Um 4 frueh weckt mich das Brummen eines Schiffsdiesels. Wenige Stunden spaeter ist die ganze Flotte von 5 Fischerbooten verschwunden. Das hatte ich dann aber irgendwie nicht mehr mitbekommen, die Muedigkeit war wohl staerker wie jedes Dieselbrummen. Wir gehen in den Ort, Ferreteria und Touristinof sind unsere Ziele. In Puerto de Soller ist von einem Tag auf den naechsten Sommer-Urlaubszeit ausgebrochen! Am Wochenende herrschte noch meist gaehnende Leere in den Restaurants und Bars, der Strand blieb fast unbeachtet. Und das trotz doch schon sommerlicher Temperaturen. Heute dann das krasse Gegenteil: vollbesetzte Restauranttische, die alte Strassenbahn bimmelt fast ununterbrochen Menschen von den Gleisen, am Strand sind viele Liegen besetzt und kleine Kinder plantschen mit Wonne im Wasser.

Spontan haben wir uns fuer einen weiteren Luxustag in der Marina entschieden. Der Ankerplatz ist gut gefuellt und ehrlich gesagt: mich zieht es nicht so wirklich dorthin. Aber nutzt ja nix: Morgen gehen wir definitiv vor Anker.Obwohl – so ein Bad vom Schiff aus erscheint mir bei der Waerme irgendwie auch ganz reizvoll. Ich nutze die Landverbindung zu einem Alleinspaziergang zum Leuchtturm.am Cap Gros. Werner ist es zu warm, zu weit und ueberhaupt. Er bummelt noch die Promenade ein Stueck mit mir entlang, ich fotografiere nochmal alles, was mir vor die Linse kommt. Dann trennen sich unsere Wege und ich spaziere frohgemut den Berg auf der anderen Seite der Bucht hinauf.

In Serpentinen schlaengelt sich die Strasse Richtung Leuchtturm. Noble Haeuser pressen sich eng an die Felswand, haengen foermlich ueber dem felsigen Abgrund und ueber dem Wasser. Einen fantastischen Ausblick hat man von hier. In einem modernen, kubistischen Neubau sind hinter den grossen Glasfronten diverse Fitnessgeraete erkennbar, das Balkon“gelaender“ besteht ebenfalls aus Glasplatten. Da hat man sicher das Gefuehl, uebers Wasser zu laufen, wenn auch nur mit dem Hometrainer…. Fuer mich waere das ja jetzt eher nix und gemaess diverser Feng-Shui-Lehren ist das auch nicht so das wahre Wohngefuehl. Aber diese Gedanken fange ich schnell wieder ein. Im Haus nebenan gibt es massive und haltgebende Gelaender. Alles steht unter permanenter Bewachung – wenn schon nicht permanent bewohnt.

Ziegen klettern in den unbebauten Haengen herum. Viele Felsen sind durchloechert wie Schweizer Kaese. Ein ganz feiner, sehr dezent-suesser Duft haengt zeitweise in der Luft. Unten in der Bucht liegt eine riesige Motoryacht. Das Schlauch-Beiboot ist wahrscheinlich nicht viel kleiner wie unser Schiff. Eine fast genauso grosse Segelyacht laeuft majestaetisch in der Duenung wippend aus. Einige Wanderer kommen mir entgegen, Autos fahren zum Glueck nur wenige die enge Strasse hinauf oder hinunter. Dafuer strampeln sogar einige Radler hier hinauf – Hut ab, da wuerd‘ es mich zerbroeseln.

Mit geroetetem Gesicht erreiche ich das Ziel meiner Wuensche. Natuerlich abgesperrt und hinterm Zaun ganz unzugaenglich. Eine Ziege als Wachpersonal. Darueber ein kleines, nett aussehendes Lokal mit natuerlich phaenomenaler Aussicht auf die Bucht, den anderen Leuchtturm, auf Puerto de Soller und die dahinter liegende Bergkette. Traumhaft! Ein Stueck weiter liegt dann das schlicht wirkende Refugio Muleta. Ein Schild weist es sowohl als Herberge als auch als Jausenstation aus. Steinmauern um- und durchziehen das Grundstueck, Olivenbaeume spenden Schatten. Kurz danach fuehren ausgeschilderte Wanderwege die Kueste entlang. Aber dafuer fehlt mir die passende Ausruestung: Wasserflasche, festes Schuhwerk und vor allem: ein Sonnenhut! Unerbittlich brennt die Sonne vom strahlendblauen Himmel. Unter mir liegt das Mittelmeer, weiss betupft mit von hier aus soooo klein wirkenden Segelbooten.

Nur scher reisse ich mich von An- und Ausblick los. Unter mir liegt die Bucht von Puerto de Soller, Eingerahmt von den Bergen und irgendwo dahinten liegt dann auch noch Soller. Diesen Anblick kann ich den kompletten Rueckweg aus immer wieder wechselnden Perspektiven geniessen.

Im Ort unten noch ein kurzer Abstecher in die kleinen Strassen der 2. Reihe. Hier stehen ebenfalls huebsche Wohnhaueser aber auch die Rueckseiten der Hotels sind zu bewundern. Koennte aber schlimmer sein :-)! Auf einem unbebauten Grundstueck sind Bootswracks und eine komplette Schwimmbadrutsche deponiert.

An der Strassenbahn-Haltestelle vorbei komme ich wieder auf die Strandpromenade. Aber jetzt gibt es kein Halten mehr fuer mich: Schuhe aus und ab zum Strand. Im Brandungssaum geht es zurueck zum Hafen. Croqs sind schon sehr praktisch, gerade fuer solche Strandspaziergaenge….!

Schiff und Skipper doesen traege in der Spaetnachmittagssonne vor sich hin. Mit letzter Kraft hieve ich mich unsere Bugleiter hinauf. Vorerst ist mein Bewegungsbedarf gedeckt. Aber Werner kennt kein Erbarmen und so kommt mein rechter Arm noch in den Genuss eines Postkarten-Schreib-Marathons! Gleich 10 dieser seltenen Spezies werden geschrieben und mit Briefmarken versehen. Und ja nicht den gleichen Text fuer alle! Nein, Kreativitaet ist angesagt. Wenigstens haben wir mittlerweile fast alle Adressen komplett. Gar nicht so einfach, im Zeitalter von Emails und www!!! Haette nie fuer moeglich gehalten, dass ich in meinem Leben nochmal so viele Postkarten schreiben wuerde!!!

Als es dunkel wird, schallt Livemusik von einem der Restaurants herueber, sehr angenehm. Die Promenade an der Steganlage ist kaum noch frequentiert, nur vereinzelt spazieren Leute an den Booten vorbei, das Leben spielt sich jetzt weiter vorne in der Restaurantmeile ab. Auch auf den heimgekehrten Fischerbooten ist Ruhe eingekehrt. Der Fang ist verarbeitet und abtransportiert, die diese Vorgaenge genauestens beobachtende Menschentraube hat sich laengst wieder aufgeloest. Nur noch die Netze auf dem Kai zeugen von Aktivitaet.