Jahres-Archiv 2010

Ende in Sicht

Donnerstag, 19. August 2010 – 12 Uhr – Highnoon!

Und unsere Maschine läuft!!!! Eigentlich ja schon seit fast 2 Stunden, immer wieder mit Unterbrechungen und jetzt mit Vollgas im Leerlauf. Hört sich soweit gut an, nirgendwo qualmt oder tropft es, die Vibrationen im Schiff halten sich in Grenzen. Puh, soll jetzt wirklich alles wieder in Ordnung sein? Fast kaum zu glauben!

So langsam kamen wir uns schon vor wie in diesen Filmen, in denen sich ein Tag immer und immer wieder wiederholt. Jeden Morgen geweckt werden vom tropfen des Regens auf das Luk, jeden Tag Jan-Peter und sein Werkzeug an Bord begruessen zu duerfen. So langsam liegen unsere Nerven blank. Obwohl Jan-Peter ein wirklich angenehmer Mensch ist, der inzwischen von uns verkoestigt wird (und dem alles schmeckt, was wir auftischen).

Aber immer alles nass, staendig Wasser aus der Bilge ziehen, staendig im Regen irgendwohin laufen muessen. So hatten wir uns unseren Urlaub nun wirklich nicht vorgestellt. Und da troestet es auch wenig, wenn uns jeder Daene erklaert, einen solch verregneten August habe es schon seit zig Jahren nicht mehr gegeben.

Heute dagegen, nein ich korrigiere mich: seit gestern Nachmittag schon, ist es endlich trocken und sonnig wenn auch ziemlich windig. Der Wind hat auf SW gedreht und hat so Staerke 5. Angagt ist 3-5. Wir haben beschlossen, heute nicht mehr weiter zu fahren. Erstmal muessen wir einigermassen klar Schiff machen und das ganze Werkzeug verstauen.

Die Maenner lachen und sind zufrieden: „it looks much better than we start”. Wieder haben sie Oel rausgepumpt und neues eingefuellt.

Dafuer hat ein anderer Segler im Hafen ein Problem und Jan-Peter hat sich die Sache schon angeschaut. So Werkstattwagen sind halt doch auffaellig und wir mit unserem Problem mittlerweile hier wohl auch bekannt.

Nachdem Werner sich noch einmal die 150% sichere Variante zur Vermeidung eines solchen Schadens hat erklaeren lassen, packt Jan-Peter seine Werkzeuge ein und zieht von dannen. Nicht ohne ein Abschiedsgeschenk von uns und Ueberreichung einer Visitenkarte mit dem Hinweis auf unsere Website.

Die Liste fuer unser Winterlager wird wieder einmal laenger und laenger.

Dann heisst es fuer uns: Schiff von innen schrubben, aufrauemen, was essen und dann ab unter die Dusche. Der ueberaus freundliche und redselige Hafenmeister von Spodsbjerg quittiert unsere Zahlung fuer eine weitere Nacht lediglich mit der Frage, ob der Motor wieder laeuft. Die weitere Administration wird noch schweigsamer durchgefuehrt, als ich darauf hinweise, dass wir fuer die letzte Nacht keinen Strom haben moechten. Moecht mal wissen, was der morgens fruehstueckt, dass die Lauen bis zum Abend (es ist immerhin 19.00 Uhr) anhaelt). Oh, nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht: das ist alles absolut ironisch gemeint. Vielleicht mag er ja auch keine Hunde. Egal. Es gibt auch nette Daenen die Hunde moegen und unseren ansprechen, was er natuerlich nicht versteht – und wir meistens auch nicht. Egal.

Wir finden dann noch heraus, dass unser Dauerliegercode immer noch gueltig ist und wir jetzt gleich zwei Zugangscodes fuer die Waschraeume haben. Ist ja auch was.

Abends dann noch ein Glas Wein in der Plicht – es ist relativ kuehl aber endlich trocken!! – und dann geht es auch schon wieder in die Koje.

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Stand by you oder besser: I’m still standing

Dienstag, 17.08.2010 – „I stand by you….”

Von Rod Stewart im Radio, das Dauerprasseln des Regens aufs Schiff. Rod Stewart passt irgendwie ganz gut zu dem Tag. Lesen, Musik hören, Kisten durchwühlen….. für all das hatte ich mir ja schon Zeit gewünscht. Aber soviel Zeit - und vor allem: aus diesem Grund - hätte es ja nun nicht gleich sein müssen. Immer diese Übertreibungen.

