Monats-Archiv Oktober, 2014

Surinam winkt uns zu - Abschied und erster Tag auf See

13.10.2014 Unruhig bin ich, ist alles vorbereitet? Hier liegt noch was rum, dafuer gibt es keinen rechten Platz. Sonnensegel ist verstaut, Kuchenbude abgebaut, Grossschot wieder angeschaekelt. Das Dinghi, unsere einzige Moeglichkeit an Land zu kommen, liegt wieder an Deck. Laengst bin ich nicht mehr so aufgeregt, nervoes, aengstlich wie noch letztes Jahr oder auch vor dem Start zu den Kap Verden. Eine gewisse Nervositaet bleibt aber - wahrscheinlich wird sich das nicht aendern - und ist gepaart mit Vorfreude. Vorfreude auf blaues Wasser, auf endlose Weite, aufs unterwegs sein und neu ankommen. Das Wasser laeuft noch ganz leicht auf, als wir die Mooringleine loesen. Die Crew der Full Tilt ist schon ganz frueh zum Landgang aufgebrochen. Die anderen Schiffe liegen ruhig und schlafend. Auch Eagleray liegt noch am Anker. Ob es sich Hugh doch anders ueberlegt hat? Aber auch er hat gestern Abend sein Dinghi verstaut, mit unserer Hilfe den Aussenborder an der Reling festgemacht. Hugh segelt alleine. Mit einer HR 42 Ketsch. Ein sicheres Schiff. Aber irgendwie auch ganz schoen viel Schiff wenn ich da so uebers Deck schaue. Ein einzelner Mann hat da schon Wege zurueck zu legen beim Ankermanoever zum Beispiel. Hugh macht nicht gerade einen kraeftigen Eindruck auf uns und so wundert es uns nicht, dass er Werner nicht zutraut, den 8PS Aussenborder mit der Hand festzuhalten. Mein Kaeptn dagegen meint spaeter: “Du glaubst nicht, wie leicht der Motor war, der wiegt hoechstens die Haelfte von unserem”. Schon Hugh’s Ankermanoever wenige Tage vorher verlief etwas chaotisch. Fast waere seine Eagleray gegen Ebymar gebrummt, die friedlich an ihrer Mooringboje im Flusswasser duempelte. Mehrere Ankerversuche schlugen fehl. Dann eilte ihm der Skipper der Southern Cross zu Hilfe, lotste die Eagleray ans Ende des Mooringfeldes und zu einem geeigneten Ankerplatz. “Er ist sehr unsicher” meinte er zu uns, als wir ebenfalls dazu kommen, um zu sehen, ob es vielleicht weiterer Hilfe bedarf. Der Anker aber hielt bereits beim ersten Versuch und Hugh erschien uns angesichts so viel Anteilnahme nur verwirrt. Spaeter hoerten wir dann von seinem Schiff lautes Sprechen. ?Ist da jemand bei ihm oder fuehrt er Selbstgespraeche?’ Ich koennte mir letzteres gut vorstellen. Und muss an einen guten Freund denken, der sich mit dem Gedanken befasst, Singlehand zu segeln. Fachlich-sachlich traut er sich das wohl zu, aber emotional-menschlich moechte er das Abenteuer und diese Art zu leben lieber mit jemandem teilen. Ich glaube, ich kann erst jetzt das volle Ausmass begreifen, was es bedeutet, alleine mit 42 Fuss Schiff unterwegs zu sein. Dafuer muss man wohl wirklich gemacht sein. ?. Hugh’s Alter koennen wir schlecht schaetzen. Hager ist er und eine Narbe auf seiner Brust deutet auf eine aehnliche Operation hin, wie sie auch mein Kaeptn durchstehen musste. Ob auch er sich sagte, wenn nicht jetzt, wann dann? Hier in Domburg kommen wir zum ersten Mal etwas intensiver mit Hugh in Kontakt. In Jacare war er ja ebenfalls, aber ausser einem freundlichen ?Hello, how are you’ ergab sich da merkwuerdigerweise kein wirkliches Gespraech. Aber das ging uns dort mit vielen anderen Crews so. Man war entweder unterwegs an Land oder hockte auf dem Schiff. Erst hier in Domburg ergeben sich Gespraeche und mehr Kontakt. So auch zu Sally und Gus, die mit ihrem kleinen Terrier Pickles auf der Ingrid von Suedafrika aus gestartet sind und ebenfalls in den Pacific wollen. Fast scheint es, als wuerde sich die neue Pazifikrunde hier so langsam formieren. Denn obwohl wir alle unterschiedlich schnell unterwegs sind, treffen wir uns doch an verschiedenen Punkten immer wieder. Erfahren mehr voneinander, lernen uns kennen und schaetzen. Aber zurueck zu unserer Abfahrt. Langsam schieben wir uns am Mooringfeld vorbei. Das Gross ist gesetzt, ganz gemuetlich und stressfrei im ruhigen Fluss. Wir melden uns ueber Kanal 12 bei MAS an und bekommen die Info, dass zwei groessere Schiffe unterwegs seien, wir sollen standby bleiben. Die kleinen Seeschwalben umflattern uns ganz aufgeregt. Ihre Lieblingsbadeinsel bewegt und entfernt sich! Skandaloes. Trotzig begleiten sie uns ein ganzes Stueck den Fluss hinunter, bevor sie einsehen, dass wir uns endgueltig aus ihrem Revier bewegen. Sie zwitschern ab und suchen sich eine neue Landeplatzzform. Irgendwie schade, sind nette, niedliche Kerlchen und huebsch anzuschauen. Noch einmal zieht Surinam an uns vorbei. Mit in der Sonne grellrot leuchtenden Daechern, mit rostigen Fischerbooten, kleinen Seitenkanaelen, dem grossen Stadsolie Gebiet, dem Containerhafen. Paramaribo - jetzt keine Unbekannte mehr, das Wrack hinter der Bruecke liegt unveraendert und erst jetzt faellt mir auf, dass auch hier schon Bewuchs im Anmarsch ist. Auf der Bruecke herrscht der uebliche Verkehr. Im Hafen wird ein Containerschiff be- oder entladen. Wo wohl die Tartufo jetzt ist, als Deckslast auf einem solchen Dampfer? Ob alles gut gegangen ist? Die Crew hat sich leider nicht mehr gemeldet, unsere SMS sind ins Leere gegangen, vielleicht nie angekommen. Wir hangeln uns wieder an den roten Tonnen entlang und werden schneller. Der Strom schiebt jetzt kraeftig und mit 6-7 Knoten Fahrt geht es der Muendun g entgegen. Kleine Faehr- und Fischerboote kreuzen unseren Kurs. Und Surinam winkt und hupt uns zum Abschied zu. Denn auch die P201, ein Behoerdenboot, kommt uns entgegen, gibt 3 Schallsignale, winkende Haende aus dem Steuerstand und vom Vordeck. Mist und ich hatte schon die Huellen abgelegt, dachte, es begegnet uns kein Boot mehr. Das alte Bettlaken, das als Sonnenschutz dient, eignet sich aber auch als schnell uebergeworfener Sichtschutz. Lediglich mein Winken faellt etwas verhaltener aus. Nicht, dass