25.10.2014 — Zweiter Autotag

8:30 Meetingpoint Charlotteville Tourioffice. Die Maenner vergnuegen sich mit dem platten Leihwagen, die Damen tummeln sich derweil im Internet. Fotos vom Enkelkind, skypen mit dem stolzen Papa. Alles ist bestens, die (N)Oma kann sich beruhigt den Strapazen ihres Nomadenlebens widmen.

Mit einem Ersatzleihwagen koennen wir dann kurze Zeit spaeter wieder losduesen. Das neue Auto punktet mit Air-Con (die wir durch weit geoeffnete Fenster quasi ausser Dienst stellen) und einem Navisystem. Das der linke Aussenspiegel fehlt, faellt da gar nicht weiter auf. Frohgemut wagt sich der heutige Fahrer Florian somit auf die Westkuestenstrasse. Fotostopp mit Blick auf die Pirates Bay und die vor Anker liegenden Schiffe. Was fuer ein Ausblick!

Wir kennen die Strecke ja zum Teil schon, allerdings keine der anderen Buchten auf dieser Seite der Insel. Also auch heute wieder Buchtenhopping — mit dem Auto. Die Parlatuvier-Bucht scheidet als Ankerbucht aus. Zuviele Fischerboote, zu wenig Platz fuer ankernde Segelyachten. Entweder gewollt oder weil halt einfach zu viele Fischerboote fuer die Groesse der Bucht vorhanden sind. Die Englishman-Bay ist da schon bedeutend besser und derzeit liegen gerade mal 3 Boote vor Anker. Eine Bar mit Souvenirshop am Ufer, ein vorm Strand verankertes Dinghi und drei Rinder, die ein Salzwasserfussbad nehmen. Sehr ungewoehnlich. Martina wagt sich naeher ran und wird prompt zum Mittelpunkt des Interesses, die Vierbeiner wenden sich ihr sehr interessiert zu, was wiederum Martina zum Rueckzug bewegt.

Bunte Tuecher flattern von einer Leine, Kunsthandwerkliche Erzeugnisse und Schmuck wird angeboten. Und endlich auch bequem aussehende, bunte Strandkleidchen zu einem akzeptablen Preis und vor allem: auch in meiner Groesse!! Endlich ist mal jemand nicht der Meinung, dass Kleidunsstuecke Groesse XL nicht zwingend fuer eine Beerdigung geeignet sein muessen. Dank guter Farb- und Typberatung durch Martina und Werner erstehe ich gleich zwei der bunten “Fetzen”. Kaufrausch!

Quer ueber die Insel geht es durch den Naturpark. Ein Fuehrer offeriert seine Dienste, will uns einen guten Familien-Gruppen-Preis machen. Und seine Schwester (vor deren Haus stehen wir gerade) bietet nach einer 3-4 stuendigen Wanderung natuerlich auch local food an. Geschaeftstuechtige Familie. Natuerlich sind wir interessiert, aber nicht heute. Call me , I give you a good price. Mit Visitenkarten versehen fahren wir weiter. Einmal durch den Regenwald, der uns merkwuerdig gepflegt und so gar nicht wild anmutet. Ein breiter Streifen links und rechts der Strasse ist gemaeht, gut sichtbare Pfade sind als xy-Trail ausgeschildert und fuehren links und rechts in den Busch. Wanderwillige kommen hier bestimmt auf ihre Kosten. In Roxborough wenden wir, fahren noch einmal quer, halten an den Gebaeuden deroffenbar neu errichteten oder komplett renovierten “Bloody Bay Recreation Site”und inspizieren die merkwuerdig ungenutzt wirkenden Raeumlichkeiten von aussen. In einem Nebengebaeudesind vier identisch Raeume, lediglich mit einer Spuele samt raumbreiter Ablageflaeche ausgestattet. Sehr seltsam. Was man sich dabei wohl gedacht hat??Die breite und sehr neu wirkend Strasse fuehrt uns schnell wieder in tiefere Bereiche. Hier dominieren auch wieder die haushohen Bamboos.

Leider gibt es in allen Buchten zwar kleine Restaurants, aber kochen, am Samstag?? Wie kommt man denn auf eine solche Idee, HEUTE Hunger zu haben! Samstags ist man auf Tobago wohl nicht unbedingt auf essenswilliige Besucher eingestellt. So ziehen wir immer weiter, fotografieren karibische Straende, die zwar schoen sind, aber noch immer nicht dem Klischee in unseren Koepfen entsprechen. Namen wie Bloody Bay, Parlatuvier Bay, Castara Bay, welche Bucht hiess jetzt wie? Zum alten Hafen von Castara fuehrt eine steile, schmale Strasse hinunter. Die Strandbar ist bunt dekoriert und irgendwie urig.

