Montag, 16.08.2010 – Tag 5 in Spodsbjerg

Regengrauer Himmel beim aufwachen, was sonst! Man gewoehnt sich an alles ….., ok, an fast alles! Zuallererst ist ein Anruf bei Frantz faellig, der hat naemlich heute Geburtstag und wird 12 Jahre alt!!

Eine warme Dusche und ein relaxtes Fruehstueck lassen den Tagesanfang angenehm weiter verlaufen. Noch am Fruehstueck beginnt die Telefonorgie: Frau Roeder von Zeppelin Achim holt sich letzte Informationen fuer den Weiterversand der Ersatzteile die heute von Koeln in Achim angekommen sind. Dann ruft Jens-Peter, unser Monteur an: er ist in einer Viertelstunde bei uns! Jetzt aber hurtig, alles wegraeumen und Platz schaffen. Der Hund ist nicht wirklich motiviert fuer einen Gassigang, er bevorzugt mehr Gassi-Liegen. So nach dem Motto „guck mal Frauchen, da ist ne Bank, du kannst dich setzen, ich leg mich drunter und dann gucken wir den Booten beim ablegen zu”. Oder am Strand: er legt sich in den Sand, haelt die Nase in den Wind und schaut zufrieden und entspannt den Wellen zu. Weitergehen??? Ich doch nicht, Du kannst gerne noch ein Stueck laufen, ich warte hier auf Dich. Die Brandung ist heute zu stark, da traut er sich dann doch nicht rein, schwimmen faellt also erstmal aus.

12:42 der Chef von unserem Jens-Peter rueckt an. Mit Schaeferhund und Kruecke. Der Hund bleibt im Wagen, die Kruecke auf dem Steg. Dann wird alles inspiziert und besprochen. Fuer heute ist der Monteur-Einsatz an Bord dann erstmal beendet. Auf jeden Fall muessen wir schon sehr haeufig Salzwasser im Motor gehabt haben. Dafuer gibt es reichlich Indizien!

Der Wind hat wieder aufgefrischt, die meisten Segelboote sind wieder weitergezogen, ein oder zwei verbringen ebenfalls einen Hafentag hier. Werner liest, ich habe gerade meinen Toernbericht von den Kanaren zu den Kap Verden gefunden und noch einmal ueberarbeitet. Gut wenn Frau alles so detailliert niederschreibt, an vieles kann man sich im Laufe der Jahre gar nicht mehr so erinnern.

Jetzt werde ich mal einen laengeren Lauf ohne meine beiden Herren unternehmen. Mal sehen, was ich dabei noch so entdecke. Eigentlich hatte ich ueberlegt, mit dem Bus noch mal nach Rudkobing zu fahren, aber so wirklich Lust habe ich dazu auch nicht. Vielleicht morgen und wenn dann nicht, ist es auch nicht schlimm.