ich noch ueberraschend “im Freien” stehe. Aber Surinam verabschiedet uns auch so, wie es uns begruesst hat: mit mehr Wind im Muendungsdelta, mit etwas Regen und mit einem ganz zarten Geruch nach exotischen Blueten. Das erste Land seit langem, dass ich schon vom Wasser her so wahrgenommen habe, mit der Nase. “Hier hatten wir beim Einlaufen aber nicht so viel Wasser unterm Kiel” - ich bin mir ganz sicher. Und die Tonnen sind heute, gegen das Blau des Himmels, auch viel besser warhnehmbar. Fast wirkt es, als habe unser Schiff es eilig, weiter zu kommen. Oder will uns das Land loswerden? Alles Quatsch, es ist halt so mit den Stroemungen und Gezeiten. Aber in solchen Momenten werde ich ja gerne etwas mystisch. Schliesslich steht ja mal wieder ein Wechsel an. Wir verlassen Suedamerika und werden in ein paar Tagen die Karibik erreichen. Eine wieder neue, andersartige Welt - und doch aehnlich. Noch lange segeln wir ueber schlappe 5 Meter Wassertiefe, bewegen uns langsam aufs tiefe Wasser zu. Amwind-Kurs, spaeter etwas mehr Halbwind. Na, ob das wohl so meine Fahrt wird? Vorsichtshalber habe ich zur bewaehrten Stutgeron-Tablette gegriffen und vermeide unnoetige Arbeiten unter Deck. Noch etwas schwerfaellig segeln wir durchs flache Wasser. Fast so, als sei die Handbremse noch angezogen. Das aendert sich, als wir mehr Wasser unterm Kiel haben und der Wind auch etwas zulegt. Sagenhaft, 6-7 Knoten Fahrt, damit hatten wir nicht gerechnet. Und dabei schaukelt naja ganz sanft durch die Wellen. Wie eine Fahrt in einem gemuetlichen, gut gefederten Cadillac. Erinnerungen an meine Kindheit, an eine Fahrt in einem solchen Auto, werden wach. Ich dagegen werde muede, die Augen fallen immer oefter zu. Eine erste Schlafrunde wird unbarmherig vom Kaeptn gestoert: “zieh Dir mal lieber was an, da ist wieder ein Behoerdenboot und die lassen gerade ein Schlauchboot runter. Sicher kommen die damit zu uns”. Die P202 liegt weiterhin friedlich etwas weiter hinten und das als Behoerdenboot eingestufte Fischerboot erweist sich als BW Wuffi (oder so aehnlich), ruft Paramaribo Pilot ueber Funk und laesst kein Schlauchboot, sondern ein Fischernetz zu Wasser. An Deck stehen Container, die wohl zur Mini-Fischverarbeitung umfunktioniert wurden, dem Ganzen aber einen sehr skurrilen Anstrich verleihen. Na jedenfalls Entwarnung, P 202 bleibt an Ort und Stelle. Wuffi-Fischerman umrundet uns elegant und duest gen Surinam River davon. Ich verziehe mich nach unten in die schuetzende Kajuete. Wachwechsel. Fischerboote links und rechts. Aber immer weit genug entfernt. Wetterleuchten umrundet uns, kommt aber nie richtig nahe. Zum Glueck! Die Blitzschlaggeschichte der Tartufo wird mich immer irgendwie verfolgen. Dann steigt der Mond langsam auf. Schon laengst nicht mehr voll und rund, aber immer noch mit ordentlich Leuchtkraft. Und so erhellt ist die Nacht doch gleich viel angenehmer. Wie es Hugh wohl geht? In der Muendung haben wir uns erst bei MAS abgemeldet (macht wahrscheinlich kein Sportboot sonst) und dann Hugh angefunkt. Er rechnet mit Etmalen so um die 80 Meilen. Waehrend ich jetzt aufs Meer blicke, in dem Wissen, dass da unten jemand schlaeft, den ich im Bedarfsfall rufen kann, muss ich an ihn denken. Der ganz allein ist und alles selbst entscheiden und einschaetzen muss. Wie er das wohl macht, Nachts? Alle 10 Minuten Wecker stellen oder sowas in der Art? Das haelt doch kein Mensch auf Dauer aus. Aber bald werden wir das richtig tiefe Wasser erreichen, die 100 Meter- Linie. Dann sollte es auch keine Begegnungen mehr mit Fischern geben. Allerdings faehrt das ein oder andere Tank-bzw. Containerschiff auch hier durch. Ob die Eagleray AIS hat? Wir sehen jedenfalls kein Signal von ihr. Bei der Kommunikation unterwegs verlaesst Hugh sich offenbar auf sein Iridium, denn auch das Funkgeraet wird nur sporadisch angeschaltet, waehrend es bei uns fast permanent standby ist. 3 Stunden Wache - Zeit, viel nachzudenken. Auch darueber, wann ich denn jetzt wohl Oma werde und ob alles gut verlaeuft, Mutter und Kind die Geburt gut ueberstehen. Mein Sohn in Elternteilzeit ! Meine Guete, ich wird alt!!! Aus der Mama wird eine Oma - die Moma. Oder doch eher eine NOMA, eine Nomadenoma. Ob mein(e) Enkel das einmal als gut und etwas Besonderes empfinden werden, auch eine Oma zu haben, die nicht im klassischen Sinne als Oma zur Verfuegung steht? Die kein Fluchtpunkt ist, wenn Mama und Papa etwas verbieten oder die troestet, wenn man hingefallen ist? Die mal eben eine Stunde nach dem Rechten schaut, wenn beide Elternteile was vorhaben. Wann ich wohl meinen Enkel zum ersten Mal auf dem Arm halte? Vielleicht kann er dann schon bald laufen? Ich hoffe sehr, dass meine Art Oma zu sein, irgendwann eine Bereicherung fuer das Kind/die Kinder sein wird. Dass sie sich freuen, die Oma in einem fernen Land besuchen zu koenenn, ein abenteuerliches Leben auf einem knarrenden Schiff fuehren zu koennen. Tauchen, schnorcheln, schwimmen, Schlauchboot fahren. Delfine, Wale, Schildkroeten, Fische und Voegel beobachten. Und vielleicht Geschichten zu lauschen vom Faultier im Baum und von bruellenden Affen. Fuer mich gehoert auch das zu meinen Wechseljahren, dieses Oma werden. In eine andere Generation zu wechseln. Nicht nur altersmaessig, sondern eben auch vom “Status” her. Aber jetzt wechselt erst einmal die Nacht in den Tag und Wachwechsel ist auch schon wieder angesagt. Schade, dass der Wind nicht durchhaelt. Von 12-15 Knoten auf 8-9 Knoten, das verheisst keine schnelle Ankunft auf Tobago. Und so manche groessere Welle laesst das Schiff leicht rollen, die Segel schlagen. Immerhin, unser erstes Etmal betraegt 135nm, sooo schlecht ist das ja auch wieder nicht. Aktuelle Position am 14.10.2014 um 13:16 UTC: 07?21′27N und 056?29′35W, Kurs 346?, SOG 4,6Kts, Wind 8-9kts - 1. Etmal: 135nm