Tag 5 auf - na wo wohl??? Richtig: Langeland!

Montag, 16.08.2010 – Tag 5 in Spodsbjerg

Regengrauer Himmel beim aufwachen, was sonst! Man gewoehnt sich an alles ….., ok, an fast alles! Zuallererst ist ein Anruf bei Frantz faellig, der hat naemlich heute Geburtstag und wird 12 Jahre alt!!

Eine warme Dusche und ein relaxtes Fruehstueck lassen den Tagesanfang angenehm weiter verlaufen. Noch am Fruehstueck beginnt die Telefonorgie: Frau Roeder von Zeppelin Achim holt sich letzte Informationen fuer den Weiterversand der Ersatzteile die heute von Koeln in Achim angekommen sind. Dann ruft Jens-Peter, unser Monteur an: er ist in einer Viertelstunde bei uns! Jetzt aber hurtig, alles wegraeumen und Platz schaffen. Der Hund ist nicht wirklich motiviert fuer einen Gassigang, er bevorzugt mehr Gassi-Liegen. So nach dem Motto „guck mal Frauchen, da ist ne Bank, du kannst dich setzen, ich leg mich drunter und dann gucken wir den Booten beim ablegen zu”. Oder am Strand: er legt sich in den Sand, haelt die Nase in den Wind und schaut zufrieden und entspannt den Wellen zu. Weitergehen??? Ich doch nicht, Du kannst gerne noch ein Stueck laufen, ich warte hier auf Dich. Die Brandung ist heute zu stark, da traut er sich dann doch nicht rein, schwimmen faellt also erstmal aus.

12:42 der Chef von unserem Jens-Peter rueckt an. Mit Schaeferhund und Kruecke. Der Hund bleibt im Wagen, die Kruecke auf dem Steg. Dann wird alles inspiziert und besprochen. Fuer heute ist der Monteur-Einsatz an Bord dann erstmal beendet. Auf jeden Fall muessen wir schon sehr haeufig Salzwasser im Motor gehabt haben. Dafuer gibt es reichlich Indizien!

Der Wind hat wieder aufgefrischt, die meisten Segelboote sind wieder weitergezogen, ein oder zwei verbringen ebenfalls einen Hafentag hier. Werner liest, ich habe gerade meinen Toernbericht von den Kanaren zu den Kap Verden gefunden und noch einmal ueberarbeitet. Gut wenn Frau alles so detailliert niederschreibt, an vieles kann man sich im Laufe der Jahre gar nicht mehr so erinnern.

Jetzt werde ich mal einen laengeren Lauf ohne meine beiden Herren unternehmen. Mal sehen, was ich dabei noch so entdecke. Eigentlich hatte ich ueberlegt, mit dem Bus noch mal nach Rudkobing zu fahren, aber so wirklich Lust habe ich dazu auch nicht. Vielleicht morgen und wenn dann nicht, ist es auch nicht schlimm.

