Monats-Archiv April, 2016

Husch husch die Eisenbahn

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Husch-Husch die Eisenbahn

„Ich will mit dem Zug durch Cuba fahren“. Der Käptn sprichts, die Bordfrau staunt. Der Mann, der im früheren Zuhause an Land über so ziemlich jeden vorbeifahrenden Zug aufs heftigste zu schimpfen wusste, ausgerechnet der Mann will Zug fahren. Da sag ich doch nur noch Aaaaja statt naja.

Den Bahnhof von Cienfuegos finden wir eher zufällig, auf dem Weg zur Visaverlängerung. Ein kleiner Platz mit Bänken im Schatten wunderschön blühender Bäume und der obligatorischen Gipskopp-Büste. Ein altertümlicher LKW wird beladen, ansonsten herrscht im Bahnhofsgebäude selbst gähnende Leere, verlassene Stuhlreihen, leere Schalter. Zwei Bahnhofsdamen in schmucker Uniform schlendern gelangweilt durchs Gelände und harren der Dinge, die da kommen – oder auch nicht. Auf den Gleisen stehen mehrere Waggons, irgendwo weiter vorn schnauft es ryhtmisch: eine Lok bewegt sich wenige Meter, schiebt Waggons von a nach b. Neben den Gleisen grasen Pferde auf dem weitläufigen und eingezäunten Bahnhofsgelände während ihre arebeitenden Kollegen etwas weiter vorne im Schatten grösserer Bäume zwischen den Deichseln ihrer Kutschen auf Fahrgäste warten.Zug-, Bus- und Kutschenbahnhof dicht nebeneinander – man hat die freie Wahl. Und wer sich gar nicht entscheiden kann, der holt sich in der nahe gelegenen Rum- oder Zigarrenfabrikation vielleicht erstmal eine dicke Zigarre oder ein Gläschen hochprozentigen.

Eine in schnörkeliger Schrift mehr bemalte Tafel listet alle Zugverbindungen mit Abfahrts- und Ankunftszeiten auf. Die letzte Spalte ist für Bemerkungen vorgesehen. Aber irgendwie sind fast alle Züge gestrichen, cancelado. Nach Santa Clara kann man fahren, Abfahrt 4 Uhr in der Früh. Das ist hart und muss erstmal verdaut werden.

Auch meine Ankündigung, dass der Käptn für dieses Abenteuer definitiv auf die Begleitung seiner Bordfrau verzichten werden muss, kann ihn nicht stoppen. Oder doch? Eine Weile noch verkündet er vollmundig, dass er mit dem Zug fahren will. Irgendwann aber verlassen wir Cienfuegos und die Zugfahrt ist Geschichte. Irgendwie schade, hätte ja schon gerne des Käptns Bericht gehört.

Abschied von Cienfuegos - 10.04.2016

1Wieviel ist 49 x 0,2 x 7? Abschied von Cienfuegos

Es ist soweit, wir nehmen Abschied von Cienfuegos. Aber noch nicht von Cuba. Cayo Largo heisst das nächste Ziel. Noch einmal ein paar Tage Cuba-Strandleben geniessen, mit türkisfarbenem Wasser, weissen Sandstränden. Cuba wie im Prospekt. So die Vorstellung. Schaun wir mal, wie die Realität dann aussieht. Vor den Abschied haben die cubanischen Behörden aber einen Besuch ihrer Büros gestellt. Heisst: einmal zum Dockmaster für Zahlemann und Söhne. Es gilt, das Liegegeld zu berappen. Liegegeld dafür, dass wir unseren Anker in die modderigen Gründe der Cienfuegos Bucht versenken durften; dafür, dass wir unsere Kette stundenlang von Muschelbewuchs befreien durften; Liegegeld für oft nicht benutzbare Duschen und Toiletten; Liegegeld für die Nutzung eines völlig überfüllten Dinghistegs an dem sich die empfindliche Gummihaut leicht wund reiben kann. Liegegeld also rein dafür, dass wir durch das Marinator an Land gehen können und dafür, gemütlich in der Bar abzuhängen. Sofern denn geöffnet und mit ausreichend Getränken bestückt. Denn auch das kam schon vor: die Bar ist geschlossen weil a) kein Wasser mehr im grossen Tank der Marina ist – ergo kein Barbetrieb möglich oder b) der Kühlschrank gähnend leer ist, weil die Nachschublieferung nicht rechtzeitig eingetroffen ist. Oder auch schon mal, weil gerade alles grossflächig begast wird (Moskito, Ungeziefer etc.). So ist das halt, hier in Cuba und man gewöhnt sich ja an einiges. Die Liegegeldberechnung jedenfalls ist äusserst kompliziert und erfordert einige Zeit. Es wird hin und her gerechnet, die unterschiedlichen Beträge verwirren den netten, älteren Herrn hinterm Schreibtisch zusehends und irgendwann gibt er entnervt auf, nennt einen Betrag mit dem auch der (fleissig mitrechnende Käptn) einverstanden ist. Zahlung per Kreditkarte – heute ausnahmsweise kein Problem. Zumindest für uns nicht, kurze Zeit später verweigert das Gerät dann wieder einmal den Dienst. Gut, wenn man dann ausreichend Bargeld an Bord hat und nicht noch einmal den Weg zum Bankautomaten in der Stadt auf sich nehmen muss.