Waschtag mit Regen und roter Mond mit Mooringalarm

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Der Käptn im Gespräch mit Romeo, dem Betreiber der Marina River Breeze

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Mooringfeld Flussaufwärts von der Bar aus gesehen

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Mooringplatz flussabwaerts von der Marinabar aus gesehen
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Ein ganz schoen dicker Pott schiebt sich am fruehen Morgen flussaufwaerts

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Leider kann das Foto den faszinierenden Anblick des roten Mondes nicht wirklich wiedergeben
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Sonnenaufgang ueber dem Surinam River

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die Crew der Full Tilt auf dem Weg zur Waschmaschine

Wir sitzen in der Marina Bar “River Breeze”. Kommen mit anderen Besuchern ins Gespraech, die Waesche trocknet im Bag langsam vor sich hin. Gut, dass wir nicht zurueck ans Boot gefahren sind und sie auf die Leine gehaengt haben! Um uns herum versinkt alles im Regen, tropischer Regen, der um diese Zeit eiiiigentlich gar nicht vorkommen sollte. Aber das Wetter aendert sich auch hier, ist Gespraechsthema bei Unterhaltungen mit den Einheimischen. Seit ein paar Jahren sei irgendwie alles anders. Ja, warum hier nicht, wenn doch ganz Europa klagt und stoehnt.

Jedenfalls gut, dass wir kein Auto mehr haben und heute auf den Strassen unterwegs sind. Spaeter erfahren wir von der Tartufo-Crew, dass es in Paramaribo kaum geregnet hat. Hmm, das gibt mir ja jetzt arg zu denken: die naja hat Waschtag und schon regnet es ….. ich glaube, das Thema vertiefe ich besser nicht. Sonst werd ich am End noch depressiv.

Spaeter sieht das Boot aus wie bei “Hempels unnerm Sofa”. Geflaggt ueber die Salinge, kreuz und quer unter Sonnensegel und eilig hochgezogener Kuchenbude ziehen sich die “Waescheleinen”. Kaum, dass wir noch ein Plaetzchen zum Niederlassen finden.

Neuer Tag, neues Waescheglueck. Die Sonne kommt nur zoegerlich zum Vorschein. Alles raus auf die Leine! Und dann kruschteln und wurschteln wir uns durch die Tonnen von Vorraeten. Stauen, packen um, ein und aus. Stapeln neu, beschriften, versuchen ein System rein zu bringen und scheitern letztendlich an den schraegen Staufaechern, die anschliessend proppenvoll sind. Immerhin: wir haben alles unter bekommen, wer haette das gedacht. Mit Polstern sieht unser Wohnzimmer doch gleich wieder gemuetlicher aus.

Bilge auspumpen, Getriebeoel auffuellen, die frisch gefuellte Gasflasche verstauen, Waypoints in den Chartplotter eingeben — so allmaehlich kommt Abfahrtsstimmung auf. Tartufo bewegt sich Richtung Containerhafen, um in den naechsten Tagen die Rueckreise nach Europa als Decksfracht anzutreten. Ein ungeplantes, etwas anderes Ende einer langjaehrigen Reise um die Welt. Verursacht durch einen Blitzschlag, der viele Schaeden verursacht hat. Geplant war noch ein Jahr in der Karibik und dann ueber die Azoren zurueck nach Europa, nach Holland. Wo neue Eigner sich an Tartufo erfreuen sollten. Jetzt ist alles anders und die Crew ist etwas aufgeregt, Kranen im Containerhafen, Mast legen etc. Das macht man ja nicht so oft.

Das Ankerfeld wird aufgefuellt. Die amerikanische Full Tilt ist schon gestern Abend angekommen und bezieht heute eine frei gewordene Boje. Mit der auflaufenden Tide kommen dann noch die Ingrid und eine weitere Yacht rein. Letzere wird Singlehanded gesegelt. Der aeltere Herr ist mit der HR42 teilweise leicht ueberfordert. So sind auch hier mehrere Ankermanoever notwendig und die Crew der Southern Cross assistiert letzendlich vom Dinghi aus beim Anfahren eines geeigneten Ankerplatzes. Alle kennen wir aus Jacare mehr oder weniger gut. Aber man ist ja auch nicht mit allen auf einer Wellenlaenge.

