Monats-Archiv August, 2012

Von Camarinas nach Muros

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Regen, wieder mal Regen auf dem Luk ueber uns. Grauer Himmel, tief haengende Wolken ueber den Haengen der Bucht von Camarinas. Ein Panorama, das einem norwegischen Fjord kaum nachsteht. Lediglich die Temperaturen sind angenehmer. Vielleicht. Ein Boot nach dem anderen verlaesst die Ria. Zurueck bleiben mit uns nur wenige andere Ankerlieger. Werner faehrt Fruehstuecksbrot holen. Nochmal ein Blick ins Internet und auf die Wettervorhersage. Im Ohr haben wir Dieters Kommentar zur Zugbahn der Tiefdruckgebiete und dass das Wetter nach dem Cap besser wird, suedlaendischer. Vom Boot aus baden gehen, das Sonnensegel testen?.hier in der Ria zur Zeit nur schwer vorstellbar. Als auch die finnische Sirri an uns vorbei geht, holen auch wir den Anker auf. So schnell war unser Schiff wohl noch nie startklar! Gerne waeren wir noch einmal durch Camarinas gelaufen, haetten uns noch einmal in einer Bar mit Blick auf den Hafen nieder gelassen und waeren in das Treiben hier eingetaucht. Aber zu gross ist der Wunsch nach Weiterkommen, nach richtig spanischen Temperaturen und vor allem hat uns ein Blick in den Kalender gezeigt, dass wir nicht mehr allzuviel Zeit haben, bis zu unserem Heimatflug. Kurz nach verlassen der Ria koennen wir schon segeln. Raumschots-Kurs ist angesagt. Der Wind nimmt sogar soweit zu, dass wir eine passable Geschwindigkeit laufen koennen. Da wir eine eigentlich notwendige Kursaenderung Richtung Cabo Finisterre aber nicht segelnd vollziehen koennen, laufen wir einfach weiter und kreuzen gewissermassen vorm Wind. Das erweist sich als gute Entscheidung. Der naechste “Kreuzschlag” gibt uns mit halbem Wind richtig gut Fahrt und wir kommen kurz oberhalb des Cabo Finisterre raus, koennen den jetzt gewuenschten Kurs auch unter Segeln gut halten. Ueber Funk ruft uns die Siri, das finnische Paar hatten wir gestern Abend noch in der Hafenbar kennen gelernt und uns lange mit den beiden unterhalten. Waehrend Werner an der Funke haengt, passieren wir das Cap. Jetzt haben wir also beide Lands-Ends, das Cap Finistere und das Cabo Finisterrrrrre passiert. Wenn ihr jetzt irgendwann nix mehr von uns hoert, sind wir von der Scheibe runter gefallen :-)! Die Kueste wie auch das Cap faszinieren und begeistern uns immer wieder aufs Neue, wir koennten nur gucken, gucken, gucken (und ich natuerlich fotografieren). Jeder Meile weiter beschert uns eine neue Perspektive. Gigantisch, einfach gigantisch dieses Panorama!!! Ein Delfin begleitet uns ein kurzes Stueck. Spaeter nimmt der Wind ab, das oelfarben-schwarz wirkende Meer wiegt sich in langer Duenung, hebt uns hoch, schiebt uns weiter. Wie hoch die Wellen sind, wird uns meist erst bewusst, wenn wir ein anderes Boot vor uns dahinter verschwinden und kurz darauf wieder auftauchen sehen. Ab dem Cap wird auch der Himmel blauer, die Sonne staerker. Wenn wir zurueck schauen, wirkt das Cap wie eine Wetterscheide: dahinter ist der Himmel verhangen und bewoelkt. Wir laufen Richtung Ria de Muros. Auch hier lauern wieder heimtueckische Felsen kurz unter der Wasseroberflaeche und in der Einfahrt gucken sie sogar ein Stueck weit raus. Die Brandung bricht sich, dahinter - am Ufer - steht ein am maechtigen Berghang verloren klein wirkender Leuchtturm. Fast sieht er aus wie eine Kirche. Malerisch im Wasser verstreut liegen ebenfalls mitten in der Einfahrt zur Ria diverse Fischerbojen, die wir slalomartig umfahren. Meine Guete, wo sind wir denn hier gelandet? An den Haengen ziehen sich kleine Ortschaften hin, die Luft riecht nach Pinien - und nach Waerme! Ich wusste gar nicht mehr, wie sowas riecht und ziehe diesen wunderbaren Geruch tief ein. Bekleidet mit langaermeligen T-Shirt und Segelhose fangen wir an zu schwitzen. Die Sonne brennt gnadenlos auf uns herunter. Und so schweisstreibende Taetigkeiten wie Segel bergen, Ankermaenover und Schlauchboot samt Motor zu Wasser lassen steigern das ganze noch. Die WOC (Wind of Change) liegt bereits vor Muros vor Anker und Heidi & Dieter preschen uns mit dem Schlauchboot entgegen. In Badesachen und schwimmen waren sie auch schon. Ist das nicht herrlich hier? fragt Heidi und ist ganz hin und weg. Wir klaren schnell auf, ziehen uns um und fahren gemeinsam nach Muros rueber. Bummeln begeistert durch die Gassen, trinken in einem Lokal ein Bier, bummeln weiter, entdecken den Friedhof, lauschen einem Maennerchor (ohne die Saenger zu Gesicht zu bekommen), bestaunen die schoenen alten Gebaeude, die Plaetze und das uns fremde und doch so angenehm wirkende Leben, die Auslagen der Geschaefte, erstehen endlich unsere Kochplatte (die wir in Marinas mit Stromanschluss anstelle des Gaskochers einsetzen wollen), bewundern einen stattlichen Zitronenbaum der unterhalb des Friedhofs in einem kleinen Garten waechst und voller Fruechte ist, kommen wieder in das Lokal, essen gemeinsam und feiern auf diese Weise Heidis 50. Geburtstag. Was fuer ein Zufall, dass sie auch in diesem Jahr 50. wird? wo und mit wem ich meinen Geburtstag dann wohl feiern werde? Auf jeden Fall im Sueden und an Bord der NAJA, so wie ich es mir gewuenscht habe, vor gefuehlten Lichtjahren, in einem anderen Leben?..

