Donnerstag, 28. Juni 2012 – Terschelling-Lemmer

Nach einem Telefonat mit unserem Segelmacher und dessen Partnerunternehmen in den Niederlanden, De Vries in Lemmer, ist klar: wir gehen ins Ijsselmeer und nicht nach Harlingen zu irgendeinem Segelmacher.

Der Jachthafen Terschelling ist zwar schoen, aber mit € 40,00 fuer unser Schiff auch nicht unbedingt der preiswerteste. Auch wenn alles (und wirklich alles, sogar Waschmaschinennutzung) inclusive ist.

Ausserdem wollen wir ja unser Segel moeglichst noch vor dem Wochenende repariert haben. Werner rechnet hin und her, hoch und runter, berechnet Distanzen, benoetigte Zeit etc. und kommt zu dem Ergebnis: wir muessen um 13 Uhr ablegen, um rechtzeitig mit Hochwasser bzw. dann ablaufendem Wasser das aeusserst flache Fahrwasser von Harlingen nach Kornwerderzand passieren zu koennen.

Mit unserem Tiefgang ist die Welt der Wattenmeere halt einfach deutlich unentspannter. Aber damit kommen wir irgendwie schon klar.

Nachdem sich der Morgennebel aufgeloest hat, legen wir puenktlich ab. Nicht ohne vorher noch der Hertog Jan Crew unser Schiff zu zeigen und bei einem Koppje Koffie ueber ihre und unsere Plaene, Traeume, Wuensche zu plaudern. Was man doch fuer Menschen kennen lernt. Vielleicht sieht man sich wirklich auf Bonnaire wieder? Dort zieht es die Beiden hin, zwar immobil, aber das kann sich ja vielleicht auch noch aendern ?!

 

Zum Abschied linst der Seehund noch einmal kurz aus dem Wasser.  Um uns herum sind doch deutlich mehr Schiffe unterwegs wie gestern. Im Fahrwasser nach Harlingen wimmelt es nur so von Plattbodem-Schiffen. Alle kreuzenderweise unterwegs. Dazwischen Faehren, Fischer, ein Tonnenleger. Die paar Segelyachten gehen vollkommen unter zwischen den „Grossen“.

Plattboden-Schiffe auf dem Weg nach Harlingen

Plattboden-Schiffe auf dem Weg nach Harlingen

 

 

 

 

Puenktlich wie vom Skipper berechnet biegen wir nach einer unspekatakulaeren Motorfahrt kurz vor Harlingen in das Boontjegat ab. Die ersten Meilen sind die „schlimmsten“ weil hier auch jetzt bei Hochwasser an einigen Stellen nur noch 3,30 Wasser stehen. Der Rest der Strecke pendelt zwischen 4,3o und 6,10 und wird allmaehlich auch breiter. Und gefuehlt kurze Zeit spaeter (laut Uhr sind es doch Stunden) laufen wir auf die Schleuse Kornwerderzand zu. Tor ist auf, Licht gruen, also rein, fest, 60 cm tiefer geschleust, Tor auf, raus. Meine Guete, so zackig hab ich ja in den Niederlanden noch nie geschleust! Ist halt doch noch keine Hauptsaison und kein Wochenende.

Auf dem Ijsselmeer schaffen wir es tatsaechlich, noch einige Meilen ganz gute Fahrt nur unter unserer kleinen Genua zu machen. Das Gross ist ja ausser Gefecht und fuer die grosse Genua ist uns der Kurs nicht so guenstig. Bevor sie dauernd killt und schamfilt, lassen wir sie lieber drin. Ein kaputtes Segel reicht.

Wir laufen Suedwaerts mit Ziel Lemmer. Es ist ruhig, nur wenige Boote sind noch unterwegs. Wen wundert’s, wir haben mittlerweile 19 Uhr und was ein ordentlicher Ijsselmeer-Skipper ist, der liegt jetzt schon im Zielhafen und ordert sein Biertje. Noch dazu spielt heute Deutschland gg. Italien…..was mich persoenlich ja vollkommen kalt laesst.