Aber zurück zum Abschiedsprocedere. Nächste Station ist das Büro der Zollbehörde. Hier wird das sog. Despacho ausgefüllt. Das ist nix essbares, auch kein Esspapier. Es handelt sich um einen Zettel in 3 Durchschlägen mit Angaben zu Schiff, Käptn und Crew. Die müssen wir im nächsten Hafen bei der Ankunft vorzeigen. Warum wir jetzt 2 weisse und 1 blauen, die Aries Dream aber 3 blaue Zettel bekommt, weiss nur der Zollbeamte.

Erleichtert lassen sich die die beiden Skipper der naja und der Aries Dream auf die Barstühle fallen. Ich hab derweil die im Marina-shop erstandenen Hühnereier bebrütet. Am Nebentisch tagt eine Gruppe kubanischer Herren älteren Semesters. Einer kommt zu uns herüber, stellt sich in gut verständlichem Spanisch als Musico vor, gleiches Baujahr wie mein Käptn. Grosses beidseitiges Staunen und natürlich muss ein Foto gemacht werden. Adressen werden getauscht und wir versprechen, von Deutschland eine Postkarte sowie die gedruckten Fotos nach Cuba zu senden.

Begegnungen der letzten Tage auf Kuba. Begegnungen, die bleibende Erinnerungen lassen. So wie der alte Mann auf einer Bank in der Souvenirshopmeile sitzend, verschämt aber mit eindeutigen Gesten nach Seife fragend. Erst schüttele ich verneinend den Kopf – wer schleppt schon Seifenstücke mit sich rum? Dann fällt mir ein, dass ich vielleicht doch eines eingesteckt haben könnte. Krame in meiner Tasche danach (was ja bekanntlich immer etwas länger dauert) und fördere tatsächlich die gesuchte Seife zu Tage! Zurück zu dem Senor, Seife übergeben und in strahlende Augen schauen. Ein breites Weihnachtslächeln macht sich auf dem gar nicht so runzeligen Gesicht breit, einen Handkuss bekomme ich zugeworfen. Ein einfaches Stück Seife kann Glücksmomente zaubern, unvorstellbar für uns in unserer konsumgewohnten Welt in der alles jederzeit zur Verfügung steht. Ein paar Strassen weiter sitzen Frauen, Kinder und ältere Männer vor ihren Häusern im Schatten. Freundliches grüssen, scheue Blicke unsererseits in die geöffneten Türen der Häuser. So wohnen? Nicht wirklich vorstellbar für uns. Auf wenigen Quadratmetern versammelt sich die Familie auf alten Schaukel- und sonstigen Stühlen. Schön anzusehen, unbestritten. Manchmal passt noch eine Couch in den Raum. Dunkel wirkt alles, beengt. Ein grauer, nur selten begrünter und sehr kleiner Hinterhof öffnet sich dahinter noch, fertig. Viel Platz ist das nicht gerade. Und doch ist es ihr eigenes, kleines Reich. Mit schönen Ornamentfliesen auf dem Boden und oft liebevoll eingerichtet. Und so manches Mal bereichert durch den kostbaren Drahtesel oder das Moped. Das muss dann nämlich auch noch mit in die gute Stube. Und an ganz vielen dieser Türen findet man dann auch noch das Hostal-Zeichen. Wo die Pensionszimmer sich wohl verbergen?Ein Mann läuft uns nach, fragt ob wir ein Zimmer suchen. Leider nein, wir leben auf einem Segelboot. Aah, ja, da braucht man kein Zimmer in Cienfuegos. Wo wir her kommen? Allemagne, tolle Fussballmannschaft. Lächeln, Nicken, man wünscht sich gegenseitig eine gute Zeit. Das sind die Erlebnisse, die bleiben, die sich tief einprägen. Aber auch die schönen Abende an Bord der diversen Fahrtenyachten, mit ganz unterschiedlichen Menschen gemeinsam zu Abend essen, einen Wein trinken und über Gott und die Welt sprechen, ganz erstaunliche Dinge erfahren, Menschen besser kennen lernen, die man bis vor kurzem überhaupt nicht kannte.

