Musik, ausgelassenes Lachen, lautes durcheinander reden – wir sind in Brasilien, aber die Geraeuschkulisse kommt von unseren franzoesischen Nachbarn. Ein Happy-Birthday Song erklingt.

Lautlos gleitet ein Fischerboot ganz nah an den Yachten vorbei. Irgendwo brummt ein Schiffsdiesel, erklingt eine Gitarre. Freitagabend in Jacare.

Wir sind zurueck. Wieder zu Hause. An Bord unserer naja.

Freitagabend in Jacare. Dienstag sind wir angekommen. Muede nach einem fast 11stuendigen Flug und 5 Stunden Zeitverschiebung. Sieben Wochen Deutschland, Tage mit Besuchen, Treffen mit Familie und Freunden, Arztterminen, Besorgungen- Aber auch einfach mal abhängen, auf der Terrasse sitzen und lesen, die altvertraute Hunderunde laufen - ohne den eigenen Schnuffi. Klar, dass sich da das ein oder andere Traenchen in die Augenwinkel quetscht. Oder auf dem Marktplatz am Rüdesheimer Weinprobierstand sitzen, Leute beobachten, mit Freunden und Bekannten aus Jugendtagen über ganz banale Dinge sprechen. Darueber sinnieren, wie mein Leben wohl verlaufen waere ohne die Ortsveraenderung, ohne Werner. Die beste Freundin besuchen, übernachten, gemeinsam frühstücken. Altvertrautes mit ganz neuen Augen sehen und erleben.

Tage, die wir wieder gemeinsam verbringen. Aber auch Tage der Trennung. Die unserer Partnerschaft merkwürdigerweise sehr, sehr gut tun. Überhaupt fühle speziell ich mich sanftmütiger, ruhiger und geduldiger. Woran das liegt? Ich denke nicht gross darüber nach, stelle es fest und bin zufrieden. Wir geniessen es, ein Auto vor der Tür zu haben, die Waschmaschine steht gleich nebenan und wäscht ungewohnt sauber. Einkaufen fahren und nicht laufen, aus der Dusche kommt Wasser in exakt der gewünschten Temperatur …. DAS ist Luxus pur für uns. Und vielleicht entspannt mich das auch so.

Das Boot zuernt uns und begruesst uns mit einer „gut gefuellten“ Tiefkuehlbox. Auf deren Grund schwappt eine undefinierbare kackbraune Bruehe, stinkend, klebrig. Bier und Schokolade – das ist eine gelungene Mischung und die Kroenung dieses Tages. Ich ware nicht ich, wenn ich die Bruehe einfach an Ort und Stelle liesse. Nein, alles raus, ab- und auswischen. Was sind das fuer klebrige weissliche Kuegelchen an den Getraenkedosen und Flaschen????? Nicht, dass wir die Kuehlbox vor unserer Abreise nicht penibelst gereinigt haetten. Auch der Deckel war leicht geoeffnet. Warum sich der Inhalt von gleich 5 Bierdosen in die Box ergossen hat, bleibt uns ein Raetsel, alle Dosen sehen absolut unversehrt aus. Bordmagie? Voodoozauber?? Egal, es ist ne Schei…arbeit. Belohnung winkt in Form von Gulasch mit Nuernberger Kloessen (aus Original-Klossteig). Die Kassiopeia-Crew verwoehnt uns nicht nur mit einem Abholservice am Flughafen, Einkaufstour in Intermares sondern nun auch mit einem leckeren Abendessen. Solche Freunde versoehnen mich immer wieder mit den Unbilden des Seglerlebens.

Schade nur, dass ich fast im Stehen einschlafe und wir uns dementsprechend frueh in die Koje verabschieden!

Das war am Dienstag. Heute ist Freitag. Behoerdentag. In unseren Paessen prangt seit unserer Einreise ein jungfraeulicher Stempel. Verwirrung unsererseits: haben wir jetzt nochmal 90 Tage Aufenthaltsgenehmigung in Brasilien oder doch nur den Rest vom Fest?? Bernhard von der Margna und Nicolas, der Marinabetreiber, sind sich ganz sicher: Stempel ohne Eintrag einer Tageszahl = volle 90 Tage Visum!! Bloed nur, dass unser Schiff laut Receita Federal Papier nur bis zum 23.7.2014 in Brasilien bleiben darf! Die Loesung heisst: auf zur Receita und alles klaeren. Der Beamte spricht gut englisch und ist nicht nur nett sondern auch ein kleiner Spassvogel. „Do you speak portugues, spanish?“ Werner verneint. „French?“. Aaaahh, eine gmeinsame sprachliche Basis??!! Nix da – hahah, thats great, but I’m not! Wir schildern unser Anliegen, ein kurzes Telefonat mit Nicolas von der Marina klaert den Rest. Jedenfalls versichert man(n) uns glaubhaft, dass wir wirklich noch volle 90 Tage in Brasilien bleiben duerfen, drueckt uns ein entsprechendes Formular in die Hand. Mit dem muessen wir zum Marinebuero gleich gegenueber wackeln und dann nochmal zurueck zur Receita.

