Der Himmel ueber Puerto Andraitx ist graeulich, nicht besonders einladend. Ein Blick in die Gribfiles von Zygrib laesst uns die Leinen von der Mooring loesen. Vor uns sind bereits einige Yachten ausgelaufen, eine ist rein gekommen. Die hat sich vorher offenbar auch nicht via VHF Kanal 09 angemeldet. Denn die so liebevoll geangelte Mooring plumpst wieder ins Wasser, der herbei geeilte Marinero weist zu einer anderen und dann ist das Boot endlich auch fest. Auf der englischen Yacht neben uns sind wie aus dem Nichts die Eigner aufgetaucht: ein aelteres Paar, das nach einem kurzen Ausflug mit dem Boot Richtung Marina liebevoll das Schiff schrubbt - mit Salzwasser. Hmm, besser salzig als schmutzig? Darueber muss ich wohl nochmal nachdenken. Wir gehen jedenfalls raus und setzen auch ganz mutig unser Grosssegel. Aber erstmal muessen wir einen grossen Bogen um ein vorgelagertes Cap schlagen. Man kann zwar auch zwischen der Hauptinsel und dem Cap durch eine recht breite Luecke fahren. Aber im Revierfuehrer ist die Rede von Stellnetzen - das ist ja jetzt so eher nicht das, was wir suchen. Also aussenrum. Und wenn wir diesen Weg nicht genommen haetten, waeren uns spektakulaere Aus- und Ansichten entgangen. Ein huebscher Leuchtturm und ganz oben auf dem hoechsten Zipfel steht etwas, das sieht aus wie ein Haus mit Turm. Was fuer eine Wohnlage! Wenn auch etwas schwierig erreichbar.

Cap bei Puerto de Andraitx, Mallorca

Cap bei Puerto de Andraitx, Mallorca

Der Fels ist durchzogen von Graten, Spalten und Hoehlen. Steil geht es hier ins Wasser. Wir runden das Cap, rollen die Genua aus und koennen doch tatsaechlich segeln. Langsam zwar, aber wir kommen vorwaerts und so langsam fuehlt sich das irgendwie auch gar nicht mal an. Gefuehlvolles Steuern ist angesagt: einerseits wollen wir moeglichst unseren Kurs halten, andererseits soll eine gewisse Geschwindigkeit erreicht werden und vor allem: sollen die Segel nicht staendig killen. Mit 30-32 Grad geht es hoch am Wind an der Nordwestkueste Mallorcas entlang. Die ist gepraegt von steilen, aber auch zerkluefteten Felswaenden. Die praesentieren sich in verschiedenen Farbnuancen. Am staerksten beeindruckt uns das stellenweise sichtbare tiefdunkle Rot. Beeindruckend auch, wo hier ueberall gebaut wurde. Und das ganz offenbar nicht erst in juengster Zeit. Ein uns besonders gut gefallendes Haus steht ganz alleine relativ weit unten am Wasser. Wir suchen die ganze Umgebung des Hauses nach einem Zufahrtsweg ab - lange Zeit vergeblich. Bis sich die Perspektive etwas aendert und die Mauern eines in engen Serpentinen bergab fuehrenden Weges erkennbar werden. Aha, also doch nix nur fuer Wanderer oder Gebirgsziegen.

Mittlerweile hat der Wind mal nachgelassen, mal wieder zugelegt. Aber tendenziell kommt er einfach zu sehr aus Ost und nicht wie vorhergesagt noch aus Nord. Irgendwann sind wir das staendige Motor an-Motor aus, Genua rein-raus auch leid und laufen - wie einige andere Boote auch - nur noch unter Maschine. Die Welle hat auch wieder etwas zugelegt und wenn man nicht so recht segeln kann, macht das nicht so wirklich viel Spass. Aber Landschaft gucken ist auch schoen. Die ebenfalls Leuchtturmbestueckte Huk von Puerto de Soller kommt in Sicht. Wir biegen in die Bucht ein und - upps, was liegt da fuer ein Koffer quer in der Hafenzufahrt? Wo kann man denn da mal vorbei bitte? Im Naeherkommen ist das geparkte Segelboot nur noch halb so gross, es ist genug Platz um vorbeizufahren. Und wo bitte ankern wir jetzt? Werner kreiselt durch die teils an Mooring, teils vor eigenem Anker liegenden Boote. Der ideale Platz ist leider belegt - von einem Optimist ohne Rigg. Frechheit. Weiter vorne ist es mir zu dicht an den gelben Begrenzungsbojen. Wir legen unseren zwischen einen schoenen Schoner und ein modernes GFK-Boot, geben Kette und stellen fest: wir haetten ruhig noch ein paar Meter weiter vorne unseren Anker fallen lassen koennen.

"Zimmer" mit Aussicht

So ein klein wenig liegen wir zu dicht an der Hafenzufahrt finden wir. Kaum sind wir richtig fest, geht das grosse Segelboot ankerauf und verlaesst die Bucht. Kurze Zeit spaeter geht ein mit zahlreichen Leuten besetztes 45 Fuss Schiff ebenfalls ankerauf und verzieht sich in die Marina. Pfff, das waere auch ein guter Platz fuer uns gewesen, haetten die sich nicht ne halbe Stunde eher verkruemeln koennen? Egal. Hier haben wir jedenfalls definitiv einen Logenplatz auf die Bucht, die beiden Leuchttuerme die jetzt ins blinken kommen und einen wirklich schoenen Sonnenuntergang bzw. Abendhimmel. Ein letztes Mal (fuer heute) koennen wir die alte, kleine Strassenbahn bewundern und fotografieren. Die zieht mit etlichen Pfft-Toenen die gesamte Front von Puerto de Soller entlang, dreht irgendwo und tuckert gemuetlich wieder aus dem Ort, Richtung Soller. Drueben im Marine-Bereich ertoent die uns bereits aus Cartagena bekannte Musik zum Fahnen-Appell. Unter den getragenen Toenen vom Band stehen einsam und ohne Zuschauer zwei Marine-Soldaten und holen die Flagge ein. Puerto de Soller illumniert sich, in den Lokalen herrscht Leben aber zum Glueck schweigt inzwischen die graessliche russisch angehauchte Schrammelmusik, die vor kurzem noch herueber klang. Eine ganz leichte Duenung steht auf unseren Ankerplatz. Aber gar keine Rede im Vergleich zu dem, was die letzten Tage so anstand. Und wenn es uns zu dolle wird, dann gehen wir einfach rueber in den Stadthafen oder fragen bei der Marina Tramontana an, ob wir schon kommen koennen. Dort ist fuer uns ab dem 23.5. ein Liegeplatz reserviert. Aber da fuer die naechsten Tage nur wenig Wind vorhergesagt ist und der auch nicht aus West bzw. Nordwest kommen soll, duerften wir es bis dahin ganz gut am Ankerplatz aushalten koennen.

Die nostalgische Strassenbahn faehrt mehrmals taeglich die Strecke Puerto de Soller nach Soller

Die nostalgische Strassenbahn faehrt mehrmals taeglich die Strecke Puerto de Soller nach Soller