Und morgen früh in aller Herrgottsfrühe geht es los, nach Cayo Largo. Unserem letzten Stückchen Cuba. Vorgelagert, weit weg und nochmal ganz anders. Ein Stück Kuba wie aus dem Urlaubsprospekt? Vielleicht für die in den All-inclusive-Hotels. Für uns wird es wieder eine Herausforderung: Behördengang, Ankerplatz suchen (mit 2,40 Tiefgang in den hiesigen Gewässern nicht immer lustig), mit dem Dinghi an Land fahren, alles erkunden. Und hoffentlich feststellen, dass man – entgegen anderslautender Aussagen – auch auf Cayo Largo zumindest etwas Obst und Gemüse einkaufen kann! Notstand im Urlaubsparadies? Da werden wir uns dann vielleicht etwas einfallen lassen müssen, etwas improvisieren. Wir werden sehen.

Fotos Cienfuegos

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Hier noch einige Fotos zum Thema “Visaverlängerung”. Beschreibung der Fotos folgt noch!

Trinidad mit Reifenpanne und Krabbensalat

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Trinidad mit Reifenpanne und Krabbensalat

Im Oldtimer (classic car genannt) geht es nach Trinidad. Allein die Fahrt ist schon ein Augenschmaus. Mangobäume soweit das Auge reicht, viel Grün, viel Landwirtschaft und Landschaft. Ein Trupp echter Cubano-Cowboys mit Chaps und Begleithunden treibt eine Rinderherde an der Strasse entlang. Im Hintergrund ragen die Bergzüge auf, etwas karg und nicht ganz so üppig grün, Trockenzeit.Wir queren einige Flüsse, die aus den Bergen herunter ihren Weg zum Meer gefunden haben. Das Meer aber schottet sich gegen sie ab, mit einer breiten Sandbarre. Die Flussmündungen selbst bildenschöne, kleine Buchten, die zumindest von den Einheimischen gerne zum Baden genutzt werden.

Dann riecht es irgendwie merkwürdig, leicht fischig. Kein Wunder: vor uns queren Abertausende von Landkrabben die Strasse, sind auf dem Weg zum Wasser um dort zu laichen. Hellrote und tiefschwarze mit roten Scheren. Nähert sich ein Auto langsam, richten sie die Scheren drohend aus – was natürlich meist vergebens ist, die schweren Autos kennen keine Gnade. Und so ist die Strasse geflastert von platt gefahrenen Krabben. Ab und zu kehrt offenbar jemand die Leichen zusammen, schiebt sie auf einen Haufen am Strassenrand. Die (noch) lebenden Artgenossen lassen sich davon nicht beirren. Erst wenn die Sonne und damit auch die Temperaturen höher steigen, hört die Wanderung auf, vorerst?

Mitten im Krabbendesaster macht es laut und vernehmlich „zisch“. Der linke Vorderreifen ist aber sowas von platt und muss gewechselt werden. Ein Stück Metall steckt drin. Und ich dachte schon, eine Krabbenschere habe ihm den Garaus gemacht. Gute Gelegenheit jedenfalls, die Tiere aus der Nähe zu fotografieren.Immerhin hat unser Fahrer einen funktionsfähigen Ersatzreifen im Kofferraum und wenige Minuten später geht die Todesfahrt weiter.Ein Fahrradfahrer eiert vor uns um die beweglichen Hindernisse rum. Für ihn bzw. seine schmalen Reifen sind die scharfen Scheren wahrscheinlich gefährlicher.

