Zeit fuer:

Resuemee – Fazit – Bilanz….

Hier die Kurzfassung des Skippers:

Nordsee und Englischer Kanal waren nicht so prall, um nicht zu sagen: Beschissen. Wind und Welle gegenan waren einfach nur nervig.

Díe französische Küste war durch die hohen Tidenhuebe zwar anspruchsvoll, aber unheimlich interessant und wettermaessig auch schon gut auszuhalten. Genau wie die Kanalinseln.

Die Biskaya hat uns fuer Nordsee und Kanal entschaedigt, es war einfach nur tolles Segeln! A Coruna war ein echtes Erlebnis. Aber das Highlight der bisherigen Reise waren die galizischen Rias. Ganz andere Hoehepunkte waren  dann Porto und Lissabon, die uns nicht mit Natur, sondern mit staedtischem Flair und Geschichte pur in ihren Bann zogen. Die portugiesische Westkueste und auch die Algarve konnten mit Galizien bei weitem nicht mithalten. Das gilt auch fuer den Guadiana und Ayamonte. Obwohl wir uns Ayamonte durchaus als Ueberwinterungshafen haetten vorstellen koennen. Leider lag es noch vor Cadiz :-). Und das war unser erklaertes Ziel fuer den 6. November.

Cadiz selber reiht sich in die Riege der  staedtischen Hoehepunkte nahtlos ein. Fuer uns auch eine Traumstadt. Jetzt liegen wir in La Linea – nicht schoen, aber authentisch und sehr spanisch.

Gegenueber, in Gibraltar, Touristenrummel pur . Hier in La Linea dagegen ehrliches Stadtleben mit so verlockenden Zielen wie Jerez, Sevilla, Cordoba, Granada, Malaga und Almeria quasi vor der Haustuer. Wir denken, dass wir es hier gut bis zum Fruehjahr aushalten koennen, und haben daher unseren Liegeplatz bis Anfang Maerz gebucht.

Fahrtenseglerleben, so wie wir es uns vorgestellt haben, hat sich erst in Frankreich ab Dunkerque eingestellt. Begegnungen mit anderen Fahrtenseglern gab es allerdings auch erst so richtig ab A Coruna. Auch wenn wir die Wind of Change bereits auf Guernsey und die Malwieder in Brest gesehen hatten, kam ein intensiverer Kontakt erst auf der anderen Seite der Biskaya zustande und blieb bis heute erhalten!

 

Und wer meine (ELKE’*s!!!!)  ausschweifenden, langatmigen Ausfuehrungen mag und auch noch an ein paar anderen Aspekten und Ueberlegungen interessiert ist,  der lese hier weiter:

 

Egal, wie man es nennt: nach nun sechs Monaten Bordleben ist es vielleicht durchaus angebracht, einen Rueckblick zu wagen. Eine Bilanz zu erstellen, das klingt so schrecklich nuechtern, so nach Zahlen und mit Zahlen hab ich es ja nicht so. In meinen Berichten wird man meist vergeblich nach den gefahrenen Seemeilen, nach den Preisen der Marinas oder sonstigen Ausgaben suchen. Wieviel Liter wir wann getankt haben, ist fuer uns nicht elementar wichtig. Wir bewahren die Tankquittungen nur auf, wenn wir steuerfrei getankt haben.
Ob es uns irgendwann einmal interessiert, wieviel Euros wir auf dieser Reise fuer was ausgegeben haben…..mag sein, ich glaube es aber eher nicht.

Und alles andere, was wirklich wichtig ist, das kann man eh nicht zaehlen. Die vielen gluecklichen Momente, die Zeit unter Segeln, die angestrengten Stunden, wenn es wieder mal hackig war und der Wind von vorn kam. Wenn die Wellen und das Wetter mir Angst eingejagt haben und ich mich gefragt habe, warum ich jetzt eigentlich hier bin und nicht irgendwo an Land in einem gemuetlichen kleinen Haeuschen mit Blick auf dieses wilde Meer. Die Begegnungen mit Menschen, meist netten und interessanten. Solchen, mit denen wir uns auf Anhieb verstanden, wo die „Chemie“ halt gestimmt hat und immer noch stimmt.

