Ein Luftballon torkelt uebers Wasser, mitten in der Nacht. Was macht der fast durchsichtig-weiss schimmernde Gummigeselle hier draussen um diese Stunde, ganz allein? Ein Band hangt ins Wasser, scheint den Ballon irgendwo festzuhalten …. auf gut 10 Meter Wassertiefe? Auf und nieder huepft der luftige Kerl, von Wind und Wellen mal hoch gehoben, mal runter gedrueckt. Bizarr schimmert er zu uns rueber im Schein unserer Taschenlampe. Am anderen Morgen ist er verschwunden, fast so, als waere er nie gewesen.

Wir liegen an einer Art Rinne, sind umgezogen. Eine unvermutete Winddrehung hatte uns nur noch 30cm Wasser unterm Kiel beschert. Was die vorbei donnernden Motorboote ja nicht kuemmert. Uns dagegen schon; vor allem, wenn aus 30 schnell nur noch 20 und weniger werden. Bums, wir touchieren den Sandboden. Nicht schon wieder!! Wann ist Hochwasser???? Vorsichtig gehen wir Ankerauf, tasten uns ebenso vorsichtig naeher Richtung Hafenzufahrt. Hier ist es definitiv tiefer. Doch wo genau sich das abrupt ins Gegenteil verkehrt? Keiner weiss es so genau und zum ersten Mal beneiden wir die Eigner der Catamarane. Die sind in dieser Ankerbucht eindeutig im Vorteil, liegen weit vorn Richtung Strand im Windschatten der Insel, kaum erreicht von Wellen und Schwell. Kurze Wege an Land, schwimmen vom Schiff aus — menno. Wir dagegen ueben schon mal. Fuer den Toern nach Jamaica. Einschaukeln entfaellt dieses Mal definitiv, das haben wir hier am Anker schon. Insbesondere ein- und aussteigen ins Dinghi erfordert ein gutes Gleichgewichtsgefuehl und entlockt uns schon den einen oder anderen derben Fluch. “Stell Dir vor, Du liegst da drueben, direkt vorm Strand, in fast absoluter Ruhe. Und dann faehrst Du raus. Wir dagegen wissen doch ganz genau, was uns draussen erwartet” — des Kaeptns Sichtweise ist wieder einmal unerschuetterlich positiv.

Windboen mit ueber 30 Knoten fetzen ueber uns hinweg. Der Anker liegt irgendwo auf um die 4 Meter, wir haengen auf 10 Metern. Das Riff ist irgendwie ziemlich nahe, die Wellen donnern vom Meer dagegen, an unseren Rumpf donnern die Wellen der Taxiboote. Armes Schiff. Aruba meint es wahrlich nicht gut mit unserer naja. Und wir dachten, wir haengen hier entspannt noch 2-3 Wochen ab, bevor wir uns auf den Weg nach Norden machen. Hatten eine Tour mit dem Bus ueber die Insel ebenso wie eine ausgiebige Einkaufstour geplant. Stattdessen hocken wir auf dem Boot, trauen uns nur einzeln an Land, einer bleibt als Bordwache zurueck.