Der Geraeuschpegel in der River Breeze Bar schwillt an, die Musik wird lauter, die Aktualisierung unserer Navionicskarten scheint ins Stocken geraten zu sein. Weniger als eine Minute bis zum Finish — und das bereits seit gut einer halben Stunde, da kann was nicht stimmen. Wir brechen ab, verziehen uns aus der lauten Baratmosphaere an Bord. Uns steht nicht so der Sinn nach lautem Schreien quer ueber den Tisch und mehrfachem Nachfragen. Werden wir alt und schwerhoerig? Egal. Hoch steht das Wasser an der Mauer, die das Marinagelaende vom Fluss abgrenzt. Springtide. Wie das hier wohl aussieht, wenn es viel regnet?? Laeuft es dann ueber die Mauer? Oder fliesst der Surinam-River schnell genug ab? Am Dinghi-Steg herrscht grosses Gedraenge. Bloed, wenn manche Dinghis dann auch noch laengsseits festgekettet sind. Auch unter Seglern ist sich so mancher halt selbst am Naechsten. Wir machen Platz fuer das Dinghi der neu angekommenen Ingrid. Der kleine Bordhund haelt schon sehnsuechtig Ausschau nach Land. Na, der wird Spass haben mit den vielen frei laufenden und sehr selbst bestimmten Hunden, die tagsueber den Eindruck von Strassenhunden machen, am Abend aber irgendwie alle ein Zuhause haben und dieses auch lautstark bewachen.

Es wird dunkel. Tiefschwarz hebt sich die Silhouette des Urwaldes vom Fluss und dem Himmel ab. Hinter den Baeumen schiebt sich ein knallroter Punkt langsam hoeher, wird dunkelorange, hellt sich langsam auf und wird gelb. Etwas schief grinst er auf uns runter, der schon nicht mehr ganz so volle Mond. Ein traumhafter Anblick. Selbst das Wasser steht ehrfurchtsvoll still. Die kleinen Ankerlichtsternchen blinken links und rechts, auf dem Wasser erscheint eine breite Leuchtspur. Mystisch. Und selbst die Affen sind heute Abend sprachlos.

Kurz darauf bekommt das Idyll einen Riss. Oder besser gesagt, einen Ruck. Und zwar einmal heftig vorne am Bug. Unser sich eben noch leicht drehendes Schiff wird abrupt gebremst, scheint stillzustehen. Allerdings nicht so, wie die anderen Yachten. Wir liegen quer im Fluss, w?hrend alle anderen Boote sich dem ablaufenden Wasser angepasst haben und mit dem Heck zur Flussm?ndung liegen. Was soll das jetzt? Aufsitzen k?nnen wir wohl kaum, bei 10 Metern Wassertiefe. Ein Blick nach vorn auf die Mooringleine l?sst uns weiter r?tseln. Die Leine ist stramm, dr?ckt auf der Backbordseite heftig gegen den Bug, die Mooringtonne ist irgendwo im schlammigen Flusswasser verschwunden, die Bugklampe ?chzt und st?hnt unter dem Druck, der auf sie ausge?bt wird. Das Wasser rauscht an uns vorbei. Der K?ptn wirft sich mutig ins Dinghi, untersucht unser Heck und findet die bl?de Nachbarboje. Die geh?rt zu einer alten Mooring und liegt ziemlich dicht an unserer. All die N?chte ging das aber immer gut. Wir hatten mal kurzen Kontakt mit der Boje, rutschten aber schnell wieder auseinander. Heute Abend kamen wir allerdings auf die Idee, die total verdrehte Mooringleine zu entt?deln (wenn wir schon mal ordentlich sein wollen, da kommt nix Gutes bei rum). Dabei haben wir wohl etwas mehr Leine rausgelassen. Mit dem Effekt, dass die Nachbarmooring jetzt press unter unserem Heck sitzt. Da hilft kein R?tteln, Schieben, Dr?cken. Der K?ptn bringt den Bootshaken zum Einsatz, gibt aber irgendwann auf. Ein kurzer Einsatz der Maschine wird umgehend wieder beendet, da wir Sch?den am Ruder bef?rchten. Also auf Stillwasser warten. Vorne am Bug ?chzt es weiter, mir wird ganz flau im Magen. Gerade wollen wir das Dinghi klarmachen, um eine Sorg- und Entlastungsleine auszubringen, da ruckt es wieder heftig. Das Heck schwingt endlich flussabw?rts und wir liegen “richtig”. Gleich h?ngt die Leine lockerer. Wir k?rzen die Leine umgehend wieder, kontrollieren alles noch eine Weile. Stehen auf dem Bug und beobachten das Wasser und die Lichter um uns herum. Vom Urwald dringt jetzt doch noch das laute, bedrohlich klingende Br?llen der Affen her?ber. Jetzt irgendwo da draussen im Busch stehen, ich w?rd mir in die Hose machen vor Angst.

Suriname - Eindruecke

7 Tage Surinam mit dem Auto, 1300 km, diverse Tankstopps, viel gesehen und erlebt. Zuletzt kennen wir saemtliche Schlagloecher, Strassenabsenkungen und „Drempel“ namentlich bzw. persoenlich. Aus der gefuehlten Ewigkeit bei den ersten Fahrten von Domburg nach Paramaribo wird ein „ach, wir sind ja schon da“. Es sind anstrengende Tage, auch durch den ungewohnten Linksverkehr. Aber auch Tage mit vielen Eindruecken, An- und Einsichten. Mit Begegnungen und Erlebnissen.

