Ein romantischer Abend

?Weisst Du was? Ich wollte schon immer mal mit Dir an einer lauschigen Bushaltestelle sitzen und den Abendhimmel über Willemstad bewundern, die an- und abfahrenden Busse und die anderen Fahrgäste beobachten?” Dazu haben wir jetzt gut 2 Stunden Zeit. Entspannt sitzen wir auf einer Holzbank, die Rücken jeweils an einen Pfosten gelehnt. Soviel Luxus muss sein und jetzt, gegen 21 Uhr ist die Bushaltestelle von Willemstad auch nicht gerade überfrequentiert. Wir können es uns also bequem machen bis der letzte Bus zur Caracasbaai abfährt. Das wird um 22 Uhr der Fall sein.

Und den wollen wir auf gar keinen Fall verpassen! Also harren wir an der Bushalte aus, rühren keinen Fuss weg von hier.

Eigentlich wollten wir ja um 19:30 zurück fahren. Hätten wir auch locker geschafft. Pünktlich wie die Maurer sassen wir an der Haltestelle und warteten und warteten, hielten Ausschau nach ?6a Caracasbaai?. So gegen 20 Uhr wird auch uns klar: soooo viel Verspätung kann er gar nicht haben.

Also fragen wir mal bei dem Fahrer einer anderen Linie vorsichtig nach. ?nee, hor, de Bus vertrekkt om 22 uur?. Und was war jetzt mit dem um 19:30??? Jaaa, der kommt ja am Abend aus Bonam (mit entsprechendem Schild in der Windschutzscheibe), wechselt dann die Anzeigetafel und donnert in unsere Caracasbaai. Super, wer kann das denn wissen??? Wir wussten es jedenfalls nicht.

Den letzten Bus bekommen wir jedenfalls, geben unsere neu erworbene Info auch brav an andere ahnungslose Fahrgäste weiter. Erleichtert fallen wir in die Polster und pünktlich um 22 Uhr werden wir zu unserem Ziel geschaukelt. Geschafft!

Am fischerhafen-Dinghisteg erwartet uns dann die nächste Überraschung. Der Käptn reisst am Starterseil, der Aussenborder springt an, läuft exakt 30 Sekunden und geht aus. O.k. kennen wir schon, nächster Versuch. Ups, was ist das? Totalstreik?? Tatsächlich, gefühlte 100 weitere Startversuche verlaufen ebenfalls negativ. Und nu?? Der Käptn zuckt ratlos die Schultern. Übernachten im Dinghi? Finden wir beide nichts so prickelnd. Nach Brakkeput Ariba laufen und das kurze Steg zum Schiff schwimmen? Auch nicht das wahre. Beherzt greift der Käptn zu den Paddeln. Mein Held!!!

Auf dem Tank mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzend rudert er, was die Oberarme her geben. Gegen Wind und Welle. Ich throne mittlerweile auf dem Motor, leuchte eventuelle Hindernisse aus und gebe die Fahrtrichtung vor. So eine Gummiwutz ist ja nun wahrlich nicht einfach zu rudern. Unsere Wutz spürt aber wohl, dass einiges von ihrer Mithilfe abhängt und bemüht sich redlich, den Kurs zu halten. Wind und Welle allerdings geben alles, uns gegen ankernde Schiffe oder deren Kette zu drücken bzw. uns vom Kurs abzubringen.

So hangeln wir uns von Spot zu Spot. ?An der Asgard können wir uns ja ausruhen? ? ?sollen wir bei Wiri anklopfen und um einen Lift bitten??. Der eiserne Sauerländer rudert und rudert. ?Ach was, jetzt haben wir es soweit geschafft?. Und tatsächlich: das vertraute Ankerlicht des Nachbarn kommt ins Blickfeld, eine letzte Gegenstörmung gilt es zu überwinden, dann liegt unsere Dicke vor uns und wir können andocken. Gut 2,5 Stunden haben wir für eine Distanz benötigt, die wir sonst in knapp 10 Minuten überwinden. Starke Leistung! Und ich bin sooo stolz auf meinen Käptn, dass er uns heil nach Hause gebracht hat, mit reiner Muskelkraft. Mein Held!!!