Jetzt sitzen wir noch auf unserem Schiff, ich schreibe diesen Text und haette noch so viele Worte fuer all das heute Erlebte. Doch die finden irgendwie nicht den Weg auf die Tastatur, bleiben ungeschrieben. Um uns herum die Lichter von Muros, die Ankerlichter der anderen Schiffe. Im Wasser duempelt und plaetschert das Beiboot und ab und an platscht auch ein Fisch etwas heftiger an der Oberflaeche. An Land ist die Muellabfuhr unterwegs. Fischerboote laufen ein. Und wir liegen hier hinten in der Ensenada ganz geborgen und ruhig.

Von A Coruna zur Ria de Camarinas

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Gestern nachmittag haben wir uns noch von der wirklich empfehlenswerten Marina A Coruna verabschiedet und in die Ankerbucht Ensenada de Mera verholt. Unsere letzte Nacht in A Coruna wollten wir dort verbringen, wo wir auch die erste Nacht vor Anker lagen. Der Abschied von neuen Bekannten/Freunden wie Rob und Elaine von der SY Raven und von Ralf & Inge von der malwieder ist schon irgendwie schwer gefallen. Aber wir sind uns auch ganz sicher, dass wir uns immer wieder begegnen und vielleicht sogar den Winter in irgendeiner Marina weiter suedlich gemeinsam verbringen. In der Bucht bekommen wir gegen Abend noch Gesellschaft von Johannes und seiner Frau und ihrer “Magic Cloud”, einem ebenfalls unter deutscher Flagge fahrenden Catamaran. Die Bucht ist wochenendmaessig gut gefuellt mit kleineren Motor- und Segelbooten. Am Strand ist alles voller Leben. Die Nacht jedoch verbringen hier nur noch 3 Segelboote. Das Panorama des beleuchteten A Coruna gegenueber bewundere ich allerdings immer nur kurz: mit Kopfschmerzen verziehe ich mich schon um 18 Uhr in die Koje. Dabei muesste eigentlich Werner dort liegen: der hat naemlich den Ankerball im freien Fall auf seine Intelligenzanzeige (hohe Stirn) bekommen und einen ordentlichen Schmiss davon zurueck behalten. Den habe ich fachmaennisch-dilettantisch mit einem Klammerpflaster zu flicken versucht. Die zu erwartende Beule wurde mit einem kleinen Kuehlgelkissen erfolgreich bekaempft. Er sagt, es geht ihm gut. Gehirnerschuetterung hat er wohl keine. Glueck gehabt. Hatte uns schon im Krankenhaus von A Coruna gesehen. Stattdessen werden wir nun in der Duenung permanent hin und her geschaukelt. Leicht aber deutlich spuerbar. Und obwohl das Schiff ja auch in der Marina immer wieder in Bewegung war, muss ich mich erst wieder an dieses permanente Roll-Schaukeln gewoehnen. Ich bin so ungefaehr jede Stunde wach und kontrolliere unsere Position. Die Brandung schlaegt gegen die Felsen, ab und zu bellt ein Hund an Land. Sonst ist absolute Ruhe. Heute frueh dann Wecker klingeln um 6 Uhr. Wer kam eigentlich auf diese Idee?? Draussen ist es stockdunkel, eine dicke graue Wolke haengt ueber uns. Wenn wir um 7 Uhr aufstehen, reicht locker. Also alles auf Neustart fuer 7. Fruehstueck mit Blick auf die Haeuser in unserer Bucht. A Coruna liegt zum Teil auch schon in der Sonne. In der Bucht reihen sich die kleinen Angelboote wie Perlen an eine Schnur. Um 9:30 gehen wir