17:00 – zurueck von meiner Wanderung. Ich lese gerade das Buch von Hape Kerkeling „Ik ben er even niet” ueber seine Wanderung auf dem Jacobs-Weg. Ob mich diese Lektuere heute irgendwie befluegelt und motiviert hat? Auf jeden Fall bin ich einem hier auf Langeland neu ausgewiesenen Pfad gefolgt. Der fuehrte erstmal parallel zum Wasser. Da die angegebenen 900 Meter und auch die darauf folgenden 2,3 km ziemlich schnell „ueberwunden” waren, habe ich beschlossen, doch einen Abstecher in die Inselmitte zu machen. Laut Karte sind es 4,6 km bis Tullebolle, das muss doch zu schaffen sein. Eine kleine, warnende Stimme in mir sagt, dass ich diese Strecke auch wieder zurueck laufen muss. Aber das Stimmchen ist so zart, ich ueberhoere es doch glattweg. Frohgemut stuerme ich einen grasbewachsenene Pfad an einem Feld entlang. Uff, hier hat es doch glatt richtige Steigungen und kleine Huegel. UEberall tauchen in den Feldern immer wieder einzelne, kleine Hoefe auf. Manche Wege sind geteert. Dann komme ich an eine Weggabelung. Jetzt ist guter Rat teuer. Nach rechts geht es Richtung Tranekaer, da will ich nicht hin, das ist von Tullebolle noch 5 km! Das geradeaus weisende Schild bedeutet mir, dass es hier nach Spodsbjerg geht und zwar ganze 6km! Die spinnen wohl. In der Ferne kann ich auf einem Huegel die Windmuehle von Tullebolle entdecken, da will ich doch hin. Also beherzt nach rechts Richtung Tranekaer, wird schon irgendwann nach Tullebolle abgehen. Geht es auch, aber laut der Karte muesste das alles irgendwie ganz anders sein und ueberhaupt laufe ich hier wohl einen Umweg, komme aber zum Ziel! Inzwischen haben sich die Regenwolken verzogen und die Sonne kommt raus. Dafuer bin ich jetzt irgendwie falsch gekleidet. Zum Laufen war der bedeckte Himmel mit hin und wieder Nieselregen und trotzdem angenehmen Temperaturen eindeutig besser. Viel spannender ist fuer jetzt allerdings die Frage: Wie jetzt zurueck? Den gleichen Weg finde ich – wie Buster – langweilig, den kenne ich ja schon. Also gehe ich auf gut Glueck und der Nase nach Richtung Sueden. Osten waere zwar besser, aber da habe ich jetzt grad keine Moeglichkeit. Als mir diese geboten wird, schlage ich diese Richtung ein und komme auf neuen Pfaden und spaeter auch wieder mit der Wanderwegbeschilderung als Hilfe kurz vor Spodsbjerg wieder ans Wasser. Man gut, dass Frau ein klein wenig Orientierungsssinn hat und dieser seltsamerweise im huegeligen Gebiet noch besser funktioniert wie im Flachland. Sind wohl die Gene. Zwischendrin komme ich wieder an alleinliegenden, mehr oder weniger gepflegten Hoefen vorbei. Rehe springen in den Kornfeldern auf und auf einem Hof begruessen mich zwei kleine, nette Eselchen mit grossem Interesse. Hier treffe ich sogar mal auf Menschen, die wie ich per pedes unterwegs sind und offenbar zu dem kleinen Hof wollen. Mitten in einem Feld erhebt sich ein Huegel, aehnlich einem Grabhuegel in der Bretagne. Es steht ein wunderschoen gleichmaessig gewachsener Eichenbaum darauf und noch einige kleinere Baeume. Auch irgendwelche grosse Steine liegen verstreut auf dem Huegel. Meine anerzogene Ehrfurcht vor Kornfeldern haelt mich davon ab, naeher an diesen so spuerbar magischen Ort zu gehen. Dazu haette ich ein ganzes Stueck durchs Korn gemusst, dass will ich nicht.

Also muss ein Foto die Magie des Anblickes und des Momentes dokumentieren. Es wird in mir nachklingen und vielleicht ist irgendwann das Feld abgemaeht und der Weg zum Huegel frei.

Immer wieder sind Haeuser oder ganze Hoefe zu verkaufen. Aber warum soll das hier anders sein wie bei uns? UEberall veraendert sich das Leben, veraendern sich die Menschen, wollen oder muessen weg von dem Ort wo sie vielleicht viele Jahre gelebt haben. Berufswechsel, Alter, Krankheit, Trennung, so viele Gruende gibt es dafuer. Zurueck am Wasser fuehle ich mich wie zu Hause angekommen, befreit. Nix wie raus aus den Schuhen und am Strand, in der Brandung zurueck zum Hafen laufen. Vorbei an einem alten Haus, dass seine besten Tage auch schon lange hinter sich hat. Herrlich, der Strand direkt davor mit Liegestuehlen, Sonnenschirm, Oellampen und Grill bestueckt. Der Faehranleger ist immer noch gut frequentiert mit wartenden Autos. Einmal durch’s „Fischerviertel” und dann liegt unser schwimmendes Heim auch schon vor mir, wartet auf mich, ein schoener Anblick.

Hunger und Durst habe ich jetzt und lange nicht mehr gespuerte Muskelpartien machen sich bemerkbar. Joggen werde ich wohl morgen nicht, dafuer war die Tour heute mit ueber 9 km flotten Marsches doch etwas zu anstrengend. Es reicht heute gerade noch fuer eine kleine Abendrunde mit dem Hund. Der Wind hat gedreht und kommt jetzt aus West. Fuer morgen ist Sued-West 2-4 und Regen vorher gesagt. Ob das hier wohl auch stimmt: wenn man die Kuestenlinie der gegenueberliegenden Inseln klar und ganz nahe erkennen kann, gibt es Regen? Aber den hatten wir die vergangenen Tage eigentlich schon zu Genuege, noch mehr braucht kein Mensch!