Die Gasflasche ist leer, mal wieder. Gut, dass das Waegelchen noch zur Verfuegung steht. Montag frueh zu INGAS, Flasche abgeben. Die Gas-Company liegt am Weg nach Paramaribo. Und um 15 Uhr koennen wir sie sogar schon wieder abholen. Die Flasche der Lazy Duck wird auch gleich mit genommen. Endlich ist Gas mal wieder preiswert: wir zahlen fuer 10KG 55 SRD, das sind umgerechnet pro Kilo 1,35 Euro! Hatten wir schon lange nicht mehr. Das Prozedere ist unkompliziert, mit einem Abgabeschein geht es zur Fuellstation, mit einem anderen Zettel zurueck zur Rezeption, der Zettel wird gegen eine 3. getauscht. Mit dem kann man die Flasche abholen und bezahlen - endlich kann ich mal meine Niederlaendischkenntnisse an den Mann bzw. die Frau bringen. Wo wir denn her seien. Die Frage kennen wir jetzt schon. Aus Duitsland???!!! Die zweite Dame im Office sagt etwas zu der am Schalter und diese meint dann, es kaemen ja viele Deutsche her, aber die koennten alle kein Niederlaendisch, warum ich es sprechen koenne. Ausgiebige Erklaerung, Laecheln, Fragen und Antworten zu unserem Woher-Wohin. Ein Stueck weiter lockt uns schon seit Tagen ein grosses Jotun-Schild. Dahinter liegt ein Haus mit der ebenfalls verlockenden Beschriftung: „Watersport“. Also rein in die gute Stube. Leider wird gerade renoviert, das Warenangebot ballt sich im hinteren Teil des Gebaeudes. Gar nicht mal so schlecht. Aber Antifouling, nein, das gibt es nicht. Mit einem breiten Laecheln erklaert uns der Inhaber warum. Anscheinend fahren alle Boote von Surinam nach Trinidad zum Malern. Und wenn wir uns unser Unterwasserschiff so anschauen – vielleicht stimmt es ja wirklich, dass man hier in den Fluss mit Bewuchs rein- und ohne wieder rausfaehrt. Quasi eine biologische Unterwasserschiff-Waschmaschine!

Wir suchen und finden die Metzgerei Stolk und Choi’s Supermarkt. Der hat zu unserem Erstaunen am Sonntagnachmittag sogar geoeffnet. Also schlagen wir zu. Die Relation von Warenmengen im Einkaufswagen zum Betrag auf dem Kassenzettel laesst uns allerdings beschliessen, die meisten Vorraete im leicht chaotischen Combe-Markt zu erwerben. Hier sollte man allerdings auch schon mal einen Blick aufs bei uns Deutschen ja so beliebte MHD werfen!

Parmaribo am Sonntag ist definitiv ein Erlebnis! Keine parkenden Autos vor den teils wunderschoenen Kolonialhaeusern und in den engen Strassen. Fast ungestoertes Schlendern durch die Altstadt. Vor einigen Haeusern liegen Maenner im Schatten der Balkone. Die leeren Flaschen Parbo-Bier (natuerlich die Bigsize namens Djogo) lassen Rueckschluesse darauf zu, warum man(n) hier liegt.

Einige Strassen sind gesperrt. Ein Fahrradrennen wird gleich gestartet. Bei dieser Gluthitze! Die Fahrer tanken nochmal ordentlich auf unter einem Pavillondach am Flussufer, die Rennesel haengen ordentlich rundrum am Gestaenge. Interessiert uns das so, dass wir uns die Beine bis zum Start in den Bauch stehen? Nein, nicht wirklich. Kampfschleife drehen, Altbekanntes neu entdecken. Die Fuesse haengen irgendwie schon wieder wie Blei auf dem Pflaster. Nicht so unser Tag heute. Dafuer waren die vergangenen Tage aber auch gespickt mit Exkursionen ins Hinterland von Parmaribo und Domburg. „Warum haben wir das Auto auch nochmal fuer zwei weitere Tage gemietet??“ – Lieber Kaeptn, weil wir einen Grosseinkauf machen wollen, die Gasflasche muss gefuellt werden, zur Immigration wollen wir zwecks Ausreisestempel, Wasser muss noch per Kanister von der Fischereifirma nebenan geholt werden – alles gute Gruende, einen vierraedrigen Untersatz zur Verfuegung zu haben.

Angenehme Auflockerung unserer Road-Tour ist eine Einladung zum Barbecue. Trident liegt in der Waterland-Marina, ca. zwei Meilen weiter flussaufwaerts. Da, wo das Wasser erstaunlicherweise um einiges sauberer ist wie bei uns hier. An einem wahrhaft idyllischen Platz mit hohen, alten und stilvoll beleuchteten Baeumen wurde ein Ferienresort mit Haeusern, Teich, wunderschoener Gartenanlage, Bar-Restaurant und einer Steganlage errichtet. Vom anderen Flussufer dringt das Bruellen der Affen herueber waehrend auf dem marinaeigenen Grill leckere Fischstuecke schmoren. Dazu Kartoffelsalat, Baguette, kalifornischer Rotwein und Bier. Ein frischer Wind weht die Glut aus dem Grill und haelt die Moskitos davon ab, uns zu zerstechen. Einige andere Crews sitzen ein paar Tische weiter und unterhalten sich. Ein Platz zum relaxen und abhaengen, fuer perfekte lazy days. Der Weg zum naechsten Ort oder Supermarkt hat zu Fuss Marathonanspruch und fuehrt mitten durch den Wald. Faehrt man am Abend hier durch, dann summt, brummt, piept und quietscht es links und rechts in allen Toenen. Voegel flattern vorm Auto ueber den Weg, Kleine Froesche oder Kroeten bringen sich durch schnelle Huepfer vor den Raedern in Sicherheit. Auch hier ist vorsichtiges links-rechts-fahren angesagt. Tiefe Loecher koennten durchaus einen Achsbruch verursachen.

Den Dienstag nutzen wir zur Ausklarierung. Wann wir abfahren wollen, Samstag? Wirklich Samstag. Kurze Diskussion der Beamtin, die sich unserer angenommen hat mit einem Kollegen. Ob wir denn auch noch unsere Touristcard haben? Klar, was sollen wir denn mit der machen, verkaufen? Das behalte ich natuerlich fuer mich, hier ist man hoeflich und zurueckhaltend. Immerhin wird Werner entgegen aller sonstigen Behauptungen nicht des Gebaeudes verwiesen angesichts seiner Shorts. Vielleicht haben die „geschlossenen“ Schuhe, sprich Croqs ja alles rausgerissen. Abgabe der gestempelten Crewlisten. Skeptischer Blick auf ein ungestempeltes Exemplar. Oh Gott, das ist doch nur unser Original. Dann gibt es den Stempel in den Pass. Mit Ausreisedatum 11.10. – Samstag. Wir haetten es nicht fuer moeglich gehalten. Mehrfach werden wir noch eindringlich darauf hingewiesen, das wir aber auch wirklich am Samstag das Land verlassen muessen. Zustimmendes Nicken unsererseits, schon klar. Wenn man bedenkt, dass einige Crews hier erst gar nicht einklarieren …. Soll es zumindest welche geben …. Haben wir gehoert.