Anker auf. Die Ankerwinsch versieht auch brav ihre Arbeit. Wenigstens “auf” funktioniert!! Leider huepft bei einem Tastendruck zu viel die Kette mal wieder von der Rolle. Bei dem Versuch, sie wieder in die Spur zu bringen, rauschen uns dann nochmal einige Meter Kette wieder aus. Kostet uns halt einige Minuten zusaetzlich, aber wir haben wieder was gelernt: immer schoen das Verholspill wieder festsetzen, wenn die Kette hoch soll. Unter Gro? und Motor gehen wir aus der Bucht und koennen sogar bald schon die Genua ziehen. Der Wind legt zu, der Motor wird gestoppt und wir segeln an der Kueste entlang. Die “Magic Cloud” liegt ein gutes Stueck vor uns. Bei schwachem Wind hat der Cat doch einen eindeutigen Vorteil! So ziehen wir mal segelnd mal motorsegelnd (wenn der Wind nachlaesst) ein gutes Stueck die Kueste entlang. Irgendwann dreht der Wind und kommt mal wieder von West, also mehr oder weniger von vorn. Aber hier ist die Duenung lang und sehr angenehm. Da kommt man auch unter Motor gut voran. Werner loest mich ab, ich doese vor mich hin und puenktlich zum Einlaufen in die Bucht werde ich wieder ans Ruder berufen. Es geht vorbei an dem schon weithin sichtbaren und beeindruckenden Leuchtturm auf dem Cabo Villano. Der Turm steht 102 Meter hoch und sein Feuer leuchtet 28 Meilen weit. Beeindruckend! Die Felsen auf denen er erbaut wurde und die davor liegenden veraendern sich bei jedem Meter, den wir zurueck legen. Man koennte nur schauen und staunen. Ueberhaupt ist die schroffe Felskueste Galiziens faszinierend. Durchsetzt von baumbewachsenen Buchten mit Haeusern und Sandstraenden, fallen die Felsen steilen ins Wasser. Das Meer bricht sich und schaeumt. Dem Cabo Villano ist El Bufardo vorgelagert. Von ferne sieht es aus, als sei er mit dem Leuchtturm-Fels eins, aber je naeher man kommt, je deutlicher wird, dass er separat im Wasser steht und sich zwischen den beiden Felsen das Wasser bricht. Auch im weiteren Kuestenverlauf sind kleinere Felsen vorgelagert, die tueckisch in einer Tiefe von 0,50 bis 2,00 Metern unter der Wasseroberflaeche auf ahnungslose Opfer warten. Unser Kurs fuehrt uns aber in respektvollem Abstand vorbei. Vorbei auch am Pta. De la Barca, hier steht ein grosses, altes Gebaeude umzingelt von vielen Autos. Werner findet in einem Revierfuehrer einen Hinweis dazu: es handelt sich um die Unser Ziel aber ist Camarinas, das wir schon bald erreichen. Unsere erste Ria! Wir ankern hinter dem Wellenbrecher und ganz in der Naehe der bereits gestern hier angekommenen “Wind of Change”. Zwar gibt es auch eine kleine Steganlage direkt am Kai, aber es liegen auch einige Yachten vor Anker. Hier drin ist es windstill, keine Duenung ist zu spueren. Wir sind umgeben von gruenen Huegeln, dazwischen Haeuser, kleine Straende und von der anderen Seite der Ria ist das Brandungsrauschen zu hoeren. Der Ort selbst ist wohl unspektakulaer, aber man soll hier gut Fisch essen koennen. Das Schlauchboot ist schon startklar, wir duesen jetzt erstmal zur Wind of Change und dann gemeinsam mit Heidi & Dieter an Land.