Die Zeit laeuft, die Daemmerung naht, das Ijsselmeer zieht sich hin. Um 22 Uhr sind wir mitten im „Laemmerschwanz“, wie ich diesen Teil des Ijsselmeers getauft habe, und es wird wieder einmal viel zu frueh dunkel. Die Tonnen werden schwerer erkennbar. Es sind ja eh nur wenige hier auf unserem Tiefwasser-Streifen, doch die dann auch zu treffen (na ja fast) schaffen wir recht gut. Trotzdem ist es einfach ein besseres Gefuehl, wenn man die Dinger doch schon von weitem im Blick hat. Dann ist zappenduster, der Halbmond hilft uns auch nicht viel weiter . Der versteckt sich naemlich hinter Wolken. Aber jetzt blinkt und funkelt es vor uns gut erkennbar in rot und gruen und weiss. Ups, da sind ja sogar noch zwei , nein drei Frachtschiffe unterwegs! Dank AIS alles doch sehr entspannt. Das ist Technik, die mich einfach immer wieder begeistert.

Die Tonnen der Zufahrt nach Lemmer sind beleuchtet und auch hier wissen wir mit einigen Anlaufschwierigkeiten recht gut, wo wir lang muessen. Aber dann kommt der kritische Teil. Wir muessen ins betonnte, aber nicht beleuchtete Fahrwasser zum Jachthafen abbiegen. Beinah waeren wir an der Teilungstonne vorbei gedonnert.  Die Tonne mit dem Fernglas, Kartenorientierung und  dem Bild auf dem PC zu finden geht ja noch. Erschreckend ist fuer mich, wie weit entfernt die im Glas aussehen und wie nah wir dann schon dran sind bzw. wie schnell die Dinger auftauchen, wenn ich das Fernglas runter nehme! Beinahe ware Werner an einer auf der falschen Seite vorbei gerauscht. Im letzten Moment gehen wir korrekt dran vorbei. Er sieht am Ruder so gut wie gar nix und steuert nach meinen Angaben. Super, ein Blinder sagt nem anderen Blinden, wo’s langgeht. Ist doch eine prima Kombination. Obwohl Werner in der Daemmerung eindeutig besser sieht wie ich! Der hat die Tonnen schon lange vor mir leuchten sehen und konnte gar nicht verstehen, dass ich absolut nix davon sehen konnte.

Tja und dann passiert es uns: die Tiefenanzeige des Echolots piepst – wie schon so oft auf dieser Reise- empoert auf und zaehlt runter: 2,50, 2,40, 2,30- plopp. Wir stecken fest. Und das kurz vor der Hafeneinfahrt. Da vorne ist doch die letzteTonne, wo ist denn jetzt die vorletzte abgeblieben? Gibt doch Tauchtonnen in Holland!! Kraft unserer PS ziehen wir uns rueckwaerts wieder raus. Das gibt es doch nicht, die de Vries Leute haben gesagt, es ware auch mit 2,40 kein Problem, zu Ihnen an den Steg zu kommen. Und der ist im hinteresten Eck des jachthafens, vor dem wir im wahrsten Sinne des Wortes gerade stehen. Alsso mehr nach rechts. Da blinkt ein gruenes Licht auf einem Deich. Vielleicht wenn wir uns naeher da dran halten. Ich suche wieder die letzte Tonne und mit ueber 3 mtr. Wasser unterm Kiel laufen wir gluecklich doch noch in den Hafen. Aber jetzt noch bis ganz in die hintere Ecke? Und ein 7mtr. Boot namens Renata suchen, vor dem wir liegen koennen, sollen, duerfen? Alle in Frage kommenden Plaetze sind aber schon von fetten Motorbooten belegt. Also weiter. Da leuchtet unser Stern in Form eines langen, freien Kopfsteigers auf! Wir sind uns ganz schnell einig, dass wir da rangehen. Kaum laufen wir darauf zu, rappelt es auf dem Steg. Der Hafenmeister Maurice kommt mit seinem Fahrrad zu Hilfe geeilt, nimmt Leinen an, plaziert Fender tiefer, laesst uns ruhiger werden und meint, wir koennten auch ohne Obulus liegen bleiben, wenn wir morgen frueh vor seinem Dienstantritt wieder weg und bei de Vries am Steg waeren. Trotz der spaeten Stunde trinken wir in der kleinen Hafenbar noch ein Biertje mit ihm, machen noch einen spaziergang zum Steg von de Vries und fallen dann gegen 2 Uhr immer noch hungrig (Essen ist irgendwie zu kurz gekommen bei der ganzen Aktion) ins Bett. Was fuer ein Tag!