So oft haben wir gemeinsam gelacht, ueber einen Ausspruch des anderen, ueber meine Ansicht, dass wir „bergauf segeln“, ueber uns und auch ueber andere. Und geweint, vor Freude ueber den Anblick der Delfine, des Wales oder auch vor Trauer ueber all das, was im Kielwasser zurueck bleibt. So viel Abschied kann ein Mensch doch gar nicht in so kurzer Zeit verkraften. Traurige Abschiede, unwiderrufliche, aber auch solche, von denen man weiss, es gibt ein Wiedersehen.

Ein Berg liegt hinter uns, der des „Los-fahrens“. Wir haben es geschafft, die Leinen in Bremerhaven zu loesen. Es war wie eine kleine Flucht. Zu gross war die Angst, doch nicht los zu kommen. Doch immer wieder einen Grund zu finden, da zu bleiben. Und solche Gruende haetten wir leicht und jederzeit finden koennen. Und doch sind wir los, frueh morgens, ganz still und heimlich. Ohne viele Leute, die zum Abschied winken. Ich glaube, dass ist das schlimmste dabei, deshalb mag ich auch keine langen Abschiede auf  Flueghaefen oder Bahnhoefen. Wenn alles gesagt ist, wenn man zum 100. Mal gedrueckt wurde, dann ist es Zeit  zu gehen.

Es war ein Abschied auf Raten, ein Losfahren in Etappen. Cuxhaven musste noch sein. Das liegt doch nur um die Ecke, fuehlt sich doch gar nicht, als sei man los gefahren. Norderney und Borkum, das war dann schon was anderes. Aber immer noch nicht weit genug weg. Erst als Holland im Kielwasser „versank“ kam so ein Gefuehl von Neuem, Unbekanntem auf. Von „richtig-unterwegs-sein“.

Die ersten Delfine um unser Schiff, die wechselnden Farben der verschiedenen Meere, so viel Wasser um uns herum. Abwechslungsreiche, wenn auch manchmal aus Sicherheitsgruenden etwas weit entfernte Kuesten, immer neue Haefen und Ankerplaetze, dieses immer wieder auf etwas Neues einstellen (muessen).

Und dann die Biskaya. Wieviele Tage vorher hatte ich in schoener Regelmaessigkeit Durchfall, wenn es hiess: wir muessen bis dahin ueber die Biskaya sein. Jeder Tag des Weiterfahrens verschaffte mir einen dicken Klumpen im Magen, liess mich die Toilette oefter aufsuchen als mir lieb war. Welche Gegensaetze: Brest und A Coruna. Das eine vor, das andere nach der Biskaya. Und wie nett war dieses Meer zu uns, die wir so viel Respekt, ja Angst davor hatten. Ich gebe es zu, bei mir war es definitiv Angst!

In meinen Traeumen und Vorstellungen tuermte sich das Wasser dort zu Monsterwellen auf. Alles war grau und duester rund herum. Furchteinfloessend, abschreckend. Man(Frau) kann sich in solche Szenarien ja gut rein steigern. Und dann war alles ganz anders. Segeln, so wie es sein soll. Unterwegs sein mit nur Wasser um und unter uns.  Ein ganz anderes Leben fuehren. So sehr real und doch irgendwie so fern von jeglicher sonstiger Realitaet wie Politik, Krisen etc.. Nachrichten? Gehen voll an uns vorbei. Uns interessiert doch nur, wie das Wetter wird, wo andere Segler gerade sind und was sie von dort zu berichten haben. Wo andere noch hin gehen, was gerade kaputt ist, was veraendert/verbessert werden soll am Schiff damit unser schwimmendes Heim fuer uns noch besser wird. Diskussionen ueber Anker- und Anlegetechniken, Motoren, Elektronik, Wetterprogramme, Funk und und und.

Schnee schippen und Weihnachtsmaerkte – das ist genau so weit weg wie die Karibik oder Amerika. Noch.

Und wenn man mich heute fragt: “Und, wie war die Biskaya?” Dann sage ich immer noch ehrfurchtsvoll und auch erstaunt: “Schoen, sie war einfach nur schoen”…. und kann es immer noch nicht fassen, wie sanft der Golf de Gascogne zu uns war! Dankbar, unendlich dankbar bin ich dafuer und oft kann ich es auch immer noch nicht fassen, dass wir so leben koennen/duerfen.

Wir sind so unendlich froh und dankbar, dass wir los gefahren sind. Es war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten  - in jeder Hinsicht. Und ich moechte nirgendwo anders leben wie an Bord dieses wunderbaren, alten, bockigen, Regenwasserdurchlaessingen Schiffes. Das mir immer wieder das Gefuehl gibt: “hier bin ich zu Hause”.