Kompliment an den Skipper – so eine Frau (der meint mich!!!!) findet man heutzutage nicht so leicht, Glueckwunsch, tiefe Verbeugung vor mir. Macht das jetzt der kurze blaue Rock (der hinten ziemlich schmutzig ist, weil ich mit Flip-Flops im Regen noch nicht die ideale, schmutzfreie Gehtechnik entwickelt habe) oder das Gesichtsstyling oder meine anmutige Zurueckhaltung???? Egal. Im Marinebuero halten wir heute gleich drei Jungs auf Trab. Ordner raus, Ordner auf, durchwuehlen, Ordner zwei raus, durchwuehlen. Der 3. „Mann“ sitzt derweil am PC und sagt irgendwas an. Man wird endlich fuendig, es wird gewohnt wild kopiert und nach einigem Hin und Her muss Werner ein Formularausfuellen. Das wird gestempelt, kopiert und uns ausgehaendigt. Mit diesem geht es dann zurueck zum Zoll wo eine Kopie bleibt und wir einen Kaffee angeboten bekommen. Den besten von ganz Brasilien wie der nette Senor uns versichert. Wir lehnen trotzdem und leicht bedauernd ab, wartet doch unsere Scheuerleistenaktion auf uns. Vielleicht beim ausklarieren.

Wir traben zurueck zum Bahnhof. Ein kurzer Abstecher durch die Markthalle. Nix wie raus hier aus der Fleischergasse. Ein Baby schlaeft in einem Maxi-Cosy, abgestellt auf einer Art Theke. Schlaf oder vom Fleischgeruch benebelt? Undenkbar, dass wir eines unserer Enkelkinder so “parken” wuerden.

Am Bahnhof erwischen wir Dank der ueblichen Verspaetung noch den 10 Uhr Zug. Unpuenktlichkeit hat also auch ihre Vorteile. Ratternd und toesend bringt uns das Monstrum zurueck nach Jacare. Das wiederholte laute Knallen von den Waggonverbindungen her schreckt weder uns noch andere Fahrgaeste hoch, ist Normalitaet.

Unser Schiff gleicht wieder einmal einem Schlachtfeld: An Deck werden die Fussrelingleisten demontiert, heute ist die Backbordseite dran. Wir ueberlegen ernsthaft, ob wir naja vielleicht in Torfhexe oder so aehnlich umtaufen sollen. Die Backbordseite ist deutlich maroder wie die Steuerbordseite und Alex pult einiges an feuchtem, kruemligen Holz hervor. Es wird geschliffen und laminiert. Staub ueberzieht das gesamte Schiff. Unter Deck haben es sich die Vorraete auf unseren Salonpolstern gemuetlich gemacht. Kampf den Krabbeltieren. Neben einigen Kakerlaken wurden undefinierbare kleine schwarze Krabbelkaefer gesichtet und vernichtet. Haustiere ja, aber nur wenn gewuenscht. Also alles ausraeumen, Sichtkontrolle, Vernichtung von suspekten oder ganz offensichtlich befallenen Lebensmitteln, umpacken, Schraenke wischen, alles wieder einraeumen. Warum passt jetzt nicht mehr alles da rein, wo es vorher drin war???? Dazwischen Gulasch kochen, Wassertank reinigen, Waesche einweichen und 10 KG grossformatige Waesche aus der Marinawaescherei abholen. Langweilig?? Dauerurlaub?? Stelle ich mir irgendwie anders vor. Aber egal.

Nebenan tanzt die Geburtstagsparty ihrem Hoehepunkt entgegen, mit Stroboskop-Leuchte und ausgelassenem Armschwenken. Von der anderen Seite des Steges klopft und klatscht es rythmisch aufs Wasser und gegen die Holzplanken eines Fischerbootes. Das zieht ansonsten lautlos seine Kreise um die Yachten herum. Regen setzt ein, hoert wieder auf. Luk zu, Luk auf. Zaehlt das auch zu sportlicher Betaetigung?

Island Kea probt schon mal das losfahren - noch wird aber nur der Steg gewechselt

Island Kea probt schon mal das losfahren - noch wird aber nur der Steg gewechselt

Ob ich vielleicht doch Gruenzeug haette anpflanzen koennen? Bei dem Mutterboden mit Wachstumsgarantie!

Ob ich vielleicht doch Gruenzeug haette anpflanzen koennen? Bei dem Mutterboden mit Wachstumsgarantie!

So viele helfende Haende - da kann das Anlegemanoever ja gar nicht schief gehen, oder doch?

So viele helfende Haende - da kann das Anlegemanoever ja gar nicht schief gehen, oder doch?

So viele helfende Haende - da kann ja gar nix schiefgehen beim Anlegen

Die neue, diesjaehrige Trendfarbe an Bord der naja: gruen!