A Coruna zum letzten ?

Fruehstueck in bretzelnder Sonne. Nach dem ueblichen Steg-Talk und ausleihen unserer Fahrradpumpe, Fruehstueckstisch abraeumen, zwei vergeblichen Versuchen eine freie Waschmaschine zu erwischen, habe ich die Nase voll und wir schwingen uns auf die Raeder. Unser Ziel ist ein Bootszubehoerladen am anderen Ende der Hafenanlagen von A Coruna. Wir haben in unserem Stadtplan einen Kringel, wo sich der Laden befinden soll. Trotz Werners Zweifel fuehrt uns meine Shop-Spuernase zielsicher zum “Pembo”.

Ziel erreicht, aber es ist Siestatime!

Ziel erreicht, aber es ist Siestatime!

 O.k. ist natuerlich Siestazeit. Wer ausser den bekloppten Deutschen und einigen wenigen Spaniern duesen auch um diese Zeit durch die Gegend?? Was nun? Einstimmiger Beschluss: wir quaelen uns bergauf und versuchen, Richtung Altstadt zu schieb-radeln. An einer Strassenecke frage ich “Werner, wolltest Du eigentlich noch mal zu dem Stadion und dem Corte d’Ingles??” - “Nee, wieso??”…er schaut mich leicht irritiert an. “Na ja, wenn mich nicht alles täuscht, sind wir gleich da”…noch ungläubigeres Staunen, er glaubt mir nicht. Doch eine Strasse weiter sehen wir vor uns die große Bucht, an der wir auf dem Weg vom Torre zum Stadion entlang gefahren sind und den breiten Paseo di Maritimio….Also hatte ich doch Recht. Tja, wo es bergauf und bergab geht, ist mein Orientierungssinn doch nicht der schlechteste :-) Eine Temperaturanzeige verraet uns, dass wir hier in 31° vor uns hin dampfen. Trotzdem bewundern wir die wunderschoenen alten Haeuser, die zum Grossteil auch noch gut erhalten sind.

