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Der Wind laesst nicht nach, ist unermuedlich und weht aus Sued-Suedwest in unsere Bucht. Die ist eigentlich gar nicht so uebel. Sogar die Hotelkloetze rundrum sind nicht ganz so gigantisch hoch wie teilweise drueben am Festland. Heute wollen wir dann also unseren laengst faelligen Landgang machen. Also Dinghi mittels Spifall ins Wasser hieven, der Aussenborder folgt. Gar nicht so einfach, alles zusammen zu bringen bei dem Schwell hier am Liegeplatz. Dann der spannende Moment: seit November 2012 hatte unser AB Winterruhe und jetzt von Null auf Hundert! Demzufolge unwillig ist er auch und springt erst nach gefuehlten 100 Versuchen an. Werner ist nass geschwitzt. Als alles verstaut ist (unglaublich, was sich da an Muell ansammelt in so ein paar Tagen vor Anker liegen), geht es frohen Mutes los?.und der Motor geht frohen Mutes nach wenigen Minuten AUS. Ratzfatz werden wir abgetrieben, Dank auflandigem Wind zwar nicht in die gewuenschte Richtung aber immerhin nicht raus aufs Meer. Paddeln ist mit unserem Schlauchboot etwas schwierig und ich bin jetzt auch nicht so die Paddelexpertin?.Der AB gibt Werners hartnaeckigen Startversuchen nach und laeuft wieder. Mit Vollgas werde ich ziemlich nass gespritzt aber wir kommen ohne weitere Aussetzer an einen landseitig offenen Steg in der Marina. Erst einmal geht es Richtung Faehranleger und Tankstelle. An der Pier neben der Tanke liegt eine alte, einstmals wunderschoene und heute zum Sterben verurteilte Ketsch. Was der wohl passiert ist?? Beide Rumpfseiten sind arg zerscheuert, die Relingstuetzen zum Grossteil weg gebrochen, Winschen abmontiert, Ankerwinsch fehlt, durch die Loecher der Doradekaesten kann das Regenwasser frei ins Schiff laufen da die Luefterhutzen ebenfalls fehlen. Ein Bild des Jammers. Gleich dahinter die schoene Gulet, die wir schon von unserem Ankerplatz her kennen und die sich bereits vorgestern hierher verholt hatte. Wir wandern Richtung Stadt/Ort/Zentrum??? Und fuehlen uns schon gleich auf den ersten Metern wie im Film?..aber im falschen Film! Hier heisst das aktuelle Modediktat fuer Maennlein wie Weiblein: zeige moeglichst viel Haut, wenn gebraeunt dann gut, ansonsten reichen auch massendhaft Tattoos oder wenn das nicht moeglich ist, dann halt gesunde Krebsroete. Die meisten Maedels und auch einige der Herren koennen es sich zwar figuerlich durchaus leisten, so viel Koerper zu praesentieren. Aber wir finden es trotzdem irgendwie unpassend. Sind wir doch zu konventionell erzogen? An einer englischen Eckkneipe strecken sich dicke Bierbaeuche der Strasse entgegen, der Oberkoerper ist uebersaet mit Tattoos. Sehen und gesehen werden ist hier die Devise wie auch in den zahlreichen Bars und Clubs entlang der Strandpromenade. Die Kneipenszene ist eindeutig englisch gepraegt und neben wenigen deutschen und spanischen Lauten ist Englisch die bevorzugte Sprache. Auch wenn wir scheints ein anderes Englisch gelernt haben?. Wenn space wie spice ausgesprochen wird, bin ich nur noch baff! Wir finden ruhigere Gassen, den Berg hinauf. Mit kleinen Bars, einer alten Kirche, typisch spanischen Bauten und einen schoenen Platz mit dicken, knorrigen Olivenbaeumen. Das gefaellt uns schon besser und wir lassen uns in einer Bar mit Wifi zu Cafe, Tostada con Tomate y Azeite und einen Napolitano fuer Werner nieder. Hier gibt es das WIFi nur fuer eine Stunde und nur ein Zugang pro Gast. Die nette, ausschliesslich spanischsprechende Kellnerin gibt uns gleich 3 Zettelchen mit dem Zugangscode. Das finden wir ausgesprochen nett. 