Immer wieder kleine Siedlungen, Autos stehen keine vor oder neben den Häusern. Dafür sieht man immer wieder Reiter und Pferdekutschen. Ob es diese Fortbewegungsmittel in einigen Jahren immer noch hier so zahlreich geben wird?

Wir nähern uns Trinidad, tauchen ein in eine touristisch schon sehr erschlossene, über 500 Jahre alte Stadt. Mit Kopfsteinpflasterin vielen Gassen, mit Holzbalkonen und Holzgittern vor Fenstern und Türen. Um den Plaza Meyor herum sind alle Gebäude mehr oder weniger ein Museum, wir zahlen 2 CUC Eintritt und dürfen das ehemalige Franziskaner-Kloster, Convento San Franzisco de Asis, betreten, das heute ebenfalls ein Museum beherbergt. Eines das – oh Wunder – an die Revolution und ihre Helden erinnert. Für uns weniger interessant, da wieder mal alles nur auf spanisch beschrieben ist. Dafür ist der Blick vom Dach bzw. vom Glockenturm einfach fantastisch. Auf dem Pflaster unten klappern Pferdehufe, ein Cowboy steigt vor einer Bar ab, nimmt einen Drink, sein vierbeiniger Gefährte wartet geduldig davor und lässt sich von einer etwas angejahrten Männercombo mit angenehmem Cubano-Sound berieseln.

Neben der Iglesia parroquial de la santisima, die mit 11 wunderschönen Holzaltären punktet und ansonsten angenehm unaufdringlich gestaltet ist, führt eine breite Steintreppe etwas bergauf. Tische und Stühle laden zum Ausruhen ein, Musik wird gespielt. Irgendwie gehört alles zum Casa de la Musica, das uns am Ende der Treppe empfängt und in dessen Hinterhof gerade ein Paar tanzen übt. D.h. üben müssen die eigentlich nix mehr, sieht sehr gekonnt aus.

In vielen Häusern sind Hostals oder Restaurants eingerichtet. Und alle sehen wie Museen aus, sind mit wunderschönen, alten Möbeln eingerichtet, die Deckenlampen könnte ich durch die Bank alle mitnehmen und das gesamte Ambiente inclusive Wandmalereien und wunderschönen Bodenfliesen begeistert uns immer wieder neu. Vogelkäfige hängen in den Fenstern und oft werden die Piepmätze auch spazieren getragen. Abwechslung muss sein, auch für Singvögel.

In einer Gasse reiht sich ein Souvenir- und Handarbeitstisch an den nächsten. Taschen aus Dosenverschlüssen, Stickdecken, gehäkelte Kinderkleidung, Topfuntersetzer und Dominospiele aus Holz – Souvenir, Souvenir. Uns würden ja farbenfrohe und wie wir selbst sehen konnten in Handarbeit hergestellte Strohtaschen interessieren. Aber deren Preis hat sich binnen 1 Stunde mal eben um 5 CUC erhöht. Das empfinden wir als Nepp und sind beleidigt, gehen auch nicht mehr auf den hinterher gerufenen niedrigeren Preis ein. Nicht mit uns. Foto gemacht, ist preiswerter und pflegeleichter. Da sind wir Damen uns aber sowas von einig.

Auch in Trinidad wird in fast jedem Haus irgendwas verkauft oder eine Dienstleistung angeboten. Von Haareschneiden über Maniküre bis zu Strohhüten geht das Angebot. Eine Dame sitzt neben einem Strohhutsortiment und zählt Reiskörner aus. Ein spitzgedackelter Mopshund liegt im Fenster und schnorchelt vor sich hin. Ein alter Mann lässt sich mit einer megalangen Zigarre im Mund fotografieren, andere machen Musik, wieder andere fahren Touristen zum Strand oder schleppen sie in ein supergutes Restaurant. So verdient hier jeder ein klein wenig am Tourismus. Und mancher hält auch einfach nur mal den uralten Lederhut hin, grinst ein zahnloses Lächeln und bittet um eine milde Gabe. Dem Charme alter Menschen kann ich einfach nur schwer widerstehen.

