Monats-Archiv April, 2014

Itaparica am 16.04.2014

Das eine Nacht derart ruhig sein kann! Das Schiff liegt so still, dass ich auf dem Echolot pruefe, ob wir noch ausreichend Wasser unterm Kiel haben oder vielleicht doch schon aufsitzen. Aber bei round about 6 Metern auf der Anzeige, sollte letzteres nicht der Fall sein. Es geht kein Wind, die Tide dreht uns langsam um 180?. Den Niedergang haben wir provisorisch einbruchssicher gemacht, indem wir die Leiter entfernt haben. Entweder plumst ein potentieller Bandito jetzt geraeuschvoll weil ueberraschend in die Tiefe oder in den darunter aufgestellten Waeschebottich. Vielleicht albern, aber uns beruhigt es etwas. Pfefferspray und schlagkraeftige Maglite-Lampe sind am Bett griffbereit. Das Luk ueber uns lassen wir zwecks Luftzufuhr geoeffnet. Laut Statistik kann aber eigentlich eh nix mehr passieren, das letzte Mal kam was vor zwei Jahren und eben jetzt am 31.3. vor - muessten jetzt rein theoretisch wieder 2 Jahre ohne besondere Vorkommnisse sein. Johann, ein Oesterreicher auf einem Trimaran neben uns, erzaehlt ausserdem, dass die Banditos vom Machetenueberfall gefasst seien, einer sei sogar auf der Flucht erschossen worden. Vor wem muss man sich in Brasilien jetzt mehr fuerchten? Johann bietet uns auch an, mit einem Bekannten in dessen Auto zum Einkaufen in den grossen Bomprecco mitzufahren. Uns ueberrumpelt das jetzt grad etwas, Fruehstueck steht auf dem Tisch, ich telefoniere mit Deutschland weil mein Papa ins Krankenhaus musste. Herzrhytmusstoerungen, 24-Stunden EKG, weitere Untersuchungen. Da hab ich grad nicht so den Kopf frei fuer unsere Vorraete. Und Obst, Eier und Brot sollten wir auch hier im Ort bekommen. Mittlerweile haben wir niedrigstes Niedrigwasser (es ist ja Vollmond) und die Sandbaenke in der naeheren Umgebung sind in voller Pracht sichtbar. Ein Segelboot hat sich trocken fallen lassen, um irgendwelche Arbeiten am Rumpf durchzufuehren. Das ist schon praktisch, wenn man das mit seinem Boot machen kann. Unsere Lady wuerde entweder auf die Seite oder auf die Nase plumpsen, trockenfallen ist so gar nicht ihr Ding. Aber dafuer wurde sie ja auch nicht konstruiert und gebaut. Kleine Boote liegen ebenfalls an der Sandbank und Menschen laufen darauf oder im flachen Wasser davor herum. Das reizt mich ja enorm. Aber den Kaeptn zieht es erst einmal an Land. Alle verfuegbaren Wasserkaniste werden ins Dinghi gepackt. An der Fonte direkt hinter dem Marinagebaeude wollen wir unseren Trinkwasservorrat auffuellen. Erst einmal geht es aber am Ufer entlang Richtung Kirche. Das beeindruckende Gebaeude erhebt sich ueber allen Daechern und war ja auch vom Wasser aus gut sichtbar. Der Fahrradweg wird frisch gemalert, ueberall stehen Farbpoette rum. Die Maler machen gerade Paeuschen, im Schatten eines grossen Baumes. Wir bewundern die unterschiedlichen Haeuser entlang der Uferstrasse. Ob sich hier der Wohlstand in der Zahl der Garagentore oder der Hoehe der Mauern und Zaeune ausdrueckt? Zwischen meist nicht wirklich sichtbaren, aber ganz offenbar sehr noblen Behausungen ducken sich Ruinen oder Teilruinen unter grosse Baeume. Die meisten Haeuser hier werden ganz offensichtlich nur fuers Wochenende oder die Ferien bewohnt. Am Mercado sind wir natuerlich wieder zu spaet. Nur die zahlreichen Bars-Restaurantes und einige schwarze Tauben sind aktiv. Ein Hund inspiziert eine Muelltuete auf verwertbaren Inhalt. Ist der Mercado vielleicht gar kein Mercado mehr, sondern eine Kneipenmeile?? Schoen bunt jedenfalls ist alles, vor allem durch die orange- und gelbfarbenene Plastiksitzgarnituren der Firmen Schin und Skol. Einige Etablissements sehen jedenfalls sehr einladend aus. Ein Mann mit einem kleinen Karren schneidet Fischstuecke zurecht und preist uns diese auch gleich an. Als wir ablehnen , geht die Klappe am grossen Verkaufskasten hoch, vielleicht davon was?? Eis oder Kuehlung suchen wir vergeblich an und in der Kiste, wir verzichten mal besser dankend. Wir goennen uns ein Bier mit Blick auf einen weissen Sandstrand. Ob wir oben unter den Baeumen oder unten im Sand sitzen moechten fragt die Wirtin. Im Schatten, ist doch claro! Am Nebentisch verzehrt