Mitten in A Coruna

Mitten in A Coruna

 Ruhen aus im

Rast auf dem Plaza de Galicia

Rast auf dem Plaza de Galicia

Schatten von weissbluehenden Baeumen (bin leider botanisch nicht so bewandert, dass ich sagen koennte, was das genau ist)

wunderschoene Blueten

wunderschoene Blueten

 und fahren letztendlich einmal im Kreis, finden dann aber den Weg in die kleinen Gassen der Altstadt. Tagsueber sieht es hier ganz anders aus: die Stahlrollos sind herunter gelassen, die meisten sind mit Graffiti der unschoenen Art besprueht, die Markisen sind eingerollt, keine Tische und Stuehle draussen, hier findet das Leben definitiv erst gegen Abend statt. Dann aber in geballter Ladung. Ein alter Mann fischt mit seinem Gehstock eine 1/4 volle Colaflasche aus einem Abfallcontainer, an einer anderen Ecke hat sich eine etwas schwergewichtigere Dame nieder gelassen und lamentiert lautstark auf spanisch mit einem Mann. Viele Haeuser und Laeden sind mit Brettern verrammelt, stehen zum Verkauf oder zur Vermietung. Einige werden auch saniert.

Da die Wege hier in echt viel kuerzer sind wie sie auf dem Stadtplan erscheinen, sind wir ratzfatz wieder unten an der Hauptstrasse und nach einem Zwischenstopp in der alten Markthalle bzw. im dort angesiedelten Gadis (ja, wir waren erst gestern in einem Supermarkt, aber man muss ja vergleichen, ist ja noch alles neu fuer uns!) geht es zuegig auf der Uferpromenade zurueck zum Hafen.

Platz in der Naehe des Hafens

Platz in der Naehe des Hafens

Auf der Promenade gibt es einige Stellen, an denen reger Badebetrieb herrst. Auf den Steinen wird sich gesonnt, im Wasser tummeln sich auch einige. Leben in der Stadt, wo kein Strand ist, wird halt auch mit Steinen vorlieb genommen.

Zurueck im Hafen schaffe ich es tatsaechlich noch, eine Waschmaschine zu starten. Im warmen Wind ist die Waesche trotz vorgerueckter Stunde schnell trocken. Eigentlich wollten wir noch ein letztes Mal in die Altstadt. Aber irgendwie habe ich jetzt keine Lust mehr und so verbringen wir diesen Abend bei Ralf und Inge an Bord der “malwieder”.  Die beiden wollen noch einige Tage hier in A Coruna bleiben, waehrend es uns ja schon weiter zieht. Irgendwann und irgendwo werden wir sich unsere Kurse dann wieder kreuzen. Klein ist sie, die Seglerwelt :-)

Luftaufnahme von A Coruna mit der Marina im Vordergrund

Luftaufnahme von A Coruna mit der Marina im Vordergrund

Torre de Hercules

Blick auf die Marina von A Coruna, in der wir liegen

Blick auf die Marina von A Coruna, in der wir liegen

Auch wenn es gestern Abend doch wieder deutlich nach Mitternacht wurde, bis wir in unsere Kojen fanden, sind wir heute tapfer um 8 Uhr aus dem Bett gehuepft (Werner, ich lasse das gerne etwas langsamer angehen :-) ). Mein tapferer Baguette-Beschaffer hat sich dann auch gleich auf den Weg zur naechsten Panaderia gemacht. Doch die Baecker hierzulande pflegen auch nicht so frueh aufzustehen. Jedenfalls machen die Verkaufslaeden alle erst um neune auf. Das wurde ihm von einem Barmann verstaendlich gemacht. Der verklickert ihm aber auch, dass er mal bei ihm warten solle. Und kurze Zeit spaeter knattert ein Gefaehrt vor die Bar, an dessen Fahrtuechtigkeit allein durch die verursachten Geraeusche doch erhebliche Zweifel bei Werner aufkommen. Kurzes Gespraech zwischen Fahrer und Barmann und schon wird Werner zum Vehikel gebeten um die Auswahl an Backwaren darin zu begutachten. Mit 2 Baguettes bewaffnet und um ein nettes fruehmorgendliches Erlebnis reicher tritt er beschwingt den Rueckweg ein. Ralf, der ebenfalls gerade den Brotbeschaffungsgang antreten will, ersparen wir den doch etwas weiteren Weg zur Panaderia, indem wir ihm ein Baguette abtreten, was er gerne annimmt.

It's a long way - der Hauptsteg zum Kai hoch ist ellenlang!