Ein schönes Plätzchen – aber auch hier heisst es „kitchen is closed today“. Drei relativ grosse Gästehäuser am Hang der Bucht lassen auf einen entsprechenden Rummel während der Hauptsaison schliessen. Autovermietung, Tauchausflüge – die hier üblichen handgemalten Schilder offerieren einiges, was vergnügungssüchtige Urlauber wünschen.

Die Strasse windet sich wieder in die höheren Lagen. Ortsnamen wie Runnemede und Moriah mit den dazugehörigen Holzhäusern, die über die Hänge verstreut sind oder sich eng an die Strasse pressen. Bars, kleine Shops . Irgendwo verfehlen wir einen Abzweig und landen wieder bei Scarborough auf dem Highway. Na egal, fahren wir die nächste wieder rechts rein. Schon erstaunlich, eine so kleine Insel und trotzdem kann man die Orientierung verlieren sobald man nicht mehr am Meer entlang fährt.

Die betuchteren Einwohner Tobagso jedenfalls residieren ganz offensichtlich in den höheren, klimatisch angenehmeren Lagen. Bei Tage können wir einige stattliche Häuser bewundern. Über Plymouth geht es an Bucoo und dem gleichnamigen Reef vorbei und erreichen Pidgeon Point sowie die Store Bay, stehen etwas unschlüssig an der kleinen Strandbar rum, schauen auf die ankernden Yachten. Hotelanlagen haben Meerwasserpools von der zu r Verfügung stehenden Fläche abgeteilt, die üblichen Bretterbuden mit Souvenirs und Getränken reihen sich am Strand entlang. Dazwischen sind die traditionellen Fischerboote geparkt.

Werners Adlerauge entgeht nix. Und so wird heute die ahnungslos Richtung Strand laufende Trident-Crew von uns überrascht. Die Seglerwelt ist halt klein und uns entkommt so schnell keiner J.

Immer noch hungrig geht es nach einem Tankstopp (heute sind die Kanister der Esperanza dran) geht es wieder nach Plymouth. Florian meinte, in dem Strassengewirr kleine Bars gesehen zu haben, in denen man auch etwas essen kann. Aber auch hier Fehlanzeige. Wir landen am Sportplatz. Der ist gut gefüllt, ein Fussballturnier wird ausgetragen. Leider sind die alle sehr figurbewusst und trinken mehr oder bringen sich die Verpflegung selbst mit. Hier sind auch wieder die Reste eines Forts zu bewundern, das Infoschild verweist auf Fort James und ein kleines Steinhaus deutet schon mal auf etwas mehr an Resten hin, wie beim gestern besuchten Fort Cranby. Wir verzichten auf weitere Besichtigungen fragen uns weiter durch. Restaurant? Essen? Nein, heute hier wohl nicht. Ein kleiner Imbiss offeriert uns Reis und Bohnen, Fleisch sei leider schon komplett aus. Das ist uns dann doch zu vegetarisch. Ein Chinesenrestaurant gäbe es weiter vorne. Florians Einwand, dass wir nicht nach Tobago gekommen seien, um chinesisch zu essen sorgt für Heiterkeit und Mobilisierung aller Hilfskräfte. Die Rotibetreiberin wird gerufen. Eigentlich ist der Roti-Laden auch schon dicht, aber die „Chicken-Lady“ ist nicht gewillt, uns verhungern zu lassen und eilt herbei. Der Roti-Shop liegt in der ersten Etage, eine Holztreppe führt hinauf. Während der Zubereitung haben wir Zeit, die Speisekarte zu studieren. Die ist liebevoll an die Wand gemalert und umrahmt einen klassischen Ölschinken: Bergwald mit Wasserfall, eindeutig europäischer Herkunft. Wie der wohl hierher kommt? Auf dem Tisch steht schon die Weihnachtsdeko.

