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Wenn einer eine Reise tut ….

Dann bricht er sich auch mal das Bein. Nein, nicht wir sind betroffen, ein Segelfreund f?llt auf dem Boatyard von der Leiter. Bruch im doppelten Sinne: die Leiter und sein Schienbein. Letzteres gleich mehrfach und offen. Eine Ambulanz bringt ihn zackig ins nahe gelegene St. Elisabeth-Hospital. Das ist sowohl von aussen als auch innen ein Erlebnis der besonderen Art. Der ?rmste wird mehrst?ndig operiert. Wir alle bangen und hoffen mit seiner Frau, dass alles gut wird. Die OP ?bersteht er gut, auch sonst geht es ihm den Umst?nden entsprechend. Nur die ?rztliche Betreuung ist ihm und uns nicht so ganz geheuer. Wenn ein wegkippen des Fusses geflissentlich ?bersehen und kein vertrauensvolles Gespr?ch zwischen Patient und Arzt stattfindet, wenn es heisst “kein Rollstuh verf?gbar” obwohl der Patient gleich zwei unbrauchbare Haxen hat … andere L?nder andere Sitten — wohl dem, der eine gute Auslandskrankenversicherung hat. Einige Tage sp?ter dann f?llt die Entscheidung: Heimflug nach Deutschland und Transport in eine Klinik. Erleichterung bei allen Beteiligten.

So schnell ?ndern sich Pl?ne. Eben noch haben wir Kurse abgesteckt Richtung Aruba und Jamaika, haben weitere Ziele geplant und dar?ber gesprochen, wo wir die n?chste Hurrikansaison verbringen k?nnten. Und jetzt heisst es: Boot klar machen f?r weitere Monate im Zollbereich der Curacao Marine. Alle packen mit an, die Zeit vergeht wie im Flug, schon ist der Abreisetag da. Andere Segler bringen die Bordfrau zum Flughafen wo alles vorbereitet ist f?r den Empfang des Patienten. Doch der l?sst auf sich warten. Nervosit?t macht sich breit. Dann endlich trifft der Krankenwagen ein, ab in den Flieger und Richtung Heimat.

Zur?ck bleibt en mastloses weiteres Boot befreundeter Segler und einiges an Arbeit, die der Verunfallte eigentlich ?bernehmen wollte. Daf?r springt Werner ein. Mast stellen im Boatyard auf Curacao. Das hatten selbst wir noch nicht. Und da das Mastlegen schon etwas exotisch-aufregend war (mittels eines Gabelstaplers), entschliessen sich die nerv?sen Eigner dazu, einen Autokran zu ordern.

Vorher aber m?ssen noch Strippen gezogen, Kabel verlegt, Salinge und Wanten anmontiert werden. Mehrere Tage pendeln wir mit dem Bus zwischen Spanish Water und Curacao Marine. Erschliessen uns neue Ortskenntnis und geniessen nach atemraubenden 60 Stufen einer steilen Treppe den Blick ?ber Willemstad bevor wir uns auf der anderen Seite an den Abstieg zur Marina machen. Am Abend dann alles in die andere Richtung. Verpassen Busse, lernen, das unsere Linie 6a um gewisse Uhrzeiten aus Bonam kommt und dann erst nach Caracasbaai f?hrt.

Dann ist es soweit: ab 16 Uhr soll der Kranwagen kommen. Alle 5 Minuten fragt jemand wohlwollend nach “na, wann kommt er denn, der Kran?”. Die Eigner und Hauptakteure werden langsam nerv?s. Kommt er ?berhaupt noch, der Kran? Er kommt und entlockt mir den Ausruf “der ist ja niedlich”. Irgendwie hatte ich mir den Autokran gr?sser vorgestellt. Aber er reicht wohl aus und vor allem: er passt durch die schmale L?cke zwischen einem Catamaran und dem vor den anderen Booten liegenden Mast. Wenden in mehreren Z?gen, dann steht das Gef?hrt in Position. Und nu? Der Fahrer sitzt in seiner Kabine, Telefon am Ohr, nix bewegt sich. Auf was wartet der???? Ich frage ihn mal, daf?r reicht mein niederl?ndisch definitiv. Ja, es soll noch eine Person kommen. Also warten wir geduldig mit, darin haben wir ja ?bung.

Dann, urpl?tzlich, pendelt der schwere Haken doch bedrohlich ?ber dem Mast, eine Schlaufe soll angelegt werden. Warten wir jetzt doch nicht mehr? Nein, es kommt keiner. Aha, wir verbuchen es unter sonstigen Erfahrungen und sprachlichen Missverst?ndnissen. Dann geht es los. Gar nicht so einfach, zwischen den geparkten Booten einen doch recht langen und auch schweren Mast in die Senkrechte zu bekommen. Mit vereinten Kr?ften und nach einigem Hin und Her schwebt der Spargel aber doch ?ber dem Bootsdeck. Diverse Helfer springen herum, halten hier, dr?cken dort. “Etwas h?her, nein, runter-r?ber, stopp, langsam, weiter, jetzt steht er, nein, er muss weiter r?ber …..” da soll sich so ein Mast noch auskennen, wissen die bald mal, was sie wollen? Der Mast ist willig und irgendwann doch noch an der gew?nschten Position. Die Kabelage verschwindet unbeschadet durch ein Rohr im Schiff, das erste Vorstag wird - vom Eigner vollkommen unbemerkt - festgemacht, die Unterwanten provisorisch gesichert.

Wie war das mit einer Sorgleine f?r die Schlinge? In der ganzen Hektik und bei dem ganzen Hin und Her wurde die als zu kurz befunden und wieder entfernt. Eine l?ngere war nicht zur Hand. Und nu? Beherzt schwingt sich mein K?ptn in luftige H?he und befreit Kranhaken und Schlinge. Bl?d nur, dass die Maststufen lediglich bis zur ersten Saling f?hren. Immerhin wird bei der zweiten Kletteraktion ein Bootsmannsstuhl “angezogen”.Trotzdem - mein Magen krampft sich leicht zusammen, bis er wieder wohlbehalten an Deck steht. “Sowas l?sst Du zu?” — vorwurfsvoll schaut mich eine andere Dame an. Was soll ich machen? Nein, solche Aktionen f?hrt ihr Skipper nicht durch.

Der Tag neigt sich dem Ende, der Kranwagen rauscht von dannen, der Fahrer ist um eine Erfahrung reicher und kann sich jetzt ehrlich damit br?sten,dass er “sowas schonmal gemacht hat”. Wir glauben n?mlich, dass das noch nicht allzuoft der Fall war.

Mast samt Boot wechseln noch einmal den Liegeplatz, die erste — wenn auch kurze — Fahrt der Saison f?r Skipper und Schiff. Mit hilfreichen Linehandern klappt das Anlegeman?ver r?ckw?rts bei ordentlich Wind gut und das Eignerpaar atmet h?rbar auf. Seit 30 Jahren stellen sie den Mast ihrer Schiffe, aber sowas hatten sie auch noch nicht.

Und weil es uns f?r heute noch nicht reicht, verpassen wir den Bus, verbringen einen romantischen Abend an der Bushaltestelle und beenden den Tag mit einer ebenfalls romantischen, f?r den K?ptn ?usserst anstrengenden Ruderpartie.Aber davon berichten wir separat.