Mal wieder frueh unterwegs. Denn der fruehe Segler faengt die Touri-Card und den begehrten Einreisestempel! Also schieben wir schon frueh das Tor zum Hafengelaende auf und machen uns auf den huckeligen Weg nach Paramaribo. Das fruehmorgendliche Verkehrschaos wird an strategisch wichtigen Punkten durch Polizisten in geordnete Bahnen gelenkt. Das hilft uns sehr. Dank extremer Konzentration finden wir die markanten Abbiegepunkte wieder und erreichen problemlos das grosse Behoerdengebaeude am Stadtrand, in dem auch die sog. Immigration untergebracht ist. Ganz rechts aussen. Der Kaeptn will erstmal in die Waffenscheinabteilung, ich kann ihn gerade noch so ausbremsen. Eine Tuer weiter sind wir richtig. Oh weh, so viele Menschen warten hier schon. Eine Schalterdame nimmt sich unserer an und schickt uns postwendend ums Eck in ein kleines Buero. Der Officer hier kassiert unsere Crewliste (3 Kopien), stempelt diese und behaelt ein Exemplar fuer sich. Damit muessen wir jetzt in die Stadt, in die Lim A Poo Straat. Die kennen wir ja schon, wir nicken begeistert und voller Tatendrang. Dann muessen wir wieder hier erscheinen, damit wir den begehrten Eingangsstempel in den Pass bekommen. Wieder nicken, Abgang der Crew.

Auf dem Stadtplan gucken wir uns einen strategisch guenstigen Weg zum Flussufer aus, erreichen unser Ziel relativ zuegig und ohne Umwege. Der Mann hinterm Glasfenster ist der Gleiche wie gestern. Er kassiert Paesse, gestempelte Crewlisten und 40 Euro ein (alternativ waeren auch 50 USD moeglich gewesen) und verschwindet. Ca 15 Minuten spaeter ist er wieder da. In unseren Paessen liegt die Touristencard. Mit der jetzt bitte …… nicken, wissen wir zwar schon, aber so tun als ob nicht ist immer gut. Freundlich bedankend tot ziensen wir die Treppe runter, staerken uns schnell mit einem Brodje Kaas (der weibliche Crewteil) und einem Rosinenstuecken (der Kaeptn) sowie einem Kaffee. Letzteren kippe ich mir dann mal eben im Auto noch uebers bis dahin bluetenweisse T-Shirt. Rock und Stadtplan bekommen auch noch was ab. Na, jetzt kann es ja zurueck gehen zur Immigration. Dort angekommen ist die Parkplatzsuche noch die zeitraubendste Angelegenheit. Rein ins Office, kurz den himmelblauen Vorhangstoff betatschen (sieht aus wie schwerer Brokat, ist aber ganz leicht und mit Bluetenranken verziert), der saemtliche Fenster vor evtl. einfallendem Tages- und Sonnenlicht schuetzt, dann sind auch schon die Stempel drin, wir bekommen alles samt Erklaerung wie es weiter geht in die Hand gedrueckt, schuetteln selbige herzlich und verabschieden uns ebenso. Wow, das ging ja — abgesehen von dem Fahrmarathon durch die Stadt — relativ schnell und problemlos. Und ob man uns mit kurzer Hose wirklich wieder weggeschickt haette?? Wir melden leise Zweifel an. Aber gewisses Seglergarn sollte man einfach diskussionslos weiterspinnen. Vielleicht reitet uns irgendwann ja der Testteufel und wir schauen mal, was passiert, wenn wir in Shorts aufkreuzen.

Jetzt haben wir massig Zeit, es ist grade mal 10 Uhr und der Kaeptn laesst sich zu einem Stopp an einer Shopping-Mall hinreissen. Klein steht sie da, man uebersieht sie leicht, zwischen MCD, BK und den ganzen Chong-Ching-Maerkten, die so ziemlich alles feilbieten, was der Surinames von heute so braucht (oder auch nicht). Wenn die Chinesen morgen beschliessen, eklig statt geschaeftstuechtig zu sein und ihre Laeden schliessen, hat man hier definitiv ein Problem! Das Thema “Mall” ist jedenfalls schnell abgehakt. Frau wird nicht wirklich fuendig, der einzig interessante Laden ist geschlossen, das Wifi von MCD ist grottig langsam. Wenigsten gibt es beim Baecker ganz leckere Stueckchen in deftig und suess.