It

Werner verlaengert nochmal unsere Aufenthaltsgenehmigung um 2 Tage, d.h. wir werden hier erst am Samstag die Leinen loesen, dann aber definitiv. Wettervorhersage passt soweit und falls doch nicht, werden wir uns erst nochmal in die Ankerbucht schraeg gegenueber verholen. Durch Gespraeche und Internet-Recherchen kristallisiert sich derweil immer mehr ein weiterer Ueberwinterungs-Hafen als Favorit heraus: Almerimar. Sicher gibt es vom Umfeld her bedeutend attraktivere Marinas, aber die klimatischen Bedingungen, Flugverbindungen etc. waeren fuer uns ideal. Mal sehen. Das mit den Planaenderungen hatten wir ja nun schon des oefteren.

Am fruehen Nachmittag machen wir uns mit Ralf und Inge von der “malwieder” zum Torre de Hercules auf. Das ist laut meinem geschichtsbewanderten Werner der aelteste existente Leuchtturm in Europa …..oder so. Mir ist das relativ wurscht, wie alt der ist. Ich bestaune die Hoehe, die Lage, die Bauweise, den Wind der hier ums Gemaeuer blaest, den phantastischen Ausblick ueber die Bucht und A Coruna. So viel Wasser!! Und da sind wir her gekommen. Von da unten, von einem kleinen Segelboot aus, mitten in der Nacht sah das alles so gaaanz anders aus. Wir versuchen, die Lichter und “Gesichter” der Nachtansteuerung mit dem Bild von jetzt ueberein zu bekommen. Gar nicht so einfach. Wo ist denn bitte der dicke Klotz, an dem ich so ewig lange vorbei gefahren bin? War das etwa doch der Torre de Hercules? Werner meint nein, ich kann nix anderes passendes dazu finden….

Will der etwa raus segeln heute??

Will der etwa raus segeln heute??

Torre de Hercules

Torre de Hercules

 

 

 

 

 

 

 

Wir laufen um den Leuchtturm herum, die Haare stehen waagrecht ab. Wenn man den Rucksack unbeaufsichtigt hinlegt, geht er auf Wanderschaft, so stark ist der Wind!! Koennen uns nicht sattsehen an dem Meer, an den Wellen und der Gischt die unten in den kleinen Buchten gegen die Felsen donnern.

Die Bucht von A Coruna bzw. ein Teil davon

Die Bucht von A Coruna bzw. ein Teil davon

 Unter den Fuessen spueren wir ein leichtes Vibrieren, eine undefinierbare Bewegung. Inge wuerde gerne noch unten um den Huegel herum laufen, die heute extrem lauffaulen Maenner zieht es dagegen zur Bushaltestelle

Abwaerts Richtung Bushaltestelle

Abwaerts Richtung Bushaltestelle

 und unserem naechsten Ziel: dem Corte d’Ingles am grossen Sportstadion. Busfahren hier ist extrem einfach und selbst ich kann mich damit gut anfreunden:  irgendwie kann man mit jeder Linie fahren, man stellt sich einfach an die Bushaltestelle und wartet auf irgendeinen Bus. Die fahren so alle 11 Minuten, genaue Zeiten in Form von Busfahrplaenen sind allerdings nicht angeschlagen. Man wartet halt, fragt den Fahrer und steigt ein. Fuer 1,20 € kann man dann fahren, so lange man will. Nur sobald man aussteigt und spaeter die Fahrt fortsetzt, muss ein neues Tickett geloest werden. Vorbei an Badebuchten und mit Hochhaeusern gesaeumten breiten Flanierboulevards geht es in rasantem Tempo zum Stadion. Vorbei an einstmals bestimmt herrschaftlich-schoenen Villen, die sich jetzt mit einem letzten Rest von Stolz dem totalen Verfall

