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Old Manor Hotel.JPG

Mount Nevis von der Poor Mans Bar aus.JPG

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Der Berg ruft — wieder einmal. Na, eigentlich ist es ja Uli von der Voodoochile, die da zu einer Gipfelstuermung aufruft. Wobei, Stuermung ist jetzt vielleicht ein bisserl zu hochtrabend ausgedrueckt.

Ein Maxitaxi bringt uns schon mal ein gutes Stueck den Berg hinauf. In die Siedlung “Gingerland”. Laedt uns an einer Bar aus und die Maenner sind nur schwer zu stoppen angesichts der Werbung fuers lokale Carib-Bier. Wie war das mit Links und Rechts? Der Busfahrer zeigte in die eine Richtung, ein anderer Einheimischer schickt uns wieder zurueck. An der Bar sitzt ein dritter und erklaert uns den Weg bergauf etwas genauer. Also, pack merds! Gar nicht unfroh ueber etwas Bewoelkung machen wir die ersten Hoehenmeter auf einem betonierten Weg. Das letzte Haus vorm Regenwald beherbergt eine Autobastelei. Hier wird gleich an mehreren Automobilen (bzw. derzeit eher immobilen Fahrzeugen) herum geschraubt. An der Betonmischmaschine links oder rechts? Wir sollen uns doch immer rechts halten — erste Richtungsdiskussionen. Kurze Rueckfrage bei den Motorenschraubern — es geht nach links. Eine kleine, unscheinbare Tafel weist uns darauf hin, dass hier dereinst eine Muehle stand. Ja, ganz klar. Haette mir mein Muehlenarchitekturauge jetzt auch gleich gesagt. Ausser einigen behauenen Steinbrocken weist eigentlich nix auf eine solche Anlage hin. Gut, dass es fuer solche Faelle Hinweistafeln gibt!

Einige Meter weiter dann das erste Erfolgserlebnis: ein weiteres Schild kuendet von “Herbert Heights”, einer ehemaligen Sklavenroute. Kurz danach kommt ein “Fence”. Hinter dem verbirgt sich “Peak Heaven”. Derzeit geschlossen und der Sinn der Anlage erschliesst sich uns nicht so ganz: Spielplatz, Regenwaldpark? Rutschbahn und Kletterhaeuschen lassen auf ersteres schliessen. Zwei Esel stehen unmotiviert in der Botanik rum, an Baeumen festgebunden.

Wir tauchen ein in den Regenwald, kraxeln ueber Baumwurzeln und Steine, queren ein trockenes Bachbett und hangeln uns an besagten Wurzeln und von weisen Mitmenschen angebrachten Seilen den Berg hinauf. Beeindruckend: mannshohe Farne und andere, bei uns eher in Gewaechshaeusern oder auf Fensterbaenken vorkommende Pflanzen umgeben uns. Zwei Wildschweine fluechten — vor uns oder vor der entgegenkommenden Wandertruppe? Die haben einen Fuehrer, beaeugen kritisch unser Schuhwerk und bestaetigen immerhin, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Irgendwie sehen die alle nach einer Schlammschlacht aus, uns schwant uebles. Der Wanderfuehrer meint, wir sollen vorsichtig sein.

Die einen abwaerts, die anderen aufwaerts. Immer wenn ich denke, jetzt dreh ich rum, entspannt sich die Lage etwas und wir steigen hoeher hinauf. Von einer “Breathtaking experience” war doch auf der einen Hinweistafel die Rede? Breathtaking im wahrsten Sinne des Wortes — wir keuchen und schnaufen alle viere nicht schlecht. Raucherlungen, Bypassherzen etc. machen sich bemerkbar. Ich verfluche mehrfach meine Dackelbein. Die sind zwar nicht wirklich krumm aber definitiv zu kurz, um elegant von Wurzel zu Wurzel zu steigen.

Immer wieder scheint die Sonne durch das Blaetterdach, treibt uns eine Schweissschicht auf die Haut. Bleibt man stehen und eine Wolke samt Windhauch kommt, frieren wir gleich darauf. Weiter, weiter, sonst erkaelten wir uns. Unser Anfuehrerin treibt uns die naechsten Hoehenmeter hoch. Auf einem umgestuerzten Baum wird gerastet; Erholungspause fuer die lahmen Knochen und die gequaelten Lungenfluegel. Hier dringt die Sonne durch das Blaetterdach und waermt uns, trocknet den Schweissfilm auf der Haut.

“Bestimmt sind wir gleich oben”. Der Grat auf dem wir uns vorwaerts bewegen, steigt noch steiler an. Oder wirkt das nur so? Demokratische Abstimmung: die Maenner sind sich einige, wollen nach unten. Ich bin etwas unentschlossen, so kurz vorm Ziel aufgeben ist nicht meine Art. Aber wenn es noch steiler wird? Zoegernd schliesse ich mich der Abstiegsfraktion an und so geht es also erstaunlich schnell und ohne irgendwelche Zwischenfaelle nach unten. Das hatten wir uns anders vorgestellt. Schnell geraet der Kaeptn ausser Sicht, antwortet aber immerhin noch auf unsere Rufe. Eine Schafherde kommt uns entgegen, der kleine Esel hat seine Leine kunstvoll um einen Baum gewickelt, steht mitten in Steinen und duerrem Gestruepp, kein Schattenfleck erreichbar. Also Befreiungsaktion starten und anderweitig festbaendseln.