Naechster Halt: die Touristeninfo am Flussufer. Parkplatz ist gefunden, wir wackeln los. Halt, ich koennte ja die Hose wechseln! In langen Jeans bei den Temperaturen durch die Stadt laufen findet der Kaeptn bloed. Also zurueck zum Auto. Heckklappe aufschliessen (Achtung: wichtiges Detail!!), umziehen. Dabei entdecken wir eine entzueckende Ameisenkolonie, die wir mit unseren Duschbeuteln in den Kofferraum eingeschleppt haben. Also erstmal alles ent-ameisen. Zwischendurch Hosenwechsel. Jeans und alle Taschen samt Inhalt wieder ins Auto. Klappe zu. Klappe zu??? Hast Du den Schluessel aus der Hose genommen??? Nein, hat Crewfrau nicht, war der da etwa noch drin?????? War er! Ruetteln an allen sonstigen Tueren hilft nicht, denn s. oben: Nur die Heckklappe wurde aufgeschlossen!!!!! Ich kollabiere gleich, das darf nicht wahr sein. Warum hab ich nicht noch mal in gewohnter Manier gefragt: hast Du alles, Handy, Portemonnaie, Schluessel? Der Kaeptn guckt boese, ich bin auf mich selbst stinksauer, nutzt aber alles nix. Wir versuchen uns mit Hilfe der Bauarbeiter von schraeg gegenueber als Autoknacker. Leider vergeblich. Der gereichte Draht ist entweder zu duenn und instabil oder zu dick, um ueberhaupt ins Wageninnere geschoben zu werden. Wir geben auf. Die Telefonnummer des Autovermieters liegt praktischerweise ebenfalls IM Auto ….. Samira! Andy’s surinamische Freundin, die uns so nett begruesst hat, die hat doch den Ritchie fuer uns schon angerufen. Ob sie wohl noch mal?? Sie ist so nett, wir telefonieren hin und her und eine gute Stunde spaeter steht ein Abschleppwagen neben unserem Leihauto. Ein drahtiger junger Mann springt aus und legt los. Ein Plastikkeil hebelt die Tuer etwas ab, der exakt richtige Draht wird liebevoll eingefaedelt. Klack, ratsch — abgerutscht. Ich schwitze auf Hochtouren, was nicht nur an den Temperaturen liegt. “Und ich dachte immer, Autoknacken sei so einfach”. Unser Helfer lacht, als der Kaeptn antwortet “fuer die Profis ja”. So geht das eine ganze Weile. Die Maenner faedeln und ich taenzele nervoes ums Auto rum. Vielleicht hilft positive Drahtmotivation?? Kopf aufs Autodach legen, Augen schliessen, Draht und Tuerknopf visualisieren und mandramaessig murmeln: “Jetzt geht er auf”. Von der anderen Autoseite Jubelschreie. Das Auto ist offen!!!! 50 SRD wechseln den Besitzer, der Abschleppwagen braust von dannen.

Um unser Glueck perfekt zu machen, ist das Touristbuero noch geoeffnet, wir halten einen netten Schwatz mit der dunkelhaeutigen Lady und erfahren, dass ihre Gross- oder Grossgrosseltern von Sklaven abstammen, dass am 10. ein grosses Fest zu Ehren der Sklavenbefreiung und Unabhaengigkeit stattfindet und dass sie sehr stolz ist auf ihre Abstammung.

Eigentlich steht ja noch die Besichtung des Forts an. Aber das ist zwar geoeffnet, aber nicht zu besichtigen. Lediglich im integrierten Restaurant koennten wir einen Kaffee trinken. Ansonsten werden in Parmaribo offenbar um 14 Uhr die nicht vorhandenen Buergersteige hochgeklappt. Jetzt einen Parkplatz zu finden ist ein Kinderspiel. Gaehnende Leere an allen markanten Stellen. Offenbar ist es ab dieser Uhrzeit definitiv zu warm zum Arbeiten. Selbst die ebenfalls anvisierte St. Peter und Paul Kirche (die schoene in blau und gelb) ist geschlossen. Wieder nix mit angucken.