17:00 – zurueck von meiner Wanderung. Ich lese gerade das Buch von Hape Kerkeling „Ik ben er even niet” ueber seine Wanderung auf dem Jacobs-Weg. Ob mich diese Lektuere heute irgendwie befluegelt und motiviert hat? Auf jeden Fall bin ich einem hier auf Langeland neu ausgewiesenen Pfad gefolgt. Der fuehrte erstmal parallel zum Wasser. Da die angegebenen 900 Meter und auch die darauf folgenden 2,3 km ziemlich schnell „ueberwunden” waren, habe ich beschlossen, doch einen Abstecher in die Inselmitte zu machen. Laut Karte sind es 4,6 km bis Tullebolle, das muss doch zu schaffen sein. Eine kleine, warnende Stimme in mir sagt, dass ich diese Strecke auch wieder zurueck laufen muss. Aber das Stimmchen ist so zart, ich ueberhoere es doch glattweg. Frohgemut stuerme ich einen grasbewachsenene Pfad an einem Feld entlang. Uff, hier hat es doch glatt richtige Steigungen und kleine Huegel. UEberall tauchen in den Feldern immer wieder einzelne, kleine Hoefe auf. Manche Wege sind geteert. Dann komme ich an eine Weggabelung. Jetzt ist guter Rat teuer. Nach rechts geht es Richtung Tranekaer, da will ich nicht hin, das ist von Tullebolle noch 5 km! Das geradeaus weisende Schild bedeutet mir, dass es hier nach Spodsbjerg geht und zwar ganze 6km! Die spinnen wohl. In der Ferne kann ich auf einem Huegel die Windmuehle von Tullebolle entdecken, da will ich doch hin. Also beherzt nach rechts Richtung Tranekaer, wird schon irgendwann nach Tullebolle abgehen. Geht es auch, aber laut der Karte muesste das alles irgendwie ganz anders sein und ueberhaupt laufe ich hier wohl einen Umweg, komme aber zum Ziel! Inzwischen haben sich die Regenwolken verzogen und die Sonne kommt raus. Dafuer bin ich jetzt irgendwie falsch gekleidet. Zum Laufen war der bedeckte Himmel mit hin und wieder Nieselregen und trotzdem angenehmen Temperaturen eindeutig besser. Viel spannender ist fuer jetzt allerdings die Frage: Wie jetzt zurueck? Den gleichen Weg finde ich – wie Buster – langweilig, den kenne ich ja schon. Also gehe ich auf gut Glueck und der Nase nach Richtung Sueden. Osten waere zwar besser, aber da habe ich jetzt grad keine Moeglichkeit. Als mir diese geboten wird, schlage ich diese Richtung ein und komme auf neuen Pfaden und spaeter auch wieder mit der Wanderwegbeschilderung als Hilfe kurz vor Spodsbjerg wieder ans Wasser. Man gut, dass Frau ein klein wenig Orientierungsssinn hat und dieser seltsamerweise im huegeligen Gebiet noch besser funktioniert wie im Flachland. Sind wohl die Gene. Zwischendrin komme ich wieder an alleinliegenden, mehr oder weniger gepflegten Hoefen vorbei. Rehe springen in den Kornfeldern auf und auf einem Hof begruessen mich zwei kleine, nette Eselchen mit grossem Interesse. Hier treffe ich sogar mal auf Menschen, die wie ich per pedes unterwegs sind und offenbar zu dem kleinen Hof wollen. Mitten in einem Feld erhebt sich ein Huegel, aehnlich einem Grabhuegel in der Bretagne. Es steht ein wunderschoen gleichmaessig gewachsener Eichenbaum darauf und noch einige kleinere Baeume. Auch irgendwelche grosse Steine liegen verstreut auf dem Huegel. Meine anerzogene Ehrfurcht vor Kornfeldern haelt mich davon ab, naeher an diesen so spuerbar magischen Ort zu gehen. Dazu haette ich ein ganzes Stueck durchs Korn gemusst, dass will ich nicht.

Also muss ein Foto die Magie des Anblickes und des Momentes dokumentieren. Es wird in mir nachklingen und vielleicht ist irgendwann das Feld abgemaeht und der Weg zum Huegel frei.

Immer wieder sind Haeuser oder ganze Hoefe zu verkaufen. Aber warum soll das hier anders sein wie bei uns? UEberall veraendert sich das Leben, veraendern sich die Menschen, wollen oder muessen weg von dem Ort wo sie vielleicht viele Jahre gelebt haben. Berufswechsel, Alter, Krankheit, Trennung, so viele Gruende gibt es dafuer. Zurueck am Wasser fuehle ich mich wie zu Hause angekommen, befreit. Nix wie raus aus den Schuhen und am Strand, in der Brandung zurueck zum Hafen laufen. Vorbei an einem alten Haus, dass seine besten Tage auch schon lange hinter sich hat. Herrlich, der Strand direkt davor mit Liegestuehlen, Sonnenschirm, Oellampen und Grill bestueckt. Der Faehranleger ist immer noch gut frequentiert mit wartenden Autos. Einmal durch’s „Fischerviertel” und dann liegt unser schwimmendes Heim auch schon vor mir, wartet auf mich, ein schoener Anblick.

Hunger und Durst habe ich jetzt und lange nicht mehr gespuerte Muskelpartien machen sich bemerkbar. Joggen werde ich wohl morgen nicht, dafuer war die Tour heute mit ueber 9 km flotten Marsches doch etwas zu anstrengend. Es reicht heute gerade noch fuer eine kleine Abendrunde mit dem Hund. Der Wind hat gedreht und kommt jetzt aus West. Fuer morgen ist Sued-West 2-4 und Regen vorher gesagt. Ob das hier wohl auch stimmt: wenn man die Kuestenlinie der gegenueberliegenden Inseln klar und ganz nahe erkennen kann, gibt es Regen? Aber den hatten wir die vergangenen Tage eigentlich schon zu Genuege, noch mehr braucht kein Mensch!

Jetzt ist es zu dunkel zum lesen im Cockpit, noch ein Glas Wein mit dem Brummen der Faehre als Begleitmusik und dann ab in die Koje. Werner nickert schon mal ein wenig auf der Cockpitbank.

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