Jetzt ist es zu dunkel zum lesen im Cockpit, noch ein Glas Wein mit dem Brummen der Faehre als Begleitmusik und dann ab in die Koje. Werner nickert schon mal ein wenig auf der Cockpitbank.

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Lange liegen wir auf Langeland….

Sonntag, 15.08.2010 – immer noch Spodsbjerg, wo auch sonst: ohne Zylinderkopf/dichtung und ohne „Exhauster”….

Strandspaziergaenge morgens und abends, das Rauschen der Wellen bei Nordwind, neue Ein- und Ausblicke, Haeuser begucken, Lesen, Musik wieder und neu entdecken (was wir alles auf der externen Festplatte gebunkert haben!Frage: „Was ist das, das ist schoen” – Antwort: „Dire Straits”…..). Fotos fuer die Website bearbeiten, sprich verkleinern (warum habe ich das Programm Photorazor nicht schon viel frueher dafuer genutzt??). Bedienungsanleitungen studieren und feststellen, dass wir irgendwie geistig nicht auf dem Niveau der Schreiber dieser Anleitungen sind.

Immerhin lernen wir wieder einiges dazu und verstehen manches besser. Verstaendnislos stehen wir allerdings immer noch dem munter weiter tropfenden Auspuffschlauch gegenueber. Nachdem Werner mind. 100 Liter Wasser aus der Bilge gepumpt und in 5liter-Steps in den Behaelter auf dem Steg bzw. in die Spildolie-Faesser am Kai gekippt hat, stellen wir fest, dass aus dem Anschlussstutzen besagten Schlauches bei jeder Bewegung des Schiffes Wasser in die Bilge fliesst. Never ending story?? Wir pumpen 5 Liter aus dem Schlauch heraus, vorerst fliesst kein Wasser nach, aber man hoert es irgendwo unter dem Motor tropfen – von wo nach wo auch immer! Wir ueberlegen hin und her und finden doch keine Loesung fuer dieses Problem. Noch zweimal pumpen wir den Schlauch leer. Im Laufe der Nacht steigt der Pegel doch wieder und es laeuft wieder raus. Hoert das denn nie auf?? Wie kann das sein? Ich pule mit einem Draht in dem Luftansaugnippel am Schwanenhals rum, vielleicht ist der ja verstopft und es kann gar keine Luft angesaugt werden (und diese Luft soll ja den Nachfluss des Wassers von aussenbords verhindern). Der Draht ist merkwuerdigerweise trocken als ich ihn wieder raus ziehe. Jetzt laeuft schon ueber 2 Stunden kein Wasser mehr nach, vielleicht haben wir den verflixten Schlauch ja jetzt endlich trocken gelegt!!!

Dafuer sieht es so aus, als wuerde es aussenbords nicht mehr allzu lange trocken bleiben. Nachdem wir heute mal nicht durch das Trommeln des Regens auf dem Luk geweckt wurden und sogar einige Stunden Sonnenschein geniessen durften, zieht es sich nun wieder zu und das Barometer faellt auch bedenklich.

Werner stellt fest, dass unser Radio nix taugt – kein Sender ist rein zu bekommen, der Sendersuchlauf macht irgendwelche merkwuerdigen Dinge…Technik, die begeistert. Aber vielleicht liegt es ja auch an unserer Antenne oder an der Erdung unseres Schiffes oder an beidem?

Den Hund beruehrt das alles herzlich wenig. Er hat sich heute schon ganz mutig in die Ostsee-Wellen gestuerzt und ist durch die nicht unerheblich Brandung geschwommen. Ueberhaupt ist er – wenn er denn will – zu Dingen bzw. Bewegungen faehig, die uns immer wieder ueberraschen.

Jetzt liegt er an Deck und beobachtet alles sehr genau. Vorbeigehende Hunde werden zur Kenntnis genommen, rufen aber keine besondere Reaktion hervor. An Bord verhaelt er sich doch schon anders wie an Land, wo Artgenossen begeistert wedelnd begruesst werden.