der Wirt Krebs. Nach pruefendem Klopfen auf den gekochten Koerper werden die Schalen mit den Zaehnen aufgeknackt und dann das Fleisch heraus gepult. Aus der offenen Kueche riecht es gut. Aber die Preise sind auch touristisch angepasst hoeher, fuer die grosse Flasche Skol zahlen wir hier 2 Reais mehr wie sonst ueberall. Uns zieht es jedenfalls weiter, gibt ja noch einiges zu entdecken. Schon nett hier, die Ufermeile. Und viele wirklich schoene Haeuser stehen hier, mit Blick auf die Bucht - wenn denn nicht die Zaeune oder Mauern so hoch und dicht waeren! Hinter einer Jasminhecke verbirgt sich ein besonders schoenes Haus mit wundervollem Garten und Pool. Daneben ein eher modernes Gebaude, sehr viel Glas und sehr edel anzuschauen. Schoener Wohnen live und in Farbe. Die Wehenbeschleunigungsrampen auf den Strassen werden gerade neu gepflastert. Aber viel e Autos bewegen sich hier eh nicht entlang. Dann kommt eine Reihe ueberraschend niedriger Mauern, kleine Pforten lassen den Besucher in handtuchschmale Gaerten und zu den am Ende liegenden Haeuschen - Reihenhaeuser a la Itaparica, sehr charmant wie wir finden und als Wochenendhaus sicher vollkommen ausreichend. Die Strassen der zweiten und dritten Reihe beherbergen deutlich mehr Gras und Unkraut zwischen den Pflastersteinen, die Haeuser allerdings sind oft ebenso nobel (oder sogar noch nobler) wie die der ersten Reihe. Man sieht ganz deutlich, dass hier viele wohlhabende Leute aus Salvador oder ganz Bahia hier ihre Feriendomizile und Zweitwohnsitze haben. Auch in der Marina spueren wir das und das bevorstehende Osterwochenende: man faehrt mit dem Motorboot vor, laedt die Einkaeufe und Koffer aus und das Motorboot wird von einem Skipper betreut, waehrend die Familie von dannen eilt. Ein Jetski eskortiert ein Sportboot. Das kann ja heiter werden, mit der Ruhe ist es wohl ueber Ostern eher nix. Den laut aller Aussagen vorhandenen Minimercado haben wir bei unserem Rundgang leider nicht gefunden. Morgen muessen wir wohl etwas frueher raus und uns auf den Weg zum grossen Bomprecco machen. Ostern steht vor der Tuer und damit auch Feiertage mit nicht geoeffneten Laeden. Wir werden es auch so ueberleben, aber ein kleiner Bedarf an frischen Waren ist schon vorhanden. Am Ankerplatz haben sich noch weitere Yachten eingefunden, die schwedische ASH kennen wir nun schon aus Mindelo und Salvador. Die sympathischen Schweden haben also auch den Weg hinter die Insel gefunden. Und links von uns ankern noch zwei unter brasilianischer Flagge fahrende Boote. Deutsche Yachten sind hier derzeit eher die Ausnahme. Schade eigentlich. Deutsch sprechen k?nnen wir trotzdem, mit Hermann von der Pacifico (Deutscher mit brasilianischem Pass) und Johann, ?sterreicher mit einer Brasilianerin verheiratet. Den Tag moechte der Kaeptn mit einem abendlichen Landgang kroenen. Also wieder alle Luken weitgehend dicht machen, abschliessen, in die Klamotten schmeissen und losdatteln. Der Rundgang durch den Ort offenbart unendlich viele Kneipen und Bars, wir entdecken eine Pastellaria, den kleinen Minimercado der auch ueber die Osterfeiertage geoeffnet hat, lauschen einer Gruppe Damen, die vor der Kirche stehend beten (warum vor der Kirche???), finden die zweite Kirche und landen zum Betthupferlbier im Mercado. Der ist wirklich nur noch ein Mercado fuer Getraenke. In allen Nischen und hinter jedem Rollladen verbirgt sich eine Bar oder Launchette (keine Ahnung, was das genau ist). Auf dem Rueckweg kommen wir mit Hermann ins Schnacken, der ist auf der Suche nach einem Eis. Am Steg der Marina ist es voll geworden, ein Motorboot liegt neben dem anderen, das Wasser wird blau angestrahlt, auf einem grossen Flachbildschirm in der Kajuete des groessten Motorbootes flimmern die Tagesnachrichten zu uns heraus, der Mond haengt noch ganz tief und rund ueber den Baumwipfeln. Ablaufendes Wasser. Ganz ruhig ist es wieder geworden am Ankerplatz, kein Wellenkraeuseln, kein Plaetschern, kein Wind, schlapp haengt unsere Ankerkette ins Wasser. Ungewohnt und schoen, so ein ruhiger Ankerplatz. Jetzt noch kristallklares Wasser ….. aber wir wollen ja nicht undankbar sein. Ist auch so schon schoen!

