Immer die Strasse hoch, ueber die Bahngleise und da hinten bei den Hochhaeusern, da ist eine Tankstelle und auch ein Bankautomat. Praezise Lagebeschreibung von Marcus und unsere irrige Annahme “och, das ist ja gar nicht so weit weg”. Ist es auch nicht, aber dazwischen liegt eine mehrspurige, stark befahrene Strasse. Immerhin entdecken wir schon mal eine Bushaltestelle und da ist auch eiine Art Fussgaengerueberweg mit integrierter Abschussrampe fuer schnellfahrende Autos (also eine ziemliche Schwelle). Etwas unentschlossen stehen wir am Strassenrand, versuchen, eine Luecke zu erhaschen. Die Autos bremsen zwar deutlich ab, aber anhalten sieht irgendwie anders aus ….. Irgendwann schaffen wir es dann doch. Jetzt trennen uns nur noch wenige Meter bis zur Cashmachine. Und da ist doch tatsaechlich auch ein groesserer Supermarkt direkt hinter der Tanke! Und ueberall steht Intermares. Den “Orts”namen habe ich schon in einer Reisebeschreibung gelesen, dachte aber, die Distanz zwischen Marina und Intermares sei groesser.

Der Supermarkt ist nicht ganz so gross, bietet aber alles, was wir so benoetigen. Und dann sind da ja auch noch die kleinen Laeden in Cabedelo.

An der Kasse kurzzeitige Irritation, als die Kreditkarte nicht gleich akzeptiert wird und die Dame an der Kasse uns irgendwas fragt, was wir nicht so recht verstehen. Nach 4 Anlaeufen wird unser Zahlungsmittel dann doch akzeptiert, wir verabschieden uns von Kassiererin und Einpacker fast wie von guten Bekannten. Jetzt noch zum Bankomat, Lage checken — kein mysterioeser, herumlungernder potientieller Raeuber in Sicht, also auf zur Pluenderung des Kontos. Karte rein, Karte wieder raus — nee, die mag er nicht. Falsch rum eingeschoben? Nee, war richtig, also nochmal, diese erste Verweigerung hatten wir ja schon oefter und Hartnaeckigkeit hat bislang immer noch zur Geldausgabe gefuehrt. Karte rein, Karte raus, diverse Fragen beantworten, Betrag und Geheimzahl, Karte wieder rein, Karte wieder raus (alles schoen nach Anweisung und jaaa nicht zu schnell) — dann rattern die Geldscheine ins Ausgabefach. Uff, geschafft. Unauffaellig die Moneten in der Hosentasche verstauen und raus aus dem Tiefkuehlfach. Die Warmluft knallt uns wie eine Wand entgegen. Wo war jetzt der Ueberweg? An der Zufahrt zur Tankstelle stehen mehrere grosse Grills herum, selbst zusammengeschmiedet. Ein Hund schnueffelt im Gras dahinter herum auf der Suche nach verwertbaren Grillresten. Ob hier auch wochenendabendliche Grillfeten stattfinden, improvisiert, mit Plastikstuehlen und kaltem Bier aus der Styroporbox, Musik aus einem Lautsprechergefuellten Kofferraum ??Ein Kleinwagen haelt, hupt. Das Gesicht kennen wir doch aus dem Supermarkt … wo wir hinwollen fragt er, Cabedelo oder Jacare? Jacare — einsteigen! Aus Sao Paulo stammt unser freundlicher Fahrer, lebt aber schon seit vielen Jahren hier in Cabedelo. Sein rechtes Ohrlaeppchen ist von einem riesigen, runden Ohrring extrem ausgedehnt und zwischen Blinken, Lenken und Schalten wird sich mal ein Schluck Bier aus der Skol-Dose zwischen den Knien gegoennt. Auf der mehrspurigen Strasse leitet eine Pferdekarre gerade ein gewagtes Wendemanoever in entgegengesetzter Richtung ein. Wie schaffen es die Pferde nur bei all dem vielen Gruen derart klapperig-duerr auszusehen?

