Ein letztes Mal wollen wir in diesem Jahr noch mal nach Portugal. Vila Real de San Antonio heisst der Ort unserer Begierde. Und wir fahren mit der Faehre von Ayamonte nach Vila Real. 1,70 Euro prof Fahrt kostet der Grenzuebertritt. Grenzschilder an beiden Uferseiten des Rio Guardiana. Kaum sind wir “drueben”, oeffnet der Himmel seine Schleusen. Wir wettern die Sintflutartigen Regenfaelle im Caf? am Yachthafen ab. Hoert das heute nochmal auf?? “Da hinten kommt die Sonne” - mein ueberaus optimistischer Werner (ich bezeichne ihn zu seinem absoluten Unverstaendnis als realitaetsfremd) sieht den beruehmten Silberstreif am Horizont. Ich dagegen sehe nur dunkelgrauen Himmel und bin daher ja schwer dafuer, mit der naechsten Faehre (der Anleger ist nur wenige Meter entfernt und halbwegs trocken erreichbar) umgehend wieder zurueck nach Spanien zu fahren. Nicht dass es da weniger regnen wuerde, nein, das nicht. Aber wir koennten gemuetlich im Schiff sitzen, den Heizluefter brummen lassen und dem Trommeln des Regens an Deck lauschen. Nicht das jetzt ein falscher Eindruck entsteht von wegen Heizluefter: wir haben hier heute noch so um 20 Grad, was sich zwar in den naechsten Tagen nach unten hin aendern soll, den Heizlueftereinsatz aber heute nicht wirklich noetig macht. Mir waere einfach nur so danach. Der Wettergott hat aber ein Einsehen und wir koennen tatsaechlich noch ohne Regen durch Vila Real laufen. Ueberall wird das Wasser von den Strassen gekehrt. Und trotzdem muss man aufpassen, wo man die Fuesse hin setzt damit man kein unfreiwilliges Fussbad in einer der knoecheltiefen Pfuetzen nimmt. Auf einem Platz vor der Kirche sind Verkaufs-Staende, Tische und Stuehle aufgebaut. Die hatten bestimmt nicht mit einem solchen Wetter gerechnet heute! Aber jetzt quetscht sich doch die Sonne fuer kurze Zeit noch einmal durch die Wolken. “Siehste” kommt es prompt von meinem Begleiter, “und Du wolltest mir wieder nicht glauben”. Es ist schon “anders” hier in Portugal, das Pflaster, die Haeuser, die Restaurants. Irgendwie wirkt Vila Real etwas touristisch gepraegter auf uns, wenn auch minimal. Und wir sind uns einig, das Ayamonte irgendwie gemuetlicher ist, anheimelnder. Wir fuehlen uns jedenfalls auf der spanischen Seite wohl(er). Haben wir doch in Ayamonte gestern nach laenger Abstinenz wieder wirklich leckere Tapas in einer kleinen, sonst ausschliesslich von Spaniern besuchten Bar gegessen, haben 2 Supermaerkte, mehrere Restaurants, eine Pastelleria mit appetitmachendem Angebot und die Innenstadt selbst in fuer Segler akzeptablem Laufabstand zum Liegeplatz. Einkleiden koennten wir uns hier preiswert, ein Farbengeschaeft, ein gut sortierter Yachtausruester, die obligatorischen Schuhgeschaefte und Parfuemerien, Pizzeria, China-Restaurant - kaum ein Wunsch bleibt offen. Und - wohltuend fuers Auge - die Touristen-Bettenburgen fehlen hier, sind etwas ausgelagert und nicht so offensichtlich. Das Immobilienangebot ist auch hier vielfaeltig, wenn auch deutlich reduziert im Vergleich zu Albufeira oder Lagos. Allerdings koennten wir einen kompletten Strassenzug aufkaufen: mindestens 6 Laeden nebeneinander stehen leer und zum Verkauf. Samt dazugehoerigen Wohnhaeusern natuerlich. In Ayamonte testen wir heute dann noch die naechste Tapa-Bar, zwei Haeuser weiter wie die von gestern Abend. Hier haengen nur 2 Heiligenbilder (in der gestrigen waren die Waende komplett zugepflastert damit). Die Tapas sind lecker, aber die mit Gottes-Segen