Fotos gibt es auch unter:

https://www.facebook.com/media/set/?set=a.655517107830854.1073741868.194932657222637&type=1

Traumhaus an der Waterfront von Itaparica - kamerüberwacht und mit hohem Zaun gesichert

Traumhaus an der Waterfront von Itaparica - kamerüberwacht und mit hohem Zaun gesichert

Die 2. Reihe sieht dann schon nicht mehr ganz soooo gepflegt aus

Die 2. Reihe sieht dann schon nicht mehr ganz soooo gepflegt aus

In Itaparica gibt es viele gepflegte Häuser - und mit Blick auf die Bucht sicherlich meistens als Ferienhaus genutzt

In Itaparica gibt es viele gepflegte Häuser - und mit Blick auf die Bucht sicherlich meistens als Ferienhaus genutzt

Ausflug mit dem Dinghi zur Sandbank

Ausflug mit dem Dinghi zur Sandbank

Itaparica

ES bewegt sich! Heut soll es also endlich sein, Liegeplatz am Termina do Nautico (mein Gott, wir waren schon wieder 10 Tage hier seit dem Werfttermin) ist bezahlt. Schnell noch mal per Skype mit den Kindern quatschen. Die sind natuerlich nicht alle erreichbar, in Deutschland ist der Tag auch schon gut vorangeschritten, waehrend wir hier noch Vormittag haben. Im Hafen quierlt das Wasser immer noch ordentlich durcheinander. An einigen Booten werden Festmacher erneuert oder zusaetzlich ausgebracht. Wir ruesten unsere zur Abfahrt um, entdecken dabei, dass sich unsere spiddelige Fussreling im Bugbereich an Backbord auch loest. Mist! Haetten wir die zweite Vorleine doch schon frueher im anderen Winkel belegen muessen. Naechstes Mal sind wir (hoffentlich) schlauer! Wie koennte es anders sein: ausgerechnet heute, wo wir los wollen, pustet der Wind etwas kraeftiger um den Steg. Sei es drum, das Wasser laeuft langsam wieder auf. Ideal, um nach Itaparica zu starten! Mit Schmackes preschen Skipper und Pferd, pardon: Boot, aus dem Hafenbereich. Ich hab zu tun (wie eigentlich immer), alle Leinen und Fender zu verstauen. Kurs 300? - o.k. genau in den dicken Ankerlieger voraus. Der wird sich freuen. Wir quetschen uns zwischen zwei dicken Poetten und einigen kleinen Fischerbooten durch. Die Genua ist ausgerollt und zieht so schoen, dass wir den Motor ausmachen koennen. Oder ist es doch die Stroemung, die hier den Hauptvortrieb liefert? Abfallen, anluven - iunsere Ideallinie liegt etwas weiter nach Steuerbord. Das passt gut fuer die Segelstellung. Leise plaetschert das Wasser neben uns her. Segeln ohne nennenswerte Wellen - wie grandios! Und ich muss unwillkuerlich an Coni von der Jou-Jou denken, die vom Bodensee schrieb: ?Segeln ohne Wellen und ohne Salzkruste auf allem - sooooo guat.’. So ist es auch jetzt, auch wenn das Salz noch vorhanden ist. Leichtfuessig laesst sich unsere Lady Richtung Itaparica schieben, einer Faehre geben wir Raum, die entgegenkommende weicht uns grosszuegig aus. Ganz schoener Faehrverkehr hier! Der Wind raumt und wir muessen die Genua shiften (fuer die Nichtsegler: der Wind kommt aus einer etwas anderen Richtung und wir muessen die Segelstellung veraendern). Das geht so ratzifatzi und ohne Vertuedeln und Tuetenbildung, dass mir der Mund vor Staunen offen steht. Warum geht das sonst nicht so reibungslos???? Seezeichen kommen in Sicht. Ganz schoen gross sind die, stehen auf dicken Betonsockeln und so recht wissen wir im ersten Moment gar nicht, an welcher Seite wir sie liegen lassen muessen. An die Aenderung der Farben muss man sich schon gewoehnen. Was gestern noch rechts war, ist heute links, wie beim Linksverkehr in England. Quasi. Und wie war das jetzt mit Norden? Ist der jetzt da, wo eigentlich Sueden ist? Also steht die Sonne im Norden, wo sie bei uns zuhause im Sueden steht? Ist Norden quasi Sueden und umgekehrt? Oder bin ich jetzt grad zu “schlicht” oder naiv oder was ?.. Eine Untiefentonne taucht auf, noerdlich zu umfahren - klare Kennung, klare Ansage. Wie war das jetzt mit Norden???? Siehe oben! Wir orientieren