Morbider Charme gepaart mit Stolz

Morbider Charme gepaart mit Stolz

und dem Einheitsbrei der gesichtslosen Hochhaeuser entgegen stemmen. Wir stuermen den Supermarkt, kaufen Oliven, einen Beutel Pimentos, Ajoli, Schinken, Salami, Sardinen in Dosen (die stehen hier in einer irren Vielfalt und meterweise im Regal!) iund sonstige lebenswichtige Dinge wie Baguette und Eis. Schwer bepackt geht es per Bus ein Stueck durch die Stadt und zurueck zu “unserer” Haltestelle am Museo Militario, direkt gegenueber vom einem Jardin. Wenn man mit einem Schiff unterwegs ist, gestaltet sich auch das Einkaufen zu einer Sightseeing und Erlebnistour, die allerdings auch eine gewisse Zeit benoetigt.

Unser Abendessen besteht ganz spanisch aus in Olivenoel angebratenen Pimentos, Oliven, Sardinen, Ajoli, Baguette und schmeckt einfach herrlich. Werner konstatiert, dass wir uns inzwischen doch sehr fleischlos ernaehren, er aber auch nicht wirklich etwas vermisst.

schlicht und trotzdem genial gut

Unser heutiges Abendessen: schlicht und trotzdem genial gut

Das erstaunt und freut mich gleichermassen. Heidi und Dieter von der Wind of Change kommen noch zu Besuch. Welches Traumschiff jeder von uns hat, welche Buchten wir noch anlaufen und natuerlich das Ueberwinterungsziel sind unsere Themen.  Aber auch Geschichten aus unseren “frueheren” Leben und wie sehr wir dieses neue Leben geniessen, trotz aller Fluch-Momente, trotz aller Widrigkeiten die wir auf der Fahrt hierher hatten und die uns auch sicherlich noch erwarten. Tage und Abend wie der gestrige und der heutige lassen uns das alles vergessen. Das Lichter-Panorama der Stadt, die einlaufenden Fischerboote, die Moewen, die Geraeusche aus dem Arbeitshafen von A Coruna, das wummern der Schiffsdiesel in der Bucht, leises Klingkling an den Masten…..der Wind hat nach gelassen, die Luft ist noch angenehm von der Sonne…einfach schoen!

Feiertag - Gammeltag

Schon wieder so ein Gammeltag, schon wieder wird der Wecker einfach kalt gestellt. Es weht immer noch aber die Sonne blitzt schon an einem strahlend blauen Himmel. Fruehstueck auf unserer “Terrasse” mit Restbestaenden aus Frankreich (Crepes) und Kaffee aus den letzten aus Deutschland importierten Kaffeebohnen. Werner wuerde gerne gleich in die Stadt und das mit Einkaufen verbinden. Ich erinnere sanft an die Tatsache, das hier heute Maria Himmelfahrt und somit ein heiliger Feiertag ist, an dem ganz bestimmt keine Geschaefte geoffnet haben! Danach fallen wir erstmal in ein tiefes Loch des Nichtstun.

Da es nicht nach Regen aussieht und wir ja nicht den ganzen Tag nur rumhaengen koennen, soll wenigstens Waesche auf der Leine haengen. Also nehmen wir kurzerhand die kleine Bordwaschmaschine in Betrieb und ziehen ein paar lediglich nicht mehr so adrett riechende T-Shirts und leichtere Pullover durchs Sunil-Wasser. Auf der Leine flattern die Teile gut fest geklammert wie wild und sind innerhalb kuerzester Zeit trocken.

Aus Deutschland kommt zwischendurch per Email einigermassen positive Nachricht zum Thema Ankerwinsch: man kan ein neues Relais fuer uns ordern und auch das Nachruestkit fuer den Handnotbetrieb ist erschwinglich und wird geordert. Punkt 1 auf der Liste schon mal einigermassen abgehakt. Der Autopilot ist erstmal ganz in unserer Hand: wir sollen diverse Tests mit Strom und Kabelage veranstalten. Hmm, wir sind ja jetzt nun wirklich nicht die Elektro-Helden….Ralf von der “malwieder” kommt und gibt Tipps und Ratschlaege, laesst aber den Skipper erstmal selber bosseln. Das klappt auch gar nicht mal so schlecht und hilft ihm, seine Beruehrungsaengste abzubauen. Versteh ich gar nicht, warum er die hat - seine Haare stehen doch sowieso schon die meiste Zeit zu Berge und wie Mister 1000 Volt laeuft er auch oefter durch die Gegend, da kann so ein kleiner Stromschlag doch eigentlich nicht mehr viel ausmachen :-)))