Viel passiert hier allerdings nicht, der Hafen ist relativ leer, selbst am Wochenende sind nicht viele Segler eingelaufen. Waere nicht die Flotte der Angelboote hier stationiert, koennte man sagen, es herrscht gaehnende Leere. Nebenan im Fischereihafen dagegen wird gewerkelt was der Schweissbrenner hergibt. Die Pilot-Boote fahren staendig raus und rein und der Faehrverkehr zu den Nachbarinseln ist auch sehr rege. Jetzt am Wochenende legen auch immer wieder etwas groessere Kutter hier kurz an, um die „gebunkerten” Angler wieder loszuwerden. Hier wird echt geangelt, was das Zeug haelt. Gleich zwei Angelzubehoerlaeden existieren hier am Ort.

Auf dem Herd blubbert der Espresso-Kocher vor sich hin, den werde ich jetzt mal erloesen und mich dann weiter dem Gleichklang dieser Hafen-Gammeltage hingeben.

Oh, bevor ich es vergesse: heute frueh hatten wir ein ganz nettes Geschenk im Cockpit liegen: unsere gestrigen Bootsnachbarn haben uns still und heimlich eine Flasche Sekt ins Cockpit gelegt, ganz besondere Arznei von ihrem Haus-Apotheker, „Kröger’s Apotheker-Reserve”, dem Etikett nach ein halbtrockener Sekt aus dem Hause Blücher-Schering Luebeck. Versehen ist die Flasche mit aufmunternden Worten und dem Angebot, uns bei Schlepphilfebedarf in Kiel doch telefonisch bei Ihnen zu melden. Nun wissen wir zwar den Namen der beiden, aber wie das Schiff heisst oder wo es seinen Liegeplatz hat, wissen wir nicht. Anrufen werden wir auf jeden Fall und uns bedanken.

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Das gammeln hat nicht lange angehalten. Vom Spaziergang zurueck wird mein Skipper von der Arbeitswut gepackt. Vom Deck schrubben kann ich ihn noch abhalten, aber dann will er endlich die neuen Haken am Niedergang anbringen. Hindernis 1: wo sind die bloeden Dinger abgeblieben?? Ich starte die Suchaktion (hatte sie doch zu Beginn unseres Urlaubs noch in den Fingern…. Das kommt davon, wenn Frau aufraeumt!) und „finde” erstmal unsere „neue” Messinguhr. Die hat Werner zum Geburtstag 2009 geschenkt bekommen – oder war es Weihnachten?? – und bevor das Teil in der Verpackung sein Einjaehriges im Hause Nagel feiert, soll sie nun endlich unser Schiff zieren und uns die Zeit vertellen. Werner versucht sich noch kurz gegen die Montage zu wehren, indem er darauf hinweist, dass wir bestimmt a) keine geeigneten Schrauben und b) keine passende, weil sehr kleine, Batterie an Bord haben. Leider ist beides in der Verpackung mitgeliefert worden. Somit steht einer Montage nichts mehr im Wege.

Mittlerweile habe ich auch die Haken gefunden. Hindernis Nr. 2 in dieser Aktion: keine passenden Schrauben! Die aus VA sind zu lang, die passenden aus Messing. Waehrend meiner Schraubensuche montiert Werner einen Haken auf dem Achterdeck an. Da ich ausser einem Oelfilm auf diversen Kisten in unserem Werkraum nichts positives finden kann, einigen wir uns auf die Messingschrauben und wollen diese bei Gelegenheit dann austauschen. Jetzt geht das anhalten, anzeichnen und anschrauben los. Das Ergebnis passt und sitzt bombenfest. Erfolgserlebnis!

Auf die Anbringung von Einpiekhaken im Pantry-Bereich verzichten wir heute noch mal. Wir wollen erst noch ueber die optimalen Anbringungspunkte nachdenken. Vielleicht bekomme ich ja doch noch die geplante Edelstahlreling um Spuele und Herd herum? Dann waeren die Haken nicht noetig. Wir werden sehen.

21:16 – unser Wasser haelt sich nun schon seit ueber 6 Stunden zurueck, das ist neuer Rekord! Wir werden den Stutzen weiterhin kritisch im Auge behalten und gegebenenfalls wieder auspumpen.