uns am Echolot und an der elektronischen Seekarte. Schon immer ein komisches Gefuehl, wenn die Tiefenanzeige von weit ueber 30 Metern rapide abwaerts saust, auf sage und schreibe 15 Meter :-)). “Geh mal mehr nach backbord, da vorne muss eine Stelle sein, die hat grad mal 1,20″ - 1,20!!! Oh my god!!!ich beruhige mich mit dem Mantra “wir haben auflaufendes Wasser, das ist die Angabe bei Niedrigwasser” - was mich aber auch nicht wirklich beruhigt. Mittlerweile sind wir zwischen der Untiefentonne und einer anderen gelben, bekreuzten Tonne durch und das Echolot zeigt tapfer irgendwas um die 6 Meter an. Mas o menos. Wir schleichen uns an die anderen Ankerlieger an, die zum Teil gar keine sind, weil an Moorings festgemacht. Der Skipper spricht mit dem Wasser bzw. unserem Vorstag, ich versteh nur Bahnhof und entscheide somit eigenstaendig, ob ich weiter voraus fahre oder vielleicht doch schon mal auskuppele und abbremse. Ah, weiter voraus soll ich. Finde ich ja jetzt nicht so gut, hier waere doch schon ein schoener Platz, um den Anker fallen zu lassen - die uebliche, leicht einseitige Diskussion. Weil Skipper ja mit dem Vorstag spricht und ich nur verhalten vor mich hin brummele. Nicht dass es nachher wieder heisst, ich wuerde hysterisch schreien?. Als wir einem roten, mooringgesicherten Boot sehr nahe sind, lassen wir dann den Anker fallen, geben Kette, geben nochmal Kette. “Hast Du den Rueckwaertsgang drin??” - hab ich! Aber gleich nicht mehr. Erstmal schauen, ob unser Ankerlein haelt. Er haelt! Da kann ich ja getrost wieder rueckwaerts geben, vielleicht mit etwas mehr Schmackes, sprich Gas? Anker haelt immer noch. Wo ist eigentlich unsere Ankerboje, die quietschgelbe?? Oeh, ja, irgendwie so ca. 1 Meter unter Wasser?.. keine Ahnung warum. Tauchboje halt. Die taucht was, aber taugt irgendwie zur Markierung nix. Wir geben noch ein bisserl Kette, es koennte ja ein Sturm aufkommen. Dann wird die Ankerkralle eingepickt und die Maschine ist auch endlich aus. Zeit, fuer einen Rundumblick. Der faellt auch auf mein Dekollete und meine Arme ?. Wann ist das denn passiert?? Alles ist deutlich geroetet, auch die bereits braunen Partien. Und einige Bereiche wirken jetzt wieder kaesweiss, aber das wollen wir jetzt hier nicht im Detail vertiefen. Des Skippers Ruecken sieht auch irgendwie anders aus wie noch heut frueh und meiner meldet sich mit einem leichten Waermegefuehl energisch zu Wort. Die Landschaft um uns herum ist aber trotzdem schoen. Kleine, bunte Haeuschen reihen sich am Ufer aneinander, eine alte Kirche thront stolz ueber den Baumwipfeln. Viel Gruen, Strand, die Marina. Einige kleine traditionelle Segelboote gleiten ueber die Bucht. Weit hinten steigt Rauch auf. Ruhig ist es hier, unglaublich ruhig und trotzdem sind Gerauesche zu hoeren. Aber alles so ganz anders wie in Salvador. Laendlich eben. Das Wasser allerdings macht jetzt keinen so schwimm-verlockenden Eindruck. Was treibt denn da alles drin rum?? Wir machen erst einmal Sonnensegel und Dinghi klar. Ersteres ist immens wichtig, weil die Sonne unbarmherzig von oben runterbretzelt und wir ja eh schon das Fell verbrannt haben. Ich lechze nach einem Zisch-Getraenk und finde es in Form von frozen Guarana Saft. So ein Tiefkuehler ist gar nicht sooo schlecht. Das schmeckt richtig gut, der ideale Sundowner oder Ankerschluck. Und auch noch stilvoll im BVB-Glas. Wenn das kein Foto wert ist! Dinghi samt Aussenborder sind schnell einsatzbereit. Zwischenzeitlich sind unsere neusselaendischen Nachbarn, Charlotte und Serge mit ihrer “Kuaka” angekommen und ankern in Sichtweite von uns. Ansonsten sind offenbar nur drei weitere Boote bewohnt. Alle anderen wirken irgendwie verlassen. Itaparica - hier soll es am 31.3. zu einem ?berfall auf ein brasilianisch-deutsches Seglerpaar gekommen sein, mit Macheten. Die Segler mussten ins Krankenhaus. Ob