Nach einer Kabelverwechslung, diversen Umklemmaktionen und Strom irgendwo direkt drauf legen und einem gewissen Sicherungsverschleiss gelingt es den beiden Maennern tatsaechlich, unseren Autopiloten zum Leben zu erwecken!! Ich bin begeistert. Werners Aufgabe ist es jetzt, die Kabel nochmal zu ueberpruefen. Wenn er dann immer noch funktioniert, haben wir hier auch ein Erfolgserlebnis.

Nach so viel Aktivitaet an einem Gammeltag beschliessen wir ganz spontan und kurzfristig, den Tag gemeinsam mit Dieter und Heidi in der Altstadt ausklingen zu lassen. Puenktlich um 20 Uhr sind wir am vereinbarten Treffpunkt auf dem Rathausplatz, den wir trotz gewisser Ortsunkenntnis und lueckenhaftem Stadtplan ohne grosse Umwege finden. Ich waere allerdings nicht puenktlich gekommen: Viel zu oft bleibe ich stehen und gucke mir die Haeuser an, bin fasziniert von den Einblicken in die verwinkelten Strassen und Gassen, von dem Leben auf ebendiesen Gassen. Ueberall sind Bars oder gemuetlich aussehende Jamonerias, in denen jede Menge riesiger Schinken von der Decke haengen. Bei den Gaesten ist von ganz jung bis alt jede Altersstufe vertreten, man sitzt zum Grossteil auf der Strasse, auf Mauern oder einem Sammelsurium von Stuehlen um wackelige Tische. Ein Stimmengewirr und Kinderlachen liegt ueber allem, das pralle Leben. Palmen und andere fuer uns exotische anmutende Pflanzen beherrschen kleine, freie Ecken vor Mauern. Zwischen Kirchen und Haeusern trifft man immer wieder auf schoen angelegte und bepflanzte Plaetze. Das Pflaster der Gassen besteht aus grossen, quadratischen alten Steinplatten auf denen man gut laufen kann und uns das Flair von frueher vermitteln. Alte oder zumindest im alten Stil gemachte Strassenlaternen an den Haeusern spenden ein angenehmes Licht, das zu dem Gesamtbild gut passt. Die Holzerker sind meist gradlinig und schlicht, aber auch verschnoerkelt und liebevoll gestaltet. Wahllos und mehr von der Anzahl der Stuehle um einen der wenigen freien Tische bestimmt lassen wir uns vor einer Tapas-Bar nieder, ordern spanisches Bier, Vino Tinto (der ist natuerlich fuer mich) und futtern uns einmal durch das Tapas-Angebot. Trotz vorgerueckter Stunde ziehen immer noch Heerscharen von gut gekleideten Spaniern aller Altersstufen hier durch. Wir ziehen ebenfalls weiter. Die Maenner haben Kaffeedurst und ausgerechnet dieses Getraenk ist nicht im Angebot der Bar. In einer etwas modernen Bar unten an der grossen Promenade kehren wir ein 2. Mal ein. Kaffee und Kuchen bzw. Crema Catalana bilden den Abschluss unseres Bummels. In Dieter und Heidi haben wir wieder einmal Segler kennen gelernt, deren Lebensgeschichte der unseren sehr aehnelt, mit denen wir auf der gleichen Kurslinie laufen. Bei vielem, was wir uns erzaehlen, laechelt das Gegenueber wissend und nur zu oft faellt der Satz “das geht uns ganz genauso”. Viel zu schnell vergeht die Zeit wieder, aber wir sehen uns auf jeden Fall noch hier in A Coruna und auch auf unseren weiteren Wegen werden sich unsere Kurse immer wieder kreuzen oder parallel laufen.

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