Dafuer lernen wir Karin und Wolfgang kennen. Unverkennbar aus Sueddeutschland. Ihr 30 Fuss Cat faehrt noch mit Heimathafen Delaware. Daher sind wir sehr erstaunt, als es heisst: ,ach, da koennen wir ja auch Deutsch sprechen’. Unser Schiff immer gut im Blick ziehen wir uns ins schattige Cockpit des Catamarans zu einem Schwaetzchen zurueck. Und sind erstaunt ueber das ungewohnte Konzept des Bootes: ein riesiges offenes Deck mit Steuerstand und Sitzbaenken. Bis zu 15 Personen finden hier ebenso locker Platz wie ein grosser Campingtisch vom Pricesmart. Links und rechts geht es in die Schwimmer bzw. in die Wohnraeume. Entbehrungserprobte Wohnmobilisten sind die Beiden. Und das mit dem Segeln wollten sie erst einmal mit einem preiswerten Boot ausprobieren. So sind sie hier auf den ABC-Inseln gelandet, pendeln ein wenig zwischen Aruba, Curacao, Bonaire und natuerlich Deutschland. Auf Aruba werden sie wohl noch etwas bleiben. Und wir lernen wieder einmal, das trotz aller Regeln und Vorschriften es immer noch Beamte gibt, die mal ein Auge zudruecken, etwas nicht ganz so streng auslegen. Und schon hat man nach nur einem Tag raussegeln einen frischen Einreisestempel mit neuer Aufenthaltsdauer in den Papieren. Na, da haben wir ja so unsere Erfahrungen gemacht in Brasilien. Nett ist es jedenfalls mit den Beiden, die Sonne naehert sich schon bedenklich dem Horizont, als wir uns aufmachen, aus dieser traumhaften Ruhe eines windgeschuetzten Ankerplatzes. Auf zu unserem rolling home. Im Gepaeck neue Informationen zu Einkaufsmoeglichkeiten, Restaurants, schoenen Sandstraenden  und –buchten, erfahren dass man mit dem Bus nach Norden fahren und dann durchaus zu Fuss den Leuchtturm erreichen kann. Immerhin können wir uns mit dem Tipp zur Wifi-Bibliothek revanchieren, die kennen die zwei noch nicht.

Zuhause empfängt uns ein wieder unermüdlich rotierender Windgenerator und es pfeift hier draussen unermüdlich zwischen mit Stärken zwischen 17 und 25 Knoten. Am Pier von Oranjestad hat der xte Kreuzfahrer fest gemacht, die Taxiboote preschen ebenso unermüdlich wie der Wind zwischen Oranjestad und der Renaissance-Insel hin und her. Pincho Grill & Bar Restaurant rüstet zur Dinnertime und auf zwei schwarzen Jetskis tuckern ganz gemütlich die Wasserpolizisten an uns vorbei, grüssen lässig herüber. Heute mittag sind wir schon alle gefilmt worden, von einem schwarzen grossen Behördenschlauchboot aus.

Zum Sundowner gibt es selbst gemachte Limetten-Limonade und ein Cola-Bier für den Käptn. Drüben an Land leuchtet auf einem Haus ein Weihnachtsbaum herüber und das Pyramidenhaus verwirrt uns mit geänderter Beleuchtung: blau anstelle von grün sind die einzelnen Stockwerke illuminiert. Oder hat uns eine gemeinsame Farbschwäche befallen? Nein, eindeutig blau, der Käptn ist sich auch ganz sicher und wir sind uns somit einig. Wenige Minuten später ist es rot, Weihnachtsbeleuchtung im grossen Stil? Und anstelle von besinnlicher Weihnachtsmusik das donnernde, infernalische Dröhnen der startenden Flugzeuge, die selbst das Heulen des Windes noch übertönen.

So werden wir also eine weitere Nacht auf Aruba verbringen, des Öfteren aufgeschreckt vom Gluckern und Glucksen am Rumpf, vom Einrucken in den Kettendämpfer, von dem unguten Gefühl, dass der Anker vielleicht doch …. nein, wird er nicht. Und doch: Vertrauen ist gut, Kontrolle schadet nix. Die Windprognosen für die nächsten Tage sind auch nicht in Richtung beruhigend/abschwächend.

Sonst noch was? Ja, der Sand auf Aruba ist eindeutig weisser wie auf Curacao. Dafür ist der Himmel längst nicht so blau und die Wolken nicht so tuffig, kompakt und greifbar. Was wiegt mehr? Aber Äpfel und Birnen vergleicht ja auch niemand. Alles hat irgendwo, irgendwie seinen ureigenen Reiz. Wirkt auf den Einen so, auf den Anderen so. Und ob etwas sehenswert ist, muss letztendlich jeder für sich selbst entscheiden.