servierten waren einen Tick besser. Ausser dem Pulpo Galego. Der war nicht ganz so unser Geschmack (vorsichtig ausgedrueckt). Dafuer waren Tuna und Carne en Salsa oder die Patatas Costaleras (mit Mayo und einer scharfen roten Sauce) richtig gut. Auch der Kartoffelsalat - Patatas Ali Oli - war gut, wenn auch nur “mein Ding”. Werner mag ja solche Saucen immer noch nicht. Zwischendurch kommt eine SMS von Heiner, unserem naechsten Besuch. Das Motorrad benoetigt eine neue Batterie, ansonsten ist er 400 km vom Ziel entfernt. Wir freuen uns auf unser Zusammentreffen in Chipiona oder Cadiz - je nachdem, wie das Wetter die naechsten beiden Tage mit uns ist. Zurueck an Bord bastelt Werner aus den bereits beschafften Steckern einen Adapter fuer die hier doch oefters ueblichen Landstromanschluesse mit 32V-Steckern. Ich bin begeistert von den stromtechnischen Fertigkeiten meines Skippers, denn der Adapter “tut”, wir haben Strom und koennen somit noch mit dem Heizluefter die leicht durchnaesste Matratze in unserer Koje trocknen. Dumm, wenn man von Bord geht und das Luk im Vertrauen auf die neu kreierte Abdeckung darueber einen Spalt offen laesst! Den im Hafenbuero geliehenen Adapter koennen wir somit zusammen mit der Zutrittskarte zurueck geben und bekommen die stattliche Kaution von 50,00 Euro fuer den Stecker und 15,00 Euro fuer die Karte wieder ueberreicht. Damit sind wir jedenfalls startklar fuer ein fruehes Ablegen morgen. Das Hafenmeisterbuero ist auch heute fast den ganzen Tag mit 2 Personen besetzt und wir fragen uns schon ernsthaft, mit was sich da 2 Leute tagein- tagaus die Zeit vertreiben! Gerade mal 5 Schiffe sind hier zur Zeit “belebt” und weder an den Stegen noch drumherum sind irgendwelche Aktivitaeten seitens des Marinapersonals zu beobachten. Aber vielleicht muss man es als Arbeitsplatzsicherung sehen. Eben haben wir dann noch ein erwachsenes Crewmitglied der Noah getroffen. Der Zweimaster liegt aussen am Kopfsteg und wir erfahren, dass es sich um ein oesterreichisches Projekt zur Betreuung nicht so leicht erziehbarer Jugendlicher handelt. Auf vier Jugendliche kommen vier Betreuer, Intensiveinzelunterricht und das Zusammenleben an Bord soll die Kids wieder in die Spur bringen. Neun Monate ist das Schiff mit seinen jeweiligen Bewohnern unterwegs und in manchen Haefen schon nicht mehr sooo gern gesehen. Und wir dachten, da sei eine Familie mit ihren aufgeschlossenen, hoeflichen und kommunikativen Kindern unterwegs. Dass gerade diese Kommunikationsfreudigkeit eine Art Masche ist, muessen wir jetzt zur Kenntnis nehmen. Wir sind irgendwie zu blauaeugig, naiv, gutglaeubig - aber das wollen wir uns auch nicht abgewoehnen. Auf dem Marinaparkplatz sind uns einige Autos augefallen. Mehrere mit englischen, ein niederlaendisches und zwei mit finnischen Kennzeichen. Der eine finnische Volvo scheint als Lagerbehaelter zu dienen: vollgepackt von hinten bis vorne und oben bis unten und als Kroenung hat er auch noch ein riesiges Ruderboot aufs Dach gepackt bekommen! Kein Wunder, dass die Reifen da schlapp machen und aeusserst platt sind. Die Kirchenglocken bimmeln, ein Fall schlaegt am Mast - der Wind hat von Suedwest auf Nord gedreht und nimmt auch nochmal zu. Letzteres war ja so eigentlich nicht vorher gesagt. Mal sehen, wie sich das morgen frueh darstellt. Hochwasser ist zur moderaten Zeit von 6:56, bis Chipiona haben wir 56 Seemeilen - also wieder mal verhaeltnismaessig frueh raus, damit wir noch im Hellen ankommen.