Mittlerweile sind doch einige Segelboote eingelaufen. Der mittlere Steg für Schiffe bis 10 mtr. Laenge ist gut belegt. Der Wind hat von Nord auf NE bzw. E gedreht und auch kraeftig zugelegt. Es schaukelt ganz ordentlich und wenn ich mir die kleineren Boote am Nachbarsteg so anschaue, beneide ich die Crews nicht. Kann mich noch gut dran erinnern, wie sich das anfuehlt. Selbst unsere Dicke liegt nicht voellig ruhig, aber doch wesentlich ruhiger.

Jetzt fiepselt unser Wuffi, nach zwei grossen Portionen Hundefutter scheint er wohl noch mal raus zu muessen.

Vielleicht stinkt es ihm aber auch nur, dass wir uns nach unten in die gemuetliche Kajuete verzogen haben, waehrend er allein im Cockpit bleiben musste

Spodsbjerg…Spodsbjerg…..Spodsbjerg…..

Freitag, 13. August 2010

Hatte ich mir nicht fest vorgenommen, diesem Tag keine Bedeutung beizumessen? Vermutlich waere mir erst heute abend der Zusammenhang zwischen Wochentag und Datum aufgefallen. Denn meist bin ich ja zeitlos zur Zeit.

Karrebaeksminde oder zumindest in diese Richtung wollten wir heute segeln. Das hatten wir jedenfalls gestern Abend noch nach langem Hin und Her und argwoehnischem Beaeugen der diversen Wassertiefen meinerseits noch so beschlossen.

Und jetzt ist es 13:41 und wir liegen immer noch in Spodsbjerg! Soviel zum Thema „der Skipper denkt, das Schiff lenkt”. Aber von vorne: nach dem Duschen kontrolliert Werner den OElstand und entdeckt dabei Wasser im OEl!!! Alarmstufe Dunkelrot! Ich werde mit den Worten „ich glaube, unser Urlaub ist beendet” empfangen. Irgendwie kann mich ja schon nichts mehr so wirklich schocken, dementsprechend abgebrüht-ruhig bleibe ich auch. Aufregen nutzt ja auch nix. Immerhin schaffe ich es, mit Hilfe einer guten Meg-Lite die diversen Bezeichnungen auf dem Typenschild unseres Motors zu entziffern – und das mit Brille! Einige Telefonate mit Thomas Ornik in NL, Herrn Peterson und Martin Anderson in DK, mit Werners Sohn Fabian, unserem Freund Uwe in Bremerhaven und Frau Roeder von Zeppelin Achim werden geführt. Uwe’s Vorschlag, nach Kiel zu segeln wo uns die BHV-Gang mit einem Schlauchboot zu Hilfe eilen wollte um dann dort eine Reparatur durchzuführen, verwerfen wir erstmal. Aber ein tolles Angebot!

Stattdessen stimmen wir dem Vorschlag von Caterpillar/PON Daenemark zu, dass ein Mechaniker der Volvo Penta Vertretung Peterson & Soerensen in Svendborg in ca. einer Stunde bei uns sein wird und sich das Problem anschaut. Der junge Mann, Jens, ist auch pünktlich und geht nach einer kurzen Bestandsaufnahme zu Werke. Punkt 1: ein Riss ist einem Schlauch (hatten wir das nicht schon mal??) Punkt 2: er will den Zylinderkopf abbauen und mit in die Werkstatt nehmen. Das sei einfacher meint er. Bei der Aktion ergiessen sich nun einige Liter Kuehlwasser in unsere Bilge, die wir dank einer Werkstattpumpe und dem Entsorgungstank im Servicefahrzeug ausnahmsweise mal problemlos entsorgen koennen.

Positiv bei der ganzen Aktion ist, dass wir trotz Urlaubs- und Wochenendzeit relativ schnell Hilfe erhalten und dass es nicht mehr regnet. Die ganze Aktion bei den gestrigen Wolkenbrüchen haette das ganze noch getoppt.

Ich nutze die Zeit, um Hausarbeiten zu verrichten, Lochsteine am Nordstrand zu suchen (habe hier vier Stueck gefunden, was bei Werner wahre Begeisterungsstuerme ausloest), Bilder von den Kameras auf die Festplatte zu laden usw. . Die neue externe Festplatte wird getestet, saemtliche Akkus werden geladen, der Muell wird entsorgt und und und. Nachher will ich noch mal zum Suedstrand bzw. vielleicht gehe ich auch noch mal joggen. Hatte ich mir ja fest vorgenommen fuer den Urlaub, bislang hapert es aber extrem mit der Umsetzung.