Während die Männer aufs Essen warten, machen sich die Ladies auf die Suche nach Getränken. Die Bar direkt unterm Roti-Shop suggeriert mit lauter Musik ein geöffnet sein. Aber wo bekommt man hier Getränke? Wir suchen vergeblich und werden letztendlich „ums Eck“ geschickt. Vor einem ganz normalen kleinen Supermarkt kann man sitzen und die im Markt gekauften Getränke vernichten. Wie praktisch. Wir lassen uns eine Etage höher auf einer Terrasse nieder. Hier gibt es auch eine Verkaufstheke, die – natürlich – nichts anbietet! Immerhin gibt es einen Tisch, an dem wir uns in der Kunst des Roti-Essens üben können. Für Werner ist die mehrfach mit einem dünnen Teigfladen umwickelte Masse aus zerkochten Kartoffeln und Hühnchenteilen (samt Knochen) nicht so das ideale Essen. Das wird wohl unser erster und letzter Roti Besuch sein. Von unserem erhöhten Sitzplatz haben wir einen guten Ausblick auf die belebte Kreuzung unter uns. Auf einer Bank sitzen einige Einheimische und beobachten ebenfalls das Treiben rundherum. Und wir sinnieren über das einfach so dasitzen, schauen und mit den Nachbarn erzählen. Hier kann man diese Disziplin sicherlich perfektionieren. Was uns auch auf Zuhause bringt, wie wir vorher gelebt haben, auf die Familie, die Eigenheiten der einzelnen Familienmitglieder. Aber auch Vergleiche mit Grenada (Esperanza) und Brasilien, Suriname (naja) werden angestellt. So manches ist ähnlich und doch gibt es so viele Unterschiede. Tobago scheint es zumindest finanziell besser zu gehen wie Grenada. Alles sei irgendwie gepflegter und besser ausgestattet erfahren wir. Dafür sind Grenadas Ankerbuchten ruhiger und nicht so schwellig. So hat alles sein Für und Wider.

Florian als der heutige Fahrer wählt für den Rückweg dann doch wieder die Ostküste. Auch wenn die letzten Kilometer nach Charlotteville steil bergab führen, ist es insgesamt doch die bessere Strecke. In den Bars der kleinen Ortschaften dominieren die überdimensionalen Musikboxen und beschallen die ganze Gemeinde, viele Autos kommen uns entgegen. Hunde laufen im karibischen Tempo gemächlich über die Strasse und somit Gefahr, überfahren zu werden. Selbst Florians hupen bewegt sie nicht zu schnellerer Aktivität. Karibisch relaxt.

In Noels Bar treffen wir auf die Moonstone-Crew. Und bekommen unaufgefordert noch Reis, Dasheen-Gemüse, Fisch etc. hingestellt. Wenn wir das gewusst hätten! Wir lernen, das Angosturabitter original von Tobago stammt und auch heute noch hier produziert wird. Das Gürteltiere geschützt sind aber trotzdem zu Weihnachten gerne auf dem Tisch der Einheimischen landen. Bekommen Orangen, Lorbeerblätter und eine Art Kakaobrötchen von Noel geschenkt. Was macht man damit?? Der Laib ist fast schwarz und riecht tatsächlich nach Kakao. Davon soll man kleine Stücke abschneiden und sie mit Milch oder Wasser aufkochen. Interessant. Wie auch die Saftmischung, die wir aus einem grossen Krug in die Gläser bekommen. Duft und Geschmack nach Lemon, Grapefruit aber auch nach Gewürzen, Muskatnuss ist auf jeden Fall drin, verrät uns Noel.

So interessant und unterhaltsam der Abend auch ist, die zwei erlebnisreichen Tage mit den vielen neuen Eindrücken fordern ihren Tribut. Leicht gähnend verabschieden wir uns. Von Noel mehr als Freund denn als Wirt. Wie jeden Abend sitzen überall noch Einheimische an der Strasse und auf dem Pontoon, grüßen freundlich zurück. Evening, evening. Hier auf Tobago wird Wert gelegt auf einen Gruss und bevor man um eine Auskunft bittet, sollte man immer erst höflich einen guten Tag wünschen.

Kurze Zeit später knattern die Zweitaktmotoren durch die Nacht zu den sanft schaukelnden Mutterschiffen zurück. Schön wars und Spass hatten wir. Wieder einmal haben wir zwei nette Menschen kennen gelernt, mit denen wir uns gut verstehen.

Pelikanfelsen in der Englishman-Bay

Pelikanfelsen in der Englishman-Bay

Bunte Fetzen am Strand (nicht bezogen auf unsere kleine Reisegruppe)

Bunte Fetzen am Strand (nicht bezogen auf unsere kleine Reisegruppe)

Bar in der Castarabay

Bar in der Castarabay