Der Rest des Tages gehoert den Supermaerkten. Das Auto wird gnadenlos beladen mit allem, was wir so meinen zu benoetigen. Apfelmus, Fruechte in Dosen, Reis, Nudeln, Mehl, Muesli – Muesli?? Sauteuer ist das hier und dann so Minipackungen. Also Alternativen raussuchen, Haferflocken, Hafermout – ob die Englaender mit ihrem Porridge vielleicht doch nicht so verkehrt liegen? Visionen von Haferpamp mit Obst zum Tagesstart steigen hoch. Gewoehnungsbeduerftig, aber warum nicht. Cholesterolsenkend sind die Flocken und Pfannkuchen kann man auch draus machen. Auch eine nette Variante. Gleich mal die Anleitung ins bordeigene Kochbuch einschreiben. Am besten auf niederlaendisch, das uebt.

Gegenueber gibt es Getraenke, Cola, Wasser und Bier wandern in den Kofferraum. Jetzt wird es aber langsam eng. Die Fahrt nach Domburg verlaeuft extrem vorsichtig. Mit dem tiefer gelegten Leihwaegelchen werden die Drempel gleich um einiges hoeher. Zurueck in Domburg kommt Hektik auf. Wir muessen noch Trinkwasser im Fischereibetrieb holen. Und das ist nur bis 15 Uhr moeglich. Vorraete an Bord karren, erste Ladung Trinkwasser holen, einfuellen, zweite Fuhre. Die Cola kocht langsam an Deck vor sich hin. Also schnell alles nach unten bringen. Da wir erst einmal alles auf dem Fussboden sammeln, kann man bald nur noch mit hohem akrobatischen Einsatz Teller und sonstige Gegenstaende aus dem Schapp holen. Die Cocarachas haben da weniger Probleme, sich einen Weg zu bahnen. Da auch die Pantry voll gestellt ist, gestaltet sich die Jagd auf die Krabbeltiere als schwierig. Wir greifen zur Mueckenklatsche und zum K.O. Spray. In diesem Kampf ist uns jede Waffe recht, wir kennen keine Gnade. Die Raeumerei und Verstauerei vertagen wir kurzerhand auf morgen. Einkaufen macht hungrig und muede. Das Auto muss auch noch abgegeben werden. Ein kurzer Regenschauer durchnaesst dann noch die luschig rumliegenden Sitzkissen. Zeit fuer die Flucht an Land, in die Bar. Zu Wifi, Dauermusikbeschallung und lauten Gespraechen auf Niederlaendisch. Und eine Stunde spaeter sind wir wieder ganz normale Yachties, ohne Auto. Auf Bus und unsere Fuesse angewiesen. 7 Tage Autofahren in Suriname sind schnell vergangen. Und irgendwie sind wir auch erleichtert, jetzt wieder immobil zu sein. Jetzt koennen wir uns aufs Bordleben konzentrieren, mit der Familie stundenlang skypen, Emails schreiben, mit anderen Seglern schwatzen und ausschlafen. Irgendwie ist Sightseeing und Autofahren ziemlich anstrengend.

Fotos von Suriname 2014


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Auch für Nicht-Facebook Fans anzuschauen :-)

Surinam, das Land wo ….

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Faehre von Albani nach St. Laurent du Maroni

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Im Outback - hier lebt man in einfachen Huetten, die auf Sandduenen errichtet sind

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Bruecke ueber den Fluss - jetzt etwas demoliert. Weiter oben wird gerade an einer neuen gebaut. Diese hier wurde von einem Frachtschiff beschaedigt und ist zu instabil

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Badestelle irgendwo an der Strecke von Domburg zum Stausee

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Hmm, Goldwaschboot?? Dieses merkwuerdige Gefaehrt “steht” mit laufendem Motor im Fluss und am Bug
drehen sich diese grossen Raeder, schaufeln das Wasser

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Brotbackautomatt auf Surinam. Die Teigfladen werden aufs Wellblechdach gelegt, den Rest erledigt die Sonne

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Staudamm - errichtet in erster Linie, um das riesige Aluminiumwerk flussabwaerts mit Strom zu versorgen. Die Strommasten laufen von hier zum Suralco-Werk und ueberall stehen Warnschilder, dass hier 161000 Volt durch die Leitungen fliessen.

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Typisches Wohnhaus in Brokopondo

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Ueberall stehen Faesser und andere Behaeltnisse am Strassenrand. Ob hier wohl ein Tankwagen mit Trinkwasser vorbei kommt und die Behaeltnisse auffuellt?

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Rote, staubige Sandwege gehen links und rechts von der geteerten Strasse ab

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Historisches und gut restauriertes Haus in St. Laurent du Maroni

Surinam — das Land, in dem die Maenner ihren Vogel gerne ausfuehren und ihn in einem kleinen Kaefig entweder spazieren tragen oder ihn gegen Abend an der Strasse am Laternenpfosten aufhaengen. Mit Blick ins Gruen und freifliegende Artgenossen drumherum. Das Land, in dem Moscheen, Kirchen und Versammlungs- und Betraeume anderer Glaubensgruppen dicht an dicht liegen. Das Land, in dem sich die Hindus an einem Freitagabend am Surinam-River in Domburg versammeln, um eine Blumenkrone mit Booten ueber den Fluss tragen zu lassen. Das Land, in dem vieles sehr niederlaendisch aussieht und sich anhoert, Menschen, Klima und Vegetation sich aber doch sehr deutlich von Holland unterscheiden. Aber auch das Land, in dem sich die Bootsfrauen zufluestern: “Ich bin so froh, wenn wir den Leihwagen nicht mehr haben, dann kehrt wieder Ruhe ins Bordleben ein” oder “ob das am Alter liegt, aber nach einem Tag mit Behoerdengaengen und Einkaufen bin ich fix und fertig”. Nein, nicht das Alter ist schuld daran. Denn es geht der 30jaehrigen ebenso wie der 50 oder 60jaehrigen. Das Klima schlaucht uns. Faehrt man mit dem Auto fruehmorgens irgendwo hin, ist die Welt noch in Ordnung. 26 Grad kommen uns mittlerweile fast kuehl vor. Die Klimaanlage im Leihwagen schafft auch spaeter eine Wohlfuehltemperatur. Doch wehe, man oeffnet am Zielort die Tuer! Bang, haut uns eine drueckende, schwuele Waerme gegen das Gesicht, die Brille beschlaegt und der erste Gedanke ist: Sofort wieder einsteigen, weiterfahren. Der Koerper lechzt nach Fluessigkeit, moeglichst kuehl — ganz egal, was irgendwelche Gesundheitsleute und Vernunft dazu sagen. Hier ist kuehl angesagt. Und Dank der unzaehligen China-Supermaerkte mit entsprechend gefuellten Kuehlschraenken auch problemlos moeglich.

