ihm bekommen wir auch einige Tipps zu Kolumbien bzw. zum Umgang mit den Kolumbianern. Klar verdient er Geld mit seiner Tätigkeit, aber manche Dinge sind einfach unbezahlbar.

Damit wären unsere ersten Eindrücke von Kolumbien und ein paar grundlegende Informationen schon mal erzählt.Unsere weiteren Erlebnisse und Erfahrungen folgen dann möglichst zeitnah und in Form von Tagesberichten.