Nach einigen Stunden erreichen wir unseren Ausgangspunkt, das Hotel Iberostar. Der nette Türsteher (thats my hotel), der uns grosszügig und äusserst freundlich die Nutzung der Hoteltoiletten erlaubte und uns sogar noch mit einem Stadtplan versorgte, winkt herüber. Daumen hoch mit fragendem Gesicht. Eifriges Kopfnicken unsererseits und dann noch mal die letzte halbe Stunde ein gezapftes Bier in einer kleinen Eckkneipe. In der gibt es offenbar nur Bier, das aber aus einem schönen blauen Zapfhahn. Man sitzt auf stylisch-alten Stühlen mit Korbgeflecht, um uns herum nur Cubanos.

Unser Taxifahrer ist pünktlich und bringt uns ohne weitere Panne oder toten Krabben zurück. Am Strassenrand, irgendwo in der Landschaft, stehen 3 Reiter auf ihren Pferden und halten einen Feierabendtratsch. Kleine Jungs traben sattellos auf ihren Pferden hinter den Männern herund so mancher Vierbeiner hat schon den wohlverdienten Feierabend: teils sehr klapprige Pferde grasen auf dürrem Weideland, umringt von Rindern mit langen Hörnern und einem Höcker auf dem Nacken. Kartoffel- und Zuckerrohrfelder wechseln sich mit Weideland und Obstplantagen ab. Bald gibt es Mangos, wahrscheinlich erstmal nur auf dem Schwarzmarkt.

Am Dinghisteg in der Marina erwartet uns das übliche Chaos. Das Ankerfeld dagegen hat sich doch stark gelichtet, es scheinen viele Yachten weiter gezogen zu sein. Wir machen einen erneuten Versuch, um beim Dockmaster wenigstens schonmal den ersten Monat an Ankergebühren per Kreditkarte zu bezahlen. Leider ist heute ein anderer Herr im Dienst und muss erst noch davon überzeugt werden, dass das notwendig ist. Schliesslich arbeitet die Kreditkartenmaschine ja sehr oft nicht. Und am ATM gibt es pro Tag nur 200 CUC. Heisst für uns, mehrere Gänge zum ATM machen zu müssen. Faul wie wir sind, gilt es dieses zu vermeiden. Bei uns lässt er sich noch darauf ein, La Favorita verweigert er die Zahlung dann plötzlich. Irgendwie kommt sein Hirn mit der Situation nicht zurecht. Verstehe einer die Cubaner. Jetzt geht das Kartenlesegerät und dann verweigert sich der Mensch, der es bedienen soll.

Frühstück und Kenterung

Der 1. April. Von airberlin bekommen wir ein Werbemail für Stehplätze. Wir sind so fern von allen Realitäten, dass wir erstmal denken, was soll der Quatsch denn. Dann fällt mir das Datum auf: 1. April. Und zur Feier des Tages gönnen wir uns ein luxuriöses Frühstücksbuffet im Hotel Jagua. Für 8 CUC schlemmen wir uns durch Käse, Schinken, Pfannkuchen, Omeletts, Obst und Cerealien, leeren die Saftkrüge, trinken Cappuccino und Tee und können gar nicht genug vom frischen Baguette bekommen. Pappsatt hängen wir dann in der Lobby auf den Korbgarnituren Marke „hol den Kran, ich komm hier nicht mehr raus“ und versuchen das Internet zum mitmachen zu überreden.

Gefluche von der Sitzgruppe gegenüber und von dem Mann neben mir: des Käptns Laptop ist nicht willens, in die Internet-Geschichte einzusteigen und das von La Favorita stellt sich auch bockig an. Meines ist ausnahmsweise mal sehr kooperativ, leider läuft dann die Zeit auf meiner Stundenkarte etwas zu schnell für die anstehenden Aufgabenbereiche ab. Shit happens. Dafür kann dann Lydia ihre Karte nicht mehr stoppen und überlässt uns freundlicherweise ihr Laptop, um noch einiges in Sachen Bootstechnik zu eruieren. Man hilft sich ja.

