WievielTrauer und Traurigkeit haelt man aus?

Wechseljahre — mit Salzgeschmack. Das sollten die naechsten Jahre sein. Salzig schmeckt vieles, die Haut, das Wasser, meine Lippen. Salzig aber auch so manche Nachricht aus Europa, aus Deutschland oder anderswoher. Traurige Nachrichten. Nachrichten von Tod, von unheilbarer Erkrankung, von Trauer weil der geliebte Partner nicht mehr da ist. Trauer, weil man sich vom geliebten Partner bald verabschieden muss. Unabdingbar, unausweichlich. Wir wollen es nicht wahrhaben, wehren uns gegen die Nachrichten, gegen die Trauer. Und muessen sie doch akzeptieren, koennen nichts tun. Noch nicht einmal da sein, jemanden in den Arm nehmen.

Und wir, womit hadern wir tagtaeglich? Mit defekten Ankerwinschen, hohen Preisen fuer eine Neue, mit dem Partner, der wieder mal viel zu wenig Verstaendnis zeigt, mit dem dahinschmelzenden Kontostand, der kleine grossen Spruenge mehr erlaubt.

Gerade noch freuen wir uns ueber die endlich eingetroffene neue Ankerwinsch. Freuen uns, weil der Kaeptn so langsam ein Mechaniker wird und das Teil erfolgreich eingebaut hat. Freuen uns, weil aus Hoch wieder Runter und umgekehrt wird (war ja klar, dass die Kabel erst einmal falsch herum zusammen geklemmt werden). Und dann haut es uns um, einfach so, von jetzt auf gleich. Durch eine kleine, unscheinbare Email. Die uns von einer Tatsache in Kenntnis setzt, die wohl schon seit einigen Tagen Bestand hat, unabaenderlich ist. Auch wenn wir uns noch so sehr dagegen wehren. Tun koennen wir nichts. Sitzen hier, weit weg, auf der anderen Seite des Atlantiks. Lassen nur die Gedanken fliegen und geschriebene Worte per Email zurueck gehen. Wie schwach fuehlt sich das an, wie unzulaenglich; so wenig, was wir tun koennen. Waere es mehr, wenn wir in Deutschland waeren? Vielleicht. Eine Umarmung, ein stilles Verstehen in den Augen, Trost — Trost? Was ist Trost, wenn das Ende des Lebens Fakt ist oder unausweichlich erscheint. Nicht irgendwann, nein, bald. Greifbar, fuehlbar. Durch Schmerzen, durch extrem liebevoll und verstaendnisvolles Krankenhauspersonalund ein Einzelzimmer mit Blick in den Himmel greifbar gemacht, naeher gerueckt.

Was hat Bestand, was bleibt. Die Erinnerungen, die Traenen, die schoenen Momente und Erlebnisse, das gemeinsame Lachen, die Anekdoten, Geschichten und Fotos. Trauer und Traenen. Und die Gewissheit, dass es fuer uns weitergeht. Das die Erde nicht stillsteht, unser Leben fuer einen kurzen Moment erstarrt ist aber dass dieser Zustand nicht ewig anhaelt, anhalten kann.

Still ist es um uns herum. Weit weg bellt ein Hund. Das Dinghi flappt neben dem Schiffsrumf. Kaum, das sich ein Windhauch regt. Die Welt haelt den Atem an, haelt inne. Und pulsiert doch. Drueben an Land, mit lauter Musik, mit den coolen Seglern in den Bars und Restaurants. Die laessig die Sonnenbrille ins sonnenblondierte Haar schieben, lachen, erzaehlen, von vergangenen und den naechsten Segeltoerns. Und irgendwo, viele 1000 Kilometer entfernt ist Trauer, ist Stille. Eine ganz andere Stille wie die unsre hier.

Auch das sind Wechseljahre — der Wechsel in eine Generation, die naeher an das Ende des Lebens rueckt. Unausweichlich, unaufhaltsam. Und Platz macht fuer neues Leben, fuer neue Generationen.