17 Uhr, die Panaderia hat geoeffnet. Aber der angebotstechnisch verwoehnte Werner findet hier nicht so die rechte Auswahl. Ein schokoladenueberzogenes Schweinsohr muss ausreichen. Was der an diesem droegen Blaetterteigzeug nur findet???!! Vorbei an den ueblichen Andenkenlaeden, Modelaeden mit schreiend buntem Angebot, Bars und kleinen Einkaufsmaerkten geht es zurueck zum Hafen. Mehrfache Blicke in die Auslagen der Modegeschaefte bestaetigen mir: ich sollte wieder die Haekelnadel auspacken, DAS da bekomme ich wohl auch noch hin mit etwas Uebung! Wir wackeln die Promenade entlang, fallen wahrscheinlich schon fast wie die Hippies dazumal auf: die meisten sind eben eher spaerlich bekleidet und wir kommen in Jeans und mit unserer Windjacke daher. Fuehlen uns ein klein wenig wie Einheimische. Denn die sind auch nur allzugut erkennbar an ihrer eher waermenden Kleidung. Haben wir denn schon Sommer?? Fuer die Urlauber aus England, Deutschland etc. fuehlt es sich sicherlich so an. Wir dagegen sind inzwischen ganz schoen verweichlicht und empfinden Temperaturen um die 20 Grad als “frio”!! Bis zur alten Windmuehle, die wir auch vom Schiff aus sehen koennen, laufen wir. Die Muehle ist gut eingezaeunt?.wird schon seine Gruende haben. Am Strand liegen seltsame, peppig bunte und ueberdimensionierte Plastikautos. Zwischen den nicht ganz so schoenen Hotel- und Appartmentkloetzen gibt es baulich gesehen auch immer wieder ganz nette, flachere Gebaeude und einige Bars sehen wirklich einladend aus. Aber uns zieht es wieder zu unserem wackeligen Zuhause zurueck. Noch ein kurzer Abstecher in die nobel aussehende Anlage der Vela-Marina. Im Clubgebaeude (alles sehr edel) tagen die ehrwuerdigen spanischen Mitglieder. Mitgliederversammlung, Steuermannsbesprechung?? Alles ist moeglich. Alle schauen konzentriert zu einem Menschen hin, sind ordentlich gekleidet. Eine reine Maennergesellschaft, wenn ich das recht erkennen kann. Die dazugehoerigen, elegant gekleideten, Damen sitzen derweil auf der Terrasse des Clubrestaurants und schlagen ebenso elegant die schlanken Beine uebereinander waehrend sie ihren Cappuccino schluerfen. Ach nein, da wird ja nicht geschluerft, eher dezent genippt. Auf der anderen Strassenseite zieht eine Gruppe halbnackter, groelender, biertrinkender junger Briten vorbei - was fuer ein Kontrast! Bei all dem Noblesse noblige sind wir leicht verwundert, als uns eine Seglerin erzaehlt, dass ihr Freund fuer sein 18Meter Boot ca. 30 Euro pro Nacht hier fuer den Liegeplatz bezahlt. Donnerwetter, das haetten wir jetzt nicht erwartet. Der Diesel an der Zapfstelle ist mit 1,42 knapp 4 Cent teurer wie in Moraira. Geht auch noch, der Inselzuschlag faellt auch hier erstaunlich moderat aus. In der Hauptsaison mag das alles natuerlich ganz anders aussehen. Besagte Seglerin wartet an unserem Dinghi-Anlandeplatz eigentlich auf ihren Freund, der sie hier mit dem Dinghi abholen wollte und den sie nun aber telefonisch nicht erreichen kann. Sein Schiff liegt ganz vorne an Steg D, der Weg dorthin ueber Land ist weit und sie hat schwere Last zu tragen. Ob wir sie vielleicht mitnehmen koennten? Klar koennen wir. Kaum wenige Meter vom Steg entfernt streikt erst mal wieder unser Motoerchen, faengt sich aber nach wenigen erneuten Startversuchen wieder und bringt uns den Rest des Weges ohne weitere Aussetzer zum Schiff. Dann gibt es noch ein recht wackeliges Motor-und-Schlauchboot an Deck Manoever. Aber alles geht glatt. Wenn ich auch nach dem Hochwinschen des Dinghis schnaufe wie nach der Besteigung eines Dreitausender. Nix mehr gewohnt!!