Auf der Fahrt zurück zu den Mutterschiffen wird der Magen samt Frühstück nochmal ordentlich durchgeschüttelt. Wind und Welle bewegen nicht nur die vor Anker liegenden Schiffe sondern eben auch die Dinghis ganz ordentlich. Heute nochmal von Bord? Definitiv nicht vor Abend. Denn dann schlafen Wind und Welle erfahrungsgemäss immer wieder ein. Das geht hier fast jeden Tag so, mal mehr mal weniger und wir bewundern die kleinen Boote, die relativ weit aussen ankern und entsprechend kräftiger durchgeschaukelt werden.

Und da sitze ich so gemütlich in unserer Plicht und schaue den nickenden Booten zu, als ein kleiner grauer, auf den Wellen tanzender Punkt meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der Skipper einer weit draussen ankernden schwedischen Yacht versucht, zu seinem Schiff zu kommen. Setzt etwas zu weit oben an, dreht merkwürdigerweise immer wieder den Bug seines Gummibootes gegen Wind und Welle. Was zur Folge hat, dass das relativ leichte Schlauchboot vorne ziemlich hochgeht. Das sieht gefährlich aus, aber irgendwie bekommt er das Gespann immer wieder in den Griff. So halbwegs. Ist das wirklich der Schwede? Ich bin mir nicht mehr so sicher bei der Richtung, die das Schlauchboot einschlägt. Dann ist es klar: das Ziel ist das schwedische Boot. Das verfehlt er aber um mehrere Meter, kämpft sich erneut gegen Wind und Welle wieder heran, wird wieder abgetrieben.

Und justamente als ich den Käptn zur Hilfeleistung aktiviere, hebt sich das schwedische Schlauchboot kräftig in die Höhe – und kippt um! Mann und Motor sind im Wasser, unterm Schlauchboot. Wir geben Gas und ein etwas näher liegender anderer Nachbar hat das Drama auch mitbekommen, eilt ebenfalls zur Hilfe. Er ist schnelle dran und packt den völlig konfusen Schwedenmann am Kragen, hält ihn über Wasser. Werner hilft, ihn aus dem Wasser ins andere Schlauchboot zu ziehen. Ein weiterer Helfer fängt derweil das umgekippte Schlauchboot ein und mit vereinten Kräften wird es wieder umgedreht, Wasser läuft aus dem Aussenborder. Salzwasser, tödlich für unsere braven Zwei- und Viertaktgesellen.

Der Schwedenmann wird samt Dinghi erst einmal zu seinem Schiff gebracht. Lallend sitzt er auf dem Achterdeck und gesteht „ich bin wohl etwas betrunken“ . Die Sonnenbrille hängt von einem Brillenband gehalten auf halb-acht irgendwo um den Hals, das T-Shirt klebt am schmalen Körper und seine grösste Sorge gilt dem Dinghi. Unsere Sorge dagegen gilt ihm. Hoffentlich versucht er nicht, mit dem nicht einsatzfähigen Dinghi wieder an Land zu fahren, wo seine Frau irgendwann auf ihn wartet. Der niederländische Nachbar verspricht, die Frau abzuholen und unser Schwede verzieht sich glücklicherweise ins sichere Mittelcockpit seines Schiffes.

Etwas später dann nimmt sich ein 3-köpfiges deutsch-niederländisches Rettungsteam dem versalzten Aussenborder an. Mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, den fast versenkten Aussenborder wieder zum Leben zu erwecken. Währenddessen schläft der Eigner seinen Schock oder was auch immer aus. Er sei immer noch nicht ganz von dieser Welt meint der niederländische Nachbar, der ihm ebenfalls zuHilfe geeilt ist.

Wir haben das schwedische Boot seit Curacao immer wieder einmal getroffen und sind schon lange der Meinung, dass der Skipper ein Alkoholproblem hat. Ob es da so gut ist, mit einem Segelboot unterwegs zu sein? Nicht immer werden aufmerksame Retter vor Ort sein. Und ohne die hätte das heute ganz anders ausgehen können. Wir mögen es uns nicht vorstellen.

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