der Ueberfall (mit Macheten) auf dem Ankerplatz hier vor der Marina passiert ist, darueber laesst sich keiner genau aus. Mer waas es net, mer munkelt nur - wie es im Hessenlaendle so passend heisst. Wir munkeln positiv und gehen nicht in die Marina. Sind auch etwas unsicher, ob wir dort ueberhaupt mit unserem Tiefgang einen Platz bekaemen. Aber auch das ist nur gemunkelt. Nein, eigentlich tut unserer Bordkasse so eine Zeit vor Anker auch mal ganz gut. Und naechste Woche muessen wir zwangsweise wieder in die Marina, denn dann sollen unsere Bandito-Schutzgitter angepasst und geliefert werden. Werner fiebert dem Landgang entgegen. Jetzt muss die Frau auch noch Fotos bearbeiten. Hat das nicht Zeit bis spaeter?? Er spricht es nicht aus, ist aber die Ungeduld in Person. Also Landgang. Wir tuckern einmal rund um die Marina, ein Marinero macht uns per Zeichensprache klar, wo wir mit dem Dinghi anlanden koennen. Wir bequem, am Steg festzumachen. Bezahlen muessen wir nix, Zugang zu den Stegen ist bis 22 Uhr gewaehrleistet. Kein Problem, wir sind ja eh nicht so die Nachtschwaermer. Ein erster Rundgang durch den Ort, Kostprobe von der ueberall beschriebenen Trinkwasserquelle. Auch hier ueberall Polizeistationen und entsprechend viele Beamte, meist auf einem Klumpen. Ob die auch Schiss vor Banditos mit Macheten haben??? Wir finden auf Anhieb eine Chocolateria, die wir aber (noch) weitgehend unbeachtet llinks liegen lasssen. Dafuer gehen wir rechts Broetchen fuers Fruehstueck einkaufen. Eine abgekuerzte Runde durch das Centro Historico, Rueckweg an der Uferpromenade mit Bars, einem Fahrradweg!!!! Und einigen Haeusern, die wohl nicht ganz so unbetuchten Brasilianern als Wochenendwohnsitz dienen. An einer kleinen Bootsrampe plantschen Kinder im Wasser, spielen mit den Hunden waehrend ihre Muetter in der kleinen Bar gegenueber sitzen, ratschen, das Handy quaelen und Pepsi Cola trinken. Ein kleiner quengelt solange, bis Mama sich bequemt und mit ihm zu den anderen Kindern geht. Aha, der darf wohl noch nicht alleine ans Wasser. Ein Hund beschnuffelt sehr interessiert Werners Croq, der riecht bestimmt nach Salvador, nach grosser weiter Hundewelt. Scheint aber kein abendfuellendes Programm fuer den Wuffi zu sein, er spielt lieber mit seinen realen Kollegen weiter. Auf der anderen Seite der Bucht geht die Sonne unter - kitschigschoen. Und Zeit, um an Bord zurueck zu kommen, das Ankerlicht anzuzuenden und den Moskitos hier an Land zu entgehen. “Wir haetten noch weiter nach vorne gehen koennen, das waere besser gewesen”. Warum??? Ich finde unseren Platz gut, wir haben ausreichend Raum zu allen anderen Booten. Wegen der Sicherheit meint der Skipper, so sind wir fast die Letzten am Ankerfeld. Ob uns das was nuetzen wuerde im Ernstfall, weiter drin zu liegen? Ich wage es zu bezweifeln. Jetzt ist der Kaes eh gegessen, neu ankern machen wir ja eh nicht. Auf dem Heimweg statten wir der Kuaka noch einen Besuch ab. Die Crew hat sich schon mit dem Nachbarn zur Steuerbordseite hin ausgetauscht. Sind wohl Brasilianer und liegen schon seit November hier, finden es einfach toll. Und Moskitos gaebe es keine. Das ist doch ne Ansage. Schwimmen gehen alle auch schon seit November - und haben laut Serge keine merkwuerdigen roten Pusteln am Koerper. Mal sehen, vielleicht kann ich mich ja auch noch uberwinden und huepfe in die zwar tuerkisblauen aber trotzdem nicht wirklich klaren Fluten. Uber dem Ort geht der Mond auf, dick und rund. Und trotzdem erhellt das Ankerlicht des Nachbarn das Wasser mehr wie der Mondschein. Ein Hundekonzert untermalt kirchlichen Gesang ebenso wie ein kurzes Trommelintermezzo. Ganz ruhig liegt unser Schiff, das Wasser kraeuselt sich nur sanft, kein Wind, keine Wellen. Ankerkette und Ruckdaempfer haengen lasch vom Bug herab. Kein Rucken, kein knarzen. So ruhig kann Ankern sein.

