Sonntag, 30.03.2014

Der Tag vergeht mit faulenzen an Bord. Gegen Abend dann aber ausgedehnte Tonproben von der grossen Buehne am Mercado Modelo. Heute soll es – nach einem Tag Pause gestern – wieder ein Konzert geben. Das lassen wir uns natuerlich nicht entgehen! Als der Ruf der Trommeln immer staerker wird, schmeissen wir uns in Schale und Flip-Flops und wackeln los.

Wieder Polizeikontrolle – alle werden wie auf dem Flughafen abgescannt. Wir finden wieder ein nettes Plaetzchen in der Naehe der Buehne mit einigem Platz um uns rum, kein allzu grosses Gedraenge und doch gute Sicht aufs Geschehen.

Auf der Buehne tobt sich eine fantasievoll gekleidete Gruppe gesanglich wie auch taenzerisch aus. Dazu werden besagte Trommeln geschlagen. Wir sind begeistert. Da uns am Freitagabend beim ersten Konzert ja auch nix passiert ist, sind wir mutig und haben Werners Mobilfon wieder mitgenommen um das ganze in Ton und Bild festzuhalten. „Steck es doch in die Brusttasche deines Hemdes, da ist es sicherer“ spricht die Bordfrau und der Kaeptn gehorcht, wenn auch widerstrebend. Haette ich das Teil mal lieber in meinen Ausschnitt gepackt! Wenig spaeter zupft mich die Nachbarin und ich verstehe nur irgendwas mit „marido“ – ei wo iss er denn?? Weg!!! Gibt’s ja gar nicht, ist er umgekippt, hat er sich klammheimlich hinter meinem Ruecken mit einer Brasilanerin verdrueckt?? Weder noch – er spurtet einem Taschendieb hinterher, erwischt ihn fast, wird von einem unbekannten dritten Mitspieler ebenfalls umgeworfen, verliert den Taeter aus dem Griff und auch aus den Augen – Dieb weg, Handy weg. Und die sehr praesente Policia schaut nur nix verstehend und untaetig zu!

„Einer hat mir von hinten die Arme festgehalten und ein zweiter hat das Handy aus der Tasche gezogen, das ging ja dann ganz leicht, konnte mich nicht wehren. Dann sind beide in verschiedene Richtungen davon gelaufen und ich dem Dieb hinterher“.

Wir sind erstmal geschockt und fassungslos. Jetzt ist es uns also doch passiert: Wir sind bestohlen worden. Und ausgerechnet das Handy. Alles andere waere auch aergerlich, aber das Mobilfon schmerzt doppelt. Jetzt erstmal die Karte sperren – aha, geht online! Pustekuchen, ohne spezielle Zugangsdaten (die in Deutschland schon sanft schlummern) geht da nix. Also Hotline anrufen. Wieso geht das nicht????? Aha-Erlebnis: statt 00 ein Pluszeichen gedrueckt und schon geht der Ruf durch. Jetzt kommt eine Bandansage: die Nummer hat sich geaendert. Aufstoehnen, gibt’s ja gar nicht!!! Also neue Nummer notieren, waehlen. Oh Wunder, keine stundenlange Warteschleife sondern sofort eine menschliche Stimme live am Ohr!! Die fackelt auch nicht lange mit Zugangsdaten, sondern sperrt die Karte pronto. Testanruf bestaetigt dies.

Jetzt sind wir schon mal etwas entspannter. Schade, dass wir die Handysuchfunktion nicht aktiviert hatten. Dann koennten wir das Teil vielleicht noch orten, falls es ins Internet einloggt. Oder haetten eine SMS schicken koennen mit Loesegeldangebot. So machen wir uns noch einmal auf den Weg, vielleicht ist der Dieb ja so dreist und laeuft immer noch auf dem Platz rum, auf der Suche nach weiteren Opfern. DEM Dieb begegnen wir nicht. Dafuer geraten wir nach wenigen Metern ins richtig dicke Getuemmel und Werner wird noch einmal von 3 Typen in die Zange genommen. Zwei bedraengen ihn von vorn und von der Seite , ein dritter taucht dicht hinter ihm auf und will schon an die Hosentasche fassen. Da hat er aber die Rechnung ohne mich gemacht, die ich nur wenige Schrite hinter Werner bin. Ich hau ihm feste auf den Arm und ratzfatz sind die Kerle verschwunden. Aufgeregt und mit funkelnden Augen versuchen einige Senhoras mir/uns irgendwas mitzuteilen. Nix verstehen. Und claro, ICH hab mein Handy und Geld etc. ja am Busen verwahrt, so wie die Damen auch. Nur die Maenner denken ja, sie seien gefeit und wuerden den Griff in die Hosentasche mitbekommen. Den bekommt man ja auch mit, aber man hat bei dieser Art „Ueberfall“ keine Chance, sich wirklich dagegen zu wehren. Es sei denn, man gehoert zur Gattung vielarmige Krake. Ich will jetzt nur noch weg hier – der Geruch nach Alkohol, Parfuem, die laute Musik, das Gedraenge bringt mich in Wallung und beschert mir Dauerschweissausbrueche. Werner die Hand fest an der Tasche, ich dicht hinter ihm schubsen wir uns Richtung Ausgang. Den Rest des Konzertes hoeren wir aus sicherer Distanz im Cockpit unseres Schiffes. Was fuer ein Abend! Wir beschliessen, es positiv zu sehen: Wir sind nicht mit Waffen bedroht worden und mussten nicht um unser Leben fuerchten. Die Daten auf dem Handy sind zum Teil rekonstruierbar und die Fotos sind auch teilweise gesichert. Und das naechste Mal bleibt alles an Bord.