Sightseeing in Paramaribo oder Albina — jeder Schritt faellt schwer. Aber stehenbleiben in der sengenden Sonne geht noch weniger. Sofort rebelliert der Kreislauf, schmilzt das bisschen Hirn wie Butter dahin. Wo ist Schatten? Wir werden fast perfekt im auswaehlen der jeweiligen Routen nach Sonnenstand und Schattenmoeglichkeiten. Bars mit Sitzplaetzen unter Baeumen sind besonders beliebte Erholungsoasen. Traege schleppen wir uns dahin. Kein Wunder, dass um 14 Uhr hier alles dicht ist. Freie Auswahl an Parkplaetzen, sogar welche im Schatten der hohen Bambusstraeucher sind zu bekommen. Wer laeuft auch um diese Uhrzeit schon freiwillig durch den Ort?? Touristen natuerlich und besonders die aus Deutschland sind in diesem Punkt gnadenlos. Setzen sich ins Auto und fahren stundenlang durchs Land, um justament in der groessten Mittagshitze irgendwo anzukommen und einen Erkundungsgang zu starten. Oder mit einem der schlanken Faehrboote ueber den Maroni-River nach St. Laurent du Maroni zu fahren, um noch einmal die Luft von Franz. Guyana zu schnuppern. Oder stehen am Stausee des Surinam River, fotografieren die Staumauer und auf einem Wellblechdach in der Sonne trocknende Brotfladen, bestaunen das Verladen unzaehliger dicker Baumstaemme. Schilder weisen auf Goldgraeberminen hin. Staubige rote Strassen fuehren dorthin. Die wollen wir dem sowieso schon arg strapazierten Leihwaegelchen nicht auch noch zumuten.

Kontrastprogramm: niedrige, kleine Holzhuetten. Mal mit traditonellem Naturdach, mal mit Wellblechplatten gedeckt. Haengematten unter Baeumen und Daechern. Faesser, Eimer und sonstige Behaeltnisse stehen an der Strasse vor diesen Behausungen, warten auf einen Tankwagen mit Wasser?? Kleine Verkaufsstaende mit Obst und Gemuese wechseln sich mit Bushaltestellen ab. Fast immer mit einem Dach und mit hohen Baenken. Auf denen kann man sitzen und die Fuesse baumeln lassen. Schutz vor Insekten und Krabbelviechern, oder einfach nur bequemer? Strommasten fuehren schnurgerade durchs Land. 161000 Volt ziehen hier ihre Bahn, das verkuenden Schilder. Die Strasse ist relativ breit und eben. Ortschaften, die nicht wirklich die Bezeichnung verdienen. Schulen mitten im Nirgendwo. Dort geht es zum Strand, hier stehen abgestorbene Baumstuempfe im sumpfigen Wasser. Mitten im Nichts kann man sein Auto waschen lassen oder tanken. Rote Erde wechselt mit weissem Sand. Wer zum Henker kommt auf die Idee, hier eine Feriensiedlung aus dem Sand zu stampfen?? Ruinen kuenden von vergangenen, geplatzten Traeumen, grosse Bauschilder von neuen, teils schon umgesetzten Plaenen. Die Hoffnung stirbt zuletzt? Weiter oben am Fluss ist eine Bruecke gesperrt. Ein Frachtschiff ist dagegen gefahren, das hat die Bruecke nicht ausgehalten, ist zusammen gebrochen. Jetzt wird weiter oben eine neue gebaut. Schneisen werden in das dichte Urwaldgruen geschlagen, gegen Abend schwelen die Feuer der Brandrodung. Rauch haengt ueber der Strasse. Platz fuer neue Siedlungen, fuer Plantagen. Erst kommt die Planierraupe, dann das Feuer. Dann wird alles mit Sand aufgefuellt, schoen platt geklopft. Ein Wassergraben drumherum, fertig ist der Bauplatz. Fuer Haeuser mal klotzig, europaeisch, mal aus Stein, mal aus Holz, mal auf Stelzen, mal platt auf der Erde stehend. Schlicht oder verschnoerkelt. Im Outback sind es Ansammlungen von kleinen Huetten, mitten im Nichts, mit sandigen Wegen als Zufahrt. Der Baustil aendert sich wieder, die Haeuser werden groesser, teils europaeischer. Angelegte Gaerten loesen den weissen Sand ab. Wassergraeben mit riesigen Seerosenblaettern und –blueten, Bruecken fuehren ueber die Graeben — mal mehr, mal weniger vertrauenserweckend aussehend. Am Strassenrand liegt ein totes Tier. Bei uns sind es Fuechse, Hasen etc., hier werden die Affen von den schnellen Autos ueberfahren. Und schnell fahren sie, trotz diverser Beulen, Dellen, Schlagloechern, Absenkungen und den sog. Drempeln. Die gleichen Abschussrampen. Durchgezogener Streifen, UEberholverbotsschild? Egal — kein Gegenverkehr, also den fahrwerkschonenden Schleicher mal eben ueberholt. Fussgaenger und Radfahrer werden angehupt, damit sie vielleicht doch noch auf die Seite springen koennen.

