Freitag, 13. August 2010

Hatte ich mir nicht fest vorgenommen, diesem Tag keine Bedeutung beizumessen? Vermutlich waere mir erst heute abend der Zusammenhang zwischen Wochentag und Datum aufgefallen. Denn meist bin ich ja zeitlos zur Zeit.

Karrebaeksminde oder zumindest in diese Richtung wollten wir heute segeln. Das hatten wir jedenfalls gestern Abend noch nach langem Hin und Her und argwoehnischem Beaeugen der diversen Wassertiefen meinerseits noch so beschlossen.

Und jetzt ist es 13:41 und wir liegen immer noch in Spodsbjerg! Soviel zum Thema „der Skipper denkt, das Schiff lenkt”. Aber von vorne: nach dem Duschen kontrolliert Werner den OElstand und entdeckt dabei Wasser im OEl!!! Alarmstufe Dunkelrot! Ich werde mit den Worten „ich glaube, unser Urlaub ist beendet” empfangen. Irgendwie kann mich ja schon nichts mehr so wirklich schocken, dementsprechend abgebrüht-ruhig bleibe ich auch. Aufregen nutzt ja auch nix. Immerhin schaffe ich es, mit Hilfe einer guten Meg-Lite die diversen Bezeichnungen auf dem Typenschild unseres Motors zu entziffern – und das mit Brille! Einige Telefonate mit Thomas Ornik in NL, Herrn Peterson und Martin Anderson in DK, mit Werners Sohn Fabian, unserem Freund Uwe in Bremerhaven und Frau Roeder von Zeppelin Achim werden geführt. Uwe’s Vorschlag, nach Kiel zu segeln wo uns die BHV-Gang mit einem Schlauchboot zu Hilfe eilen wollte um dann dort eine Reparatur durchzuführen, verwerfen wir erstmal. Aber ein tolles Angebot!

Stattdessen stimmen wir dem Vorschlag von Caterpillar/PON Daenemark zu, dass ein Mechaniker der Volvo Penta Vertretung Peterson & Soerensen in Svendborg in ca. einer Stunde bei uns sein wird und sich das Problem anschaut. Der junge Mann, Jens, ist auch pünktlich und geht nach einer kurzen Bestandsaufnahme zu Werke. Punkt 1: ein Riss ist einem Schlauch (hatten wir das nicht schon mal??) Punkt 2: er will den Zylinderkopf abbauen und mit in die Werkstatt nehmen. Das sei einfacher meint er. Bei der Aktion ergiessen sich nun einige Liter Kuehlwasser in unsere Bilge, die wir dank einer Werkstattpumpe und dem Entsorgungstank im Servicefahrzeug ausnahmsweise mal problemlos entsorgen koennen.

Positiv bei der ganzen Aktion ist, dass wir trotz Urlaubs- und Wochenendzeit relativ schnell Hilfe erhalten und dass es nicht mehr regnet. Die ganze Aktion bei den gestrigen Wolkenbrüchen haette das ganze noch getoppt.

Ich nutze die Zeit, um Hausarbeiten zu verrichten, Lochsteine am Nordstrand zu suchen (habe hier vier Stueck gefunden, was bei Werner wahre Begeisterungsstuerme ausloest), Bilder von den Kameras auf die Festplatte zu laden usw. . Die neue externe Festplatte wird getestet, saemtliche Akkus werden geladen, der Muell wird entsorgt und und und. Nachher will ich noch mal zum Suedstrand bzw. vielleicht gehe ich auch noch mal joggen. Hatte ich mir ja fest vorgenommen fuer den Urlaub, bislang hapert es aber extrem mit der Umsetzung.