Kurz vor der Freiluft Autowerkstatt lockt ein Seitenweg zur Erkundung. Ob die Steine zu den UEberresten der Muehle gehoeren? In einem Bretterverschlag springen Schweine mit drohendem Grunzen auf und rennen in den hinteren Teil. Wer sich da jetzt wohl mehr erschrocken hat, die Wutzen oder ich? Der Geruch ist jetzt auch nicht so prickelnd und ueberhaupt - ich trete den Rueckzug an. Der Rest der Truppe steht mittlerweile vor einem ausgebauten Automotor und begutachtet das Werk fachmaennisch. Der wird wohl nicht mehr zum Leben erweckt werden koennen, der Motor. OEl versickert im Erdboden, der untergelegte Karton kann das nicht verhindern.

Wenig spaeter sinken wir ermattet vor der Poor Man’s Bar im Schatten auf den Boden, staerken uns mit Carib und gebratenen Huehnerbeinen, belagert von einem vor sich hin brabbelnden Dorfbewohner und einem dackelbeinigen braunen Hund. Die Bar ist gut frequentiert, als Take away. Immer wieder fahren Autos vor und es wird sich was zum essen oder trinken geholt.

Unser naechstes Ziel ist das Old Manor Hotel, weiter unten und fast schon an der Hauptstrasse gelegen. Wieder kurze Wegdiskussionen. An das Haus kann ich mich erinnern, hier sind wir vorbei gekommen, also muessten wir richtig sein. Ein Esel steht im Garten; Nevis, die Insel der Ziegen, Schafe UND Esel. Die Wohngegend hier macht einen guten Eindruck, gepflegte Haeuser auf grossen Grundstuecken. Oft genug wird der Garten mit Gemueseanbau bewirtschaftet. Grosse Mango- oder Brotfruchtbaeume spenden Schatten und Fruechte gleichermassen. UEberall kuenden Tierkoeddel davon, dass man hier sicherlich keinen Rasenmaeher benutzen muss, das Gruen wird von den Vierbeinern raspelkurz gehalten, bis in die kleinste Ecke hinein. Wir kommen noch mit einem der Bewohner ins Gespraech, der natuerlich wissen will, ob wir auf dem Berg waren. Na fast, ein sehnsuechtiger Blick zurueck auf den jetzt freien Gipfel. Wo wir da wohl genau waren, als wir kapituliert haben? Ganz bestimmt dort oben, an dem letzten Knick. Da haette uns wirklich nicht mehr viel gefehlt, bis zum Gipfel. Zu spaet. Jetzt erkunden wir erst einmal das leer stehende Old Manor Hotel und sind erstaunt darueber, dass vieles unverschlossen und die ganze Anlage ueberhaupt frei zugaenglich ist.

Teilweise noch moebliert sind die Raeume. In der Restaurantkueche muesste nur mal gruendlich geputzt werden, dann koennte man gleich los kochen. Sogar Geschirr und Glaeser stehen noch im Regal. Im trueben und maximal kniehohen Poolwasser fuehlen sich zahlreiche Libellen pudelwohl, Rinder fungieren ganz offensichtlich hier als Rasenmaeher, sind heute gluecklicherweise auf einer anderen Weide; die Hoerner sind doch beeindruckend lang und spitz.

Wir wandern zwischen den schoenen, zum Grossteil aus massivem Stein errichteten Gebaeuden herum. Reste einer Rumdistillerie sind in die ganze Anlage integriert und verleihen ihr ein ganz besonderes Ambiente. Plaene schmiedendsitzen wir auf den schattigen Stufen des Poolpavillons. Was man hier alles draus machen koennte; vielleicht eine Alters-WG? Konzepte und Ideen, wer wuerde sich ebenfalls dafuer begeistern und beteiligen, wer wuerde was machen, wie waere die Finanzierung moeglich, warum steht das Hotel ueberhaupt leer? Im Geiste bieten wir bereits hausgemachten Kuchen zum Kaffee an, ueben Yoga am Pool, spielen Tennis oder reiten auf WG-eigenen Pferden durch die Botanik, veranstalten gemeinsame Strand- und Wanderausfluege, gehen Tanzen und spielen Boccia oder Volleyball.

Geisterhaft-gruselig wirkt es schon etwas, als wir in der Rezeption Faxgeraet, Telefonapparat, Drucker und PC entdecken. “Bestimmt ist das nur wegen Wochenende, naechste Woche geht der Betrieb hier voll weiter”