Wir fahren durch den District Commewijne, kommen in eine groessere Ortschaft. Die Hauptstrasse ist breit, mit Geh- und Radwegen. Gepflasterte Parkbuchten und Bushaltestellen, blaue Ortsschilder lassen keinen Zweifel zu, welchen Ort man gerade durchfaehrt oder verlaesst. Sauber und gepflegt ist alles. Was fuer ein Unterschied zu Paramaribo und der Strasse von Domburg dorthin. Nach gut 3 Stunden Fahrt erreichen wir Albina am Maroni River, dem Grenzfluss zu Franz. Guyana. Unuebersehbar als Touristen unterwegs werden wir sogleich geshanghait und auf ein Faehrboot verschleppt. 15SRD ist der Fahrpreis. Man wartet noch auf weiter Fahrgaeste und dann geht es los. Kippelig sind die schmalen Holzboote, wenn sie am Strand liegend auf Kundschaft warten. Aber schnittig und schnell flitzen sie uebers Wasser auf die andere Seite des Flusses. Bezahlt wird beim Aussteigen und uns kommen Zweifel an der Richtigkeit des Preises. 3 Euro bezahle man normalerweise fluestert uns eine franzoesische Mitfahrerin. O.k. das sind nur 12SRD. Befoerdert wird alles, von Holzlatten, Einkaeufen (in Suriname ist es doch billiger, vertraut uns ein anderes Paar an), Blumen, Fahrraedern, Dieselkanistern etc.. Unser geschaeftstuechtiger Faehrmann will gleich auch noch die Rueckfahrt mit uns vereinbaren. Das wehren wir erst einmal ab. Rundgang durch St Laurent. Auch hier liegen zwei bekannte Yachten vor Anker. Hinter einem mittlerweile fast komplett bewachsenen Wrack liegen die Boote, am Ufer wurde ein Dinghisteg installiert und ein Plakat verkuendet stolz, das hier irgendwann die Marina St Laurent du Maroni entstehen wird. Heute feiert man gross die Ankunft der Yachten, die an der Nereide-Rallye teilnehmen. Ob aber jetzt schon welche angekommen sind, koennen wir nicht in Erfahrung bringen.

St. Laurent du Maroni ist gepraegt von der Zeit, als hier in erster Linie Gefangene lebten. Aber auch der Goldrausch und die damit verbundene Ansiedlung sog. Warehouses ist noch immer sicht- und spuerbar. Wenn man sich Dinge wie Autos, Satellitenschuesseln etc. wegdenkt, dann koennte John Wayne hier gut um die Ecke gehoppelt kommen. So aber weichen wir den Autos mit den franzoesischen Nummernschildern aus und haben irgendwie keine grosse Lust mehr auf Rundgang. Schnell noch in den Super U, Kaese, Baguette und bretonische Butter wandern ins Koerbchen und wir kurz darauf mit unserer Beute zum Flussufer. Rueckfahrt. Gnadenlos handeln wir den wieder geforderten Fahrpreis von 15SRD auf 12 runter. An Bord sind mehr “Mitarbeiter” wie Fahrgaeste. Drueben angekommen koennten wir gleich wieder zurueck fahren. Oder vielleicht doch ein Taxi gefaellig? Was, nach Paramaribo wollt ihr? Dann muesst ihr doch ein Taxi nehmen. Grosse Enttaeuschung, als wir uns als eigenstaendige Automobilisten outen. Zurueck geht es ueber die breite, glatte Strasse. An einigen Stellen sind Bauarbeiter zugange (es ist Samstag, 16 Uhr), fegen liebevoll von Hand die roten Kruemel vom Strassenrand. Dann ganz unvermittelt ein ca. 50 Meter breiter Schotterstreifen mit tiiiiiefen Loechern. Hier unbeschadet durchzukommen erfordert einiges an Hin und Her, da steht man schon mal auf der falschen Seite vor einem entgegenkommenden Fahrzeug. Aber alle haben Geduld und Verstaendnis, hier muss jeder mal zwangslaeufig die Seite wechseln.

Noch ein Kurzbesuch bei der Trident. Die hat in der Waterland Marina festgemacht, wenige Kilometer weiter flussaufwaerts. Ein haarstraeubender Weg fuehrt zum feudal gestalteten Marinagelaende. Das haetten wir hier mitten im Busch so nicht erwartet. Stilvolle Bungalows, stimmungsvolle Beleuchtung der hohen Baeume. Eine gepflegte, parkaehnliche Anlage und ein stabiler, breiter Pontoon mit Platz fuer ca. 12 Yachten. Im hier irgendwie sehr sauber und klar wirkenden Wasser plantschen Kinder. Alles schon sehr eindrucksvoll, aber eben auch weit ab vom Schuss. Ohne Leihwagen oder eine Mitfahrgelegenheit ist man hier ziemlich aufgeschmissen. Trotzdem fuehlen sich Rob und Shirley hier sehr wohl, relaxen und geniessen den Komfort eines Stegliegeplatzes nach den vielen Ankertagen.

Im Dunkeln tasten wir uns durch den Urwald wieder zur Hauptstrasse. Neben uns quietscht, trillert, zwitschert und zirpt es laut. Irgend etwas huepft seitlich vom Auto weg in die Buesche, ein grosser Vogel haelt aufs Auto zu und dreht gerade noch rechtzeitig ab. Ob man hier auch das monotone, lang gezogene Bruellen der Affen hoert wie bei uns am Ankerplatz?

Begeistert erzaehlen wir der kleinen hollaendischen Mooringgemeinde von der tollen Anlage. Naja, bei Licht betrachtet sei da einiges im Argen und es muesse noch viel getan werden. Vor allem die Zufahrt, meint Gertrud von der Tartufo. So genau haben wir jetzt nicht geschaut und die Lichtverhaeltnisse waren auch nicht mehr so besonders. Aber ist ja auch egal, wir werden wohl kaum noch einmal umziehen fuer die paar Tage, die wir noch hier sein wollen. Denn es zieht uns definitiv weiter. Weil wir einen Termin haben, auf Tobago und weil wir uns einig sind: Surinam ist sicherlich sehenswert und interessant, aber die grosse Liebe wird es auf unser Laenderhitliste ganz sicher nicht werden. Da haette Franzoesisch Guyana eindeutig bessere Chancen, wenn, ja wenn die hohen Lebenshaltungskosten nicht waeren.

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