Dafuer finden wir im Stadtplan die Groote Combestraat und in dieser Strasse soll es einen Supermarkt namens Combe geben. Gibt es auch! Und was fuer ein Supermarkt das ist. Mehr eine Art Grossmarkt-Lagerhalle mit Regalen drin. Ein Schnack mit dem Herrn ueber die Einkaufswagen. Aus Deutschland sind wir und Segler, da waren doch die Tage schon welche da, vier Leute, zwei Frauen und zwei Maenner. Wir nicken, die kennen wir. Wissen wir doch von der Crew der Blue Felix, dass es diesen Markt gibt. Die naechsten Stunden verbringen wir zwischen gut gefuellten Regalen, vergleichen Preise und fuellen peu a peu den Einkaufswagen. Nur bei Obst und Gemuese greifen wir wieder nicht zu. AEpfel liebevoll einzeln ausgepreist, Paprika mit Stueckpreisen und einer verschrumpelten Haut, Kohl der irgendwann mal hell war …. Nee, da verzichten wir lieber. Wo sind Maracujas, Ananas, Mangos und Limetten, die das Herz und den Gaumen erfreuen?? An der Kasse rutscht mir beim stapeln der Dosen, Flaschen und Reispackungen das Portemonnaie-Herz doch erst einmal etwas tiefer. Haben wir ueberhaupt genug SRD’s?? Ob der Herr vielleicht immer mal die Zwischensumme einblenden koennte?? Kann er, kein Problem. Am anderen Ende der Kasse steht sich ein zweiter Mann die Fuesse platt. Alles wird eingetippt und auf der (sich nicht bewegenden) Kassentheke gestapelt. Dann kommt eine Dame, nimmt den Kassenbon und kontrolliert diesen mit den gestapelten Artikeln, gibt ihr O.k.. Jetzt kann bezahlt und eingepackt werden. Wir stehen mehr oder weniger tatenlos dabei und freuen uns ueber einen gut gefuellten Einkaufswagen, dessen Inhalt uns ca 110 Euro gekostet hat. Kein Schnaeppchen, aber irgendwie hatten wir die vage Vorstellung, dass es teurer sei. Mit dem SRD haben wir noch kein so gutes Verhaeltnis.

Naechster Gang in die gegenueberliegende Metzgerei. Die punktet mit gaehnend leeren Kuehltheken. Aus einer kleineren winken mir Schweinsfuesse zu und daneben liegt undefinierbares tiefgekuehltes. Ich werde spontan mal wieder Vegetarier und verlasse das (natuerlich unter chinesischer Leitung stehende) Etablissement. Irgendwie hab ich in einem neuen Land immer erstmal eine gewisse Einkaufsblockade, die ich nur allmaehlich ueberwinde.

Die Fahrt nach Domburg geht natuerlich nicht ohne Debatten ueber den einzuschlagenden Weg sowie damit verbundene Ehrenrunden ab. Ergaenzt durch Kritik am Fahrstil des Kaeptns und seiner damit verbundenen Drohung, dass ich ja dann auf Trinidad/Tobago als Fahrer fuer den Leihwagen eingetragen werden kann. Auch dort herrscht Linksverkehr. Na, das wird ein Spass!

Todmuede sitzen wir etwas abseits von der ueblichen Hollandrunde endlich in der Bar am Hafen und trinken ein kuehles Bier. Schnell nochmal ins Internet. Aber irgendwie bekomme ich nix mehr auf die Reihe. Wenigstens gehen die Anfragen an zwei Bootswerften auf Trinidad schonmal raus. Im November soll ja unsere Lady wieder etwas Pflege und Farbauffrischung erhalten. Irgendwie hab ich grad ein Deja-vu …. Ist das wirklich schon ein Jahr her, dass wir auf Teneriffa im Kran hingen?