Blauweisser Ankerplatz vor Itaparica

Blauweisser Ankerplatz vor Itaparica

Nur mit der Genua geht es nach Itaparica

Nur mit der Genua geht es nach Itaparica

Die Fonte Bica - eine Quelle mit wirklich gutem Wasser. Frei für jeden zugänglich. Klar, dass sich die Segler hier alle versorgen!

Die Fonte Bica - eine Quelle mit wirklich gutem Wasser. Frei für jeden zugänglich. Klar, dass sich die Segler hier alle versorgen!

Uferstrasse - hier haben die Reichen ihre Domizile mit Meerblick

Uferstrasse - hier haben die Reichen ihre Domizile mit Meerblick

Naechtlicher Hafentanz

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00:20 - Lautes Rufen draussen, der Motor einer letzten Faehre brodelt verhalten aber relativ dicht an unserem Heck vorbei. Gabi oder Ingrid oder keine von Beiden? Rangieren,dann wird der Motor leiser, das Geraeusch erstirbt. Und mit ihm herrscht - ganz ungewohnt - vollkommene Ruhe! Kein Auto, kein Bus, keine Stimmen sind zu hoeren. Die Stadt schweigt. Ein Zustand, der nicht lange anhaelt. Der Steg erwacht und mit ihm die an ihm festgemachten Boote. Kein Wind und doch tanzen die Schiffe. Die Poller an welchen die Stege befestigt sind quietschen und aechzen. Metallisches Kreischen und Schnarren wenn sich die Stege mit der Tide aufwaerts bewegen. Schiffe rucken in ihre Festmacher ein, schwanken von links nach rechts, von vorn nach hinten. Ein mysterioser Schwell steht in den Hafen, bringt alles in eine unkontrollierte heftige Bewegung und belastet alles an Material. Irgendwo klappert ein Rigg.

Das Steuerrad bewegt sich wie von einem unsichtbaren Rudergaenger bewegt waehrend die Vorleinen ruckartig stramm kommen und heftig an der jeweiligen Klampe ziehen. Irgendwo quietscht es ganz laut.Die Marineros kontrollieren den Steg und die Boote, gehen auf unbewohnte Schiffe , pruefen Festmacher, Mooringleinen und bringen bei Bedarf noch zusaetzliche Fender aus.Einer steht lange Zeit am Heck der Segelyacht gegenueber, die einem Einheimischen gehoert und nicht bewohnt ist. Pruefende Blicke zu den anderen Schiffen, der Kontrollgang wird fortgesetzt.