Wir lassen uns am Ortseingang von Jacare absetzen, winke-winke, muito obrigado/a. Beim Abschied verraet er uns noch seinen Namen: “Wagner” - typisch brasilianisch! Aber Deutsch spricht er nicht, leider, er wirkt betroffen. Macht doch nix, wir sprechen ja auch kein Portugiesisch :-)! Wieder ein nettes Erlebnis in der Erinnerung. “Hast du den Ohrring gesehen und sein Ohrlaeppchen??” ” Der hatte die Form Autofelge” “Ja, und war auch fast so gross :-)!”. Gespraechsstoff.

Reisebusse fahren an uns vorueber, bald wird das allabendliche Bolero-Saxophon-Spektakel auf dem Fluss beginnen. Der Touristenrun auf die zahlreichen Restaurants, Bars, Souvenirlaeden beginnt schon gute zwei Stunden vorher. Unglaublich, dass ein einzelner Mann mit einem Saxophon eine solche Einnahmequelle generiert hat! Und wir haben ihn immer noch nicht live gesehen und gehoert.

Per Zufall treffen wir hier auch Christian, den Segelmacher der auch stabile Beiboote aus GFK baut. Die gefallen uns richtig gut, liegen aber preislich dann doch ueber unserem Budget und sind auch ein klein wenig zu gross. Wir besichtigen die Segelmacher-Werkstatt. Neue Segel kann er wohl keine bauen, aber Reparaturen und Sonnensegel etc. sind hier gut durchfuehrbar. Er zeigt uns Aluprofile, mit denen man sowohl Lazybags als auch Sonnensegel am Grossbaum befestigen kann. Das waere doch was fuer uns. Wir muessen wohl unsere Sonnensegelplanung noch einmal modifizieren und ueberdenken.

Die Marinabar ist sehr zum Leidwesen unserer durstigen Kehlen noch geschlossen. Dafuer ist das Internet recht fix und die Moskitos leider mit zunehmender Dunkelheit auch. Es empfiehlt sich wohl, immer eine Flasche Antibrumm im Rucksack mitzufuehren. Wenigstens haben wir vor Verlassen des Bootes noch das automatische Ankerlicht aktiviert. Auch hier macht sich das Wochenende mit verstaerktem Motorbootverkehr bis in den Abend hinein bemerkbar.

Die Crews einiger anderer Boote kommen von Ausfluegen zurueck, die Runde vergroessert sich. Alle warten auf die Oeffnung der Bar um dann ueber Bier und Caipirinhas herzufallen. Dazwischen spielen einige Kinder. Eine franzoesische Familie, die vor Palmeira ein Stueck von uns entfernt ankerte, ist ebenfalls hier in der Marina und hat uns wieder erkannt. Auf Sal war nie die Gelegenheit fuer ein Gespraech, hier koennen wir das nun nachholen. Und Margie konstatiert: Die Welt ist halt wirklich klein! Wie recht sie hat, stellen wir das doch immer wieder fest.

What a day: am fruehen Morgen schon Bestandsaufnahme unserer Fussrelingschaeden durch Brian, den Inhaber des Boatyard. Anschliessend Gespraech mit dem durch Brian vermittelten Alex, Deutscher, seit Jahren in Brasilien lebend, Bootsbauer von Beruf, Catamaran aus Holz selbst gebaut und jetzt zur Verfuegung stehend fuer Arbeiten rund ums Boot oder fuer Ueberfuehrungstoerns als Skipper. Das passt alles gut. Jetzt muss Brian nur noch das richtige Holz fuer die Ausbesserungsarbeiten auftreiben, dann kann es losgehen.

Von den Restaurants der Vergnuegungsmeile schallt Musik herueber, Hardrock, gar nicht mal so schlecht werden bekannte Songs nachgespielt. Irgendwann ist aber auch hier Schluss und absolute Ruhe, ab und an unterbrochen von Hundegebell oder dem verschlafenen Kraehen eines falsch gestellten Hahns. Kein Windhauch, keine Welle. Mitten in der Nacht werde ich wach — Hochwasser, fuenf Meter irgendwas zeigt das Echolot an. Wasser und Land liegen absolut still um uns herum. Dann setzt der Regen ein, prasselt aufs Schiff. Alle Luken dicht und ab in die Koje.