Unter Deck schreitet die Zerlegung unseres Motors voran. Ich lenke mich mit dem schon lange geplanten Cockpit-Polieren ab. Irgendwann ist aber alles poliert und meine Arme machen nicht mehr mit. Die Demontage des Motors ist immer noch nicht beendet. Ich suche Trost im oertlichen Supermarkt, der mir aber auch irgendwie nur Frusterlebnisse beschert. Ein kleines Softeis fuer 22 kr (ich moechte nicht wissen, wie das grosse ist!), auf einem Stein sitzend am Strand geschleckt, lenkt fuer kurze Zeit ab. Draussen zieht ein Schiff der Colorline vorbei, ein Segler laeuft Richtung Hafeneinfahrt. Zwei vermeintliche Bojen, die ein Stueck weit vom Strand entfernt in den Wellen duempeln, entpuppen sich als Schwimmer. Allein der Anblick (oder ist es das Softeis?) laesst mich in meinem Fleecepullover froesteln. Natuerlich, es sind etwas aeltere Herrschaften – nur die harten kommen in den Garten! Man sieht eindeutig, dass das Wochenende begonnen hat: der Parkplatz fuellt sich mit deutschen PKW, viele davon mit einem Trailer bestueckt. Angeln vom eigenen oder vom gemieteten Boot scheint hier DER Hit zu sein! Antonio wird lautstark und sehr energisch von seinem Papa vom Spielplatz zur nun endlich freien Toilette beordert. Antonio selbst scheint kein besonders dringendes Beduerfnis zu verspueren, er findet die Spielgeraete eindeutig interessanter und bleibt gaaanz locker. Der Papa dagegen draengelt: gleich ist doch die Toilette wieder besetzt….! Als wuerden da schon welche Schlange stehen, so viel ist ja nun auch nicht los hier.

Gemaechlich schlendere ich Richtung Steg A, der Volvo Penta Servicewagen ist immer noch an Ort und Stelle. Werner und der Mechaniker Jens laufen ueber den Steg, gemeinsam ein Teil unserer Maschine Richtung Auto schleppend. Jens zeigt uns, wo – wie er meint – bereits Seewasser eingedrungen ist und sein zerstoererisches Werk begonnen hat. Die Korrosionsstellen sind selbst fuer mich nur unschwer erkennbar.Das klingt alles nicht gut. Er ist der Meinung, unsere Maschine sei zu tief eingebaut, es koenne bei starkem Seegang – und der herrscht nun mal haeufiger – immer wieder Seewassser in die Maschine eindringen und zu Problemen und Schaeden fuehren. Ob ein Schwanenhals Abhilfe schaffen kann? Sein Chef soll am Montag das ganze noch mal begutachten. Auf jeden Fall sitzen wir hier wohl noch ein paar Tage laenger fest. Irgendwie ist mir jetzt grad mal zum heulen. Haelt aber nur knapp 1 Minute an und kommt auch nicht zum Ausbruch. Mein Witzbold von Mann meint dagegen: „Wie nutzen wir denn nun die Zeit? Wollen wir noch mal mit dem Bus nach Rudkobing fahren?” – der ist eindeutig gestern nicht nass genug geworden !

Um 17:35 sind alle wesentlichen Teile unserer Engine demontiert und zum Abtransport verstaut, das Werkzeug und die Schuhe des Monteurs eingesammelt und er eilt nach Hause zu seiner Holden, die schon via Telefon nachgefragt hat, wann er denn nun endlich zum Essen kommt. Morgen ist er auf einer Hochzeit eingeladen.

Es war ein lehrreicher Tag, auf den wir gut haetten verzichten koennen. Immerhin wissen wir jetzt die Seriennummer unserer Maschine und noch einige andere wesentliche Details. Geloest ist auch die Quizfrage, woher das Kuehlwasser in unserer Bilge kommt: durch einen Riss in irgendeinem Stueck Schlauch. Kummer macht uns das mit dem Seewasser im Motor. Das zu beseitigen koennte eine langwierige Aufgabe werden.

Jetzt ist erstmal ein Espresso nach dem Abendessen angesagt, alles Weitere lassen wir auf uns zukommen. Es ist wie es ist und wir koennen nur sagen: Na ja, wieder was gelernt, wieder Lehrgeld bezahlt.

Vielleicht sollten wir doch ein Chartergeschaeft aufbauen: Chaosline – hier lernen und entdecken Sie das wahre, echte Seglerleben!

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