Unter Deck schreitet die Zerlegung unseres Motors voran. Ich lenke mich mit dem schon lange geplanten Cockpit-Polieren ab. Irgendwann ist aber alles poliert und meine Arme machen nicht mehr mit. Die Demontage des Motors ist immer noch nicht beendet. Ich suche Trost im oertlichen Supermarkt, der mir aber auch irgendwie nur Frusterlebnisse beschert. Ein kleines Softeis fuer 22 kr (ich moechte nicht wissen, wie das grosse ist!), auf einem Stein sitzend am Strand geschleckt, lenkt fuer kurze Zeit ab. Draussen zieht ein Schiff der Colorline vorbei, ein Segler laeuft Richtung Hafeneinfahrt. Zwei vermeintliche Bojen, die ein Stueck weit vom Strand entfernt in den Wellen duempeln, entpuppen sich als Schwimmer. Allein der Anblick (oder ist es das Softeis?) laesst mich in meinem Fleecepullover froesteln. Natuerlich, es sind etwas aeltere Herrschaften – nur die harten kommen in den Garten! Man sieht eindeutig, dass das Wochenende begonnen hat: der Parkplatz fuellt sich mit deutschen PKW, viele davon mit einem Trailer bestueckt. Angeln vom eigenen oder vom gemieteten Boot scheint hier DER Hit zu sein! Antonio wird lautstark und sehr energisch von seinem Papa vom Spielplatz zur nun endlich freien Toilette beordert. Antonio selbst scheint kein besonders dringendes Beduerfnis zu verspueren, er findet die Spielgeraete eindeutig interessanter und bleibt gaaanz locker. Der Papa dagegen draengelt: gleich ist doch die Toilette wieder besetzt….! Als wuerden da schon welche Schlange stehen, so viel ist ja nun auch nicht los hier.

Gemaechlich schlendere ich Richtung Steg A, der Volvo Penta Servicewagen ist immer noch an Ort und Stelle. Werner und der Mechaniker Jens laufen ueber den Steg, gemeinsam ein Teil unserer Maschine Richtung Auto schleppend. Jens zeigt uns, wo – wie er meint – bereits Seewasser eingedrungen ist und sein zerstoererisches Werk begonnen hat. Die Korrosionsstellen sind selbst fuer mich nur unschwer erkennbar.Das klingt alles nicht gut. Er ist der Meinung, unsere Maschine sei zu tief eingebaut, es koenne bei starkem Seegang – und der herrscht nun mal haeufiger – immer wieder Seewassser in die Maschine eindringen und zu Problemen und Schaeden fuehren. Ob ein Schwanenhals Abhilfe schaffen kann? Sein Chef soll am Montag das ganze noch mal begutachten. Auf jeden Fall sitzen wir hier wohl noch ein paar Tage laenger fest. Irgendwie ist mir jetzt grad mal zum heulen. Haelt aber nur knapp 1 Minute an und kommt auch nicht zum Ausbruch. Mein Witzbold von Mann meint dagegen: „Wie nutzen wir denn nun die Zeit? Wollen wir noch mal mit dem Bus nach Rudkobing fahren?” – der ist eindeutig gestern nicht nass genug geworden !

Um 17:35 sind alle wesentlichen Teile unserer Engine demontiert und zum Abtransport verstaut, das Werkzeug und die Schuhe des Monteurs eingesammelt und er eilt nach Hause zu seiner Holden, die schon via Telefon nachgefragt hat, wann er denn nun endlich zum Essen kommt. Morgen ist er auf einer Hochzeit eingeladen.

Es war ein lehrreicher Tag, auf den wir gut haetten verzichten koennen. Immerhin wissen wir jetzt die Seriennummer unserer Maschine und noch einige andere wesentliche Details. Geloest ist auch die Quizfrage, woher das Kuehlwasser in unserer Bilge kommt: durch einen Riss in irgendeinem Stueck Schlauch. Kummer macht uns das mit dem Seewasser im Motor. Das zu beseitigen koennte eine langwierige Aufgabe werden.

Jetzt ist erstmal ein Espresso nach dem Abendessen angesagt, alles Weitere lassen wir auf uns zukommen. Es ist wie es ist und wir koennen nur sagen: Na ja, wieder was gelernt, wieder Lehrgeld bezahlt.

Vielleicht sollten wir doch ein Chartergeschaeft aufbauen: Chaosline – hier lernen und entdecken Sie das wahre, echte Seglerleben!