An Land sind wieder Stimmen zu hoeren, leise Musik, hin und wieder faehrt auch ein Auto am Mercado Modelo entlang. 01:07 — wie sich die Welt akustisch innerhalb einer halben Stunde veraendern kann von eben noch ganz ruhig, als waere sie irgendwie leer geworden, zu verhalten belebt. Mit Pfiffen, Hundegebell, Strassengeraeuschen, Stimmen.

Am Himmel ziehen dicke, weisse Wolken entlang. Kein Lufthauch sorgt fuer Abkuehlung. Man sitzt einfach nur so da und schwitzt. Oder liegt das doch auch an meinen Hitzewallungen? An der Kaimauer gurgelt und strudelt das Wasser unter einen dort befestigten Steg.Von der Bucht her brummt der Motor eines grossen Frachters gedaempft herueber. Und ueber allem wacht der beleuchtete Elevador.

Der Kaeptn schlaeft derweil von allem gaenzlich unbeeindruckt ganz fest und tief.

Ein leichter Wind kommt auf und ich werde mich auch wieder in die Koje verziehen, noch eine Weile den Geraeuschen lauschen, alle Veraenderungen wahrnehmen und hoffentlich doch irgendwann auch wieder einschlafen. … vielleicht auch erst gegen Morgen, wenn es schon wieder hell wird, halb Salvador auf den Beinen ist und die Linienbusse wieder ihre Wettrennen durch Salvadors Schlagloecher aufnehmen.

Ein ganz normaler Sonntag

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Ein ganz normaler Sonntag in Salvador oder Fussball in Brasilien

Sonntag ist Fussballtag. Die Stadt ist auffallend ruhig, die brummelnde Vielfalt der kleinen Faehren hier im Hafen ist auf ein Minimum geschrumpft. Der Strassenverkehr ist sowieso reduziert am Wochenende und keines der zahlreichen, hier am Steg liegenden Motorboote laeuft aus - sehr ungewoehnlich!

Doch dann passiert es: Troeten, vielstimmiges Geschrei und Gejubel, Autohupen und sogar Silvesterboeller knallen!! Spaetestens jetzt wissen wir, dass ein Fussballspiel stattfindet — wo auch immer da wer gegen wen spielt.

Kuendet der Jubel und alles vom Ende des Spiels?? Weit gefehlt, gespannte Ruhe folgt fuerr ca. 15-20 Minuten, dann faellt wohl das naechste Tor fuer die favorisierte Mannschaft. Frenetische Begeisterungsstuerme - DAS muss richtig gut gewesen sein! Spiel jetzt aus weil noch mehr Boeller???

Nix da, weiter geht es und erst die dritte Jubelrunde, gekroent von einem Autokorso (aus zwei Autos bestehend) rund um den Mercado Modelo kuenden vom Spielende.

Wie es hier wohl waehrend der WM 2014 zugehen mag? Ob es auch Public Viewing gibt wie bei uns? Den Buehnen nach zu urteilen, die schon fuer die Osterfeierlichkeiten hier allerorten aufgebaut werden, ganz sicherlich! Und einen Platz im grossen Stadion der Stadt koennen sich sicherlich nur wenige fussballbegeisterte Brasilianer leisten.

Nachtschwaermer im Pelourinho

Abendlicher Ausflug ins Pelourinho.

Mit Serge und Charlotte, unseren neuseeländisch-schweizerischen Nachbarn, stürzen wir uns ins abendliche Salvador. Vorsichtshalber schon um 18 Uhr, zu dieser Zeit erscheint es uns ungefährlich, mit dem Elevador in die Oberstadt zu fahren. Wir bummeln durch die Gassen, finden eine Kneipe mit Livemusik und trinken leckere Caipirinhas. Für die Musik müssen wir dann zahlen, den entsprechenden Hinweis auf der Getränkekarte hatten wir glatt übersehen. Mit 3 Reais pro Person ist das aber noch moderat. Trotzdem sind wir gewarnt, es kann auch mehr verlangt werden! Einige der zahlreichen Kirchen sind heute abend geöffnet. Die Igreja e Convento de Sao Francisco ist ganz besonders prunkvoll ausgestattet und sehr effektvoll werden die vielen goldenen Ornamente partiell rot angestrahlt. Hier findet heute ein Konzert mit Kirchenmusik statt, die Kirche ist entsprechend gut gefüllt. Überhaupt sind heute Abend auffallend viele extrem gut gekleidete Brasilianer zu Fuss unterwegs und ebenso auffallend viele Autos sind entweder geparkt oder quetschen sich im Schritttempo durch die schmalen Gassen.

Charlotte hat bislang noch keines der Touristinfobüros gefunden und so zeigen wir ihr das SAT, das sogar noch geöffnet ist. Sie ergattert einen Stadtplan, auf dem Ober- und Unterstadt dargestellt sind.

In der nächsten Kirche, am Terreiro de Jesus, soll morgen auch ein Konzert stattfinden, die Türen sind schon heute weit offen und geben den Blick auf eine wieder festlich gekleidete Menschenmenge frei. Blumenschmuck, Fotos werden gemacht – Hochzeit?? Ohne Brautpaar?? Wir drehen wieder ab, suchen uns in einer anderen Seitengasse die nächste Bar. Hier sitzen wir mitten im Trubel: Fernseher, Musik, Stimmengewirr. Eine unbeschreibliche Kakophonie, Werner haelt sich die Ohren zu, schüttelt mit dem Kopf. Ständig steht irgendjemand am Tisch und will etwas verkaufen. Die Palette reicht von gegrilltem Käse (der mobile Grill wird einsatzfähig mitgeschleppt) über poppende Vasco da Gamas zu Rosen aus irgendwelchen grünen Palmblättern gedreht.

Auf einem Balkongeländer am Haus gegenüber sitzt ein grosses, weisses Huhn – wie hingeklebt. Da wackelt keine Feder. Sitzt das schon die ganze Zeit dort? Aber wer schaut auch schon am Abend nach oben, bei dem Pflaster hier in den Gassen. Plötzlich noch mehr Tumult auf der Strasse direkt vor uns. Erregte Stimmen, Menschen treten auf das Pflaster, stochern mit einem Stöckchen in den Ritzen zwischen den Steinen, versuchen mit Papier etwas zu packen: eine kleine Schlange windet sich in den Fugen der Pflastersteine, umsonst, kein Entkommen möglich. Zuletzt wird sie vom Wirt unserer Bar zertreten und irgendwo entsorgt. Ob sie wirklich so gefährlich war? Oder haben die Städter hier einfach kein Verhältnis zur Tierwelt? Wir können es nicht beurteilen, sind aber schon merkwürdig berührt von der Szene, trinken unser Bier aus und wandern weiter. Noch einmal quer über die Plätze und dann zurück zum Aufzug. Da es noch früh ist und vor dem Aufzug nur Frauen stehen, wagen wir uns auch hinein und fahren problemlos in die Unterstadt. Wir diskutieren noch eine Weile darüber, dass die Brasilianer hier ihren Reichtum in Form von Schmuck, Handys und Fotoapparaten ganz ungezwungen zur Schau stellen, wogegen wir uns schon scheuen, überhaupt etwas mitzunehmen oder gar in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Übervorsichtig? Nach Werners Erfahrung einfach nur sensibilisiert. Aber in unserer 4-Gruppe fühlen wir uns ja auch etwas sicherer. Und Serge kann mir seine Fotos von diesem Abend ja überspielen :-))

Vom Aufzug zum Mercado Modelo die Strasse querend stellen wir fest, dass diese frisch geteert ist – wann ist das denn passiert, war das vorhin auch schon so??? Tatsaechlich stehen auf der anderen Seite des Mercado noch die Teermaschinen, da tut sich also noch mehr. Wird aber auch Zeit, bevor ganze Busse in den Schlagloechern hier verschwinden und nicht nur die Reifen der PKWs. Eine Busfahrt hier in Salvador ist fuer Schwangere der reinste Wehenbeschleuniger und wir haben schon parkende Autos gesehen, unter deren Hinterreifen die Strasse einfach weggesackt war.

Am Steg bewundern wir noch kurz die Bade-Stegleiter einer belgisch-französischen Ketsch. Eine italienische Segelyacht läuft noch ein und macht unter Assistenz des Securitybeamten fest. Nachts hier einlaufen – nee, das muss nicht sein. Obwohl es heute Abend ausgesprochen ruhig ist hier im Hafen, kaum eine der laut brummenden Faehren ist zu sehen oder zu hoeren. Also Gute Nacht, morgen heisst es frueh aufstehen – wir wollen noch einmal nach Lapa, uns ins Einkaufsgetuemmel stuerzen. Und eine Simcard fuer Wifi will auch noch besorgt werden. Dafuer muessen wir dann wieder ins Shoppingcenter.

Und so ganz allmaehlich planen wir dann auch mal den Trip nach Itaparica. Naechste Woche waere vielleicht eine gute Zeit dafuer ….

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